Protokoll der Sitzung vom 17.05.2018

In Anbetracht der Untätigkeit der Bundes- und EU-Ebene ist es aber geboten, dass wir unseren Beitrag zur Lösung des Problems leisten. Ein Baustein ist hier unter anderem die Strategie für biologische Vielfalt, die seit Jahren in der Schublade lag und nun von Rot-Rot-Grün umgesetzt wird. Ein weiteres Feld, auf dem die rot-rot-grüne Koalition tätig wird, ist die Lebensmittelversorgung.

[Mario Czaja (CDU): So weit sind wir schon?]

Hierbei will das Land Berlin stärker mit Brandenburg zusammenarbeiten und einen Beitrag zu einer lokalen, ökologischen und nachhaltigen Ernährung leisten. Auch die Verbraucherinnen und Verbraucher sind aufgefordert, ihren Beitrag zum Bienenschutz zu leisten. Sie könnten zum Beispiel ökologisch produzierte Lebensmittel kaufen, bei deren Erzeugung der Einsatz von Pestiziden ohnehin verboten ist.

Die EU hat endlich den Einsatz von drei von Bayer und Syngenta hergestellten Neonicotinoiden im Freien verboten. Dazu haben Millionen EU-Bürgerinnen und -Bürger beigetragen, indem sie mit einer Online-Petition die EU aufgefordert haben, diese Gifte zu verbieten. Es gibt einen Wermutstropfen: Der Einsatz dieser Gifte ist in Gewächshäusern weiterhin erlaubt. Mit dieser auch von der deutschen Bundesregierung mitgetragenen Entscheidung ist die Artenvielfalt aber noch immer gefährdet. Vor allem Pestizide in der industriellen Landwirtschaft

(Vizepräsidentin Dr. Manuela Schmidt)

gefährden Bienen und andere Bestäuber. Für einen erfolgreichen Schutz der biologischen Vielfalt führt langfristig kein Weg an einer ökologischen Landwirtschaft vorbei.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Bienenschutz und biologische Vielfalt sind bei uns Grünen, anders als bei der CDU, Teil unserer DNA. Ich freue mich, wenn unser Antrag heute eine breite Mehrheit findet und bedanke mich für die Unterstützung in diesem Haus – auch bei meiner Fraktion, die den Antrag zu ihrer Priorität gemacht hat. – Sie können applaudieren, wenn man Dankeschön sagt!

[Beifall bei den GRÜNEN und der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP – Beifall von Frank Scheermesser (AfD)]

Nicht zuletzt wünsche ich Ihnen einen schönen UNWeltbienentag – falls Sie noch nichts davon mitbekommen haben –, der am 20. Mai, dem kommenden Sonntag, erstmals begangen wird. – Danke schön!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Beifall von Frank Scheermesser (AfD) – Unruhe bei der CDU]

Für die Fraktion der CDU hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Freymark. – Sie dürfen jetzt auf dem Podium weiterreden, obwohl Sie ja schon lange genug geredet haben.

[Oh! Ui! von der CDU und der FDP]

Das war jetzt der Ordnungsruf im Nachhinein. Der Geräuschpegel war deutlich zu laut, meine Herren!

Den soll ich persönlich nehmen, Frau Präsidentin?

Das können Sie machen.

Gut, das nehme ich wohlwollend zur Kenntnis!

[Heiterkeit bei der CDU]

Meine Damen! Meine Herren! Frau Präsidentin! Lieber Turgut Altug! Auch wenn die CDU-Fraktion in Ihrer Rede gerade das ein oder andere Mal kritisch beleuchtet wurde, will ich sehr deutlich machen, dass wir uns erstens dem Antrag angeschlossen haben, zweitens Änderungsvorschläge gemacht haben, die auch eingeflossen sind, und – das wissen Sie aus persönlichen Gesprächen – wir eine große Sympathie für das Thema haben – insbesonde

re auch unsere Kanzlerin, die in der Regierungserklärung deutlich gemacht hat, dass sie gegen das Bienensterben insgesamt etwas tun will. Das als Kanzlerin so direkt anzusprechen, ist, glaube ich, ein sehr wichtiger Beitrag. Deswegen bin ich ihr dankbar.

Ich bin aber auch Ihnen, Herr Altug, persönlich dankbar für Ihr Engagement, denn über Jahre so aktiv am Thema zu bleiben, ist keine Selbstverständlichkeit. Wir finden diesen Antrag tatsächlich sehr gelungen. Vielen Dank also für Ihre Arbeit!

[Vereinzelter Beifall bei der CDU, der SPD, den GRÜNEN und der FDP]

Inhaltlich will ich gar nicht all das wiederholen, was schon gesagt wurde. Es ist offensichtlich, dass wir hier noch einmal selbst initiativ werden müssen. Wir haben sogar auf dem Abgeordnetenhaus Bienen, dort ist Heinz Risse als Imker aktiv. Es ist uns auch gelungen, dass landeseigene Unternehmen mittlerweile ihre Pforten für Bienenwiesen und Ähnliches geöffnet haben. Wir gehen sogar noch einen Schritt weiter, auch mit diesem Antrag, indem wir sagen: Es ist in Ordnung, wenn man Bienenwiesen ausweist und die Bevölkerung darüber informiert, dass es Bienenwiesen geben muss.

Kürzlich gab es eine Reportage, eine wissenschaftliche Untersuchung, wonach, glaube ich, mindestens die Hälfte der Lebensmittel gar nicht existieren würde, nicht verfügbar wäre, wenn es die Biene nicht gäbe. Deswegen schließen wir eine Art Verhaltens- und Wissenslücke, wenn die meisten glauben, über Bienen zu diskutieren hätte keinen Wert. Es ist ein total relevantes und wichtiges Thema. Die Initiativen hier zeigen es, das Engagement der Kanzlerin in dem Bereich auch. Deswegen freue ich mich, dass es gelingt, einen gemeinsamen Antrag auf den Weg zu bringen. Auch wenn wir nicht Mitantragsteller sein durften, sind wir trotzdem offen für das Thema. Zu guter Letzt noch der Hinweis: Es ist wichtig, dass wir an der FU weiterhin mit Aktiven, insbesondere mit einem Mitarbeiter an den Themen dranbleiben, und auch das wird die CDU-Fraktion explizit unterstützen. „Grünmacht-Schule-KinderGARTEN“ auch im Bereich der Imkerei noch zu erweitern, kann großen Sinn und Freude machen und Kinder früher an das Thema heranführen. Deswegen bleiben wir dem sehr aufgeschlossen. Ich freue mich auf alle weiteren Aktionen, insbesondere das Senatshandeln in dem Bereich, und wir unterstützen das. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Für die Fraktion der SPD hat jetzt der Abgeordnete Daniel Buchholz das Wort. – Bitte schön!

(Dr. Turgut Altug)

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen! Meine Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! In genau drei Tagen, das ist eben schon erwähnt worden, am 20. Mai 2018, ist der Weltbienentag. Da denken vielleicht einige nur an ein hübsches Event mit Biene Maja und ihren Freunden, und wir freuen uns alle. Nein, es ist kein schöner Tag, denn die Vereinten Nationen haben erstmals den Weltbienentag ausgerufen, weil wir eine dramatische Entwicklung haben. Weltweit, auch in Deutschland, auch in unserer Region, geht die Zahl der Insekten, der Bestäuber dramatisch an einigen Stellen zurück, und es ist mehr als notwendig, dass wir zeigen, auch als relativ kleiner Stadtstaat, dass wir etwas tun können und müssen. Wenn man den neuesten Zahlen des Naturschutzbundes Deutschland glaubt, dann sind von den 560 Wildbienenarten in unserem Land rund ein Drittel gefährdet oder bereits ausgestorben. Deswegen müssen wir heute einen Antrag beschließen, der für Bienen und Bestäuber ein anderes Zeichen setzt, denn wir wollen sie retten.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Wir sehen hier eine paradoxe Entwicklung, dass es nämlich in den Flächenstaaten, so auch im umliegenden Brandenburg, deutlich weniger Bienen, weniger Bestäuber gibt als in den Ballungsgebieten, z. B. in Berlin, weil es bei uns tatsächlich eine größere grüne Vielfalt gibt. Es gibt hier mehr grüne Hecken, grüne Sträucher, bunte Blumen. Und wir erleben, dass bei der Monokultur, die es oftmals bei den Anpflanzungen vor Ort gibt, wenn man in die Flächenstaaten geht, hochintensive Landwirtschaft dazu führt, dass kein Baum und kein Strauch mehr da ist und sich dann auch keiner wundern darf, dass die Bienen sagen: Wovon sollen wir hier leben? Wovon sollen wir uns hier ernähren?

[Zuruf von Mario Czaja (CDU)]

Also: Handeln ist hier mehr als notwendig. Darum haben wir als Koalition – SPD, Linke und Grüne – diesen Antrag eingebracht, um zu zeigen: Ja, wir brauchen eine echte Strategie für Bienen und andere Bestäuber in Berlin, das heißt, insbesondere eine Öffentlichkeitsarbeit, um allen klarzumachen, was für ein fleißiges Völkchen die vielen Völker der Bienen und anderen Bestäuber sind und dass man behutsam mit diesen Bestäubern umgehen sollte.

Das heißt natürlich auch, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei den Grünflächenämtern, bei den Veterinärämtern und alle, die damit zu tun haben, besser geschult werden müssen, vielleicht auch mal ein Wildbienennest am Boden liegen zu lassen, dass man das auch erkennt und nicht einfach wegmacht mit dem Laub, das dann dort weggeharkt wird. Wir wollen alle, dass der Imkermeister an der FU eine dauerhafte Institution bleibt. Ich habe ihn gerade vor Kurzem in Spandau wiedergetroffen. Wir waren bei der Eröffnung des Lehrbienenstandes in Ga

tow. Er hat dort in sehr klaren und drastischen Worten vor Augen geführt, was passiert, wenn die Bienen nicht mehr da sind. Ich wünsche uns das allen nicht.

Dann geht es mit unserem Antrag darum, dass wir bei allen, die in der Bildung tätig sind, sei es in Kitas, in Schulen, in sonstigen Bildungseinrichtungen, dafür sorgen, dass dort mehr Bienenstöcke aufgestellt werden, dass informiert wird, dass gemeinsam Aktionen gemacht werden, dass z. B. auch mehr öffentliche Gebäude für Bienenstöcke zur Verfügung stehen. Wir haben auf dem Dach des Parlamentes einen Bienenstock, den man begehen kann, wo auch Honig produziert wird, und zwar sehr biologisch wertvoll, indem man nicht zu viel Zucker dazu gibt – das wäre aber noch ein Detailthema hier. Wir müssen und sollten darauf achten, dass wir berlinweit dafür sorgen, dass die Bienen und andere Bestäuber immer genug zu essen haben. Das klingt simpel, aber das Nahrungsangebot, die Vielfalt an Grün, an Buntem, an Pflanzen muss auch da sein.

Ich freue mich sehr, dass alle Fraktionen hier im Parlament sagen: Diese Aufgabe sehen wir als übergreifende Aufgabe an. – Aber, Kollege Freymark für die CDU, Sie haben gerade Kanzlerin Merkel erwähnt. Dann sei mir doch der Hinweis erlaubt: Wir haben eine neue Landwirtschaftsministerin, Frau Klöckner. Sie sollte das aber bitte auch mal aktiv annehmen. Sie sollte dafür sorgen, dass mit der Subventionspolitik, die auch die Bundesrepublik macht, das sind EU-Gelder und deutsche Gelder, unser aller Steuergelder, nicht massiv in Monokulturen investiert wird, sodass die Artenvielfalt zurückgeht. Und da ist Frau Klöckner bisher nur durch Ankündigungen aufgefallen und nicht durch Handeln. Das muss sich ändern, Herr Freymark. Nehmen Sie das bitte mit auf die Bundesebene zur CDU/CSU!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Dann werden wir auch dazu kommen, dass wir in Deutschland, so wie auch die Europäische Union inzwischen sagt, Kollege Altug hat gerade darauf hingewiesen, einsehen: Es kann nicht sein, dass viele Bienen und Bestäuber schlichtweg vergiftet werden durch den übermäßigen Einsatz von Pestiziden und anderen Insektengiften, die dazu führen, dass die Vermehrung und Verbreitung deutlich zurückgeht. Das müssen wir stoppen. Ich bin sehr froh, dass die Europäische Union und damit jetzt auch ein europäisches Gericht bestätigt haben: Mehrere Insektizide, die nur gegen Bestäuber wirken, werden weiter verboten. Das ist ein gutes Zeichen. Wir zeigen mit diesem gemeinsamen Antrag: Berlin kann etwas tun für die ganz Kleinen, die wertvolle Arbeit tun, denn eines möchte ich nicht erleben: Vielleicht haben Sie den Film „More than Honey“ gesehen, wo man sieht, dass in chinesischen Regionen Hunderte von Arbeiterinnen und Arbeitern damit beschäftigt sind, mit Wattestäbchen Pflanzen und Bäume zu bestäuben. Das ist für mich eine Horrorvision. Das möchte ich hier nicht. Ich möchte mit

Bienen und mit Bestäubern für uns alle eine sehr naturverträgliche, umweltverträgliche Zukunft. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Für die Fraktion der AfD hat der Abgeordnete Scheermesser das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vorab vielen Dank, Herr Dr. Altug, auch von meinem Kollegen Harald Laatsch, der der Spezialist für Bienen bei uns ist,

[Heiterkeit bei der FDP]

für diesen guten und wichtigen Antrag! Insofern gleich vorweg: Dem haben wir zugestimmt und werden auch zustimmen, denn 80 Prozent aller Nutzpflanzen sind von Bienen und anderen Bestäubern abhängig. Auf diese Weise stellt die Biene sicher, dass unsere Tische immer reichlich gedeckt sind. Damit das auch weiterhin so bleibt, leisten auch in Berlin 1 200 Hobbyimker täglich ihre Arbeit. Wir danken ihnen für ihr Engagement.

[Beifall bei der AfD]

Allerdings müssen wir sie auch auf ihre Verantwortung hinweisen, so wie wir es auch mit anderen Nutztierhaltern tun. Die Biene ist bedroht durch die Varroamilbe, Pestizide, Nicotinoide, durch die Amerikanische Faulbrut, durch Nosema und vieles mehr. Es wurde schon darauf eingegangen. Daher ist es wichtig und richtig, dass wir uns den Imkern und Bestäubern an die Seite stellen.

Allerdings ist es genauso wichtig, bei den Hobbyimkern Aufklärungsarbeit zu leisten, denn durch einen Dreikilometerradius um den Bienenstock ist die Gefahr einer schneller Ausbreitung von Seuchen durch räumliche Überschneidung der Völker gegeben. Hier sehen wir im Rahmen der Aufklärung und Unterstützung der Hobbyimker durchaus noch Verbesserungsbedarf. Aber die Fraktion der AfD wird diesem Antrag zustimmen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der AfD]

Für die Fraktion Die Linke hat jetzt die Abgeordnete Frau Platta das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Beschluss zum Antrag der Koalition „Strategien für Bienen und andere Bestäuber in Berlin“ ist ein Beispiel dafür, wie in den Ausschüssen gearbeitet wird und

welche Ergebnisse sachliche Diskussionen mit- und untereinander in wichtigen Teilbereichen bringen können. Der im November 2017 eingebrachte Antrag konnte durch Ergänzungen bei der Thematik Schulung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Anpflanzung und Schutz von vorhandenen Bienennährgehölzen sowie der Schaffung von Überwinterungsmöglichkeiten für Wildbienenbrutzellen und Hummeln am Boden zu einem Beschluss, getragen von allen Fraktionen, werden. Dass mich die Wildbienen dabei freuen, wissen Sie schon aus der ersten Rede, denn die Rote Mauerbiene hat auch etwas davon.