Man kann sicherlich darüber nachdenken, dass man für diejenigen, die als Ersatz für fest angestellte Musiker in Orchestern eingesetzt werden, gegebenenfalls, weil sie mit öffentlichen Mitteln bezahlt werden, bestimmte Standards definiert. Aber ich glaube, das andere Problem werden Sie nicht lösen können. Es ist auch eine Debatte, die sich hier für das Plenum meiner Auffassung nach nicht wirklich eignet, sondern es ist ein Fachthema. Das sollten wir uns im Ausschuss in aller Ruhe anhören, und wir sollten uns angucken, was in anderen Bundesländern eventuell dazu vereinbart wurde. Ich glaube, unter dem Strich werden wir zu nicht viel mehr kommen können, als dass es eine unverbindliche Empfehlung geben wird, die man dann benutzen oder übergehen kann. Aber Sie werden es nicht erreichen, dass man sämtliche freien Musiker in irgendeiner Form staatlich reglementieren kann. Ich glaube, das ist auch nicht wirklich wünschenswert.
Nein, Sie dürfen noch nicht, liebe Frau Abgeordnete Kittler! Es gibt eine Kurzintervention der AfD-Fraktion. – Dr. Neuendorf, bitte schön, Sie haben das Wort.
Nur eine Kurzstellungnahme. Es ist ja nicht so richtig, dass es hier um Musiker geht, die irgendwo auf Gartenfeten ihr Bestes geben. Darum geht es doch gar nicht. Hier werden öffentliche Mittel verwendet, und hier gibt es einen gravierenden Unterschied zwischen den freien und den festangestellten Musikern. Es kann doch nicht sein, dass beispielsweise ein brandenburgisches Orchester Eberswalde zu einem Großteil mit freien Musikern hier auftritt. Das ist einfach unmoralisch. Das ist meine Meinung. Es geht um die öffentlich geförderten und darum, dass da der Unterschied zwischen dem einen und dem anderen nicht zu groß sein kann. Ich wiederhole es bewusst noch mal: Es kann ja nicht sein, dass hier eine Berufsgruppe zu Niedrigtarifen ihr Leben gestaltet und später der Altersarmut zufällt. Dann sind wir alle diejenigen, die dafür zahlen müssen, die Steuerzahler. Das ist durchaus nicht sinnvoll.
Sehr geehrter Kollege Neuendorf! Dann hätten Sie den Antrag etwas klarer formulieren müssen. Hier steht auch
in der Begründung, die Begründung ist ja nicht unbedingt Gegenstand der Beratung, gleichwohl erläutert sie das, was Sie meinen:
Freischaffende Musiker, die in freien Ensembles... arbeiten, erhalten in der Regel im Vergleich zu fest angestellten Musikern keine angemessene Bezahlung.
Was ist ein freies Ensemble? Das ist die Kapelle, die zur Gartenfeier anrückt. – Das hätten Sie dann anders formulieren müssen, und denen werden Sie wohl kaum etwas vorschreiben können. Ich habe ja gesagt, wenn Sie nur über die reden, die tatsächlich als Aushilfen arbeiten, da kann man vielleicht eine Regelung schaffen. Aber das steht auch im Antrag nicht so eindeutig. Da steht drin:
Der Senat wird aufgefordert, sich für die Einhaltung von Honoraruntergrenzen für freie Musiker im Land Berlin einzusetzen.
Freie Musiker im Land Berlin, die wird der eine oder andere noch erleben, wenn er in der S-Bahn nach Hause fährt. Was erwarten Sie, von wem reden Sie eigentlich?
Für die Fraktion Die Linke hat jetzt das Wort die Abgeordnete Frau Kittler. – Jetzt dürfen Sie, bitte!
Vielen Dank! Da freue ich mich aber! – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Jetzt arbeitet sich die AfD also weiter an der Koalitionsvereinbarung und an Anfragen der Koalition, zum Beispiel hier an der von meinem geschätzten Kollegen Wesener ab, soll heißen, diesen Antrag brauchen wir nicht. Dass auch freie Musikerinnen und Musiker wie alle anderen Künstlerinnen und Künstler und alle anderen Menschen von ihrer Arbeit leben können müssen und dazu auch Honorarmindeststandards festgelegt und eingehalten werden sollen, ist Ziel der Koalition. Freie Musikerinnen und Musiker, die an Volkshochschulen und Musikschulen arbeiten, haben es auch schon gemerkt, wie ernst uns das ist, denn wir werden zum 1. August die Honorare in Volkshochschulen auf den Stundensatz von 37 Euro anheben. Und wir haben 20 Prozent Festanstellungen an Musikschulen beschlossen und setzen dies bereits um.
Außerdem haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart, den begonnen Kurs der Verbesserung der Arbeitsbedingungen der freien Künstlerinnen und Künstler der Stadt durch die Einführung von Mindesthonoraren und Mindestgagen in öffentlich geförderten Projekten, deren Höhe sich am Normalvertrag Bühne orientiert und der als Kalkulationsgrundlage in die Projektbeantragung sukzessiv festgeschrieben wird, fortzusetzen. Die Koalition will eine solide soziale Absicherung für die selbstständigen Künstlerinnen und Künstler erreichen. Zur Unterstützung der bildenden Künstlerinnen und Künstler werden die mit
Landesmitteln geförderten Institutionen künftig verpflichtet, bei allen Ausstellungen Honorare an die ausstellenden Künstlerinnen und Künstler zu zahlen. Um nicht zu einer Einschränkung des Angebots zu kommen, müssen die Haushaltsmittel entsprechend erhöht werden.
2016 wurden die Empfehlungen für Honoraruntergrenzen und Ausstellungshonorare im Rahmen der spartenoffenen Förderung auf der Basis der Erarbeitung der Künstlerinnen und Künstler vertretenden Verbände wie dem LAV eingeführt, und diese Empfehlungen werden im Rahmen des Zuwendungsverfahrens rechtlich verbindlich. Auf Antragsformularen des LAV sind die Honoraruntergrenzen aufgenommen, im Informationsblatt für Projektförderung 2018 von der Senatskulturverwaltung, im Bereich Jazz beispielsweise, finden Sie auf Seite 3:
Bei der Veranschlagung von Honoraren für Musikerinnen und Musiker sollten Sie in Ihrem Finanzierungsplan in Anlehnung an die Empfehlungen der Union deutscher Jazzmusiker... eine Honoraruntergrenze von 250 Euro pro Person/Auftritt berücksichtigen. Der Beirat wird bei der Beurteilung der eingereichten Anträge auch auf eine angemessene Honorierung von musikalischen Darbietungen achten.
Die Jurys wurden sensibilisiert, dass sie bei Vergabeentscheidungen die Einhaltung von Honoraruntergrenzen als Kriterium für die Auswahl beachten. Und der Senat steht selbstverständlich im Kontakt zu allen Verbänden, die auch Musikerinnen und Musiker vertreten. Und dass es unter Rot-Rot-Grün gelungen ist, beispielsweise das Radialsystem für das Land Berlin zu erwerben, wird die Auswirkung haben, dass mehr Geld für die Bezahlung von Projekten und auch für Musikerinnen und Musiker und für Proben da sein wird. Die Bezahlung nach Mindesthonorar ist so wie die Forderung nach Mindestlohn eine originäre linke Forderung, und dafür brauchen wir den Antrag einer AfD nicht, die gegen die Einführung eines Mindestlohns auf Bundesebene war. Aber jetzt wollen Sie sich hierhin stellen und scheinheilig ein Mindesthonorar für Berliner Musikerinnen und Musiker fordern. Das können wir eigentlich hier gleich ablehnen und müssen das gar nicht erst noch im Ausschuss beraten.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe AfD! So viel Zustimmung von der Linkspartei, das würde mir zu denken geben.
Sie haben doch gerade von Honoraruntergrenzen gesprochen, dass das eine urlinke Forderung ist und so weiter. Aber hören Sie mir mal zu, Frau Kittler, dann können Sie noch was lernen!
Kommen wir mal zu dem Antrag selbst. Da hat Robbin Juhnke nämlich vollkommen recht, lieber Herr Neuendorf. Vielleicht haben Sie es nicht so gemeint, aber es steht so in dem Antrag drin. Wenn man den Antrag in seinem genauen Wortlaut anguckt, dann ist es so, dass Sie hier fordern, dass jeder Musiker zu einer Honoraruntergrenze bezahlt wird. Vielleicht haben Sie sich noch nie mit Musikern unterhalten. Nehmen wir mal an, ein Klavierspieler gibt Klavierunterricht, der ist aber auch Künstler und hat seine eigenen Kompositionen. Und er möchte damit in irgendeinem Restaurant auftreten und diese Kunst auch darbieten. Das Restaurant kann weniger bezahlen, als vielleicht Leute das tun, wenn sie auf einer Hochzeit spielen. Dann hat mein Klavierlehrer beispielsweise in dem Restaurant für wenig Geld gespielt, weil er wusste, dass sich daraus wieder Potenzial für neue Auftritte ergibt. Und dass Sie als AfD – das muss man ja mal so sagen –, wenn ich mir Ihre Reden auf Bundesebene und hier anhöre, dann ist es doch eigentlich so, dass Sie den Staat da oben sehen, den Sie eigentlich ablehnen – Frau Weidel hat ja noch davon gesprochen, dass der Staat von Idioten regiert wird –, immer so tun, als ob Sie da so ein bisschen außen vor sind. Und jetzt kommen Sie mit einem planwirtschaftlich-sozialistischen Antrag hier daher,
der noch links an der Linkspartei vorbeizieht, und wollen, dass dieser Staat, den Sie eigentlich ablehnen, regelt, wie Musiker bezahlt werden sollen. Da frage ich mich: Wie soll das eigentlich gehen? Verdient der Trommler weniger als der Klavierlehrer? Und wer legt diese Honorarmindeststandards fest? – Wir als liberale Partei, als Partei der Marktwirtschaft, die den Leuten zutraut, solche Verträge frei auszuhandeln, werden den Antrag natürlich ablehnen.
Liebe Kollegen! Es ist doch logisch: Ich meine nicht, dass jeder, der auf dem Kamm bläst, ein Mindesthonorar
bekommen muss. Das liegt doch auf der Hand und ist völlig klar. Wenn Sie sehen, wie viele Musiker in Berlin die Musikhochschulen absolvieren, dann ist das natürlich ein Problem. Wir haben ein enormes Angebot, und nicht jeder Musiker, der sein Studium hinter sich hat, wird einen Job finden, einen Job, der auf ihn zugeschnitten ist. Das ist doch völlig klar. Ich verstehe nicht, warum Sie mir etwas unterstellen, was völlig absurd ist. Es geht einzig und allein darum: Es ist nicht akzeptabel, dass in einem staatlich geförderten Orchester, um nur eine Institution zu nennen, zwei unterschiedliche Honorarstandards bestehen – eins auf der Höhe und eins so. In vielen Berufen ist es so, dass diejenigen, die als Aushilfe in einen Job reingehen, mehr erhalten als die dauerhaft angestellten Kräfte. Hier ist es genau umgekehrt, und darin liegt die Ungerechtigkeit.
Um das noch mal zu korrigieren: Wir wollen nicht, dass Leute in prekäre Situationen kommen. Das hat nichts mit der Parteizugehörigkeit zu tun. Wir sind auch nicht gegen Mindestlöhne.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Herr Neuendorf! Dann müssen Sie den Antrag auch gefälligst so formulieren!
Aber: Auch wenn es eine öffentlich geförderte Darbietung ist, sehe ich überhaupt keinen Grund dafür, dass der Staat eingreift und es reguliert.
Wenn irgendein Musiker, wer auch immer, der Meinung ist, er möchte jetzt für ein Orchester spielen, um sich dort zu vernetzen, um sein Spiel zu zeigen, und er verkauft sich eventuell sogar ein bisschen unter Wert, er möchte das aber tun – wohin kommen wir dann, wenn der Staat sagt: Das darfst du aber nicht, weil wir das jetzt wie im Sozialismus durchregulieren? – Ich verstehe das nicht.
Wir wollen den Leuten – egal, ob das ein freier Musiker ist, der auf einem Geburtstag spielt, oder ein freier Musiker, der in einem Orchester spielen möchte – nicht vorgeben, was sie zu verdienen haben.