Protokoll der Sitzung vom 09.05.2019

lfd. Nr. 3.4:

Priorität der AfD-Fraktion

Tagesordnungspunkt 41

Hauptstadtfunktion mit dem Komplettumzug der Ministerien nach Berlin bis zum 31.12.2024 vollenden!

Antrag der AfD-Fraktion Drucksache 18/1843

In der Beratung beginnt die AfD-Fraktion und hier der Abgeordnete Hansel. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Berliner! Ja, wir sind der Überzeugung, dass es richtig ist, erstens initiativ zu werden und über eine Bundesratsinitiative darauf hinzuwirken, dass das Bonn/Berlin-Gesetz von 1994 mit der Maßgabe geändert wird, dass die noch in Berlin verbliebenen sechs ersten Dienstsitze und die Teile der Ministerien mit zweitem Dienstsitz bis zum 31. Dezember 2024 nach Berlin verlegt werden.

[Torsten Schneider (SPD): Es ist ja nicht weit von Berlin nach Berlin! – Steffen Zillich (LINKE): Irgendwann!]

In Bonn verbliebenen! – Und zweitens – Herr Schneider! – parallel dazu entsprechend – Herr Zillich! Es ist sowieso erbärmlich, was Sie hier abliefern, jetzt lassen Sie mich einmal reden! – infrastrukturelle Standort- und Flächenkonzepte zur Realisierung mit der BIM und der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben zu entwickeln, abzustimmen und umzusetzen.

Nach 25 Jahren ist es Zeit, das Bonn/Berlin-Gesetz zu ändern, denn seit elf Jahren hat die Realität das Gesetz ohnehin eingeholt, das nämlich vorsah, dass der größte Teil der ministeriellen Arbeitsplätze in Bonn bleiben sollte. Heute ist es noch ein Drittel. Allein die Kosten in Höhe von jährlich etwa 8 Millionen Euro für das Pendeln der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die logistischen Effizienzverluste bei der Aufrechterhaltung dieser Doppelstruktur stehen heute in keinem Verhältnis mehr zu einem angenommenen Nutzen, auch wenn die Aufteilung zu ihrer Zeit damals kompensationstechnisch angemessen schien und politisch wohl auch richtig war.

Die Region Bonn hat allerdings längst eine dynamisch Entwicklung genommen, und wir wissen, sie bedarf nicht mehr der Restbestände von Bundesministerien, um wirtschaftlich und sozial zu gedeihen. Statt aber darauf zu drängen, dass mit Blick auf Realität, Kosten und Effizienzverlusten der Umzug der Bundesministerien in die Bundeshauptstadt Berlin endlich abgeschlossen wird, haben die SPD-geführten Senate der vergangenen Jahre schlichtweg versäumt, Berlin auch mit Blick auf die Lebensqualität der Bevölkerung und der Infrastruktur zum Vorbild für Deutschland zu machen.

Darum ist dieser Antrag auch ein Weckruf nach innen, ein Weckruf an Berlin. Der Vorwurf, dass Berlin gar nicht in der Lage ist, einen Komplettumzug der Bundesministerien zu bewältigen, muss entkräftet werden. Es steht doch leider im Raum, Herr Regierender Bürgermeister, Frau Pop: Der Flughafen ist nicht fertig, es gibt viel zu wenig Wohnungsneubau, wir haben eine NichtBausenatorin, die Schulen sind in bedauerlichem Zustand, unabhängig davon, dass selbst, wenn sie fan

(Florian Kluckert)

tastisch ausgestattet und fertig wären, Berlin mit Bremen immer noch bildungspolitisches Schlusslicht in Deutschland ist. Das ist doch das Problem!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Das Ganze hat übrigens auch eine internationale Dimension. Machen wir uns doch ehrlich: Bonn wird – das ist auch gut so und Ergebnis dieses Bonn/Berlin-Gesetzes – als internationale Kongress- und Konferenzstadt für die United Nations wahrgenommen, aber die alte Hauptstadtfunktion der Deutschen, die für den Westteil des Landes eigentlich eine provisorische immer nur war, hat sie nicht mehr. Bonn wird auch als solche im Ausland nicht mehr wahrgenommen. Insofern ist die Bestärkung der Hauptstadtfunktion für Berlin auch eine Ansage an das Ausland. Die fragen sich nämlich: Was macht ihr da eigentlich?

[Beifall bei der AfD]

Es reicht nicht, der Republik zu sagen: Lasst uns nach einer Generation unsere Hauptstadt ihre volle Kraft entfalten, indem sie ihre Rolle vollständig zugewiesen bekommt. Das reicht nicht! Berlin muss diese Rolle auch annehmen, annehmen wollen, aktiv annehmen und das mit Verve, überzeugend. Die Länder, der Bund und das Ausland müssen spüren, dass Berlin es will, dass die Berliner Ja sagen zur Hauptstadtrolle und die Stadt bereit ist, sich weiter zu entwickeln, einen Gang zuzulegen. Wir wollen, dass von Berlin aus das Signal in die Republik geht: Wir sind bereit. – Deshalb wollen wir, dass das Abgeordnetenhaus mit einem überzeugenden Diktum und einem klaren Datum den Restumzug einfordert, und dass der Senat mit dieser Rückendeckung jetzt auf Inangriffnahme des Projekts Vollendung der Hauptstadtfunktion drängt. Denn dieser Prozess auch der weiteren inneren Einheit ist zu wichtig, als dass er nur immer wieder ab und zu in ein Journalistenmikrofon gesprochen wird, um nachrichtenarme Zeiten zu füllen, Frau Pop – sie ist gerade nicht da –, sonst kommen nämlich Leute aus NRW wieder dazu und sagen: Das ist hier alles in Ewigkeit gemeißelt. Das kann es nicht sein. Die Vollendung der Hauptstadtfunktion sollte also in fünf Jahren, nach 30 Jahren, sprichwörtlich nach einer Generation, nach dem Bonn/Berlin-Gesetz endlich abgeschlossen werden.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Zimmermann das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vollständige Umzug der Bundesregierung von Bonn nach Berlin ist das erklärte Ziel des

Senats, wiederholt formuliert vom Regierenden Bürgermeister, jüngst bekräftigt von der Wirtschaftssenatorin und auch in diesem Haus kenne ich niemanden, der das anders sieht. Es ist das ausdrückliche Interesse Berlins, den Umzug der Ministerien in die Hauptstadt zu komplettieren und damit Berlin in die Lage zu versetzen, vollständig seine Hauptstadt- und Regierungsfunktion zu erfüllen.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Frank-Christian Hansel (AfD): Dann mal los! – Holger Krestel (FDP): Haben die schon Wohnungen?]

Wenn man dieses Ziel aber erreichen und auch außerhalb Berlins dafür werben will, was ja wohl nötig ist, dann ist es bestimmt nicht hilfreich, Berlin schlechtzureden, es in ein schlechtes Licht zu rücken, die Stadt schlecht darzustellen,

[Marc Vallendar (AfD): Macht die Regierung schon!]

so, wie Sie das tun. Sie fördern das Anliegen nicht, Sie schaden ihm! Sie wollen offenbar auch nicht, dass wir hier zu einer gemeinsamen Beschlussfassung kommen, denn wenn Sie ausweislich ihrer Begründung im Text und auch hier mündlich die Berliner Verfassungsorgane verantwortlich machen, dass der komplette Umzug noch nicht stattgefunden hat,

[Frank-Christian Hansel (AfD): Sie haben nicht zugehört!]

und nicht die etwa durchaus unterschiedlichen regionalen Interessen im Bundesgebiet dafür ursächlich sind, sondern Sie alles hier in Berlin als Ursache des NichtKomplettumzuges verorten, dann stellen Sie sich selbst ins Abseits. Sie wollen die Zustimmung des Hauses gar nicht haben, Sie wollen für sich bleiben. Und so wird es dann auch kommen.

[Beifall bei der SPD und der LINKEN – Frank-Christian Hansel (AfD): So ein Quatsch!]

Aber auch in der Sache selbst, was Sie vorschlagen, eine Bundesratsinitiative zu starten und ein Enddatum zu setzen, bis zu dem das alles erfüllt sein soll nach dem Motto: Wenn wir jetzt hier wuchtig auftreten, werden die uns alle folgen. –, ist nicht der erfolgversprechende Weg. Am Ende muss dafür nämlich eine Mehrheit im Deutschen Bundestag gefunden werden, wie Sie wissen.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Ach was!]

Wir wissen ja, dass diese Mehrheit derzeit dort nicht vorhanden ist. Die Anträge der Linken zeigen das in schöner Regelmäßigkeit.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Dann müsst ihr raus aus der Koalition!]

Das sind Anträge der Linken für Umzug! – Sie zeigen, dass das Ergebnis im Bundestag dort zurzeit so nicht ist. Auch der Bundesrat wird eine solche Mehrheit im Bundestag nicht erzwingen können. Deswegen ist Ihr Weg

(Frank-Christian Hansel)

einer Bundesratsinitiative gar nicht der richtige. Also, kurz und rund: Wir brauchen Ihre Belehrung hier wirklich nicht, denn wir sind längst auf besser geeigneten Wegen unterwegs zu diesem Ziel.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Was wir brauchen, ist eine beharrliche Überzeugungsarbeit, die der Senat natürlich auch vornimmt, die Rücksicht nimmt und die hinweist auf die tatsächliche Entwicklung, die nämlich so aussieht, dass die allermeisten neuen Stellen, die in den Bundesministerien geschaffen werden, in Berlin angesiedelt sind, die auch darauf hinweist, dass die Kosten für das dauernde Pendeln auf die Dauer schwer zu tragen sind und dass es bessere und kostengünstigere Lösungen dafür gibt, wie man den Betrieb aufrechterhält. Es geht auch darum, deutlich zu machen, dass die Reibungsverluste zwischen Erstsitz und Zweitsitz vermieden werden müssen, um eine bessere Arbeit zu ermöglichen. Und wir brauchen auch den Hinweis darauf, dass die Belastungen durch den Flugverkehr, etwa bei CO2-Emissionen, vermeidbar sind,

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

auf den weiter zu erfüllenden Auftrag aus Artikel 22 des Grundgesetzes, der bedeutet, dass wir aufgrund des Grundgesetzes die Repräsentation des Gesamtstaates in der Hauptstadt organisieren müssen. Das ist die Aufgabe des Bundes, das ist dort festgeschrieben. Dies muss erfüllt werden, dafür treten wir ein, auf den geeigneten Wegen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Vielen Dank! – Für die CDU-Fraktion hat der Kollege Jupe jetzt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Von dem Antrag der AfD zum Komplettumzug aller Bundesministerien nach Berlin halte ich – so, wie er jetzt bisher formuliert und gestellt ist – nichts. Unserem Eindruck nach hängen Sie von der AfD sich an eine bereits erarbeitete Regelung des Umzugs nach Berlin an und versuchen, das nach draußen als Weckruf zu verkaufen. Das Thema ist nach meiner Auffassung und nach dem Studium des bestehenden Koalitionsvertrags zwischen CDU und SPD, also der gegenwärtigen Bundesregierung, dort auf den Seiten 129 und 147 im Einzelnen abgehandelt. Um die restlichen Bundesministerien von Bonn nach Berlin zu verlegen und um Bonn dafür einen Ausgleich zu verschaffen, ist seinerzeit die Ergänzung des BonnBerlin-Gesetzes vereinbart worden. Ich darf aus der Koalitionsvereinbarung der Bundesregierung zitieren. Zum

Wegzug der Bundesministerien nach Berlin heißt es dort wörtlich:

Wir stehen zum Bonn-Berlin-Gesetz. Bonn bleibt das zweite bundespolitische Zentrum. Der Bund wird mit der Region Bonn sowie mit den Ländern Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz eine vertragliche Zusatzvereinbarung („Bonn-Vertrag“) schließen.

Ende des Zitats.

Wie sich aus dem Kontext der Koalitionsvereinbarung ergibt, soll der Wegzug der Bundesministerien von Bonn nach Berlin im Rahmen einer sogenannten geordneten Entwicklung der Region erfolgen, und darauf ist der Akzent zu setzen und ist Wert zu legen. Dies soll unter Beachtung gesamtstaatlicher Verantwortung der Vertragspartner geschehen.

Wir können dies nur unterstreichen. Im Übrigen ist festzuhalten, dass die parlamentarische Kontrolle für die beschriebene Zielsetzung, die vertragliche Ergänzung des Bonn-Berlin-Gesetzes, beim Deutschen Bundestag liegt und nicht hier im Berliner Abgeordnetenhaus. Wir sind aber gerne bereit, zu dem Thema miteinander zu kommunizieren. Das können wir gern im Ausschuss machen. – Danke!

[Beifall bei der CDU – Beifall von Torsten Schneider (SPD) und Marcel Luthe (FDP)]

Vielen Dank! – Für die Linksfraktion hat der Abgeordnete Schatz das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Mal wieder die AfD mit einem SurfbrettchenAntrag. Da kommt ein Thema um die Ecke, da wird das Surfbrett aus dem Täschchen geholt, auf die Welle geworfen, und dann versucht man, darauf zu landen. – Guten Morgen! Dieses Thema beraten wir seit vielen, vielen Jahren, diskutieren wir seit vielen Jahren auch in diesem Haus. Schön, dass die AfD-Fraktion da jetzt irgendwie aufwacht. Aber eigentlich brauchen wir sie nicht zur Debatte – Punkt 1.