Protokoll der Sitzung vom 23.05.2019

[Beifall bei der FDP]

Sie kaufen für einen Millionenbetrag das Kosmosviertel. Unbestritten ist das Kosmosviertel eine Ecke in Berlin, die viel Unterstützung und Hilfe von uns allen braucht. Wir hätten für das Geld 400 Sozialarbeiter für die nächsten zehn Jahre beschäftigen können. Vielleicht wäre das schlauer gewesen als den Haushaltstitel Ankaufsfonds in einer Geschwindigkeit zu leeren, dass man gar nicht so schnell schauen kann.

Schön wäre es, wenn Sie bei anderen Dingen, zum Beispiel wenn es um den Schulneubau oder die Schulsanierung geht, auch so schnell wären.

[Zuruf von der LINKEN: Sind wir!]

Ich muss ganz ehrlich gestehen: Mir wird ein bisschen bange, wenn Sie davon reden, dass wir in Zukunft so etwas wieder über Kredite finanzieren könnten, über Kredite, die uns dann Banken geben, die natürlich Rendite erwirtschaften müssen – das muss mal einer verstehen –, die Berlin womöglich wieder in eine Situation bringen, in der wir am Ende wieder in aller Verzweiflung dastehen und Grundstücke verkaufen müssen, weil wir anders unsere Infrastruktur nicht mehr finanzieren können.

[Beifall bei der FDP]

Vielleicht lesen Sie das doch noch einmal genau nach, und vielleicht überlegen Sie doch noch einmal genau, wie Sie Ihr Geld ausgeben wollen und womit Sie den Berlinerinnen und Berlinern etwas Gutes tun können. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Danke schön! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Zum Antrag Drucksache 18/1626 empfiehlt der Hauptausschuss mehrheitlich – gegen die AfD-Fraktion und die Fraktion der FDP – die Annahme. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen und die CDU-Fraktion. Gegenstimmen? – Das sind die FDP und die AfD. Enthaltungen gibt es keine. Damit ist der Antrag angenommen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4.6:

Priorität der Fraktion der CDU

Tagesordnungspunkt 50

Einheitlichen Aufbau der Bezirksämter verbindlich festschreiben

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/1900

In der Beratung beginnt die CDU-Fraktion – Kollege Czaja. Und dann hätte ich noch die Bitte, Herr Kollege Kohlmeier: Kniende Abgeordnete vor sitzenden Senatoren, das ist ein Anblick, an den möchte ich mich nicht gewöhnen müssen.

[Heiterkeit – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der AfD – Sven Kohlmeier (SPD): Wünscht sich aber jeder, Herr Präsident! – Zuruf von der CDU: Wenn es was bringt! – Weitere Zurufe von der AfD und der FDP]

Herr Czaja, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Also ich fand das immer gut.

[Heiterkeit]

Herr Kollege, Sie haben aber jetzt eine neue Rolle.

Sagen Sie, ja. – Wenn es etwas bringt und für den Wahlkreis dabei etwas herumkommt, kann ich das verstehen. Oder? – Aber zurück zum Thema: Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Wir sehen eine Reihe an Problemen in Berlin: Kinder bekommen keinen Schulplatz zum beginnenden Schuljahr, weil die Ersatzbauten nicht rechtzeitig bestellt werden konnten. Der Grund ist sehr häufig, dass das Personal fehlt, um die Aufgabe zu bewältigen. Wir sehen, dass 50 Prozent der Schulmittel zurückgegeben werden. Das Personal ist nicht da, um die Ausschreibung zu machen. Wir sehen, dass Einwanderungsbe

(Sibylle Meister)

hörden in einzelnen Bezirken über mehrere Monate schließen.

Das Personal ist zu einer der wesentlichen Problemlagen des Landes geworden, und um dieses Problem in den Griff zu bekommen, hat der Senat letztes Jahr eine hochkarätige Kommission von Verwaltungsexperten unter der Führung von Prof. Alt zusammengerufen, um sich dazu Vorschläge zu holen. Heinrich Alt schreibt in seinem Abschlussbericht einen ganz wesentlichen Absatz und sagt:

Zuallererst gilt es, die Aufbauorganisation der Berliner Hauptverwaltung und der Bezirksverwaltungen bei gleichartigen Aufgaben zu vereinheitlichen und optimal aufeinander abzustimmen. Dass diese Empfehlung hier nur wenige Zeilen einnimmt, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Steuerungsgruppe in der berlinweiten Vereinheitlichung der Aufbauorganisation die Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Personalmanagement sieht. Erst auf dieser Grundlage lassen sich einheitliche, behördenübergreifende Stellenbewertungen und dazu passende transparente Standardverfahren für die Rekrutierung entwickeln.

Also noch einmal deutlich: Einheitliche Strukturen in den Abteilungen der Berliner Bezirksämter sind Grundlage und zentraler Baustein für funktionierende Verwaltungen in den Bezirken! Der Baustadtrat in Spandau soll also die gleichen Geschäftsbereiche haben wie sein Kollege in Marzahn-Hellersdorf. Erst das macht das Bezirksamt überschaubar, für den Bürger erleichtert es die Zusammenarbeit, und es ist auch eine bessere Zusammenarbeit der Senatsverwaltungen in den Fachgremien möglich, weil nicht ein Stadtrat in unterschiedliche Senatsgremien geladen werden muss.

Was macht nun der Senat aus seiner eigenen Empfehlung? – Im Zukunftspakt Verwaltung vom Mai 2019 ist nicht mehr die Rede von einheitlichen Strukturen, sondern von einheitlicheren Geschäftsbereichsstrukturen in den Bezirksämtern. Ich glaube, Sie merken den Unterschied. Es sind wachsweiche Kompromissformeln, die nur über ein politisches Dauergezänk in der rot-rotgrünen Koalition hinwegtäuschen sollen, aber Sie schieben das maßgebliche Problem, mit dessen Lösung eine Reihe an Themen geklärt wäre, die die Bürger dringend interessiert, hinweg, weil sie mutwillig andere Themen gegen eine solch wachsweiche Kompromissformel in die Waagschale werfen. Das ist sträflich für die personelle Entwicklung der Verwaltung und für die Lösung der Probleme, die wir in dieser Stadt haben.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Nur eine Verwaltung, die in der ganzen Stadt gleich arbeitet, kann überhaupt durch den Senat effizient mit Zielvereinbarungen oder Richtlinien gesteuert werden, und

viel entscheidender: Nur mit einheitlichen Strukturen kann überhaupt darüber nachgedacht werden, Stellenbewertungen behördenübergreifend zu vereinheitlichen, bezirksübergreifend Stellen auszuschreiben – da, wo gewünscht und gewollt – oder Standardverfahren bei der Rekrutierung von Personal zu entwickeln und einzuführen. Zuallerletzt: Es ist natürlich auch die Servicequalität, die sich dafür verbessert.

Interessant ist übrigens, dass der Rat der Bürgermeister das ähnlich sah. Im Rat der Bürgermeister waren auch die Stadträte und Bürgermeister vertreten, die danach dagegen waren. Wie Frau Herrmann aus Kreuzberg haben sie im Rat der Bürgermeister einstimmig dafür plädiert, in allen Bezirken einheitlich zugeschnittene Geschäftsbereiche neben der Etablierung einer in der Wahlperiode überdauernden Arbeitsstruktur und die Erweiterung um einen Stadtrat zu wollen. Bisher ist es so, dass in jedem Bezirk unterschiedliche Strukturen sind, und dieses Verwirrspiel frustriert, schreckt ab und schadet dem Wirtschaftsstandort. Aber es schadet vor allem den vielen Standardleistungen des Staates, wenn es vom Elterngeld über die Meldeangelegenheiten bis zur Kfz-Zulassung nicht gelingt, stadtweit diese Leistungen wieder in einheitlicher Qualität zu erbringen.

[Stefan Ziller (GRÜNE) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]

Es gibt eine Zwischenfrage vom Kollegen Ziller?

Genau! – Bitte schön, Herr Kollege!

Weil Sie so viel von verschiedenen Strukturen in den Bezirken sprechen: Ist Ihnen bekannt, dass es bisher schon eine einheitliche Ämterstruktur in Bezirken gibt und zum Beispiel in Bürgerämtern und Ordnungsämtern einheitliche Dienstleistungen angeboten werden und da auch durchaus einheitliche Stellenbewertungen und einheitliche Personaleinstellungen möglich sind? Ist Ihnen das bekannt?

[Oliver Friederici (CDU): Unsinn!]

Herr Kollege Ziller! Natürlich ist das bekannt. Sie wissen auch, dass das bekannt ist. Aber das hat nichts mit einer einheitlichen Aufbauorganisation und gleichen Geschäftsbereichen zu tun, die in allen Bezirken gleich sind. Und wenn Sie wissen, dass ein Stadtrat aus einem Bezirk zu unterschiedlichen Staatssekretärsrunden fahren muss und dank Ihrer Verkehrspolitik aus Spandau und Marzahn-Hellersdorf ja meistens 90 Minuten hin und 90 Minuten zurück braucht, dann wissen Sie, dass da enorme Zeit verschwendet wird und nicht die Bezirksstruktur

angepasst ist an die Fachstruktur der Senatsverwaltung. Das ist der wesentliche Vorschlag, und Sie haben das Papier von Herrn Prof. Alt entweder nicht gelesen oder nicht verstanden. Beides wäre hochgradig schwierig, aber wenn Sie Experten einberufen, die diese Aufgabe wahrnehmen sollen, dann folgen Sie doch diesen Experten, oder erklären Sie uns hier, warum Sie diesem Expertenvotum, wo vorher alle im Rat der Bürgermeister dafür waren, nicht gefolgt sind. Es war ja höchstwahrscheinlich nur ein fauler Kompromiss, der wegen völlig anderer Themen von Herrn Behrendt oder anderen umgesetzt werden musste, weshalb wir weiter dieses politische Spielchen erleben müssen.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Wir tun heute nichts anderes, als diesen Vorschlag der Alt-Kommission, der Grundlage für die vernünftige personelle Weiterentwicklung der Bezirke und des Senates ist, hier noch einmal zur Beschlussfassung vorzulegen. Nichts anderes als das Votum der Expertenkommission, nichts anderes als das Votum im Rat der Bürgermeister ist heute Vorlage dieses Antrages, und ich bin mir sicher, dass die SPD gar nichts andere tun kann, als diesem Antrag zuzustimmen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Für die SPD-Fraktion hat jetzt Frau Kollegin Becker das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe CDU! Lieber Herr Czaja! Ihr Antrag leistet keinen erkennbaren Beitrag zum Thema Verwaltungsmodernisierung.

[Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

Sie agieren nicht, sondern kamen damit einen Tag später um die Ecke, nachdem der Senat den Zukunftspakt Verwaltung am 14. Mai beschlossen und veröffentlicht hatte. Im Übrigen kenne ich Ihre Position zum Thema nicht. Haben Sie eine? Und warum hat Ihre Bezirksbürgermeisterin aus Steglitz-Zehlendorf – Sie hatten ja gerade Frau Herrmann erwähnt – bei der Abstimmung im Rat der Bezirksbürgermeisterinnen und Bezirksbürgermeister

gegen das Anliegen Ihres Antrages gestimmt, den einheitlichen Aufbau der Bezirksämter verbindlich festzulegen? Das hatten Sie eben unterdrückt zu sagen. Ich kann Ihnen sagen, warum. Ihnen reicht es völlig, sich mit wenig substanziellen Statements an der politisch erfolgreichen rot-rot-grünen Koalition abzuarbeiten.

[Lachen bei der CDU, der AfD und der FDP]

Sie bleiben inhaltsleer und fallen lieber über uns her, weil Sie glauben, R2G sei nur am Zanken.

[Mario Czaja (CDU): Kommen Sie aus Erfurt? – Weitere Zurufe von der CDU und der AfD]

Bei der bunten Vielzahl der beteiligten Persönlichkeiten ist es in meinen Augen völlig normal, dass man Dissense hat und das gerne auch mal bis zum Schluss ausreizt. Das sorgte für temporäre Aufregung in den Medien, doch wurde weder der Umsetzungsprozess noch der feste Wille nach Veränderung in den Bürgerämtern infrage gestellt. Entscheidend ist, was gemeinsam vereinbart wurde, und Sie wissen ganz genau, dass wir das Heft des Handelns längst in den Händen halten. Die gemeinsame Unterzeichnung des Zukunftspaktes Verwaltung durch den Regierenden Bürgermeister, die Senatorinnen und Senatoren sowie die Bezirksbürgermeisterinnen und Bezirksbürgermeister ist ein großer Erfolg und nicht nur mal eben ein Senatsbeschluss.