zum Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/1778
Meine Damen und Herren! Es ist jetzt 18.41 Uhr. Die Fraktionen haben verabredet, dass zu diesem Antrag die letzte Rederunde erfolgt und die restlichen Tagesordnungspunkte noch aufgerufen und ohne Beratung behandelt werden, auch über 19 Uhr hinaus. – Widerspruch dazu höre ich nicht; dann verfahren wir so.
In der Beratung des Antrags beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Für die Fraktion hat das Wort Frau Abgeordnete Remlinger. – Bitte schön!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind heute mit „70 Jahre Grundgesetz“ sehr historisch eingestiegen und wegen der bevorstehenden Europawahl will ich in diesen kleinen Antrag ein bisschen größer einsteigen, als Sie vielleicht erwarten.
Ich möchte sagen, dass wir aus meiner Sicht in einer Zeit sehr wichtiger und spannender Umbrüche leben, dass wir sehen, dass unglaubliche technologische Entwicklungen stattfinden. Das bekannteste, uns alle umtreibende Stichwort dazu ist die Digitalisierung, ein Fakt, bei dem wir alle diskutieren: Ist das überhaupt noch Erneuerung? Ist es Disruption? Ist es Beschleunigung, oder sind es unglaubliche Sprünge? Wir hören nicht nur Stichworte wie Arbeitswelt 4.0. Wir diskutieren Thesen wie, dass in wenigen Jahrzehnten 50 Prozent der heute existierenden Berufe nicht mehr existieren werden, dass in wenigen Jahrzehnten 50 Prozent aller Unternehmen Ein-Mann-, Eine-Frau-, Ein-Mensch-Unternehmungen sein könnten. Das ist eine große Entwicklung
Die andere Entwicklung, in der wir uns befinden, ist die große ökologische Krise, in der wir leben, wo wir wissen, dass wir die Grenzen des Wachstums, wie wir es bisher kannten, erreicht haben, wo wir umstellen müssen, wo wir von fossilen Energietechniken wegmüssen, vom Plastik wegmüssen, wo wir CO2 einsparen müssen, wo wir auch auf dieser Ebene ganz grundsätzlich auf die Frage gestoßen sind: Was brauchen wir? Wofür bilden wir unsere jungen Menschen eigentlich aus? Welche Ausstattung brauchen wir dafür, und in welchen Zyklen, in welchen Geschwindigkeiten muss sich diese Ausstattung verändern?
Wir sind nicht so stark für die Betriebe zuständig, aber wir sind dafür zuständig, welche Ausstattung unsere beruflichen Schulen haben – also: Welche Ausstattung müssen wir ihnen geben? In welchen Zyklen müssen wir sie erneuern, wenn wir wollen, dass diese technische Ausstattung immer auf dem neuesten Stand ist? – Und das genau wollen wir: Wir wollen, dass die technische Ausstattung der beruflichen Schulen in Berlin immer auf dem neuesten Stand ist, damit die Jugendlichen gute Berufschancen haben.
Wenn wir uns angucken, wie das bisher in der Vergangenheit lief, dann sehen wir, dass mitnichten immer alles auf dem neuesten Stand war. Und das hat eben auch damit zu tun, dass nicht ganz anerkannt war, dass sich die Ausstattung der berufsbildenden Schulen von denen der allgemeinbildenden Schulen unterscheidet, und dass, wenn ich große Maschinen ersetzen muss, die größere Anschaffungskosten haben, solche Investitionen in der Regel zurücktreten, weil es bei einem nicht ausreichend ausgestatteten Haushaltstitel leichter ist, für zehn Schulen zehn kleine Sachen zu machen, als zu sagen: Das ganze Geld, das wir haben, geht für das eine Gerät drauf, an dieser einen Schule.
Diesen Finanzierungsmechanismus wollen wir vom Kopf auf die Füße stellen. Wir wollen mit einer Bestandsaufnahme beginnen: Was haben wir überhaupt in den Schulen? In welchem Zustand ist es? Welchen Wiederbeschaffungskosten würden wir ins Auge sehen? – Diese Art von
Transparenz ist aus unserer Sicht die Grundlage für eine nachhaltige Finanzierung, ist Grundlage für die Festlegung, wann was wo warum zu erneuern ist, anhand von objektiven Kennzahlen.
Deshalb freue ich mich sehr, dass wir uns heute auf den Weg machen, das umzusetzen, schrittweise dafür zu sorgen, dass die Ausstattung an unseren berufsbildenden Schulen immer auf dem neuesten Stand ist. Falls Sie nicht alle vorhaben zuzustimmen, verstehe ich wirklich nicht, warum. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Frau Remlinger! Ich weiß, was das innerhalb der Fraktion und innerhalb der Koalition für ein Kampf war, diesen Antrag durchzubringen. Deswegen freue ich mich sehr, dass Sie das hier so mit Bravour vorgetragen haben. – Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir reden jetzt gerade darüber: Wenn eine Monatskarte abgelaufen ist, sollte man sie ersetzen. Wenn ein Dieselfahrzeug, kein Benzin mehr im Tank hat, sollte man vorher nachtanken.
Wenn das Klopapier alle ist, sollte man lieber vorher eine Ersatzrolle haben, und wenn ein Computer abgelaufen ist und nicht mehr funktioniert, sollte man vorher einen Ersatz beschafft haben. Wir reden darüber, dass ein kaputter Computer und eine kaputte technische Infrastruktur in der beruflichen Bildung rechtzeitig ersetzt wird. Das ist eine Binsenweisheit. Es ist allerdings noch nicht Common Understanding innerhalb der Regierungsarbeit.
Insofern freue ich mich darüber, dass Sie jetzt aus dem Bildungsbereich zu einer hoffentlich steilen Bildungskurve kommen, auch was die Schulen angeht.
Unsere schulpolitische Sprecherin Hildegard Bentele sagt immer, dass die Schulen in Berlin so ausgestaltet sein müssen, dass die Schülerinnen und Schüler Lust am Lernen haben. Lust am Lernen. Und recht hat sie, die Hildegard Bentele!
Der Senat gefällt sich in aller Regel mit dem Bezirksbashing, wenn auf die Zuständigkeit der Bezirke, auf die Gebäude und auf die Ausstattung verwiesen wird. Und
für Personal sind sie auch nicht zuständig. Aber heute reden wir über die Oberstufenzentren und über die Berufsschulen; die sind ganz allein in der Zuständigkeit der Senatsverwaltung.
Dort können Sie schalten und walten, dort können Sie tun, oder Sie können es eben sein lassen. Und das Seinlassen ist leider in den letzten Jahren eine ausgeprägte Geisteshaltung gewesen.
Deswegen freue ich mich darüber, dass Sie jetzt mit dem Antrag sozusagen die Buddha-Ruhe im Bereich der Oberstufenzentren, der Ausbildung durchstoßen wollen, mit einem Windchen der Bewegung. Da freue ich mich natürlich schon!
Für die CDU ist klar: Wir haben einen riesigen Facharbeitermangel. Dieser Facharbeitermangel muss bekämpft werden. Wir haben einen riesiges Problem: 13 Prozent der Jugendlichen verlassen die Schule ohne einen Schulabschluss. Was wir brauchen sind Berufsschulen, in denen die Schüler Spaß haben, dass sie dort stolz sind, dass sie dort Spaß haben, an elektrischen Geräten zu arbeiten, die nicht die Vorvorvorgängergeneration von denen sind, was sie in der Firma erleben, sondern die mindestens den Level haben, den sie in der Firma erleben und eigentlich noch eine Stufe mehr sind, damit sie lernen können, wie man in ihren Betrieben weiter die Produktivität steigern und die IT ausstatten kann.
Wir als CDU haben ein gewisses Gefühl des Stolzes. Wir danken der Bundesregierung für das aufgesetzte Digitalisierungspaket. Dieses ist eine einmalige Chance, jetzt mit einem kräftigen Ruck in Sachen Digitalisierung nach vorne zu kommen. Lassen Sie die Kinder in den Schulen, deren Eltern, die Lehrkräfte und die Schulleiter diesen Ruck nach vorne richtig spüren, und vertänzeln Sie nicht diesen Impuls in ideologischen Diskussionen und der gewohnten kollektiven Führungslosigkeit und Verantwortungslosigkeit zwischen den Schulverwaltungen und der Senatsverwaltung! – Vielen herzlichen Dank!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! 40 Jahre Bestehen feiern die Oberstufenzentren in diesem Jahr in Berlin. Das System, wie Berlin seine berufliche Bildung organisiert, ist tatsächlich ein Schulsystem, das in der ganzen Bundesrepublik kopiert und übernommen wurde. Ich glaube, darauf können wir in Berlin stolz sein. Wenn Sie gerade zu Recht sagen, dass die Berufsschulen oder die Oberstufenzentren nun Landessache seien und Senat und Abgeordnetenhaus schalten könnten, wie sie wollten, dann haben sie auch recht. Ich erlaube mir als jemand, der schon viele Oberstufenzentren von innen gesehen hat, auch einige im Wahlkreis hat, zu sagen: Das sieht man in den Schulen auch, denn wenn wir so weit wären wie in den Bezirken, in den bezirklichen Schulen, wie wir es in den Oberstufenzentren jetzt schon sind, dann wären wir in Berlin eine ganze Ecke weiter. Die Oberstufenzentren sind tatsächlich, was das Bauliche und die Ausstattung angeht, den bezirklichen Schulen weit voraus.
Trotzdem ist der Antrag, den wir als Koalition auf den Weg gebracht haben, sinnvoll und richtig, weil – vieles ist dazu von Frau Kollegin Remlinger gesagt worden – es natürlich das Ziel sein muss, dass in der beruflichen Ausbildung Schülerinnen und Schüler jeweils an den modernsten Geräten lernen und darauf vorbereitet werden, anhand der Kenntnisse neuer Geräte in den Beruf einzusteigen.
Nehmen wir einmal das Oberstufenzentrum Gastgewerbe: Es sind verhältnismäßig moderne Küchen, die man dort vorfindet, und trotzdem gibt es auch in diesem Bereich ständig neue Entwicklungen. Das ist in den meisten technischen Bereichen so. Ich will gar nicht wahnsinnig viel mehr zu dem Antrag sagen, weil Frau Remlinger es gut zusammengefasst hat. Sich bei der Wiederbeschaffung oder der Neubeschaffung von Geräten an dem zu orientieren, was man beispielsweise an steuerlicher Absetzung hat, dass wir tatsächlich von Senatsseite ein Konzept vorgelegt bekommen, wann bestimmte Gerätschaften ausgetauscht werden müssen, das ist sinnvoll. Das ist vor allem auch für uns als Haushaltsgesetzgeber – das ist unsere Rolle als Parlament – wesentlich planbarer als wenn irgendwann – das gibt es eben auch – zehn Leiterinnen oder Leiter von Oberstufenzentren vor einem sitzen und sagen: Es wäre ganz gut, das eine oder andere mehr anzuschaffen. – Insoweit ist der Antrag ein großer Schritt, was Planbarkeit in der Beschaffung angeht. In der Tat, Kollegin Remlinger hat recht, es gibt keinen Grund, dem nicht zuzustimmen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Werte Berliner! Seit dem 25. Januar 1996 ist die SPD in Berlin für den Bildungssektor verantwortlich. Die technische Ausstattung in den Berufsschulen hatte also mindestens 23 Jahre Zeit zu altern und zu vergammeln.
Wir lehnen ideologiebewegte, linke Spinnereien ab und wir arbeiten nur zum Vorteil der Berliner und damit für echte Zukunftschancen.
Danke, nein! – Dazu gehört, dass wir uns im Land Berlin und via Bundesrat für eine Stärkung Berliner und deutscher Interessen einsetzen,
Zum Beispiel geht von der OECD mit Sitz in Frankreich der Druck auf Deutschland aus, das hervorragende duale Ausbildungssystem zu stoppen, um es dem Akademisierungswahn zu opfern. Nutzt das den Berliner oder den deutschen Interessen? – Mit Sicherheit nicht. Was hat uns die supranationale Idee der OECD gebracht? – Überfüllte Hörsäle und einen erheblichen Mangel in Ausbildungsberufen. Vor allem Mittelstand und Handwerk klagen über fehlenden Nachwuchs. Doch der Nachwuchs sitzt in zahlreichen universitären Vorbereitungskursen, weil die linke Bildungspolitik die Jugendlichen nicht zur Studierfähigkeit heranführen konnte.
Da sieht man mal, was eine Abiturniveauabsenkung mit sich bringt. Jeder hat das Abitur, oder fast jeder, doch damit ist es auch kaum noch etwas wert. Zu allem Überfluss steigt trotz Nachholkursen die Abbruchquote an den
Unis. Hören Sie endlich auf, den Bürokraten irgendwelcher supranationaler Organisationen blind zu folgen.