Protokoll der Sitzung vom 30.01.2020

(Herbert Mohr)

Darüber sollten wir dann diskutieren, über die Packungsgrößen ebenfalls, aber vor allem sollten wir den Leuten klar sagen, was Sie jetzt mit den Dingern wirklich machen sollen. Insofern hat der Antrag in Form dieser Debatte dann doch noch irgendwo einen Sinn. – Danke!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Für die Fraktion der FDP spricht jetzt Herr Abgeordneter Kluckert.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie von der Koalition wollen, dass der Senat eine Kampagne startet, um die Berliner Bevölkerung auf die richtige Entsorgung von Medikamenten hinzuweisen. Dass Sie das wollen, kann ich verstehen. Zum einen ist es tatsächlich ein wichtiges Thema – Medikamente gehören nicht in die Toilette, das haben wir jetzt schon oft genug gehört –, aber zum anderen sind Kampagnen natürlich auch eine gute Sache. Man kann einen bunten Flyer drucken, wo dann die SPD-Senatorin drin abgebildet ist. Das steigert selbstverständlich den Bekanntheitsgrad und ist im Wahlkampf um Wählerstimmen sicher hilfreich. Da braucht die SPD im Moment ja jede Stimme.

[Beifall bei der FDP – Torsten Schneider (SPD): Sagt der mit dem Volksbegehren Tegel!]

Ich kenne zwar, Herr Schneider, Ihre Wählergruppenanalysen nicht so, aber ich kann mir vorstellen, vor allem ältere Leute wählen die SPD, und wenn es dann in der Apotheke zu dem Taschentüchlein noch den Flyer der Senatorin mit dazugibt, also, 2 Prozent mehr. Für Sie ist das eine Win-win-Situation. Der Steuerzahler bezahlt den Flyer, gedruckt wird er in einer SPD-Druckerei; besser kann es für Sie gar nicht laufen.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Deshalb sind wir auf Ihrer Seite.

Inhaltlich ist der Antrag einfallslos und fachlich wirklich dünn. Da kann ich dem Kollegen Zeelen absolut zustimmen. Er hat dazu schon vieles gesagt. Ich fange in dem Antrag einmal da an, wo die SPD ganz vorn ist, hinten:

[Beifall von Marcel Luthe (FDP) – Paul Fresdorf (FDP): Ha, ha!]

Sie wollen in einer Bundesratsinitiative zur Änderung der Gewerbeabfallordnung die Apotheken zu einer Rücknahme von abgelaufenen Medikamenten verpflichten. Warum eigentlich? – Mal im Ernst: Wenn ich mit meinen Medikamenten in eine Apotheke gehe und sage: Können Sie die annehmen und für mich entsorgen? –, gibt es

erstens genug Apotheken, die das machen, und zweitens, wenn ich meine abgelaufenen Kopfschmerztabletten entsorgen will, dann fahre ich doch nicht mit dem Auto zur Apotheke, sondern werfe sie in den Hausmüll und zwar so, dass Kinder dort nicht rankommen. Dort gehören sie hin.

[Beifall bei der FDP]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Schneider?

Jetzt nicht, sonst sitzen wir hier noch bis Mitternacht, Herr Schneider. Es tut mir leid! – Ich kann Ihnen aber versichern: Bei dieser Koalition laufen meine Kopfschmerztabletten nicht ab. Die werden alle vorher aufgebraucht. Da ist ein Durchlauf, das glauben Sie nicht.

[Beifall und Heiterkeit bei der FDP]

Der zweite Punkt: Sie fordern den Senat auf zu prüfen, ob weitere Anreize für Apotheken notwendig sind, um eine flächendeckende Verfügbarkeit von Medi-Tonnen zu erreichen. Machen Sie die Medi-Tonne kostenlos, schwupp sind alle Apotheken voll damit, das ist ganz einfach.

Drittens: Sie wollen, dass bei unverbrauchten Medikamenten auf die Möglichkeit der Spende hingewiesen wird.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Nein! Das ist doch Murks!]

Das ist ein ernstes Thema. Das lehne ich zutiefst ab, denn Sie wissen nicht, wie die Medikamente gelagert wurden, wo sie herkommen, ob die Kühlkette eingehalten wurde usw. Bei so viel Unsicherheit sollte man diese Medikamente keinem Menschen geben, auch nicht den Ärmsten. Wir sind so ein reiches Land, das haben die Ärmsten nicht verdient. Dass diese Antwort von der SPD kommt, das ist wirklich schwach.

[Beifall bei der FDP]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Isenberg?

Nein! – Wir haben uns dazu im Ausschuss ausführlich ausgetauscht. Jetzt ziehen wir die Sache hier durch. Das ist kein Thema, das den ganzen Abend füllen sollte.

Also bleibt viertens nur noch eine Sache am Ende übrig, die vernünftig ist, das ist die Kampagne zur richtigen

(Dr. Wolfgang Albers)

Entsorgung – mit dem Foto der Senatorin. Das sei Ihnen, wie gesagt, gegönnt, aber so einen Flyer gibt es ja eigentlich schon. Es gibt einen Flyer, in dem steht, warum Arzneimittel nicht in den Ausguss oder die Toilette gehören, da steht auch drin, was man bei der Entsorgung im Hausmüll bezüglich Kindern beachten soll, wo man Schadstoffsammelstellen findet und es gibt nützliche Links rund um die Entsorgung von Arzneimitteln. Das einzige Problem ist, hinten ist noch der ehemalige Gesundheitssenator Czaja abgebildet.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Tim-Christopher Zeelen (CDU)]

Deswegen haben wir einmal gebastelt und haben Ihr Foto aufgeklebt.

[Der Abgeordnete hält ein Schriftstück hoch.]

Das würde ich Ihnen gern geben, das können Sie dann für die Kampagne nehmen. Das kostet den Steuerzahler wenig Geld und wir würden Sie unterstützen. Beim gesamten Antrag können wir uns leider nur enthalten. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Die Fraktion der SPD hat eine Zwischenintervention angemeldet. – Herr Isenberg, Sie haben das Wort!

Frau Präsidentin! Werter Herr Kluckert! Ich wollte Sie fragen, wann Sie den Antrag zum letzten Mal gelesen haben oder ob Sie ihn überhaupt gelesen haben. Sie haben gerade behauptet, in dem Antrag stünde, wie wiesen auf die Möglichkeit der Arzneimittelspende hin. Lesen Sie bitte! Setzen Sie eine neue Brille auf, mit den richtigen Stärken, falls Sie eine benötigen sollten.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Nehmen Sie andere Tabletten!]

Der Beschlussantrag, der Ihnen vorliegt, wenn Sie ihn denn lesen würden, um zu wissen, worüber Sie hier abstimmen, beinhaltet nicht das Element der Spende, weil die Spende fachlich in der Tat nicht geeignet wäre. Insofern bin ich ganz beruhigt, dass wir einen sehr guten Antrag beschließen. – Danke!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Sie möchten erwidern? – Nein. – Weitere Wortmeldungen liegen also nicht vor. – Zu dem Antrag auf Drucksache 18/1653 empfiehlt der Fachausschuss einstimmig – bei Enthaltung der Oppositionsfraktionen – die Annahme mit Änderungen. Wer dem Antrag mit den Änderungen

gemäß der Beschlussempfehlung auf Drucksache 18/2405 zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt gegen diesen Antrag? – Wer enthält sich? – Das sind die Oppositionsfraktion. Damit ist der Antrag so angenommen.

Ich rufe nun auf

lfd. Nr. 19:

Psychosoziale Versorgung Geflüchteter verbessern: Übergangsstrukturen stärken, Regelsysteme öffnen!

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung vom 6. Januar 2020 Drucksache 18/2406

zum Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/1819

In der Beratung beginnt die Fraktion Die Linke. Das Wort hat Frau Abgeordnete Schubert. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben den Antrag hier schon ein paarmal beraten, sowohl hier im Plenum aus auch im Ausschuss. Ich denke, es ist ein guter und vernünftiger Antrag. Wenn man sich die Ereignisse der letzten Wochen und Monate ansieht, dann ist er umso notwendiger. Bevor jetzt wieder der Einwand kommt, wir müssten uns um alle psychisch erkrankten Menschen in Berlin kümmern, wir müssten für alle psychisch erkrankten Menschen ein vernünftiges System haben, ja, das ist so. Trotzdem ist es so, dass bestimmte Gruppen bestimmte Bedarfe und bestimmte Notwendigkeiten haben. Geflüchtete haben eine Geschichte hinter sich, die andere nicht hinter sich haben. Sie haben auf ihrer Flucht Dinge erlebt, haben Traumata erlitten, die andere so nicht erlebt haben. Deswegen ist nicht eine Behandlung gleich wie die andere, deswegen gibt es unterschiedliche Bedarfsgruppen.

Wir haben in dem Antrag mehrere Forderungen erhoben, die notwendig sind, um eine bedarfsgerechte psychosoziale Versorgung für Geflüchtete zu garantieren. Das bezieht sich sowohl auf Übergangsstrukturen wie auch auf die Regelsysteme, das bezieht sich auf Aktivitäten, die auf bezirklicher Ebene organisiert werden müssen, genauso wie auf die der Landesebene. Was ausgesprochen erfreulich ist, ist, dass es uns mit den Haushaltsberatungen und mit dem Haushalt 2021/2022 gelungen ist, tatsächlich auch schon diese Übergangsstrukturen und die Verstetigung des Übergangs in die Regelsysteme haushaltsmäßig abzusichern und strukturell vorzuklären.

(Florian Kluckert)

Wir haben es geschafft, dass die Mittel für die Arbeit mit den geflüchteten Menschen auf der bezirklichen Ebene in den Regelstrukturen gestärkt werden, dass es mehr Personal gibt. Wir haben es auch geschafft, dass wir die Clearingstelle bei der Charité überführen konnten in das Berliner Netzwerk für besonders Schutzbedürftige, die das im Bereich der Erstaufnahme, der Erstidentifikation von Bedarfen, Behandlungsbedarfen, Therapiebedarfen, Beratungsbedarfen übernommen haben.

Unsere große Herausforderung, vor der wir stehen, ist das Thema Sprachmittlung. Egal, worum es jetzt geht, in der Beratungsarbeit, in der Unterstützungsarbeit, aber in diesem Bereich natürlich ganz besonders, wo es auch um sehr innere Dinge geht, sehr emotionale Dinge, wo ganz persönliche Erlebnisse verarbeitet werden müssen, kommt es sehr darauf an: Können diejenigen, die behandeln, auch verstehen, was der Mensch sagt, der behandelt werden muss? Deswegen haben wir uns auch entschieden, weil das nicht mit dem Google-Übersetzer geht, und weil das nicht irgendwie mit Radebrechen und Hand- und Fußzeichen geht, dass wir einen Pool aufbauen mit Sprachmittlerinnen und Sprachmittlern für die unterschiedlichen Anforderungen. Das wird unser nächstes großes Vorhaben sein, und dann, denke ich, werden wir es auch hinbekommen, in Berlin ein sehr effizientes, gutes, menschengerechtes und vernünftiges System der psychosozialen Versorgung aufzubauen. – Danke schön!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]