Protokoll der Sitzung vom 20.02.2020

Wir haben auch den Katastrophenschutz richtig gestärkt, 2 Millionen Euro zusätzlich sind bei den letzten Haushaltsberatungen vom Parlament bewilligt worden. Das muss jetzt gut ausgegeben werden, denn die persönliche Schutzkleidung für eine Pandemie muss erst aufgebaut werden. Wir müssen prüfen, ob wir ein zentrales Katastrophenschutzlager in Berlin errichten. Der internationale Markt ist fast leergefegt. Da müssen wir uns beeilen und auch für die Produktion die richtigen Anreize setzen. Wir müssen bei einem Anstieg der Epidemie auch in Deutschland früh langfristig wirkende Entscheidungen treffen, zum Beispiel – es steht jetzt überhaupt nicht in Rede! – die Auslösung eines Katastrophenfalls, bei dem Hilfsorganisationen besser eingebunden werden können. Wir müssen eine bessere Alarmierungstechnik beschaffen; diese Entscheidungen müssen früh gefällt werden, deshalb muss der Anstieg der Infektionszahlen sehr genau und mit Sorgfalt betrachtet werden. Wir haben etwas ältere Krankentransportwagen, die der Bund nicht erneuern will. Auch hier muss Berlin gemeinsam mit dem Bund Verantwortung wahrnehmen.

Wir brauchen Solidarität gerade auch mit China. Das öffentliche Leben dort kommt in einigen Regionen zum Erliegen. Es gibt sehr harte Einschnitte in der Krisenregion, damit sich das Virus nicht weiter ausbreitet. Ich finde, die Unterstützungslieferungen des Auswärtigen Amts dürfen nur ein Anfang gewesen sein.

Was wir nicht brauchen, was vor allem auch nicht hilft: So ein Virus lässt sich durch Aufklärung und Hilfe und durch weltweite Spitzenforschung stoppen, aber nicht durch den Schießbefehl an der Grenze, und schon gar nicht mit Rassismus und Fake-News, was aus den Reihen der AfD vorangetrieben worden ist.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Gute Informationen gibt es bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und beim Robert-KochInstitut. Wir können vorsichtig optimistisch sein, dass wir im besten Fall gestärkt aus dieser internationalen Krise

hervorgehen und dass wir nicht unverhältnismäßig reagieren. Fazit: Berlin ist gut aufgestellt und Spitzenreiter in der Forschung. Das bauen wir aus. Wir danken allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich in dieser Krise verdient machen und lernen daraus hoffentlich gemeinsam für künftige Epidemien. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, meine Damen und Herren!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Für die FDP-Fraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Kluckert das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste auf den Besucherrängen! Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ist die langweiligste Aktuelle Stunde, die wir in diesem Parlament jemals hatten.

[Beifall bei der FDP und der AfD – Zurufe von Dr. Wolfgang Albers (LINKE), Carola Bluhm (LINKE) und Steffen Zillich (LINKE)]

Ich würde gern nachher zu den Besucher nach oben gehen und mich erkundigen,

[Ülker Radziwill (SPD): Wir sind kein Spaßparlament! – Steffen Zillich (LINKE): Sie kennen nicht so viele Aktuelle Stunden, Herr Kollege!]

ob Sie wissen, ob Berlin gut vorbereitet ist oder ob Sie sich die Frage stellen: Hat diese Stadt keine anderen Probleme?

[Beifall bei der FDP und der AfD]

Als ich gehört habe, dass das erste Mal, seitdem ich in diesem Parlament sitze, die Koalitionsfraktionen ein Gesundheitsthema als Aktuelle Stunde anmelden, habe ich mich sehr darüber gefreut, weil ich gedacht habe, Sie wollen endlich einmal über die Missstände, die in dieser Stadt herrschen, reden, über die Missstände, die in den letzten 14 Tagen in der Presse hochgekocht sind. Ich habe tatsächlich in meiner Naivität ernsthaft gehofft, Sie hätten endlich erkannt, wie wichtig Gesundheitspolitik für die Menschen in dieser Stadt ist und würden endlich Antworten darauf geben, wie wir die Gesundheitsversorgung verbessern können.

Herr Kollege! Ich darf Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Isenberg zulassen.

Ich habe zwar noch nicht viel erzählt, aber Sie können gern eine Zwischenfrage stellen, Herr Isenberg.

Bitte schön!

Sie sprachen von der langweiligsten Aktuellen Stunde, die Sie gerade erleben oder die Sie beantragt sehen. Sind Ihnen die Themen Gesundheit, Impfschutz und vorsorgender Gesundheitsschutz so unwichtig, dass Sie sie als langweilig empfinden?

Nein! Vielen Dank für diese Nachfrage – ganz im Gegenteil!

[Beifall bei der FDP]

Sie wissen ganz genau, dass das für die FDP-Fraktion eine Herzensangelegenheit ist, gerade Impfschutz. Wie haben wir hier für eine Masernschutzpflichtimpfung gekämpft! Wie haben wir hier dafür gekämpft, dass es genügend Grippeimpfstoff gibt, wo Ihre Senatorin fahrlässig mit der AOK zusammen auf einen Anbieter setzt und Menschen gefährdet. Wir sind diejenigen, die das Thema ernst nehmen.

Aber wenn ich mir die Schlagzeilen der letzten Wochen angucke, dann gibt es viel mehr, was wir aufräumen müssen. Sie haben anscheinend die Zeitungen nicht aufgeschlagen, Herr Isenberg. Ich werde Ihnen einmal berichten, was darin steht: Da berichtet die „B.Z.“Chefredakteurin, dass sie neun Stunden in der Notaufnahme einer Berliner Klinik verbracht hat. Neun Stunden saß sie dort! Und das nicht, weil sie einen gebrochenen kleinen Zeh hatte, sondern weil sie von ihrem Hausarzt als Notfall dorthin geschickt worden war. Sie saß dann neun Stunden auf dem Flur. Über solch eine Gesundheitsversorgung hätte man einmal in einer Aktuellen Stunde reden können.

[Beifall bei der FDP und der AfD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Dazu kommt von Ihnen gar nichts!

Die Kinderonkologie in der Charité muss Kinder abweisen, weil das Pflegepersonal fehlt. Operationen werden verschoben, Eltern werden mit den kranken Kindern in völliger Ungewissheit nach Hause geschickt. Trauriger Höhepunkt ist, dass ein Kind kürzlich verstorben ist. Wir haben bis heute noch keine Antwort darauf, ob es noch am Leben hätte sein können, wenn dieses Kind aufgenommen worden wäre.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Vorsichtig! Ganz vorsichtig!]

Allein dieses Thema wäre Grund genug gewesen, um eine Aktuelle Stunde zu beantragen. Von Ihnen kommt dazu gar nichts.

(Benedikt Lux)

[Beifall bei der FDP und der CDU – Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Die Kündigungen bei Vivantes, eine ganze Abteilung, 38 Pfleger und Ärzte wandern ab aus Protest gegen schlechte Arbeitsbedingungen in einem landeseigenen Betrieb. Auch das wäre Grund genug gewesen, hier eine Aktuelle Stunde zu beantragen. Von Ihnen kommt dazu überhaupt nichts.

[Beifall bei der FDP und der CDU – Vereinzelter Beifall bei der AfD]

So gibt es weitere Missstände, die die Berlinerinnen und Berliner endlich von Ihnen beseitigt sehen wollen. Die Menschen wollen wieder einen Kinderarzt in ihrer Straße haben oder zumindest einen Termin beim Kinderarzt bekommen. Die Menschen möchten keine Keimerkrankungen in den Krankenhäusern bekommen, die von Ihnen viel zu gering mittels der Krankenhausfinanzierung finanziert werden.

[Beifall bei der FDP]

Sie möchten den Hebammenmangel beseitigt haben.

[Beifall bei der FDP]

Sie möchten die schlechte stationäre Unterbringung durch mehr Krankenhausinvestitionen beseitigt haben usw. usf. Von Ihnen kommt dazu hier überhaupt nichts.

[Beifall bei der FDP]

Aber es ist konsequent, denn wir merken, dass bei Ihnen die Leidenschaft für Gesundheitspolitik in diesem Haus einfach fehlt. Was macht man, wenn einem die Leidenschaft fehlt und die Missstände über den Kopf wachsen? – Sie machen hier tatsächlich eine Showveranstaltung, Sie machen eine Zaubershow. Sie lenken nämlich von dem eigentlichen Geschehen ab und versuchen, den Fokus des Betrachters auf eine andere Sache zu lenken, die gar nichts mit dem eigentlichen Thema zu tun hat, und hoffen, die Berlinerinnen und Berliner nehmen Ihnen das ab. Ich kann Ihnen nur sagen: Wenn man einen Zaubertrick so schlecht durchführt, dass der Betrachter merkt, wie der Trick funktioniert hat, dann kommt man schnell in den Verdacht, das Publikum getäuscht zu haben und nicht, es verzaubert zu haben.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Jetzt zum Thema: „Coronavirus – Berlin ist vorbereitet!“ –, wie gut die Stadt vorbereitet war. Da lasse ich mich einmal auf Ihr Niveau herab:

[Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Wir haben zurzeit null Erkrankungen. Es gibt eigentlich gar keinen Grund, panisch zu werden. Sie alle wissen, wenn Sie die Medien verfolgt haben, wie ansteckend das Virus ist, wie schnell es übertragbar ist.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Was denn nun?]

Herr Lux! Sie können gern eine Zwischenfrage stellen, wenn Sie wollen. – Wir wissen, wie höchst ansteckend dieses Virus ist. Eine Übertragung der Bakterien

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Viren! Viren!]

findet rasend schnell statt. Was macht die Senatsverwaltung auf Twitter? – Sie rät: Falls Sie aus dem Risikogebiet kommen oder Kontakt mit Personen aus dem Risikogebiet hatten und Symptome einer Atemwegserkrankung aufweisen – also bereits erkrankt sein könnten –, suchen Sie die nächste Notaufnahme auf. – Es hätte nur noch gefehlt, dass Sie den Link der BVG für die schnellste Verbindung darunter geschrieben hätten. Eine derartige schlechte und fahrlässige Vorbereitung ist unmöglich.

[Beifall bei der FDP– Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Herr Kollege, ich darf Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Lux zulassen.

Ja, gerne. Ich habe es ja angekündigt.

Da unterbrechen wir jetzt die Redezeit. – Bitte schön, Herr Abgeordneter Lux!