Herr Kollege, Sie haben ja eingangs gesagt, das sei die langweiligste Aktuelle Stunde, die Sie hier je erlebt haben, jetzt reden Sie sich dafür trotzdem, wie ich finde, in Rage. Teilen Sie denn meine Ansicht, dass die Beurteilung der Weltgesundheitsorganisation der UN dieser internationalen Notlage mit globaler Gefährdung nicht doch Anlass ist, dass wir uns auch in dieser internationalen Stadt Berlin sorgfältig auf dieses Virus vorbereiten?
Dass wir uns sorgfältig darauf vorbereiten sollten, diese Einschätzung teile ich natürlich. Aber ich habe hier wenig von Ihnen gehört, wie gut wir vorbereitet sind. Ich habe hier viele Fachvorträge über Übertragungsmöglichkeiten gehört, ich weiß nicht, ob das wirklich die Antwort ist, die die Berlinerinnen und Berliner hören wollen, das müssen Sie mit Ihren Wählern ausmachen. Ich kann Ihnen nur sagen, unsere Wähler wollen andere Antworten auf die Fragen und nicht die, die Sie hier gegeben haben.
Aber Sie haben recht: Reden wir über die Vorbereitung. Ich hätte gedacht, wenn so ein Fall eintritt, dass Menschen aus einem infizierten Gebiet hier zurückkommen,
dass sie eine sehr gute Versorgung bekommen, dass man sie in Isolierzimmern unterbringt, wo man sich nicht gegenseitig anstecken kann. Nun hat Kollege Albers ja kritisiert, die Senatsverwaltung hat damit nichts zu tun, das war angeblich Jens Spahn, aber schon alleine dieses Zuschieben des Schwarzen Peters zeigt doch, dass hier kein richtiger Austausch und keine richtige Organisation stattfindet, anscheinend weder von der Senatsverwaltung noch von Jens Spahn.
20 Menschen wurden dort untergebracht, mit zwei Toiletten, wo die Leute Angst haben, sich zu infizieren, sich anzustecken, obwohl sie gesund sind. Das ist absolut fahrlässig, was dort gemacht wurde, und es ist nicht die Gesundheitsversorgung, die ich mir für diese Personen gewünscht hätte.
Deswegen, Herr Lux, habe ich mich wahrscheinlich auch so in Rage geredet, weil uns Politikern immer wieder vorgehalten wird, wir würden die Probleme der Menschen nicht wirklich erkennen und ernst nehmen oder die Probleme nicht sehen. Ich glaube schon, dass ich sehe, was die Menschen in dieser Stadt bewegt. Das sind die Themen, die ich angesprochen habe, dass sie keinen Hausarzt mehr finden, dass sie keinen Kinderarzt mehr haben, der ihre Kinder versorgt. Sie wollen eine funktionierende Notfallversorgung, bei der man nicht neun Stunden warten muss. Sie wollen ein vernünftig ausgestattetes Krankenhaus, bei dem man sich keine Keime einfängt, wenn sie krank sind. Sie wollen eigentlich nur möglichst schnell gesund werden.
Und diese Probleme ignoriert der Senat und macht hier eine Showveranstaltung zum Coronavirus, wo er nicht vorbereitet ist, aber so tut. – Vielen Dank!
Lieber Herr Kluckert! Ich glaube, Sie verkennen massiv, was die Bevölkerung für Ängste hat, bei den täglichen Nachrichten über China und überhaupt, wenn es rund um Viren oder Epidemien geht. Auch Ihre Wählerinnen und Wähler wollen eine Sicherheit haben, dass Deutschland und Berlin aufgestellt sind, falls es denn zu einer weiteren Ausbreitung käme.
Ich möchte darauf hinweisen, dass alles, was wir in China sehen, nicht passiert, weil wir es dort mit einem totalitä
ren Staat zu tun haben. Alles, was wir an Maßnahmen des Schutzes dort sehen, könnte in jedem anderen Land passieren, und ist auch vom Infektionsschutzgesetz hier in Deutschland so abgesichert.
Natürlich müssen wir darüber reden, wie denn unter Umständen auch die wirtschaftlichen Stillstände und Produktionsausfälle in einer globalisierten Welt hier herüberschwappen könnten. Im Negativszenario, wenn ein neuartiger Virus erstmalig hier aufgetreten wäre, würden wir uns hier auch anders unterhalten. Dann wären wir der Hotspot, auf den die Welt schauen würde, und wir würden zu ähnlichen Maßnahmen greifen, wie das, was wir dort momentan sehen. Insofern haben wir es mit einem Bevölkerungsschutzthema zu tun, was einer angemessenen Platzierung bedarf, unabhängig davon, dass wir die von Ihnen benannten Themen hier kontinuierlich beraten und auch im Ausschuss aufgerufen haben.
Darüber hinaus, zum Thema Krankenhausinvestitionen, was Sie benannten: Es ist diese Koalition, die die Krankenhausinvestitionen auf 160 Prozent des Ausgangsniveaus die Krankenhausinvestitionen hochgefahren hat, da kommt Berlin seiner Verantwortung weiß Gott nach. Und Sie führen jetzt noch, als Beleg Ihrer Behauptungen, die Situation an, dass hier eine Station bei Infektionssachen abgewandert ist, aufgrund der schlechten Arbeitsbedingungen, angeblich, wie Sie meinen. Hinterfragen Sie das doch mal, was die Motivationsfaktoren dafür waren, dass ein stellvertretener Chefarzt mit seinen Hygienefachkräften und Personal abwandert. Es gab vorher keine Anstalten des Personals oder Betriebsrates, wo man hätte schlechte Arbeitsbedingungen, die Sie unterstellen, diskutieren können. Ja, warum ist das nicht erfolgt? – Hier sind Geheimverhandlungen zwischen dem stellvertretenen Chefarzt und seinem Team mit anderen Krankenhausträgern erfolgt, um für sich bessere ökonomische Bedingungen auszuhandeln, was eine legitime Sache ist, aber das Problem in Berlin in keiner Form löst.
Darüber hinaus: Wenn der bestehende Chefarzt in Rente geht und weggeht, ist es auch normal, dass in einer Organisation eine Umorganisation stattfindet, aber sich hier erpressen zu lassen, geht auch nicht. Nur weil ein stellvertretender Chefarzt meint, er muss automatisch mit dem gleichen Konzept Chefarzt werden, heißt es nicht, dass die Arbeitsbedingungen schlecht sind.
Die Arbeitsbedingungen sind nicht schlecht, weil hier von heute auf morgen eine Gruppe von Pflegefachkräften den Arbeitgeber wechselt. Die Patienten können sich darauf verlassen, dass eine gute Behandlung dort weiter möglich ist. Nächste Woche und übernächste Woche sind die ersten Gespräche, auch mit Beteiligung der Aidshilfe, auch wieder über ein ambulantes und stationäres Konzept, wie die Patientinnen und Patienten gut versorgt werden können.
Und die Betten fallen nicht aus dem Interventionsbestand, den wir hier in Berlin haben, weg für einen solchen Fall, wenn wir hier hochfahren können; im Gegenteil Vivantes tut alles, um diese Stellen wieder zu besetzen, sowohl im Management als auch darüber hinaus. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Kollege Isenberg! Es war Ihre Koalition, die die Krankenhausinvestitionen erhöht hat, erzählen Sie hier. Darf ich Sie einmal fragen wie lange die SPD in dieser Stadt an der Regierung ist? – 23 Jahre lang haben Sie die Krankenhäuser ausbluten lassen und rühmen sich jetzt, dass Sie einmal ein bisschen die Krankenhausinvestitionen angehoben haben, die immer noch weit unter dem Niveau sind, was wir bräuchten.
[Beifall bei der FDP – Thomas Isenberg (SPD): Sie wollen die abschaffen! Sie wollten alles privatisieren! Sie wollten Vivantes verkaufen! Sie wollten die Investitionen zurückfahren! – Paul Fresdorf (FDP): Wer schreit, hat unrecht!]
So wie Sie das schildern, scheint es ja wohl beim landeseigenen Betrieb ein Problem mit der Kommunikation zu geben, auch in Bezug auf die Senatsverwaltung. Dass Sie das so hinstellen, als ob man da mit einer Entscheidung nicht einverstanden war. Dass sich 38 Leute gemeinsam entscheiden, ein Krankenhaus zu verlassen und in ein anderes zu gehen, das können Sie nicht einfach so unter den Teppich kehren und so tun, als ob da eine kleine Fehlentscheidung oder ein kommunikatives Problem war. Das wäre übrigens, wie Sie gerade sehen, wie Sie leidenschaftlich agieren, ein Thema für die aktuelle Stunde gewesen.
Für den Senat spricht nun Frau Senatorin Kalayci. – Bitte schön, Frau Senatorin, Sie haben das Wort!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herrn! Seit Anfang 2020 beschäftigt ein neuartiges Coronavirus die gesamte Weltgemeinschaft. Es geht hier um nichts Geringeres als um das Thema gesundheitlicher Bevölkerungsschutz.
Und wenn ich hier im Hohen Haus in diesem Zusammenhang Begriffe wie „Ablenkung“ oder „Show“ höre, dann muss ich ganz ehrlich sagen, stimmt mich das als zuständige Senatorin doch sehr traurig, denn das Thema gesundheitlicher Bevölkerungsschutz verdient auch bei der Opposition einen höheren Wert, weil das ein sehr ernstes Thema ist.
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation haben die chinesischen Behörden Anfang dieses Jahres mitgeteilt, dass eben eine Häufung von Lungenentzündungen mit unklaren Ursachen, gerade in Wuhan und in dem Gebiet identifiziert wurden. „Neuartig“ bedeutet, dass dieses Virus eben nicht ganz erforscht und dementsprechend auch unberechenbar ist. Die Ursachen sind sehr unterschiedlich, aber auch die Symptome. Von unterschiedlichen Infekten war die Rede, im Bereich der Atemwege von leichter Erkältung bis zu schwerer Lungenentzündung, Symptome waren Husten, Fieber, aber auch Atemnot, was insgesamt immer wieder beobachtet wurde.
Zurückblickend können wir feststellen, dass diese Geschehnisse damals am Anfang doch unterschätzt wurden, denn zuerst war die Rede davon, dass es nur eine Übertragung zwischen Tier und Mensch gibt, und dann war doch die Beobachtung, dass es auch eine Infektionssituation von Mensch zu Mensch gibt. Lange Zeit herrschte die Ansicht, dass die Symptome stark sein müssen, damit eine Ansteckungsgefahr gegeben ist, aber heute sind wir schlauer und wissen, dass auch mit leichten Symptomen und ohne Symptome eine Ansteckungsgefahr gegeben ist. Auch die Zahlen, die aktuell uns allen vorliegen, zeigen, dass die Dynamik sehr hoch ist. Der sprunghafte Anstieg der Fallzahlen, aber auch der Todesfälle zeigt, dass es ein sehr ernstes Thema ist, und auch wir hier in Deutschland und Berlin müssen das nicht nur beobachten, sondern auch ernst nehmen, weil es ja auch unsere Zuständigkeit ist, die Bevölkerung entsprechend zu schützen.
Aktuell sind 27 Länder betroffen, über 75 700 Fälle sind bekannt. Aber es gibt auch geheilte Fälle, und das sollte man vielleicht in dem Zusammenhang unterstreichen – knapp 15 000, über 2 128 Todesfälle. Trotzdem ist es wichtig, neben diesen allgemeinen Zahlen genauer hinzuschauen, wo sich diese Fälle konzentrieren, und wir stellen schon fest, dass ein sehr hoher Anteil der Erkrankungen im Risikogebiet liegt, was ja auch durch das Robert
Koch-Institut definiert ist, aber auch ein sehr hoher Teil der Todesfälle konzentriert sich im Risikogebiet, sodass wir in Europa mit 45 Fällen, in Deutschland mit 16 Fällen und in Berlin mit keinem einzigen positiven Fall erst einmal nur indirekt oder leichter betroffen sind.
Nichtsdestotrotz kam es nicht von ungefähr, dass die Weltgesundheitsorganisation am 30. Januar eine internationale gesundheitliche Notlage ausgerufen hat. Das kommt nicht alle Tage vor und hat die Sorge noch mal ganz klar zum Ausdruck gebracht, dass Länder, die kein gutes Gesundheitssystem haben, hier besonders betroffen sein könnten. Hier wurden verschiedene Forschungsergebnisse zusammengetragen, und natürlich soll ein Impfstoff entwickelt werden, worauf wir alle sehr hoffen und warten. Aber auch hier muss man realistischerweise sagen, dass eine schnelle Lösung, was Impfstoffe angeht, nicht zu erwarten ist.
In Deutschland kennen wir die Lage. Wir haben zwei Sachverhalte, wo wir positive Fälle haben. Das ist mal der Fall, wo es in einer Firma in Bayern diese Situation in einer Fortbildung gegeben hat. Zu beobachten ist hier, dass es in dem Kreis auch geblieben ist. Das heißt, die teilnehmenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ihre Angehörigen sind bisher betroffen, und zwei deutsche Staatsbürger bzw. Staatsbürgerinnen sind aus dem Risikogebiet zurückgeholt worden.
Wir sollten in dem Zusammenhang tatsächlich auch unterstreichen – nicht nur die Fälle identifizieren –, dass es auch Genesungsfälle gibt. Auch in der Kaserne in Germersheim ziehen die Menschen jetzt aus. Im RobertKoch-Institut – das ist tatsächlich etwas Besonderes hier in Deutschland – wird nicht nur die gesamte Expertise gebündelt, sondern kontinuierlich die Lage insgesamt in der Welt, aber auch in Deutschland beobachtet und bewertet, und es stellt die Informationen allen zur Verfügung und stuft vor allem auch das Risiko für die deutsche Bevölkerung immer wieder aktuell ein. Auch wenn wir heute keine abschließende Beurteilung abgeben können, wissen wir, dass die Daten, die bis jetzt zur Verfügung stehen, noch nicht ausreichend sind und wir eben auch trotzdem mit schweren Fällen rechnen können.
Nach Einschätzung des RKI liegt zurzeit kein Anhaltspunkt für eine anhaltende Viruszirkulation in Deutschland vor. Die Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland wird aktuell durch das RKI weiterhin als gering eingeschätzt. Die Einschätzung kann sich aber kurzfristig ändern, das wissen wir alle, sobald neue Erkenntnisse vorliegen. So müssen wir davon ausgehen, dass zwei Dinge in Deutschland, aber auch in Berlin passieren können, und das ist der Import von positiven Fällen, aber auch die Übertragung mit Infektionsketten innerhalb unserer Gesellschaft. Das sind Gefahren der Einschleppung und der Ausbreitung, die nach wie vor
Das Auftreten und die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus zeigen aber auch einmal mehr, wie wichtig das Thema gesundheitlicher Bevölkerungsschutz ist. Ich muss tatsächlich sagen, dass es traurig ist, dass erst ein Coronavirus neuartig um die Ecke kommen und die Weltbevölkerung beschäftigen muss, damit man das Thema stärker in den Fokus bringt. Das ist ein wichtiger Bereich des Infektionsschutzes und des Katastrophenschutzes. Die Gefahr einer Pandemie ist allgegenwärtig und kann immer wieder kommen, auch unabhängig von diesem neuartigen Coronavirus. Deswegen ist der Blick auf unser Gesundheitssystem in Berlin von hoher Bedeutung, sprich: unsere Krankenhäuser, der niedergelassene Bereich, aber auch der Öffentliche Gesundheitsdienst, LAGeSo, unsere zwölf Gesundheitsämter sowie der Krisenstab meiner Gesundheitsverwaltung.
Diese rot-rot-grüne Regierung hat von Anfang an gesagt, dass die zwölf Gesundheitsämter gestärkt werden müssen. Jahrelang wurde zugeschaut, wie wir immer mehr nicht besetzte Stellen von Ärztinnen und Ärzten in den Gesundheitsämtern hatten. Diese Regierung hat gehandelt. Wir haben die Zahl der Arztstellen in den Gesundheitsämtern erhöht – 146 Stellen mehr –, und wir haben 30 besetzte Stellen mehr als zu Beginn der Legislaturperiode. Aber das Problem, dass wir unbesetzte Arztstellen bei den Gesundheitsämtern haben – zurzeit 62 Stellen –, ist trotz der Stärkung geblieben. Das wurde heute mehrfach erwähnt, und auch ich möchte es unterstreichen.
Es ist ein Erfolg dieser Regierung, dass endlich die Lohndifferenz zwischen den Ärztinnen und Ärzten in den Krankenhäusern und in den Gesundheitsämtern geschlossen wird und dass wir endlich mit einer außertariflichen Lösung die Gesundheitsämter attraktiver machen. Das ist auch die Antwort zum Thema gesundheitlicher Bevölkerungsschutz. Wir wissen, dass diese Amtsärztinnen und Amtsärzte auch sehr viele andere sozialkompensatorische Leistungen erbringen. Leider wurde diese Lösung ja vom Hauptpersonalrat nicht sofort unterstützt, aber die Einigungsstelle hat uns recht gegeben. 1 500 Euro mehr, das, denke ich, kann sich an dieser Stelle sehen lassen. Wenn diese Koalition sagt, dass sie den öffentlichen Gesundheitsdienst stärkt, dann stärkt sie auch den gesundheitlichen Bevölkerungsschutz. Das muss man an dieser Stelle auch deutlich würdigen.