Protokoll der Sitzung vom 05.03.2020

Für die Fraktion der CDU hat das Wort Frau Abgeordnete Seibeld.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Schon der Text des Antrags, liebe Kollegen von der AfD, ist nicht zustimmungsfähig, denn schon staatstheoretisch wird dem Abgeordnetenhaus wohl keine Möglichkeit zukommen, dem Senat öffentliche Äußerungen zu verbieten. Es ist zwar richtig, dass das Abgeordnetenhaus den Senat kontrolliert, aber eben nicht zensiert, und es ist vielleicht Teil Ihres verqueren Denkens, das auch in diesem Antrag zum Ausdruck kommt.

[Beifall bei der CDU, der SPD, der LINKEN, den GRÜNEN und der FDP]

Mit Ihrem Antrag schüren Sie Angst und Sorgen in der Bevölkerung, statt konstruktiv Politik zu betreiben. Das ist überflüssig, unnötig und hilft niemandem, weder den Menschen an der Grenze noch den Berlinerinnen und Berlinern.

[Beifall bei der CDU]

Derzeit steht es überhaupt nicht zur Debatte, dass Berlin oder Deutschland im Alleingang Flüchtlinge aufnimmt. Das Heft des Handelns liegt ausschließlich bei der Bundesregierung und bei der EU, keinesfalls bei einzelnen Nationalstaaten und schon gar nicht bei Bundesländern.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Aber Sie vermitteln mit Ihrem Antrag den Berlinerinnen und Berlinern absichtlich eine verfälschte Sicht der Dinge, um es politisch zu nutzen, statt inhaltliche Politik zu machen – Gott sei Dank ist die Besuchertribüne nicht mehr allzu voll!

[Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP – Georg Pazderski (AfD): Die wären noch von Nutzen!]

Selbstverständlich darf und wird sich 2015 nicht wiederholen. Die Außengrenzen der EU sind gesichert und werden auch weiterhin gesichert werden. Aber zuständig für diese Frage ist nicht die AfD in Berlin und auch nicht die AfD in Deutschland. Richtig ist, dass eine unkontrollierte Einwanderung wie im Jahr 2015 zumindest zeitweise die Ressourcen in Deutschland weit überfordert hat, dass wir darauf nicht vorbereitet waren und dass ein unkontrollierter Zustrom von Menschen in unser Land sich in dieser Form nicht wiederholen kann.

(Dr. Nicola Böcker-Giannini)

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Aber hier sind europäische Lösungen gefragt, keine nationalen Alleingänge und Alleingänge einzelner Bundesländer. Die Position der Bundesregierung, die für Außenpolitik zuständig ist, ist hier auch eindeutig, sodass es populistischer Anträge an dieser Stelle nicht bedarf.

[Beifall bei der CDU]

Richtig ist allerdings auch, dass auch Politiker der Grünen mit ihren Forderungen nach Aufnahme von Minderjährigen aus Lesbos und den griechischen Inseln Populismus betreiben.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Denn die Situation der Minderjährigen auf Lesbos ist nicht neu, und tatsächlich werden hier bewusst Situationen, die nichts miteinander zu tun haben, genauso vermischt, um politische Stimmung zu verbreiten. – Im Ergebnis werden wir diesem Antrag sowohl aus formalen als auch aus inhaltlichen Gründen nicht zustimmen. – Danke schön!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Für die Fraktion Die Linke hat das Wort Frau Abgeordnete Schubert.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich wollte ja üben, mich nicht immer über die AfD aufzuregen. Aber es fällt schwer bei so viel dummem Zeug, was Sie zu Papier bringen und von sich geben; das ist schwer zu toppen.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Georg Pazderski (AfD): Aber wir wollen keine 800 000 Menschen erschießen! Ihr seid das! Ihr seid Kommunisten! Stalin lässt grüßen!]

Ihre Leute fordern Schießbefehle an der Grenze; Frau von Storch, Frau Petry – Sie haben damit angefangen! Also halten Sie einfach mal besser den Mund, weil das genau jetzt an der griechischen Grenze passiert! Dort wird irgendwie ausgeführt, was Ihre Leute schon gefordert haben. Und das ist erbärmlich und zutiefst traurig für diese Europäische Union, die wir so sehr brauchen und die so notwendig ist.

[Zuruf von Thorsten Weiß (AfD)]

Falls es noch nicht aufgefallen ist: In Idlib herrscht Krieg, und da sind Tausende von Menschen zwischen die Fronten von Erdoğan und Assad und ihren Truppen geraten, und die rennen vor dem Krieg weg.

[Zurufe von der AfD]

Was will Erdoğan? – Er will diese Flüchtlinge zu Faustpfändern machen, um die EU und die Nato in seinen Krieg einzubinden, und das können, wollen und dürfen wir nicht mitmachen!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Zuruf von der AfD: Macht ihr aber!]

Diese Menschen, die dort fliehen, brauchen Hilfe, und deswegen brauchen wir EU-weite Lösungen für die Menschen und dürfen Griechenland damit nicht allein lassen. Aber was Griechenland dort tut – das Asylrecht auszusetzen –, das darf auch nicht sein; das ist schlicht Unrecht. Und wenn Push-Backs passieren auf hoher See, dann ist das auch Unrecht und muss aufhören!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Georg Pazderski (AfD): So ein Geschwätz!]

Aber worüber wir hier in Berlin diskutieren – und das diskutieren wir nun schon seit letztem Herbst –, ist die Aufnahme von besonders schutzbedürftigen Menschen und Geflüchteten aus den EU-Hot-Spots, aus den Lagern auf den griechischen Inseln, die dort im Zuge des EUTürkei-Deals eingerichtet worden sind, um die Flüchtlinge aus Deutschland wegzuhalten. Was sich dort abspielt, ist nicht zu beschreiben,

[Zurufe von der AfD]

und Kinder können nichts dafür, was ihnen passiert ist. Was dort auch mit Frauen, was dort auch an Gewalttätigkeiten passiert in diesen Lagern, die jetzt von Rechtsextremisten überfallen werden – Ihren Freundinnen und Freunden –, das kann und darf nicht sein!

[Georg Pazderski (AfD): Alle nach Hohenschönhausen, ja? – Kurt Wansner (CDU): Pure Heuchelei!]

Deswegen hat Berlin gesagt: Wir sind bereit, geflüchtete Menschen, besonders Schutzbedürftige, minderjährige, unbegleitete Flüchtlinge aus diesen Lagern zu holen. Deswegen muss die Bundesregierung diesem Ansinnen von über 140 Städten, die sich zu sicheren Häfen erklärt haben, und der Bundesländer, die gesagt haben, wir sind bereit, nachgeben. Wir brauchen EU-weite RelocationProgramme. Aber wir brauchen auch die solidarischen Städte in Deutschland und Europa, die jetzt Griechenland und den Flüchtlingen unter die Arme greifen.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Wenn wir ein Europa der Solidarität wollen, dann muss es genau hier anfangen. Wir dürfen die Leute nicht alleine lassen, und da können Sie so viel herumkrakeelen, wie Sie wollen! Sie sind der Inbegriff der Unmenschlichkeit!

[Georg Pazderski (AfD): Stalin lässt grüßen!]

Sie sind der Inbegriff des Verabscheuungswürdigsten; Sie sind einfach eklig!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und

den GRÜNEN –

(Cornelia Seibeld)

Wir brauchen

keinen Sozialismus! –

Weitere Zurufe von der AfD]

Für die Fraktion der FDP hat das Wort Herr Abgeordneter Fresdorf. – Bitte!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Das ist ein Thema, das die Gemüter ganz schön erregt.

[Kurt Wansner (CDU): Unparlamentarische Äußerungen, Frau Präsidentin!]

Sehr geehrter Herr Wansner! Wenn Sie nicht so laut gebrüllt hätten, hätte ich eine Chance gehabt zu verstehen, was hier vorne gesagt wurde. So habe ich es nicht; ich muss es im Protokoll nachlesen.

[Kurt Wansner (CDU): Dann lesen Sie das mal nach! – Lachen bei der CDU]

Ich rufe Sie zur Ordnung! Diese Kritik hier steht Ihnen nicht zu!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]