Protokoll der Sitzung vom 05.11.2020

Ich glaube, dass es ganz wichtig ist – und das jetzt ganz ernsthaft –, dass wir eine Bildungs- und Betreuungsgarantie für unsere Kinder in dieser Stadt aussprechen in den schweren Zeiten, in denen wir uns befinden. Wir alle haben die Schulschließungen im Frühjahr dieses Jahres miterlebt. Wir alle wissen, was das mit Familien und den Kindern macht. Wir wissen auch, wie viel Bildung in dieser Zeit verloren geht, wie viele Bildungschancen zerstört werden, und wie sehr wir jetzt im Nachhinein dem Thema hinterherhecheln müssen, um Versäumtes irgendwie aufzuholen. Darum ist es so wichtig, mit innovativen Maßnahmen den Unterricht so lange wie möglich als Regelunterricht stattfinden zu lassen.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Dirk Stettner (CDU)]

Eine dieser innovativen Maßnahmen sind sicherlich die Luftfiltersysteme, die im Winter – auch in einer größeren Zahl, liebe Frau Senatorin Scheeres – helfen könnten, das Temperaturproblem, das wir in manchem Klassenraum bekommen werden, ein bisschen abzumildern. Natürlich wird Lüften weiterhin notwendig sein, aber die Frage ist, in welchem Ausmaß, und wie sehr Luftfilter dazu beitra

gen können, dass man die Räume nicht zu sehr auskühlen lässt.

Eine weitere innovative Idee sind CO2-Messgeräte, die jetzt auch, wiederum in einer sehr begrenzten Stückzahl, an die Schulen ausgeliefert werden. Es ist leider alles ein bisschen halbherzig. Wir brauchen von allem mehr – das ist leider so –, um jeden Klassenraum auszustatten und allen Schülern die Teilnahme am Unterricht zu ermöglichen. Die CO2-Messgeräte könnten eine Art Brücke bilden für die Zeit, bis die Luftfiltersysteme endgültig angeschafft sind, denn sie helfen dabei, richtig zu lüften. Nichts ist gefährlicher, als ein Placebolüften an den Schulen zu betreiben: Man öffnet das Fenster, dann wird es auf einmal ein bisschen kühl, woraufhin man das Fenster ganz schnell schließt und sagt: Wir haben ja gelüftet! – Wichtig ist, dass es zu einem Luftaustausch kommt, um die Aerosole in den Räumen zu bekämpfen. Dafür muss man sehr lange lüften. Mit den CO2-Messgeräten kann man ganz hervorragend überprüfen, ob der Luftaustausch stattgefunden hat, und wie der CO2-Gehalt in der Luft jetzt ist, und dann kann man die Fenster wieder schließen.

Uns ist es ganz besonders wichtig – deswegen sage ich es jetzt zum dritten oder vierten Mal –, dass wir die Bildungs- und Betreuungsgarantie für unsere Berliner Schülerinnen und Schüler schaffen. Wir müssen uns das Thema Betreuung auch noch einmal für die Kindertagesstätten anschauen. Dort müssten wir ebenso in Richtung Luftfiltersysteme denken, auch wenn wir hier über eine noch größere Anzahl sprechen. Aber auch hier sind Betreuung und frühkindliche Förderung wichtig. Auch das muss da mit einfließen. Ich schlage Ihnen vor, dass wir das dann auch im Ausschuss machen.

[Beifall bei der FDP]

Lassen Sie mich am Ende meiner Rede der Freude Ausdruck verleihen, dass Sie sich durch uns haben inspirieren lassen! Sie wissen, wir stehen Ihnen mit unserer Inkompetenzkompensationskompetenz immer gern zur Seite

[Heiterkeit von Danny Freymark (CDU)]

und helfen Ihnen dabei, Berlin voranzubringen. Lassen Sie sich darauf ein, dann wird alles besser! – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Beifall von Dirk Stettner (CDU)]

Vielen Dank! – Für die Fraktion der SPD hat die Kollegin Dr. Lasić das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich erkenne gerne an, dass der FDP-Antrag jetzt genau angebracht ist aufgrund der vorliegenden

(Paul Fresdorf)

Situation an den Schulen, aber auch wegen der bevorstehenden Verabschiedung des zweiten Nachtragshaushalts.

Bevor ich mich jedoch zum konkreten Antrag äußere, würde ich gern einige Sätze verlieren zu dem schwierigen Spagat, den das Schulsystem aktuell machen muss. Die Schulpolitik steht seit Beginn der Krise vor der Abwägung, die eigentlich für uns unzumutbar ist. Wir wägen ab zwischen der Maximierung des Gesundheitsschutzes und der Gewährleistung des Bildungsanspruchs, wie wir es für unsere Schülerinnen und Schüler wünschen. Natürlich wollen wir beides und müssen doch anerkennen, dass beides in Zeiten der Krise nicht in dem Maße geht, wie wir es gerne hätten. Also sind wir zu harten Abwägungen gezwungen und zu einer kontinuierlichen Nachsteuerung.

Auf der Seite der Maximierung der Bildungschancen steht unsere Erkenntnis, dass wir zwar beim angeleiteten Lernen zu Hause Fortschritte machen und dass zahlreiche Konzepte für hybrides Arbeiten vorliegen, dass aber unser System in der Gesamtheit nicht dieselben qualitativen Ansprüche erfüllt, wenn wir auf den Regelbetrieb verzichten. Wir haben Leuchttürme, ja, und viele Lehrkräfte machen Fortschritte, aber im Schnitt muss man anerkennen, dass für unsere Schülerinnen und Schüler nicht egal ist, ob sie ihr Wissen in Präsenz vermittelt bekommen oder nicht.

Das gilt umso mehr, je herausfordernder das soziale Umfeld unserer Schülerinnen und Schüler ist. Die, die uns besonders brauchen, leiden in besonderem Maße beim Verzicht auf den Regelbetrieb. Die Schere der Chancengerechtigkeit geht in Zeiten des hybriden Lernens noch weiter auseinander, als sie es eh tut. Das kann uns nicht kaltlassen.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN, den GRÜNEN und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Paul Fresdorf (FDP): So ist es!]

Also gilt es aus der Sicht unseres Bildungsanspruchs betrachtet, die Zeit im hybriden Unterricht zu minimieren. So ist der Berliner Stufenplan zu verstehen, der die individuelle Situation an Schulen in Augenschein nimmt und immer dann auf Rot schaltet, wenn es die Situation in der konkreten Einrichtung verlangt, aber nicht zu früh und nicht pauschal über das notwendige Maß hinaus den Schülern ihr Recht auf Lernen in ihrer Schule entzieht.

Auf der anderen Seite steht aber der Anspruch, den notwendigen Gesundheitsschutz zu gewähren. Hier gilt es, die unliebsame Wahrheit auszusprechen, dass sich der Anspruch auf Einhaltung der Sicherheitsabstände nun mal mit dem Anspruch auf Lernen im Regelbetrieb beißt. Unser System ist weder räumlich noch personell darauf ausgelegt, den vollen Umfang des Regelbetriebs bei Einhaltung der Abstände zu gewähren.

Wenn wir also unter der Prämisse arbeiten, dass wir die Zeit des hybriden Lernens minimieren wollen, dann gilt es, alle Schritte einzuleiten, die das Lernen im Regelbetrieb trotz Verzicht auf Abstand so sicher wie möglich gestalten. Dazu gehört an erster Stelle die Arbeit in Kohorten. Sie sind das A und O, denn sie helfen, die potenziellen Krisenherde einzuschränken. Dazu gehört aber auch die Einführung der Maskenpflicht, auf Fluren sowieso, aber auch im Unterricht als Vorstufe zu hybrid.

[Beifall bei der SPD]

Dazu gehört Lüften und damit die Gewährung der Minimierung der passiven Ansteckung. Somit komme ich jetzt endlich zu den Luftfiltersystemen, die im Antrag angesprochen sind. Wie allen im Raum bekannt ist, hat der Senat gerade diese Woche beschlossen, dass 1 200 Luftfiltersysteme überall dort angeschafft werden sollen, wo die Minimierung der Partikelbelastung durch Lüften an ihre Grenzen kommt. Das ist ein sehr wichtiger Schritt, und ich bin dankbar dafür.

[Beifall von Ülker Radziwill (SPD) – Zuruf von der AfD: Aberglaube!]

Damit ist auch nach unserer Einschätzung der erste Punkt Ihres Antrags sehr sinnvoll und damit bereits auf dem Weg. Zum zweiten Punkt, nämlich inwiefern die flächendeckende Versorgung mit Luftfiltergeräten entsprechend ausgebaut werden kann, wie sinnvoll das ist und ob das haushälterisch stemmbar ist, das ist der Punkt, über den wir dann zusammen Ausschuss beraten werden. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Paul Fresdorf (FDP)]

Vielen Dank! – Für die CDU-Fraktion hat der Kollege Stettner das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Freunde! Liebe Gäste! Das ist ein sehr ernstes Thema. Dennoch ist die Hinführung sehr lustig. Chapeau, liebe FDP-Fraktion! Wir waren ein bisschen gründlicher. Wir haben ein bisschen mehr mit den Herstellern telefoniert. Sie waren ein bisschen schneller. So sind Sie vorher dabei und haben das Thema auf der Tagesordnung.

Sie haben vollkommen recht, wir haben ein gemeinsames Anliegen, und ich werde Ihnen kurz darstellen, dass wir offenbar alle gemeinsam die Gewissheit haben, dass es desinfektionstechnisch unabdingbar ist, was wir beantragen, dass es politisch offenbar von uns allen gewollt ist, ich werde das auch gleich noch mal ausführen, und dass es finanziell – Frau Dr. Lasić hat es gesagt, das werden

(Dr. Maja Lasić)

wir im Rahmen der Nachtragshaushaltsberatungen besprechen – sogar ein Gewinn für das Land Berlin ist und jeder gute Unternehmer dies so tun würde. Stefan Ziller hat heute in seinem Redebeitrag gesagt, lasst uns alle in einen Raum setzen und gemeinsam handeln! Wir sitzen alle in einem Raum, wir sind dafür da, gemeinsam zu handeln. Ich glaube, wir haben alle aus dem letzten Teillockdown sehr viel gelernt.

Es ist schon gesagt worden, ich muss es nicht in allen Details wiederholen, geschlossene Schulen, geschlossene Kitas sind schlecht, gesellschaftlich schlecht, für die Bildung unserer Kinder, für das häusliche Zusammensein. Die häusliche Gewalt steigt. Es ist aber auch finanziell für das Land Berlin sehr schlecht. Es hat mehrere Milliarden gekostet. Erneute Schulschließungen würden auch wieder Hunderte Millionen kosten. Das ist vielleicht so eine Botschaft an unsere Haushälter, die ja darauf achten, dass wir nicht für die falschen Sachen Geld ausgeben.

Wenn wir uns überlegen, dass diese 15 000 Geräte, die wir mindestens brauchen, um alle Klassenräume auszustatten – – Wir müssen uns mal vorstellen, wie das so geht, wenn ich jetzt sage, ich habe für jede Schule irgendwie anderthalb Geräte. Sollen die auf die Schulter genommen und herumgetragen werden, oder wie ist da die Vorstellung? Also wir brauchen sinnigerweise, um uns – das hätte ich auch nicht gedacht, dass ich Dr. Albers mal zitiere – pandemiesicher zu machen, zum anderen Thema, aber es gilt für unsere Schulen ganz genauso, uns mittel- und langfristig pandemiesicher zu machen, Sicherheit in jedem Klassenraum und nicht nur in einzelnen Klassenräumen.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Und wenn wir das erreichen wollen, dann müssen wir in jeden Klassenraum eine Luftfilteranlage hineinpacken. Es ist ziemlich klar, die Studien sind eindeutig, sie helfen in jedem Fall. Wir kommen auf über 90 Prozent, wenn wir die richtigen Anlagen anwenden. Wir haben reingeschrieben, welche das sind. Auch der Senat hat mittlerweile gesagt, die Bestellung ist kein Problem, wir haben mit drei Herstellern gesprochen, wir kriegen diese Anlagen ran. Sie kosten ca. 50 bis 60 Millionen Euro. Die werden wir beantragen. Wir haben das mit unseren Haushältern bereits besprochen, und ich gehe davon aus, die FDP wird da mitstimmen.

Jetzt sage ich Ihnen, warum das ein gutes Investment für das Land Berlin ist. Jetzt stellen Sie sich mal vor, wir haben einen zweiten Lockdown an unseren Schulen, und die Eltern sitzen zu Hause und können nicht richtig arbeiten. Wir werden Steuerausfälle haben. Und wir nehmen mal, jetzt nicht kameralistisch gesprochen, das fällt dem einen oder anderen Kameralistiker ein bisschen schwer, wir denken mal ein bisschen unternehmerisch, und ich investiere 50 Millionen Euro, um das zu verhindern, und

spare mir 300, 400, 500 Millionen Euro Steuerausfälle, dann ist das total vernünftig.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Also wir geben hier nicht konsumtiv aus. Liebe Haushälter, Ihr tut der Bildungspolitik keinen Gefallen für eine schöne Angelegenheit, nein, Ihr spart Geld. Also bitte lasst uns das tun, was die Fraktionsvorsitzende der Grünen vor drei Tagen gefordert hat: Luftfilteranlagen in jedem Klassenraum!

[Zuruf von Sven Kohlmeier (SPD)]

Es ist Bundesebene, aber Sie werden ganz gewiss die gleichen Weisheiten haben, vermutlich, liebe Grüne! Was die SPD im Düsseldorfer Landtag gerade für Kitas und Schulen gefordert hat, Luftfilteranlagen in jedes Klassenzimmer, was die FDP will und was sie CDU will, das sollte doch wohl reichen.

[Zuruf von Sebastian Czaja (FDP)]

Also lassen Sie uns für Sicherheit in unseren Klassenzimmern sorgen, bitte jetzt und sofort, und das in den Nachtragshaushalt einstellen! – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der FDP – Joschka Langenbrinck (SPD): Wir freuen uns schon auf Ihren Gegenfinanzierungsvorschlag!]

Vielen Dank! – Für die Linksfraktion hat die Kollegin Kittler das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das wäre übrigens auch eine ganz wichtige Aktion in den Schulen, dass das Maskengebot eingehalten wird. Ich glaube, dann wären wir ein Stückchen weiter.

Jetzt zu dem Antrag: Ich teile selbstverständlich die in diesem Antrag zum Ausdruck kommende Sorge um die Gesundheit der Pädagoginnen und Pädagogen und der Kinder und Jugendlichen an den Berliner Schulen. Ein Problem an einem Teil der Schulen wird hier leider zu Recht benannt, nämlich, dass nicht in jedem Raum eine Stoßlüftung möglich ist, weil die Fenster so kaputt sind, dass sie nicht zu öffnen sind.

[Georg Pazderski (AfD): Wie in der DDR kaputt! – Zuruf von Sven Kohlmeier (SPD)]

Dieses Problem ist den Bezirksämtern bekannt, und dass hier gehandelt werden muss, ist denen auch bekannt. Seit dem ersten Lockdown hätte dies dringlich von der Sanierungsliste der Bezirke abgearbeitet werden müssen.

Ich erneuere deshalb meine Forderung, die ich hier schon am Sonntag gesagt habe: Es braucht sofort ein Fensterreparaturprogramm in allen Bezirken.