Protokoll der Sitzung vom 06.04.2017

Wir werden das gemeinsam mit der Industrie- und Handelskammer, die hierzu eine vernünftige Haltung hat, vorantreiben und fördern.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Sie können mit Ihrer Angstmache, wir würden eine autofeindliche Politik betreiben und wollten die Menschen gängeln, versuchen zu punkten. Ich sage Ihnen: Am Ende dieser Legislaturperiode

[Zuruf von der AfD: … werden Sie abgewählt!]

werden wir sehen, dass der ÖPNV als Verkehrsmittel für alle attraktiver ist, dass der Radverkehr in dieser Stadt vorankommt und sicherer ist, dass wir Konflikte mit anderen Verkehrsträgern reduziert haben und dass die Stadt insgesamt attraktiver ist. Am Ende wird abgerechnet.

[Zuruf von der AfD: Richtig!]

Da können Sie mit Ihrer Angstmache zurück in die Sechzigerjahre gehen. Wir werden hier eine zukunftsfähige Verkehrspolitik, die sozial, ökologisch verträglich und vor allem menschengerecht ist, vorantreiben. Damit können Sie rechnen.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die FDP-Fraktion folgt Herr Kollege Schmidt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ganz zu Recht ist heute die autofeindliche Verkehrspolitik des Senats Thema der Aktuellen Stunde. Ich wundere mich auch, dass die Koalition das überrascht. Jeden, der das provozierende Agieren des Senats betrachtet, reißt es doch vom Stuhl. Viele Menschen in dieser Stadt ärgern sich darüber.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Wir Freien Demokraten wollen heute nicht nur meckern. Wir wollen konkrete Vorschläge machen. Von uns stehen heute vier ganz konkrete Anträge auf der Tagesordnung. Damit unterscheiden wir uns positiv von AfD und CDU.

[Beifall bei der FDP]

Uns liegt eine konstruktive, konsistente, nachhaltige, gerechte und sozialverträgliche Verkehrspolitik am Herzen.

[Zuruf von Stefan Franz Kerker (AfD)]

Der Senat gefällt sich dagegen in willkürlichen und ganz offensichtlich autofeindlichen Schikanen. Jede Woche wird eine andere seltsame Idee zur Einschränkung des Autoverkehrs in Umlauf gebracht. Jede Woche wird eine neue Sau durchs Dorf getrieben.

[Beifall bei der FDP]

Das hat mit durchdachter und vernünftiger Verkehrspolitik nichts zu tun. Das ist Aktionismus mit dem ideologischen Ziel, Autofahrer einseitig zu belasten.

Ihr Staatssekretär Kirchner macht hier regelmäßig den Provokateur. Um einmal ein paar Perlen seiner Äußerungen zu nennen: Wer hier Auto fährt, hat zu viel Zeit, hat er gesagt. Einspurige Hauptstraßen sollen die Regel werden, und der Preis für Anwohnerparkausweise sei eine Frechheit, hat er gesagt. Dass bei solchen Äußerungen der Eindruck eines ideologischen Dauerfeuers von Autofeindlichkeit entsteht, ist unvermeidlich. Offensichtlich ist das zunehmend vom Staatssekretär auch so gewollt. Ich habe den Eindruck, er genießt das regelrecht.

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Den Eindruck habe ich auch!]

Deshalb ist es auch wichtig, jetzt ein klares Stoppzeichen zu setzen. Dieses Stoppzeichen setzen wir mit unserem Antrag, auf Hauptstraßen nicht willkürlich Tempo 30 anzuordnen. Wir brauchen sofort einen Stopp des unkoordinierten Aktionismus. Wir brauchen jetzt erst einmal eine Denkpause. Jetzt redet die Koalition wieder davon, dass es um stadtverträgliche Mobilität gehe. Man werde Verkehrskonzepte entwickeln, und man solle das erst einmal alles abwarten. – Na ja! Wenn das wirklich so ist und Sie gar nicht autofeindlich sein wollen, dann frage ich mich, warum Sie diesen wilden Elefanten im Porzellanladen in Form des Staatssekretärs nicht stoppen. Warum lässt die zuständige Senatorin das unkontrolliert zu? Wieso schaut sich der Regierende Bürgermeister mit seiner Richtlinienkompetenz das an? Wieso lässt die SPD-Fraktion diesen Irrlauf zu? Ihr Fraktionsvorsitzender hat in diesem Haus selbst gesagt: Die SPD-Fraktion wird einer Politik entgegenstehen, die sich gegen Autofahrerinnen und Autofahrer richtet. – Herr Saleh! Da wären Sie jetzt am Zug, wenn Sie das wirklich ernst meinen.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

(Harald Wolf)

Es sind doch auch Wähler der SPD und der Linkspartei, die auf ihr Auto angewiesen sind, die schlecht zu Fuß sind, die kleine Kinder haben, die etwas zu transportieren haben oder sich einfach im öffentlichen Nahverkehr nicht sicher fühlen. Deshalb, liebe Linke und SPD, legen Sie mal Ihren grünen Staatssekretär Kirchner an die Leine! Zeigen Sie, dass Sie nicht das Ziel einer autofreien Stadt verfolgen!

Wir Freien Demokraten wollen, dass Konzepte erarbeitet werden, die die neuen Herausforderungen der wachsenden Stadt bewältigen und die Mobilitätsbedürfnisse aller Bürgerinnen und Bürger sichern. Wir wollen Konzepte, die neue Technologien nutzen, um preiswertere, umweltfreundliche Mobilität zu erreichen. Deshalb haben wir den Antrag eingebracht, erst einmal ein schlüssiges Verkehrskonzept zu entwickeln. Wir haben auch ganz konkrete Eckpunkte darin aufgezeigt, was aus unserer Sicht erreicht werden muss.

Die Koalition hat den Antrag abgelehnt, weil sie angeblich schon ein Konzept hätte. Wo ist es denn? Die Koalition redet von ihrem Mobilitätsgesetz. Das soll nach eigenem Bekunden aufbauend auf dem ÖPNV ein Fahrrad- und ein Fußgängergesetz enthalten. Fehlt da nicht noch etwas bei der Mobilität? Sind Autos kein Teil der Mobilität mehr? Warum sollen die im Mobilitätsgesetz nicht mehr erwähnt werden? Ist dieses getrennte Betrachten von ÖPNV, Fuß- und Radverkehr wirklich richtig? Entscheidend ist es doch, das zusammenzuführen und durchgehende Transportprozesse darzustellen. Das Aufteilen in einzelne gesetzliche Kästchen, das die Koalition ankündigt, ist vom Grundsatz her schon nicht richtig.

Wir Freien Demokraten sind auch gerne bereit, über fachliche verkehrstechnische Fragen offen zu diskutieren und Lösungen zu finden, aber die Koalition übersteigert und überdreht diese Ansätze. Ein Beispiel ist der Ausbau der Straßenbahn. Natürlich ist die Straßenbahn an manchen Stellen ein angemessenes Verkehrsmittel. Auf eigenen Trassen ist sie sinnvoll, aber doch nicht mitten im Autoverkehr auf der Potsdamer und Leipziger Straße. Da steht die Tram gemeinsam mit den Autos im Stau. Das bringt keinem was.

[Beifall bei der FDP, der CDU und der AfD]

Zum Ausbau der Radwege: Natürlich besteht ein ganz erheblicher Bedarf, die Radwegestruktur auszubauen. Aber warum unbedingt entlang der Hauptverkehrsstraßen, wie es explizit im Koalitionsvertrag steht? Warum planen Sie kein auf Radfahrer zugeschnittenes Radwegenetz wie in Kopenhagen? Warum orientieren Sie sich an den Autotrassen? Das behindert Autofahrer und ist nicht optimal für Radfahrer, die die Abgase einatmen müssen.

[Beifall bei der FDP, der CDU und der AfD]

Zu den Parkplätzen: Natürlich werden in der Innenstadt die Flächen knapp. Mit der wachsenden Stadt wird das immer schlimmer. Aber warum wollen Sie künstlich die

Preise hochtreiben und die Parkplätze noch reduzieren? Warum lassen Sie nicht Tiefgaragen und Parkhäuser bauen wie in anderen Großstädten? Tun Sie das da, wo die Nachfrage besteht, zum Beispiel unter dem Hardenbergplatz!

[Beifall bei der FDP]

Zur Verknüpfung der Verkehrssysteme gehören auch Fahrradparkplätze an Bahnhöfen, aber eben auch Parkand-ride. Der Autoverkehr muss auch mit den anderen Verkehrsträgern verknüpft werden. Gerade dort, wo die Pendler aus dem Umland kommen, brauchen wir ein deutlich erweitertes Park-and-ride-Angebot. Das hat Herr Schopf erwähnt, aber Sie müssen auch etwas tun, damit das in Gang kommt. Es gibt zurzeit keine Ansätze, dass dort etwas passiert.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

In Ihrer Koalition werden aber solche fachlich durchaus zu diskutierende verkehrstechnische Fragen immer gleich zu ideologischen Hämmern geschmiedet. Sie werden immer wieder mit einer grundsätzlich autofeindlichen Tendenz unterlegt. Das ist eine kleingeistige und innovationsfeindliche, vor allem eine unglaublich griesgrämige und miesmacherische Politik.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Auch wir Freien Demokraten wollen die Menschen von gesundheitlichen Belastungen durch den Verkehr entlasten. Dazu haben wir Ihnen heute einen Antrag vorgelegt. Einer der wichtigsten Hebel zur Emissionssenkung ist die Verstetigung des Verkehrsflusses. Das hat Herr Wolf eben richtig gesagt. Tempo 30 an einzelnen Stellen mittendrin verlangsamt den Verkehrsfluss und macht ihn unstetig. Das führt dann zu mehr Stickoxidemission und nicht zu weniger. Das hat der ADAC durch realitätsnahes Nachfahren nachgewiesen. Wir brauchen deshalb gleichmäßige Geschwindigkeiten, durchgehende Ampelschaltungen, ein Baustellenmanagement, das funktioniert, damit es einen gleichmäßigen Verkehrsfluss gibt. Dann kann auch die Stickoxidbelastung gesenkt werden.

Es gibt weitere Themen, um den Verkehr in dieser Stadt zukunftsfähig zu machen. Heute legen wir Ihnen auch einen Antrag zum Güterverkehr vor, bei dem sich auch einiges ändern muss, allein um sich auf die neuen Entwicklungen des Internethandels einzustellen. Aber auch hier kommen wir mit rein autofeindlichen Blockaden nicht weiter. Das Lastenfahrrad kann einen Teil der Nachfrage bedienen, andere Teile vielleicht auch Frachtstraßenbahnen oder Binnenschiffe, aber letztlich bilden den Kern immer noch Lieferwagen und Handwerkerfahrzeuge. Autofeindlichkeit trifft hier direkt das wirtschaftliche Rückgrat unserer Stadt und belastet völlig unnötig die Handwerker und Gewerbetreibenden.

[Beifall bei der FDP, der CDU]

Wir sagen deshalb dem Senat: Machen Sie erst einmal eine Denkpause, bevor Sie unkontrolliert unkoordinierte

Maßnahmen umsetzen! Stoppen Sie den autofeindlichen Aktionismus von Staatssekretär Kirchner! Fragen Sie die Bürgerinnen und Bürger nach ihren Mobilitätsbedürfnissen, und versuchen Sie, diesen entgegenzukommen und sie nicht fremdzusteuern! Akzeptieren Sie einfach das Auto als einen ganz wesentlichen Teil unseres Verkehrssystems! Lassen Sie ab von dem undifferenzierten Feindbild Auto! Geben Sie neuen Ideen eine Chance! Tragen Sie nicht die autofeindlichen Ideologien der Achtzigerund Neunzigerjahre aus! Es macht keinen Sinn, die ideologische Debatte der autofreundlichen Stadt der Sechzigerjahre durch die total autofeindliche Debatte der Neunzigerjahre zu ersetzen. Wir reden über ganz andere Verkehrssysteme, wir reden über E-Bikes, Drohnen und autonomes Fahren.

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Darüber reden wir auch, Herr Schmidt!]

Es macht keinen Sinn, zurück in die Vergangenheit zu gehen, zurück zu reiner Autofeindlichkeit.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der AfD]

Wir Freien Demokraten sind bereit zu einer Zusammenarbeit für eine konstruktive Verkehrspolitik. Aber einem weiteren Autobashing und weiteren Schikanen gegen unsere autofahrenden Bürgerinnen und Bürger werden wir uns kräftig widersetzen, denn das ist im Interesse unserer Stadt, unserer Bürgerinnen und Bürger, unserer Wirtschaft und auch unserer Stadtgesellschaft. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der AfD]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt der Kollege Gelbhaar das Wort. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Förster von der FDP hat hier vor ein paar Wochen eine wunderschöne Büttenrede gehalten, die war so schön, weil sie gereimt war. Herr Graf hat sich heute auch an einer Büttenrede probiert. Die war aber nur inhaltlich eine Büttenrede, wir haben aber trotzdem herzlich gelacht.

Schauen wir uns einmal an, was die CDU in den letzten fünf Jahren hier geleistet hat. Da haben wir zum einen die S-Bahn-Ausschreibung. Dazu haben Sie kein Wort verloren, denn das war ja nicht so toll. Das haben Sie verschleppt. Gut, abgehakt. Dann haben wir die Debatte um die A 100 und die TVO. Dazu haben Sie gerade das Fass aufgemacht, dass wir binnen 100 Tagen die TVO verschleppt oder verzögert hätten. Mit Verlaub: Was haben

Sie denn die letzten fünf Jahre bei der TVO gemacht, liebe CDU? – Nichts ist da passiert!