Wir sind uns dabei auch darüber im Klaren, dass künftig ein Wettbewerb unter den Kommunen entstehen wird, weshalb wir natürlich auch mit Spannung erwarten, was der Vizepräsident des baden-württembergischen Gemeindetags, Herr Kurz, beim zweiten baden-württembergischen Landestreffen der lokalen Bündnisse für Familien unter dem Stichwort „Familienfreundliche Kommunen – ein Mehrwert für Baden-Württemberg“ in der nächsten Woche ausführen wird.
Zutreffend ist, dass die Finanzierungs- und Planungshoheit der Gemeinden durch eine gesetzliche Regelung der Finanzierung von Einrichtungen mit gemeindeübergreifendem Einzugsgebiet eingeschränkt wird. Dies lässt sich nicht vermeiden und entspricht dem politischen Willen für den nun eingetretenen Fall, dass eine freiwillige Regelung nicht greift.
Die Regelungen für die Förderung durch die Sitzgemeinde bleiben wie in der vorherigen Fassung des Gesetzes unter dem Vorbehalt der Aufnahme der Einrichtung in die Bedarfsplanung. Es gilt ein Fördersatz von 63 %, beim Beschluss einer Ausnahme von 31,5 %.
Die Befürchtung der Gemeinden, auch künftig Überkapazitäten finanzieren zu müssen, sind nicht ganz von der Hand zu weisen – das sehen wir auch so. Dem wollen wir entgegentreten, indem wir klarstellen, dass bei der Erstellung der Bedarfsplanung in der Wohnortgemeinde Plätze für Kinder, die eine gemeindeübergreifende Einrichtung in einer anderen Gemeinde besuchen, in Abzug gebracht werden können.
Herr Kollege Klenk, beunruhigt es Sie nicht, dass sich bei der FDP/DVP niemand um Kinder kümmert und bei den Grünen nur eine Person?
(Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Birzele SPD: Aber eine qualitätsvolle! – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Qualität! – Zuruf des Abg. Dr. Schüle CDU)
Das stimmt mich schon nachdenklich, aber ich vertraue darauf, dass sich die Situation noch verbessert, Herr Kollege Wieser.
Meine Damen und Herren, da sich die in der Rechtsverordnung festzulegenden Beträge jedoch auf der Basis einer Kostenbeteiligung von 31,5 % errechnen – eine Ausnahme ist hier der Förderbetrag für Krippen –, dürfte sich die Etablierung neuer Einrichtungen in Grenzen halten. Im Übrigen können die Gemeinden dem durch die Reduzierung eigener Plätze gegensteuern. Dies entspräche auch jugendhilferechtlichen Grundsätzen wie dem Vorrang freier Träger und dem Wunsch- und Wahlrecht der Eltern.
Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, noch einige ergänzende Bemerkungen anfügen, welche wir zur Gesetzesbegründung im Sozialausschuss zu Protokoll gegeben haben.
Zum einen geht es um den neu in das Kindergartengesetz einzufügenden § 2 a Abs. 3 – Stichwort Orientierungsplan –: Die in § 79 Abs. 1 SGB VIII niedergelegte Gesamtverantwortung des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe bleibt hiervon unberührt. Eine kontinuierliche Abstimmung zwischen der Gemeinde und dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist deshalb erforderlich. Wir greifen damit eine Anregung des Gemeindetags auf.
Der Orientierungsplan ist bis zur verbindlichen flächendeckenden Einführung nur für diejenigen Einrichtungen verbindlich, die ihn anwenden.
(Abg. Dr. Lasotta CDU: Ausgezeichnet! – Abg. Wieser CDU: Die ruhige Sachlichkeit überzeugt hier! – Gegenruf der Abg. Marianne Wonnay SPD: Das reißt euch mit!)
Das bedeutet umgekehrt formuliert: Bis zur flächendeckenden Verbindlichkeit des Orientierungsplans ist dessen Anwendung freiwillig. Einrichtungen, die den Orientierungsplan anwenden, sind jedoch an dessen Vorgaben gebunden.
Zu der von uns vorgeschlagenen Änderung des § 3 zur Umsetzung des Tagesbetreuungsausbaugesetzes: Die Übertragung der Aufgaben auf die Gemeinden entspricht den zwischen Land und kommunalen Landesverbänden getroffenen Vereinbarungen.
§ 3 Abs. 1 stellt die Zuständigkeit der Gemeinden für die in § 24 Abs. 1 SGB VIII geregelten Aufgaben klar, wie dies bereits auf ausdrücklichen Wunsch der kommunalen Landesverbände im bisherigen Kindergartengesetz geregelt ist.
Nach der Vereinbarung zwischen dem Land und den kommunalen Landesverbänden zur Umsetzung des Tagesbetreuungsausbaugesetzes sollen in analoger Anwendung des Kindergartengesetzes die Städte und Gemeinden auch für den bedarfsgerechten Ausbau der Kleinkindbetreuung zuständig sein.
Zu der Änderung des § 8 Abs. 5, betreffend den finanziellen Ausgleich für die Kleinkindbetreuung: Wir tragen dem gemeinsamen Anliegen von Gemeindetag und Städtetag Rechnung.
Wir stellen klar, dass in der Rechtsverordnung nach Absatz 3 neben der Höhe des platzbezogenen Zuschusses auch berücksichtigt werden soll, dass § 24 a SGB VIII für die Bereitstellung eines bedarfsgerechten Betreuungsangebots eine Übergangsfrist bis 1. Oktober 2010 einräumt.
Meine Damen und Herren, machen wir uns nichts vor: Dies wird heute nicht die letzte Änderung des Kindergartengesetzes gewesen sein.
Wir wollen auch nicht ausschließen, dass wir eines Tages gegenteilige Korrekturen vornehmen müssen, wenn sich Entwicklungen abzeichnen, die wir heute zwar nicht befürchten, die wir aber auch nicht ausschließen können.
Wenn wir die Reaktionen der kommunalen Landesverbände und der freien Träger auf uns wirken lassen, stellen wir fest, dass es dem einen zu weit und dem anderen nicht weit genug geht. Wie heißt es so schön? Die Wahrheit liegt in der Mitte. Damit fühlen wir uns in unserem Entwurf bestätigt.
(Abg. Wieser CDU: Die Kinder in Baden-Würt- temberg haben es nicht verdient, dass so wenige Leute da sind!)
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lieber Herr Kollege Klenk, zu selbstzufriedenem Zurücklehnen ist nun überhaupt kein Anlass. Ich kann wahrhaftig nicht nachvollziehen, wie Sie heute so etwas von sich geben können.
(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Schüle CDU – Abg. Dr. Lasotta CDU: Es geht doch um die Kinder! – Abg. Wieser CDU: Es geht doch um die Kinder, nicht ums Rechthaben!)
Lassen wir doch einfach einmal kurz Revue passieren: Wir haben Sie bereits bei der Erarbeitung des neuen Kindergartengesetzes im Jahr 2003 darauf hingewiesen, dass Ihr Gesetzentwurf zur Änderung des Kindergartengesetzes neben anderen Fehlern einen gravierenden Strickfehler hat:
Sie haben die Finanzierung der gemeindeübergreifenden Einrichtungen, der Einrichtungen mit besonderem pädagogischem Angebot nicht angemessen berücksichtigt, und Sie haben in Kauf genommen, dass dort in der Tat eine Schlechterstellung vorgenommen wurde.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Alfred Haas CDU: Nein! – Abg. Wieser CDU: Sie sagen die Unwahrheit! Bleiben Sie bei der Wahrheit!)
(Abg. Alfred Haas CDU: Da waren auch SPD-Bür- germeister dabei, Frau Wonnay, die nicht gefolgt sind!)
Sie nehmen dabei nicht zur Kenntnis, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass es in der Zwischenzeit – darauf haben Sie in
anderem Zusammenhang Bezug genommen, Herr Kollege Klenk – das Gesetz zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe, das KICK, gab, das aufgegeben hat, dass es einen angemessenen Kostenausgleich zwischen Wohnsitzgemeinde und Standortgemeinde einer Einrichtung zu geben hat, und dass es darüber hinaus ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts gab, das ausdrücklich die Gleichbehandlung von Kindertagesstätten mit gemeindeübergreifendem Einzugsgebiet mit anderen Trägern gefordert hat. Diese Gleichbehandlung, liebe Kolleginnen und Kollegen, treten Sie mit Ihrem Vorschlag wirklich mit Füßen,
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Dr. Lasotta CDU: Wir sind doch gewaltfrei! Wir treten niemanden mit Füßen! – Zuruf des Abg. Wieser CDU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir hatten jetzt eineinhalb Jahre lang die Enquetekommission „Demografischer Wandel“. Dort ist uns mehrfach versichert worden, und zwar sowohl aus Reihen der Wirtschaft und der Hochschulen als auch aus dem Bereich der Kinderbetreuung, dass es überfällig ist, dass hier endlich ein angemessener Kostenausgleich stattfindet.
(Abg. Dr. Lasotta CDU: Das machen wir doch! – Abg. Wieser CDU: Das steht doch im Gesetz! Wir haben über 200 Millionen € mehr ausgegeben!)
Sie hatten drei Möglichkeiten der Novellierung. Die eine wäre, eine tatsächliche Gleichbehandlung zu erreichen, nämlich einen Ausgleich in Höhe von 63 % vorzunehmen. Dies sieht unser Entwurf vor.
Das Zweite wäre das, was jetzt im Ausnahmefall gesetzlich möglich ist, nämlich zumindest die 31,5 % sicherzustellen. Und die dritte Möglichkeit wäre, einen platzbezogenen Zuschuss zu wählen.