Zu dem neuen Krebsregistergesetz will ich auch noch ein paar Worte sagen. Alle Fachleute, alle Praktiker sagen uns, das Gesetz sei zu kompliziert, es sei zu bürokratisch und wenig aussagekräftig.
Ich will aus einer Pressemitteilung vom 3. Januar dieses Jahres zitieren. Darin hat die Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft den Gesetzentwurf der Landesregierung heftig kritisiert. Ich zitiere:
Weiter kritisiert die Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft, dass die Verknüpfung der Krebsregistrierung mit der Qualitätssicherung nicht ausreichend geklärt sei. Ich zitiere sinngemäß: Die geplante Krebsregistrierung soll mit einer Maßnahme zur onkologischen Qualitätssicherung verknüpft werden. Wesentliche inhaltliche und finanzielle Eckpunkte dieser Qualitätssicherung sind klärungsbedürftig.
Auf einer Fachtagung im November letzten Jahres hat die Arbeitsgemeinschaft der Tumorzentren und Onkologischen Schwerpunkte in Baden-Württemberg den Gesetzentwurf ebenfalls heftig angegriffen und festgestellt, dass die Anforderungen an ein aussagefähiges Krebsregister in wesentlichen Punkten nicht erfüllt werden.
Der für die interne Qualitätssicherung der Primärmelder/Behandler minimal notwendige patientenbezogene Datenrückfluss ist vorzusehen....
Es ist ein ganz wichtiger Punkt, dass ein Arzt auch weiß, wie seine Therapie vom Patienten angenommen worden ist, ob es Rezidive gab.
Die Integration aller Leistungserbringer in eine regionalisierte Qualitätssicherung ist nicht hinreichend beschrieben.
Die eigenen Daten im Rahmen des Benchmarkings der regionalen Qualitätskonferenzen müssen für den Behandler/die Klinik nachprüfbar sein
Die klinischen Krebsregister der Tumorzentren und Onkologischen Schwerpunkte sind verbindlich in das Meldewesen einzubeziehen, das vorhandene Know-how und die bestehenden Kontakte der Zentren sind zu nutzen und zu erweitern.
Ich fasse zusammen: Angesichts dieser Kritik der Praktiker und Experten muss sich, meine Damen und Herren, die Landesregierung den Vorwurf gefallen lassen, trotz des langen
Nach so langer Zeit wäre mehr und Besseres zu erwarten gewesen. Da das nun vorgesehene Krebsregister jedoch immer noch besser ist als gar keines, wird die SPD diesem Gesetzentwurf trotz erheblicher „Bauchschmerzen“ zustimmen. In der nächsten Legislaturperiode muss aber – und darauf werden wir anhand der ersten Erfahrungen mit diesem Gesetz sicher achten – ganz rasch geprüft werden, ob Novellierungsbedarf besteht.
Ich bin halt auch sozial- und gesundheitspolitischer Sprecher, nicht nur Fraktionsvorsitzender. Ich mache dies auch gerne, aber ich versuche es jetzt kurz zu machen.
Wenn man weiß, wie der Entwicklungsprozess dieses Gesetzes war, und wenn man berücksichtigt, welche Mühe sich die Damen und Herren, von denen einige hier sitzen, wahrhaftig gemacht haben – die Bedenken der ATO, die Sie zitiert haben, stammen aus einer Zeit, bevor das zum Teil in das Gesetz übernommen wurde –,
dann schmerzt es schon. Ich finde das, was Sie tun, Frau Kollegin Haußmann, ein bisschen unfair. Lassen Sie mich jedenfalls sagen: Das sind mit Sicherheit selbst für einen Fachabgeordneten nicht ganz einfach zu überblickende gesetzliche Regelungen – das ist einfach so –, umso weniger für diejenigen, denen Sie jetzt möglicherweise vormachen wollen, wir würden ein falsches Gesetz verabschieden.
Ich erinnere mich noch gut daran, dass Sie, obwohl das vormalige epidemiologische Krebsregister seine Aufgaben nicht erfüllen konnte – weil die Meldequote nicht ausreichend war und, und, und –, Zeter und Mordio geschrien haben. Jetzt hat man sich Zeit gelassen, ein epidemiologisches und ein klinisches Krebsregister zusammenzuführen und damit sozusagen einen Mehrwert zu schaffen. Epidemiologisch heißt, ich schaue nur: Wo ist etwas passiert? Klinisch heißt, ich frage noch: Warum ist etwas passiert? Was hat man ge
macht? Wie hat das, was ich gemacht habe, gewirkt? Es macht doch Sinn, dass man das einmal zusammenfasst.
Dass da eine Menge Daten zusammengeführt werden müssen, und zwar sehr sensible Daten, das leuchtet auch jedem ein. Dass die eine Seite gern einen besseren und problemloseren Zugriff auf Daten gehabt hätte, kann ich nachvollziehen. Es ist aber auch nachvollziehbar, dass man auf der anderen Seite bei einem so sensiblen Thema, bei dem es um eine Krankheit geht, die in Teilen manchmal immer noch etwas tabuisiert wird, das Interesse des Patienten am Recht auf seine Daten und einen möglichen Widerspruch mit vorsehen musste, dass man eine unabhängige zentrale Vertrauensstelle zwischenschalten musste, dass dazwischen Verschlüsselungen und nachher wieder Entschlüsselungen sein müssen, auch wenn das bürokratisch klingen mag.
Ich bin der Letzte, der nicht darauf schaut, dass möglichst wenig Bürokratie passiert. Aber ich muss denen, die es jetzt mit allen Beteiligten geschafft haben, diesen Gesetzentwurf hinzukriegen, ein großes Kompliment machen. Wir werden dem Gesetz zustimmen; denn ich glaube in der Tat, dass es die berechtigten Interessen der Patienten und deren Angehörigen respektiert, dass es einen Mehrwert bringt – genau das, was die ATO gefordert hat: dass sie selber über Verlauf und Qualität Rückmeldungen bekommt und damit Verbesserungsmöglichkeiten in ihrer Therapie gewährleistet sind – und dass wir damit letztendlich das regeln, was wir schon mit dem früheren Krebsregister erreichen wollten. Ich bin sicher, dass wir auf dieser Basis dem Ziel deutlich näher kommen. Wenn es im Handling noch Probleme geben sollte, wird man das eine oder andere immer noch einmal verändern können.
Ich danke jedenfalls allen denen, nicht nur aus dem Ministerium, sondern auch aus allen Organisationen, die an dieser komplizierten, sensiblen Materie mitgewirkt haben. Ich bin sicher, das Gesetz kommt den Patientinnen und Patienten im Land und denen, die Therapie betreiben müssen, zugute. Insbesondere wird es dazu führen, dass wir auf dem Gebiet der Ursachenforschung und der Erforschung neuer Therapiemöglichkeiten ein ganzes Stück besser vorankommen, als es ohne dieses Gesetz möglich wäre. Ich glaube, wenn man das sagen kann, dann ist es gut, wenn wir dieses Gesetz heute so verabschieden.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Was lange dauert, liegt nun endlich vor: der Gesetzentwurf der Landesregierung als Grundlage für ihr neues Krebsregister. Dies wurde in der Tat höchste Zeit, denn die Neukonzeption wurde bereits vor anderthalb Jahren beschlossen, und das alte Krebsregister wurde vorschnell zum 31. Juli 2004