auch die Kontrolle in den Waggons entfallen wird, und es werden Einnahmeverluste der Bahn befürchtet. Frage: Wer trägt diese Verluste, die Landesregierung, die Nahverkehrsgesellschaft, die Regionalverkehrseinrichtungen oder aber die DB selbst?
Die Frage kann man eindeutig beantworten: Die DB selber muss die Verluste tragen. Der Schwarzfahrer geht immer auf Kosten des Verkehrsunternehmens, bei dem schwarzgefahren wird. Die DB muss sich überlegen, ob sie dieses Risiko für so hoch ansieht, dass sie das entsprechende Begleitpersonal einsetzt.
Abgesehen davon: Es gibt a) keine Regelungen dafür, dass wir es bezahlen müssten; es wäre b) auch nicht sinnvoll es wäre schon witzig, wenn der Steuerzahler den Schwarzfahrer finanzierte , und c) wüssten wir ja noch nicht einmal, wie viele Schwarzfahrer es gibt. Es ist das Wesen des Schwarzfahrers, dass er schwarzfährt.
Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Anfragen vor. Damit ist Tagesordnungspunkt 9 erledigt.
a) Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion GRÜNE Einsetzung und Auftrag des Untersuchungsausschusses Verhalten von Landesregierung und Landesbehörden im Zusammenhang mit kriminellen Aktivitäten von Manfred Schmider und Matthias Schmider, insbesondere bei der Firmengruppe FlowTex Drucksache 13/808
b) Wahl der Mitglieder und der stellvertretenden Mitglieder, des Vorsitzenden und des stellvertretenden Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Begründung des Antrags fünf Minuten und für die Aussprache zehn Minuten je Fraktion festgelegt, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fraktion der SPD und die Fraktion GRÜNE beantragen die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, um zu klären, welche Rolle die baden-württembergische Landesregierung und Behörden des Landes Baden-Württemberg beim größten Fall von Wirtschaftskriminalität in der deutschen Nachkriegsgeschichte gespielt haben.
Die Bedeutung dieses Falles, denke ich, muss man hier im Hause nicht erläutern. Der Schaden, über den geredet wird, liegt in der Größenordnung zwischen 2 und 3 Milliarden DM. Die Taten haben sich über einen sehr langen Zeitraum hingezogen. Die mittlerweile verurteilten Hauptangeklagten haben sich im Licht einflussreichster Persönlichkeiten des Landes gesonnt. Es hat diverse Ereignisse gege
ben, bei denen öffentlich dokumentiert wurde, welch hohe Gunst die Herren Schmider und Kleiser genossen haben. Zu ihren Ehren haben ehemalige Ministerpräsidenten des Landes Reden gehalten und amtierende Ministerpräsidenten sich dort eingefunden.
Wir wählen diesen Weg der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, weil wir keine andere Möglichkeit mehr erkennen,
die Zusammenhänge und die Fülle von Indizien, die mittlerweile in der Öffentlichkeit im Raume stehen, aufzuklären. Wir wählen diese Möglichkeit des Untersuchungsausschusses, weil sich unsere ursprüngliche Hoffnung, dass im Rahmen der durchgeführten Strafverfahren die Rolle der öffentlichen Verwaltung geklärt werden könnte, nicht erfüllt hat. Man hat im Gegenteil in diesen Strafverfahren den größten Wert darauf gelegt, diese Frage nicht zu klären. Und wir wählen diesen Untersuchungsausschuss als Möglichkeit, weil die Landesregierung von Baden-Württemberg offensichtlich selbst kein aktives Interesse an der Aufklärung dieser Zusammenhänge hat.
Ich will Ihnen eines sagen: Es gibt jede Menge Untersuchungsausschüsse in Deutschland über das leider schlimm genug! schon Übliche: über das Thema Parteispenden und anderes. Das wird uns vielleicht dann auch in diesem Zusammenhang beschäftigen.
Sie begreifen nicht, dass es hier um eine ganz andere Dimension geht. Hier geht es um die Frage, ob die Bevölkerung unseres Landes überhaupt noch Vertrauen in die Funktionsfähigkeit des Rechtsstaats haben kann, lieber Herr Kollege.
(Abg. Reichardt CDU: Ich sage schon das Richti- ge! Das müssen Sie alles anhören! Gegenruf des Abg. Drexler SPD: Sie sind doch schon aus dem Bundestag herausgewählt worden! Weitere Zuru- fe von der CDU)
Der Herr Justizminister hält es für die höchste Form der Aufklärung, Fragen im Parlament zu beantworten, und das oft noch mit Fristverlängerungen. Dabei wird immer genau das beantwortet, was gefragt wird, und das immer zögernd.
Herr Justizminister, meine Herren, wenn in Medien mit Zitaten etwa die Behauptung in den Raum gestellt wird wir verdanken einen erheblichen Teil dessen, was bisher ans Licht gekommen ist, der Unabhängigkeit von Medien , Behörden des Landes Baden-Württemberg hätten versucht, Behörden eines anderen Landes von aktiver Strafverfolgung abzubringen, und wenn in den Raum gestellt wird, in diesen Fall seien in erheblichem Umfang Korruptionsvorgänge verflochten das ist ja wohl alles Fakt , und dann die verantwortlichen Minister des Landes meinen, ihre Aufklärungspflicht reduziere sich darauf, Fragen der Opposition zu beantworten, dann frage ich mich in der Tat, in welchem Land wir uns befinden.
Ich rate Ihnen, einmal einen kleinen Blick in die Vereinigten Staaten zu werfen. Da gibt es jetzt auch einen großen Fall eines wirtschaftlichen Zusammenbruchs, den so genannten Enron-Skandal. In den Vereinigten Staaten sind in diesem Fall seitens der Regierung der Vereinigten Staaten und seitens des Parlaments insgesamt vier unabhängige Gremien eingesetzt worden, die nichts anderes tun, als akribisch die Ursachen und die Zusammenhänge, auch die Zusammenhänge mit Regierungshandeln, zu untersuchen. Die Landesregierung von Baden-Württemberg ist noch niemals auf die Idee gekommen, dass es ihre Aufgabe sein könnte, zu klären, welche Rolle ihre nachgeordneten Behörden in diesem Fall gespielt haben.
mittels eines Untersuchungsausschusses das zu klären, was eine verantwortliche Regierung von sich aus klären müsste. Wenn ein Finanzminister, dessen nachgeordneten Behörden nachgesagt wird, sie seien in Teilen bestechlich oder hätten ihre Amtspflichten verletzt das können Sie alles nachlesen ,
dann nicht von sich aus auf die Idee kommt, er müsse aufklären, was da eigentlich los gewesen ist, dann hat er sein Amt verfehlt. Das sage ich Ihnen.
Nichts ist so bezeichnend wie die Einlassungen, die daraufhin gemacht worden sind. Ich will Ihnen das in Erinnerung rufen. Herr Finanzminister Stratthaus verkündete am 19. Oktober 2001 volltönend, letztlich sei es allein der Initiative der Finanzbehörden zu verdanken, dass der derzeit vor dem Landgericht verhandelte größte Betrugsfall der Wirtschaftsgeschichte aufgedeckt und weiterer Schaden verhindert worden sei.
Herr Stratthaus, wissen Sie, wie viele Ermittlungsverfahren mittlerweile laufen, nachdem Sie diese Ehrenerklärung abgegeben haben?
Und um das noch zu toppen, verkündete die Sprecherin des Herrn Finanzministers, der Vorwurf der Opposition bezüglich Korruption im Fall FlowTex sei wie eine Luftblase zerplatzt.
Jetzt kommt es: Das umfassende Geständnis von Manfred Schmider am zweiten Prozesstag vor dem Landgericht Mannheim nehme jeden Zweifel an der Rechtschaffenheit der Finanzverwaltung. Manfred Schmider ist der Kronzeuge des Finanzministeriums zur Entlastung der eigenen Verwaltung! Das muss man sich einmal vorstellen.
(Abg. Alfred Haas CDU: Viel Spaß! Abg. Hauk CDU: Spätestens bis zur Europawahl! Gegenruf des Abg. Drexler SPD: In welchen Niederungen befinden Sie sich eigentlich? Abg. Fischer SPD: Das ist doch unmöglich!)
Ich verrate Ihnen einmal: Ich hätte mir die nächsten anderthalb Jahre meines Lebens schöner vorstellen können, als mich mit der Trockenlegung von Sümpfen zu beschäftigen. Das darf ich Ihnen verraten.