Protokoll der Sitzung vom 16.10.2002

Drittens: Gleichzeitig war es auch sinnvoll, die gesetzlichen Rahmenbedingungen für eine Mitgewährträgerschaft des Sparkassenverbands zu schaffen. Das ist gelungen. Fristgerecht werden wir über die notwendigen landesrechtlichen Vorschriften verfügen.

Viertens: Ich habe bei der ersten Plenaraussprache für unsere Fraktion einige Anregungen formuliert, wie die Bedürfnisse der Sparkassenkunden aufgenommen und die Strukturen des Sparkassensystems verbessert werden könnten. Ich wiederhole die Stichworte noch einmal wie folgt: Kontrahierungszwang, Risikofonds, Mitfinanzierung der Schuldnerberatung, Mitgliedschaft im kommunalen Arbeitgeberverband, erweiterte Mitbestimmung bei Fusionen. Wir nehmen zur Kenntnis, dass weder die Regierung noch die Regierungsfraktionen in dieser Richtung Initiativen planen oder etwas aufgreifen wollen. Ich kündige aber an, dass wir diese Themen auch weiterhin mit eigenen Initiativen weiterführen wollen, da wir es für richtig halten, auch diese Fragen – Kontrahierungszwang, Risikofonds – als eine besondere Herausforderung auch im Sparkassen- und Bankenwesen weiterzuverfolgen und unter Umständen gesetzliche Regelungen hierfür vorzugeben.

Fünftens: Die Zukunft der Sparkassen ist nicht einfach. Es wird weitere Fusionen geben. Die Ertragslage wird weiter Kosten sparende Gemeinschaftsangebote notwendig machen. Diesen Herausforderungen muss sich der Sparkassenverband, müssen sich die einzelnen Sparkassen stellen.

Sechstens: Die nachträglichen Änderungswünsche der Kommission zeigen, dass wechselseitiges Misstrauen geboten ist. Es ist unbedingt erforderlich, dass bei Absprachen mit Brüssel keinerlei Unklarheiten verbleiben und alle schützenswerten nationalen Positionen nachhaltig verteidigt und vertraglich konkretisiert werden. Denn auch weiterhin sollen die Sparkassen nicht nur den kommunalen Auftrag der Geldversorgung und der Zurverfügungstellung von Krediten erfüllen, sondern sie sollen auch in die Lage versetzt werden, wichtige Gemeinschaftsprojekte mit den Kommunen im Bereich der Wirtschaftsförderung sowie im Bereich des Kulturund Sozialwesens zu unterstützen. Das ist ein wesentlicher Auftrag, der auch bisher von den Sparkassen wahrgenommen wurde. Immerhin sind im Jahr mehrere Hundert Millionen € aus den Erträgen der Sparkassen in derartige gemeinschaftsdienliche Aktionen und Bereiche investiert worden. Das ist das Profil der Sparkassen, das wir erhalten wollen.

Zur Landesbank werde ich in der zweiten Runde für meine Fraktion noch Stellung nehmen.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Heike Dederer GRÜNE)

Das Wort erhält Herr Abg. Dr. Glück.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fakten sind bekannt. Wir haben bei der Ersten Beratung sehr ausgiebig die Sachlage diskutiert. Die EU hält die Gewährträgerhaftung für eine Beihilfe, und wir sind aufgerufen, hier gesetzlich Abhilfe zu schaffen. Auf der anderen Seite ist es uns aber sehr, sehr wichtig, die Bevölkerung flächendeckend mit Bankdienstleistungen zu versorgen.

Die Verständigung mit allen Beteiligten auf EU-Ebene hat stattgefunden, und man hat einen Kompromiss gefunden: Die Gewährträgerhaftung endet am 19. Juli 2005, die Anstaltslast wird zum gleichen Termin modifiziert, und das Land hat bis zum 31. Dezember dieses Jahres die gesetzlichen Grundlagen herzustellen.

Ganz neu und aufgrund der Fortschreibung der Rechtsauffassung der EU muss die Landesbausparkasse in diese Regelung einbezogen werden. Auch hier ist in der Zwischenzeit unter allen Beteiligten Einvernehmen hergestellt worden. Zwei entsprechende Anträge – sie wurden schon mehrfach zitiert – liegen vor. Wir werden dem so zustimmen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erhält Frau Abg. Dederer.

(Abg. Walter GRÜNE: Kollege Glück hat es vorge- macht! Nachmachen!)

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich wurde gebeten, es genauso kurz zu machen wie Kollege Glück, aber für Finanzpolitiker ist es nun einmal immer einfacher, an Geld zu sparen als an Worten. Ein paar Anmerkungen darf ich deshalb doch noch zu diesem für unsere Sparkassen und unsere Landesbank nicht ganz unwichtigen Thema machen.

Die Hintergründe, die uns zu diesen Gesetzesänderungen zwingen, sind ja bekannt. Wir sind froh, dass es gelungen ist, in Deutschland dennoch am dreigliedrigen Bankensystem festzuhalten, das uns ja allen am Herzen liegt. Wir setzen weiterhin auf unsere Sparkassen und auf die Landesbank, die einen wichtigen öffentlichen Auftrag erfüllen. Uns allen ist dieser Auftrag ja auch bekannt: Das ist die Versorgung der Bevölkerung und des Mittelstands vor allem in der Fläche, ein Auftrag, den die privaten Banken schon längst nicht mehr erfüllen.

Wir wissen, dass gerade der Mittelstand auf die Kredite angewiesen ist, die Sparkassen und auch die Landesbank heute noch gewähren. Wir wissen, dass gerade auch finanziell schwächer gestellte Bevölkerungskreise heute ihre Konten bei Sparkassen haben. Beispielsweise haben 80 % aller Sozialhilfeempfänger ein Konto bei der Sparkasse. Das vielleicht noch als Anmerkung zum Kollegen Junginger, der bei uns gerne einen Kontrahierungszwang im Gesetz gesehen hätte, wie er in Nordrhein-Westfalen gilt. Ich denke, dass die Selbstverpflichtung der Sparkassen bisher hervorragend

funktioniert. Das zeigen die vorliegenden Zahlen. Wir können meines Erachtens auf diesen Kontrahierungszwang verzichten.

Zur Änderung des Gesetzes: Ich denke, es handelt sich dabei um einen Kompromiss, mit dem wir alle leben können. Die kommunale Trägerschaft ist erhalten geblieben, und auch der Einfluss des Landes auf die LBBW bleibt erhalten. Die Sparkassen werden auch weiterhin Partner des Mittelstands sein.

Es gibt auch eine baden-württembergische Besonderheit: Bei der LBBW kann der Träger gegen eine marktgerechte Gebühr Garantien oder eine Haftung übernehmen. Das ist das so genannte Avalmodell, das schon von Herrn Heinz angesprochen wurde.

Der Kollege Schmid hat bei der Ersten Beratung Kritik an diesem Avalmodell angebracht. Ich habe im Grundsatz nichts gegen dieses Modell, weil es die Refinanzierungsbedingungen der LBBW verbessert. Allerdings ist die Kritik durchaus berechtigt. Der Finanzminister hat zwar im Ausschuss verkündet, dass die LBBW die Gewinnausschüttung natürlich nie um die Avalgebühr kürzen werde. Aber in der Tat ist es natürlich so, dass die Avalgebühr den Gewinn der Bank verringert, und dem folgt automatisch eine geringere Ausschüttung.

Meine Bitte wäre, vor erstmaliger Anwendung des Avalmodells noch einmal mit der EU-Kommission das Gespräch zu suchen, damit man hier rechtlich auf wirklich sicherem Boden steht und nicht gegen EU-Beihilferegelungen verstößt. Ich gehe allerdings davon aus, dass dies ohnehin getan wird.

Positiv ist sicher auch, dass man Übergangsfristen eingeräumt hat. Vor allem besteht die Gewährträgerhaftung für Schuldverschreibungen mit einer Laufzeit bis zum Jahr 2015 noch fort. Hier kann man sich auf die Änderungen wirklich einstellen.

Positiv ist sicher auch, dass die bankinternen Ratingverfahren anerkannt werden. Denn gerade für unseren Mittelstand wären externe Ratingverfahren viel zu teuer gewesen.

Für mich ist noch eine Frage offen, die auch bei den Sparkassen immer wieder thematisiert wird. Das ist die Frage, ob es nicht einen zweiten Sicherungsfonds geben müsse. Gerade das Beispiel der Sparkasse Mannheim hat gezeigt, dass dies sicher sinnvoll wäre.

Lassen Sie mich noch zwei Anmerkungen zu den Anträgen der SPD machen, die bei diesem Tagesordnungspunkt mit aufgerufen sind.

Der erste Antrag betrifft die Landesbank. Hier gilt von meiner Seite aus die gleiche Argumentation wie bei den letzten Haushaltsberatungen: Sie wollen hier über eine Holdingkonstruktion eine private Trägerschaft einführen. Ich glaube, dass dies nachhaltig das Rating der LBBW schwächen würde. Aus diesem Grund werden wir diesen Antrag ablehnen.

Der zweite Antrag betrifft die Zukunft der BW-Bank. Ich halte das Ansinnen des Kollegen Schmid durchaus für legi

tim, im Plenum einmal grundsätzlich über die Zukunft des Finanzplatzes Baden-Württemberg zu diskutieren und solche Entscheidungen nicht einfach dem Finanzminister zu überlassen, wie das kürzlich geschah, als eine Beteiligung des Landes in Höhe von 200 Millionen € zugesagt wurde. Es handelte sich dabei um eine Einlage bei der BW-Bank. Solche Entscheidungen sollten politisch im Plenum getroffen und nicht einfach vorgegeben werden. Hier ist der Finanzausschuss in der Tat zum Spielball zwischen Landesregierung und Banken geworden. Herr Finanzminister, Sie haben damit nicht nur uns Parlamentariern und sich selbst geschadet, sondern auch der gesamten Demokratie Schaden zugefügt, was aus den entsprechenden Presseberichten hervorgeht.

(Beifall bei den Grünen)

Sie sind hier zu Recht von allen Fraktionen für dieses Vorgehen kritisiert worden. Deshalb noch einmal meine Bitte, solche Diskussionen an dem Ort zu führen, an den sie gehören, und das ist hier das Parlament.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das Wort erhält Herr Innenminister Dr. Schäuble.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte mich auf drei Bemerkungen beschränken.

Erste Bemerkung: Wir sind uns bei der Ersten Beratung, auch bei den sehr ausführlichen Beratungen im Innenausschuss und heute über die Aufgaben und die Bedeutung des Sparkassenwesens an sich einig gewesen. Wir alle wollen an dem öffentlich-rechtlichen Auftrag des Sparkassenwesens festhalten. Wir alle wissen um die Bedeutung einer schwierigeren Landschaft gerade der Sparkassen wie übrigens auch der Genossenschaftsbanken für den viel erwähnten Mittelstand. Das ist die eine Bemerkung. Da besteht ein großer Konsens, und ich glaube, das ist auch für die künftigen Herausforderungen, vor denen wir gemeinsam stehen, eine gute Grundlage.

Die zweite Bemerkung an die Adresse der SPD, auch nach den Beratungen im Innenausschuss: Ich will einfach noch einmal darauf hinweisen: Wir haben uns bei dieser Novellierung im Grunde genommen ausschließlich darauf konzentriert und damit auch darauf beschränkt, die Vorgaben der Europäischen Union in Landesrecht umzusetzen. Dass in diesem Zusammenhang eigentlich auch das parlamentarische Selbstverständnis etwas berührt sein muss, müssen wir wohl auch nach dem jüngsten Ereignis – ich komme darauf noch zurück; das wird die dritte Bemerkung sein – nicht verschweigen.

Andererseits habe ich aber für die Regierung im Innenausschuss erklärt – ich kann damit auch für den Herrn Finanzminister sprechen –: Die Sparkassen stehen jetzt wie das Bankenwesen überhaupt aus Gründen, die uns ja bekannt sind, vor ganz erheblichen Herausforderungen. Wir müssen zunächst einmal sehen, wie die Sparkassen mit dem Wegfall

(Minister Dr. Schäuble)

der Gewährträgerhaftung und in der Folge davon auch der Anstaltslast fertig werden. Im Augenblick besteht nach meiner Meinung kein landesgesetzgeberischer Handlungsbedarf aus diesem Blickwinkel. Aber wir werden gemeinsam die Entwicklung sehr sorgfältig beobachten und gegebenenfalls dann rechtzeitig handeln.

Die dritte Bemerkung bezieht sich auf das, was Sie, Herr Kollege Junginger, angesprochen haben. Ich will einfach hier dem hohen Hause ganz offiziell sagen, wie der Vorgang war: Wir sind immer noch davon überzeugt, dass das Plattformmodell eigentlich nach der Logik nicht auf die Landesbausparkasse erstreckt werden müsste. Denn bei unserer bisherigen Absicht, das Plattformmodell nicht auf die Landesbausparkasse zu erstrecken, ist ja klar gewesen, dass es hierbei nicht um eine kommunale Haftung gehen kann, dass auch nie Steuermittel aufgewendet werden könnten, falls die Landesbausparkasse in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten würde. Nur besteht immer ein Unterschied zwischen Recht haben und Recht bekommen.

Staatssekretär Koch-Weser vom Bundesfinanzministerium hat diese Auffassung in einem Schreiben vom 28. August an die Europäische Union mitgeteilt. Daraufhin fand am 16. September ein Gespräch mit der EU-Kommission statt, in dem die Europäische Kommission uns ein anderes Ergebnis, das wir für nicht logisch halten, eröffnet hat. Angesichts dessen sage ich noch einmal: Es gibt immer einen Unterschied zwischen Recht haben und Recht bekommen.

Wir sind uns mit dem Sparkassenverband darüber einig, dass wir, um kein unnötiges Risiko einzugehen, in Gottes Namen – so will ich es einmal formulieren, auch in der gebotenen Kürze – das Plattformmodell dann eben auch auf die Landesbausparkasse erstrecken.

(Zuruf der Abg. Heike Dederer GRÜNE)

Die wenigen anderen Bundesländer in Deutschland, die in einer ähnlichen Situation wie Baden-Württemberg sind, machen es übrigens auch so. Ich sage noch einmal: Ich halte dies für bedauerlich, aber ich glaube, in diesem Fall gilt das alte Sprichwort: Der Klügere gibt nach.

In diesem Sinne darf ich darum bitten, beiden Gesetzentwürfen auch in der zweiten Lesung zuzustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. – Doch. Herr Abg. Junginger.

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Herr Kollege!)

Ich verspreche, mich kurz zu fassen. Dadurch, dass sich Herr Kollege Nils Schmid gestern beim Fußballspiel verletzt hat, muss ich auch im Bereich der Landesbank kurzerhand einspringen. Mir geht es darum, dass wir unseren Änderungsantrag Drucksache 13/1165 noch in drei Gedanken darstellen.

Es geht um die Öffnung des Kapitals für Dritte – auch Private –, also um etwas, was die staatlichen Anteile wieder ent