Protokoll der Sitzung vom 13.11.2002

(Heiterkeit)

Herr Pauli, fahren Sie fort.

(Abg. Schmiedel SPD: Keine Bereitschaft zum Dia- log!)

Wer bei uns leben will, muss zum Beispiel auch bereit sein, unsere Grundrechte – –

(Abg. Theresia Bauer GRÜNE unterhält sich mit Abg. Brigitte Lösch GRÜNE.)

Frau Bauer, hören Sie doch bitte zu.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Pauli, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Abg. Utzt?

(Abg. Schmiedel SPD: Sag mal! – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Warum eigentlich? – Abg. Bebber SPD: Ein Frauentagscharmeur! – Abg. Carla Bregenzer SPD: Das ist das Ende des Frauentags! – Heiterkeit)

Wer bei uns leben will, muss zum Beispiel auch bereit sein, unsere Grundrechte zu beachten und die nach Artikel 3 Abs. 2 des Grundgesetzes festgelegte gleichberechtigte Stellung der Frau aktiv zu respektieren.

(Abg. Inge Utzt SPD: Dann tun Sie es doch! – Abg. Bebber SPD: Das nimmt Ihnen jetzt keiner mehr ab!)

Wenn junge Mädchen Teile des Schulunterrichts, zum Beispiel Sport- oder Schwimmunterricht, nicht besuchen dürfen, wenn junge Mädchen mit Kopftüchern in den Unterricht geschickt werden, sind dies eindeutig die falschen Signale.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Türkische Lehrer schütteln über das, was bei uns zugelassen wird, nur den Kopf.

(Beifall der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Unsere Grundrechte sind keine allgemeinen Programmsätze, sondern sie bestimmen den Umgang und das Miteinander und sind Vorgaben für Deutsche und Ausländer gleichermaßen. Daran darf überhaupt kein Weg vorbeiführen.

Es ist doch jedem klar: Die deutsche Sprache ist der Schlüssel zur Integration. Nur das Beherrschen der Sprache ermöglicht das gegenseitige Verstehen und ist Grundvoraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe und Akzeptanz. Daher begrüßen wir, dass flankierend zu den Landesmitteln mit Mitteln der Landesstiftung Baden-Württemberg weitere Integrationskurse und Projekte zur Sprachförderung ermöglicht werden. Wir begrüßen, dass Sie das wenigstens registriert haben.

(Beifall und Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU)

Bereits im Juni dieses Jahres startete in unserem Land das Pilotprojekt „Eingliederungslotse und Eingliederungsvereinbarung“ für Spätaussiedler an jeweils einem Standort in unseren vier Regierungspräsidien. Ziel des bis zum 30. April 2005 laufenden Projekts ist es, neu ankommende Spätaussiedler und ihre Familien umfassend zu unterstützen, sodass eine möglichst rasche Integration im sozialen, beruflichen und gesellschaftlichen Umfeld gelingt. Dieses Pilotprojekt wird mit insgesamt 800 000 € aus Mitteln der Landesstiftung Baden-Württemberg finanziert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Integrationsmaßnahmen werden in Baden-Württemberg konkret vor Ort auf der kommunalen und unteren staatlichen Ebene geleistet. Die Träger der freien Wohlfahrtspflege und andere Verbände leisten hierzu wertvolle Arbeit. Ziel des Landes ist es, bestehende und weitere Integrationsmaßnahmen so weit wie möglich in Partnerschaft mit Kommunen und Verbänden durchzuführen. Doch schon heute tragen Länder und Kommunen die Hauptlast der Integrationskosten. Bestehende und neue Integrationsmaßnahmen des Landes entlasten deshalb den Bund nicht von seinen Verpflichtungen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wenn unsere rot-grünen Kolleginnen und Kollegen dies in Berlin ebenso deutlich sagen würden, kämen wir erheblich weiter.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Tosender Beifall!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Glück.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Über dem ganzen Komplex, über den wir heute diskutieren, schwebt ja noch das Bundesverfassungsgericht. Das Land – Herr Pauli, ich bin dankbar, dass Sie darauf hingewiesen haben – hat sich rechtzeitig in Sachen Integration bemüht, und wir haben eine Bundesratsinitiative eingebracht. Ziel dieser Initiative war Integration als Angebot und Verpflichtung zugleich, also fördern und fordern zu einer vernünftigen Integration in Deutschland.

Die FDP/DVP-Fraktion hat im Dezember 2001 ein umfangreiches Integrationskonzept auf den Weg gebracht, und ich bin froh, dass sich ein großer Teil unserer Anregungen in dem Konzept der Landesregierung widerspiegelt.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Die Opposition kann natürlich heute Abend kein geschlossenes Konzept verlangen, denn Sie kennen die Unwägbarkeiten, die mit dem Zustandekommen dieses Gesetzes verbunden sind. Aber unabhängig von Karlsruhe steht die FDP/DVP für ein modernes, steuerndes und begrenzendes Zuwanderungsgesetz.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Einiges spricht dafür, meine Damen und Herren, dass Integration die Zukunftsaufgabe des Jahrhunderts wird.

Die Grünen haben nun – freundlicherweise, möchte ich sagen – ein Thema aufgegriffen, das wir bereits in unserer Großen Anfrage angestoßen hatten, nämlich die interkulturelle Kompetenz. Ich bin davon überzeugt, dass in diesem Punkt noch erheblicher Diskussionsbedarf besteht, Herr Minister, auch nach der Antwort der Landesregierung; ich will nicht sagen: umso mehr, aber zumindest auch nach der Antwort.

(Abg. Wieser CDU: Oi, oi, das ist eine kritische Be- merkung!)

Man darf unter Freunden auch kritisch sein.

Dazu möchte ich ein Beispiel bringen, das uns nicht so ganz befriedigt. Die Landesregierung legt einen sehr umfassenden Begriff der interkulturellen Kompetenz zugrunde. Schwachpunkt ist jedoch, dass sie sich auf den eigenen Kulturkreis bezieht. So werden zum Beispiel Auslandspraktika in England oder in der Schweiz oder in Österreich als geeignet angesehen, die Sichtweisen von Einwanderern kennen zu lernen und die entsprechende Sensibilität für andere Kulturen zu schaffen. Ich meine, „Einwanderer“ aus diesen Ländern stellen bei uns kein Problem dar. Wir sehen noch sehr viel Nachholbedarf in Sachen interkultureller Kompetenz in allen Bereichen der Landesverwaltung.

Ich will aber bewusst auch ein ganz positives Beispiel bringen. Die Polizei hat ganz konkrete Zielvorgaben für die nächsten fünf Jahre. Ich persönlich hatte vor etwas mehr als zwei Wochen im Rahmen einer Praxisvertretung ein sehr positives Erlebnis. Da kam ein junger Polizeibeamter türkischer Nationalität und hat mit großer Begeisterung über seinen Dienst bei der Polizei erzählt. Ich denke, das ist eine sehr gute Maßnahme gewesen, die ausgebaut werden muss.

(Beifall bei der FDP/DVP – Glocke der Präsidentin)

Herr Abg. Glück, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abg. Utzt?

Bitte sehr, Frau Utzt.

Herr Dr. Glück, wissen Sie, wem der junge Polizeibeamte seinen Dienst bei der Polizei zu verdanken hat?

(Abg. Scheuermann CDU: Das haben Sie doch schon gesagt!)

Zumindest war ihm derjenige oder diejenige, der oder die ihm geholfen hat, nicht so wichtig, als dass er die betreffende Person genannt hätte.

(Abg. Wieser CDU: Sehr gut! – Beifall bei der FDP/ DVP)

Er hat ganz begeistert von seinem Dienst als solchem und von seinen Kollegen gesprochen und somit eigentlich vom gesamten Polizeiapparat. Das fand ich sehr positiv.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Ich denke, dass es nicht nur den einen gibt. Es wäre doch ein zu großer Zufall, wenn es nur den einen gäbe und der gerade mir über den Weg liefe.

Meine Damen und Herren, die Demographie in Deutschland zwingt uns zur Auseinandersetzung mit dem Thema Einwanderung. Wir müssen uns dieser Aufgabe stellen: steuernd, begrenzend und vor allem auch integrierend.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Beh- ringer CDU: Das muss aber nicht gleich sein!)

Das Wort erteile ich Herrn Innenminister Dr. Schäuble.

(Abg. Wieser CDU: Er hat vermutlich den Polizisten eingestellt! – Gegenruf des Abg. Hauk CDU: Per- sönlich! – Abg. Wieser CDU: Oder sein Staatsse- kretär! – Abg. Dr. Lasotta CDU: Auf jeden Fall ist er informiert!)