Protokoll der Sitzung vom 20.02.2003

Dies entspricht dem Willen des Hauses. Dann unterbreche ich die Sitzung bis 14:30 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung: 13:47 Uhr)

(Wiederaufnahme der Sitzung: 14:32 Uhr)

Meine Damen und Herren, wir setzen die unterbrochene Sitzung fort. Ich darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen und die Türen zu schließen.

Aufgerufen war Punkt 2 der Tagesordnung. Hierzu liegt noch eine Wortmeldung vor. – Herr Abg. Dr. Noll, ich erteile Ihnen das Wort.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte nur noch einmal einen Vorschlag zum Thema „Sozialpsychiatrische Dienste“ einbringen. Denn in mehreren Beiträgen ist klar geworden, welch gravierende Einschnitte zulasten psychisch kranker Menschen mit den vorgesehenen Kürzungen möglicherweise verbunden wären.

Ich hatte schon bei zwei Gelegenheiten den Vorschlag gemacht, das Krankenhausförderprogramm in Höhe von etwa 160 Millionen € für 2003 um diese 2 Millionen € zu kürzen – das würde die Krankenhauslandschaft in Baden-Württemberg meiner Meinung nach nicht gefährden – und dafür die vorgesehene Kürzung bei den Sozialpsychiatrischen Diensten zurückzunehmen.

Nun wissen Sie, dass die 160 Millionen € an Krankenhausfördermitteln Teil des Kommunalen Investitionsfonds sind, sodass wir meinen Vorschlag nicht ohne oder gegen die Kommunen umsetzen könnten. Da aber ein Großteil der

Kostenverschiebungen infolge von Kürzungen bei den Sozialpsychiatrischen Diensten bei den Kommunen landen würde, könnte ich mir vorstellen, dass dann, wenn man es wirklich will und wenn jemand die Initiative ergreifen würde – – Ich denke, da sollte das Sozialministerium bzw. Herr Minister Repnik die Initiative ergreifen und alle Beteiligten – kommunale Landesverbände, Träger der Sozialpsychiatrischen Dienste – schnellstmöglich an einen Tisch bringen. Ich bitte auch, Vertreter aller vier Fraktionen – die ja offensichtlich bekannt haben, dass ihnen daran liege – zu einem Gespräch darüber zusammenzubringen, ob im vorliegenden Nachtragshaushalt zum Erhalt der Sozialpsychiatrischen Dienste diese 2 Millionen € einmalig aus dem KIF herübergenommen werden können.

Ich habe am Rande des Plenums mit dem Sozialminister über diesen Vorschlag gesprochen. Selbstverständlich konnte er mir diesbezüglich keine Zusage machen. Ich hoffe, dass meine Bitte, mein Vorschlag nicht auf Unverständnis stößt, und wollte einfach die allerletzte Chance ergreifen, damit im Interesse psychisch kranker Menschen und der Menschen, die sich in diesem Bereich auch ehrenamtlich engagieren – darüber reden wir ja immer –, die vorgesehenen Kürzungen zumindest für 2003 zurückgenommen werden können. Damit würde die sicher notwendige Umstrukturierung nicht fallbeilartig verlangt, sondern eine Übergangsphase geschaffen.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der Grünen)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache beendet.

Ich schlage vor, die beiden Gesetzentwürfe Drucksachen 13/1791 und 13/1763 und den Mittelfristigen Finanzplan zur weiteren Beratung an den Finanzausschuss zu überweisen. – Sie sind damit einverstanden. Es ist so beschlossen.

Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:

Fragestunde – Drucksache 13/1778

Ich rufe die Mündliche Anfrage unter Ziffer 1 auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e r A b g. D r. I n g e G r ä ß l e C D U – K r e b s e r k r a n k u n g e n v o n K i n d e r n i n d e r U m g e b u n g v o n K e r n k r a f t w e r k e n

Frau Abg. Dr. Gräßle, Sie haben das Wort zur Verlesung Ihrer Mündlichen Anfrage.

Ich frage die Landesregierung:

a) Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über Krebserkrankungen von Kindern in der Umgebung von Kernkraftwerken unter Einbeziehung der Studie von Dr. Alfred Körblein, die offenbar eine Erhöhung bei Kindern behauptet?

b) Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Belüftung der Castorbehälter im Zwischenlager des AKW Gundremmingen?

Danke.

Das Wort zur Beantwortung der Anfrage erteile ich Herrn Staatssekretär Mappus.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Namens der Landesregierung beantworte ich die Anfrage der Abg. Dr. Gräßle wie folgt:

Zu Frageteil a darf ich kraft der Zuständigkeit des Sozialministeriums für diesen Teil der Anfrage zunächst referieren. Ich zitiere: Das deutsche Kinderkrebsregister hatte 1992 und 1997 zwei Studien über einen möglichen Zusammenhang zwischen Krebserkrankungen im Kindesalter und kerntechnischen Anlagen durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Studien zeigen, dass bei Kindern unter 15 Jahren in der Umgebung von 15 km um 20 westdeutsche kerntechnische Anlagen keine generelle Häufung von Krebserkrankungen – insbesondere nicht von Leukämien – zu verzeichnen ist.

Die Daten, die den oben genannten Studien zugrunde lagen, wurden dann 1998 von Dr. Körblein erneut ausgewertet. Aus dieser Auswertung wurde die Aussage abgeleitet, dass in der Umgebung von bayerischen Kernkraftwerken deutlich mehr Kinder an Krebs erkrankt seien. Betrachtet man die Ausgangsdaten, so fällt auf, dass nur in einem Teil der als KKW-nah eingeordneten Landkreise das Krebsrisiko gegenüber dem Landesdurchschnitt erhöht ist. Dagegen fehlt ein Hinweis darauf, dass auch in zwölf anderen Landkreisen, die sich nicht in der Nähe von Kernkraftwerken befinden, ein um 30 % oder mehr über dem Landesdurchschnitt liegendes Krebsrisiko festgestellt wurde. Die fünf höchsten Krebsraten wurden in bayerischen Landkreisen beobachtet, die nicht in der Umgebung von Kernkraftwerken liegen. Eine solche Variabilität findet man in Daten auf Landkreisebene auch wegen der zum Teil geringen Fallzahlen. Insofern kann diese Studie kaum als Nachweis für einen eindeutigen Zusammenhang zwischen einem erhöhten Krebsrisiko und der Nähe zu Kernkraftwerken gewertet werden. Diese Einwände wurden seitens des Landesgesundheitsamts Baden-Württemberg Herrn Dr. Körblein mitgeteilt.

Zu der Studie von Herrn Dr. Körblein liegen inzwischen auch zwei Stellungnahmen des deutschen Kinderkrebsregisters vor, die das Vorgehen bei der Auswertung detailliert und vor allem kritisch bewerten. In diesen Stellungnahmen wird unter anderem ausgeführt, dass es aus dem neueren Datenmaterial und auf Basis der relevanten Gruppe der Leukämien keinen Hinweis auf ein erhöhtes Krebsrisiko bei Kindern in der Umgebung von Kernkraftwerken in Bayern gibt. Hierbei ist besonderes Gewicht auf die Leukämien zu legen, die als feinster Indikator für eine potenzielle Strahlenbelastung angesehen werden können und in der Auswertung von Dr. Körblein in keinem der untersuchten Zeiträume auffällig erhöht waren.

Die Ergebnisse der Studien des deutschen Kinderkrebsregisters stehen in Übereinstimmung mit umfangreichen Studien in mehreren Ländern wie Großbritannien, Frankreich

(Staatssekretär Mappus)

und Deutschland, die keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Krebserkrankung bei Kindern und der Nähe zu Kernkraftwerken liefern.

Ungeachtet dieser Ergebnisse wird das Bundesamt für Strahlenschutz das Krankheitsgeschehen um Kernkraftwerke weiter intensiv beobachten und analysieren. Nach Auskunft des BfS soll eine Fallkontrollstudie zur Klärung noch offener Fragen durchgeführt werden.

Das Ministerium für Umwelt und Verkehr teilt im Übrigen diese Bewertung vollständig.

Nun zu Frage b, für die unser Haus originär zuständig ist: Gemäß den Konsensvereinbarungen sollen abgebrannte Brennelemente bis zum Abtransport in ein Endlager in dezentralen Zwischenlagern an den Standorten der Kernkraftwerke in Castorbehältern zwischengelagert werden. Das Genehmigungsverfahren für das Zwischenlager in Gundremmingen in Bayern läuft derzeit beim Bundesamt für Strahlenschutz. Das Lagerkonzept ist vergleichbar mit Zwischenlagern an anderen Standorten, zum Beispiel in BadenWürttemberg.

Der Castorbehälter ist mit zwei Deckeln – DoppeldeckelDichtheitssystem – verschlossen und mit einer Drucküberwachung des Zwischenraums ausgestattet. Tritt eine Leckage durch Undichtheiten am inneren Deckel auf, so wird, um das Doppeldeckelsystem wieder herzustellen, zunächst ein dritter Deckel, ein so genannter Fügedeckel, aufgeschweißt. Danach müsste der defekte Castorbehälter zur endgültigen Reparatur in ein Kernkraftwerk verbracht werden.

Ist eine Reparatur am äußeren Deckel durchzuführen, muss der Raum zwischen den Deckeln belüftet werden. Die Umgebung wäre in diesem Fall immer noch durch den inneren Deckel von den abgebrannten Brennelementen getrennt.

Die abgebrannten Brennelemente erzeugen aufgrund des radioaktiven Zerfalls Wärme, die über die äußere Behälteroberfläche an die Hallenluft abgeführt wird. Die erwärmte Hallenluft wiederum wird über Schlitze durch Naturzug an die Umgebung abgegeben. Im Fachbegriff nennt sich dies Naturzuglüftung.

Hierzu eine ergänzende Bemerkung: Aufgrund der Ereignisse des 11. September 2001 wurde vom BfS als Schadensszenarium ein gezielt herbeigeführter Flugzeugabsturz mit anschließendem Kerosinbrand untersucht. Das BfS kam zu dem Ergebnis, dass auch bei den süddeutschen Lagern bei diesem Schadensszenarium eine potenzielle Strahlenbelastung deutlich unterhalb zulässiger Grenzwerte bleiben würde.

(Abg. Blenke CDU: Erstaunlich, was der Staatsse- kretär alles weiß!)

Damit ist die Anfrage beantwortet.

Ich rufe die Anfrage unter Ziffer 2 auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. T h o m a s B l e n k e C D U – M i t t e l s t a n d s f r e u n d l i c h e V e r w a l t u n g s g e b ü h r e n

f ü r A u s n a h m e n n a c h d e m A r b e i t s z e i t g e s e t z

Herr Abg. Blenke, Sie haben das Wort zur Verlesung der Anfrage.

Danke schön, Frau Präsidentin.

Ich frage die Landesregierung:

a) Warum ist die Gebühr, die das Sozialministerium für die Erteilung der Ausnahmegenehmigung für Tätigkeiten an Sonn- und Feiertagen für Unternehmen mit 21 bis 200 Arbeitnehmern erhebt, mit 1 200 € für Ausnahmen bis zu einem Jahr durch eine Verwaltungsvorschrift so hoch festgesetzt worden?

b) Stimmt die Landesregierung der Auffassung zu, dass diese Gebühr zu hoch ist, darüber hinaus als Fixgebühr ungebührliche Belastungen für Firmen bedeutet, die eine Genehmigung nur für einige wenige Sonntage beantragen, und dass deshalb durch die Landesregierung hier eine flexiblere mittelstandsfreundliche Regelung getroffen werden muss?

Das Wort zur Beantwortung der Anfrage erteile ich Frau Staatssekretärin Lichy.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Landesregierung beantwortet die Mündliche Anfrage des Herrn Abg. Blenke wie folgt: