Protokoll der Sitzung vom 20.02.2003

Zur ersten Frage: Das Landesgebührengesetz verpflichtet die staatlichen Behörden, für Amtshandlungen, die auf Veranlassung oder im Interesse Einzelner in den Behörden vorgenommen werden, Verwaltungsgebühren zu erheben. Ist eine Gebühr innerhalb eines Gebührenrahmens zu erheben, bemisst sich die Höhe der Gebühr nach dem Verwaltungsaufwand, nach der Bedeutung des Gegenstands und nach dem wirtschaftlichen oder sonstigen Interesse des Gebührenschuldners.

(Abg. Bebber SPD: Das weiß doch der Blenke!)

Für Bewilligungen der Staatlichen Gewerbeaufsichtsämter ist Ziffer 12.1 des Gebührenverzeichnisses anzuwenden. Die dort vorgesehene Rahmengebühr beträgt bis zu 4 167 €.

Ein landeseinheitliches und auch effizientes Verwaltungshandeln bei der Festsetzung der Gebühren erfordert einheitliche Bemessungsgrundlagen. Deshalb hat das Sozialministerium im Einvernehmen mit dem Finanzministerium in einer Gebührentabelle die Gebühren für Verwaltungsakte der Aufsichtsbehörden festgesetzt. Differenziert wird dabei nach der Art der Rechtsgrundlage, der Dauer der Ausnahmebewilligung und der Zahl der betroffenen Arbeitnehmer. Die Art der Rechtsgrundlage, die Zahl der betroffenen Arbeitnehmer und die Zahl der Sonntage, an denen gearbeitet werden soll, haben ganz erheblichen Einfluss auf den Prüfungsumfang. Für Bewilligungen, die nur einen einfachen Tatbestand für Arbeiten an einem Sonntag von bis zu vier Arbeitnehmern zu überprüfen haben, wird eine sehr geringe Gebühr von 60 € festgesetzt. Diese Bewilligungen betreffen meist Handwerksbetriebe, die zur Vermeidung von Konventionalstrafen an einzelnen Sonn- und Feiertagen ar

(Staatssekretärin Johanna Lichy)

beiten müssen. Mit steigender Zahl der betroffenen Sonntage steigt nicht nur die Bedeutung des Gegenstands, sondern auch der wirtschaftliche Gewinn für den Antragsteller. Nach den Vorschriften des Gebührengesetzes muss sich dies in höheren Gebühren widerspiegeln.

Die von Ihnen, Herr Abg. Blenke, angesprochene Gebühr betrifft Entscheidungen, die in der Regel mehr als fünf Sonn- und Feiertage betreffen, einen erheblichen Prüfaufwand bedingen und einen erheblichen Gewinn für die Antragsteller bewirken. Das muss sich auch in der Gebühr niederschlagen. Im Einzelnen geht es dabei um die Prüfung der Wettbewerbssituation im Ausland, die Analyse von Produktionsbedingungen und die Abwägung des öffentlichen Interesses gegenüber den wirtschaftlichen Interessen des Betriebs.

In Ihrer Anfrage, Herr Abg. Blenke, gehen Sie davon aus, dass die Gebühr für Unternehmen mit 21 bis 200 Beschäftigten gilt. Das ist jedoch keineswegs der Fall. Bemessungsgrundlage ist vielmehr die Zahl der von Sonntagsarbeit betroffenen Arbeitnehmer. Die fraglichen Ausnahmebewilligungen kommen in der Regel erst dann in Betracht, wenn die zulässige werktägliche Arbeitszeit von 144 Stunden nahezu ausgeschöpft ist. Das bedeutet, dass in erster Linie Schichtbetriebe, die bereits rund um die Uhr arbeiten, zusätzlich noch die Möglichkeit erhalten, an Sonn- und Feiertagen mit 21 bis 200 Arbeitnehmern durchzuarbeiten. Allein der Gewinn durch die höheren Maschinenlaufzeiten ist dabei so enorm, dass die Berücksichtigung des Gewinnaspekts in der Gebühr unvermeidlich ist.

Bei der Gebührenbemessung wird jeweils die vom Antragsteller beantragte Zahl der Sonntagsbeschäftigten zugrunde gelegt. Für die korrekte Disposition zeichnet der Betrieb verantwortlich. Falls ein Betrieb die Sonntagsbeschäftigung von mehr Arbeitnehmern oder für einen längeren Zeitraum als tatsächlich eingesetzt beantragt, kann im Nachhinein keine Gebührenerstattung erfolgen. Ich glaube, das ist in dem angesprochenen Fall so gewesen.

Zu Teil b: Die von Ihnen gewünschte flexiblere Regelung für kleine und mittlere Betriebe, die nur für wenige Sonnund Feiertage eine Ausnahmebewilligung benötigen, ist bereits unter Nummer 2 der Gebührentabelle enthalten. Dort sind zum Beispiel nur 150 € vorgesehen, wenn 21 bis 200 Arbeitnehmer an einem Sonntag beschäftigt werden sollen. Die Gebühr würde 400 € betragen, wenn sie beispielsweise an fünf Sonntagen arbeiten sollten. Die Aufsichtsbehörden haben grundsätzlich die Möglichkeit, die Gebühren in Einzelfällen abzusenken, wenn eine besondere Sachlage dies als geboten erscheinen lässt.

Die Landesregierung vertritt die Auffassung, dass die Gebühren nach den Grundsätzen des Gebührengesetzes angemessen festgelegt wurden und auch ausreichend Spielraum für eine Berücksichtigung atypischer Besonderheiten bieten.

Die Landesregierung verfolgt aber auch das Ziel einer weitgehenden Entbürokratisierung bei den Bewilligungen nach dem Arbeitszeitgesetz. Zurzeit prüft das Sozialministerium die Möglichkeit, die derzeit noch im Gesetz vorgesehenen einfachen Bewilligungstatbestände wie Bewilligungen der Arbeit an bis zu fünf Sonntagen in die Verantwortung der

Unternehmen zu geben. Die Aufsichtsbehörden könnten sich dann auf die Nachprüfung beschränken, ob die Unternehmen den rechtlich vorgegebenen Rahmen einhalten. Damit würden die Betriebe und die Behörden entlastet. Voraussetzung dafür wäre allerdings die Änderung einer bundesrechtlichen Regelung. Ich hoffe, dass die Mehrheit der Bundesländer für dieses Ziel gewonnen werden kann. Dies überprüfen wir gerade.

Ich darf vielleicht noch anmerken: Der Betrieb hatte mehr beantragt, als er schließlich in Anspruch genommen hat. Das war der Hintergrund.

Eine Nachfrage, Herr Abg. Blenke.

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin, für diese sehr umfassende Antwort. Ich frage Sie: Wären Sie bereit – ich meinte, das bei Ihren Ausführungen „zwischen den Zeilen“ herausgehört zu haben –, die Besonderheiten dieses Falles, in dem es eben nicht um konkrete Gewinnerzielung und Umsatz geht, noch einmal wohlwollend einer Überprüfung zu unterziehen, wenn ich Ihnen diesen Fall noch einmal bilateral darlege?

Eine nochmalige wohlwollende Überprüfung kann ich Ihnen zusagen. Es ist aber so, dass im Nachhinein, wenn die Antragstellung eine andere war, Gebühren grundsätzlich nicht zurückerstattet werden. Das ist das Problem dabei. Aber ich werde noch einmal überprüfen lassen, ob vielleicht andere Tatbestände vorlagen.

Damit ist die Anfrage beantwortet.

Ich rufe die Mündliche Anfrage unter Ziffer 3 auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. R o l f G a ß m a n n S P D – U n t e r s t ü t z u n g d e r i m W e i t e r b e t r i e b g e f ä h r d e t e n h i s t o r i s c h e n S t a n d s e i l - u n d B e r g b a h n e n i n B a d e n - W ü r t t e m b e r g

Bitte sehr, Herr Abg. Gaßmann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung:

a) Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, den Erhalt der durch teure EU-Sicherheitsauflagen gefährdeten historischen Standseil- und Bergbahnen in BadenWürttemberg durch betreiberfreundliche Auflagengestaltung und Verlängerung der Umsetzungsfristen sowie durch finanzielle Zuschüsse auf Dauer zu sichern?

b) Welche konkreten Schritte wird die Landesregierung in dieser Angelegenheit im Einzelnen unternehmen, um die historisch bedeutsame Standseilbahn in Stuttgart-Süd zu erhalten?

Und ich füge noch hinzu: Betroffen ist meiner Kenntnis nach auch die historisch bedeutsame Standseilbahn in Heidelberg.

Das Wort zur Beantwortung erteile ich Herrn Staatssekretär Mappus.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Namens der Landesregierung beantworte ich die Anfrage des Abg. Gaßmann wie folgt:

Zu Frage a: Seilbahnen sind gemäß § 3 des Landesseilbahngesetzes so zu betreiben, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung und insbesondere Leben und Gesundheit nicht bedroht werden.

(Heiterkeit – Abg. Oelmayer GRÜNE: Das Seil- bahngesetz könnte man auch reformieren!)

Die allgemein anerkannten Regeln der Technik sind zu beachten. Das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg überwacht als technische Aufsichtsbehörde die Einhaltung dieser Verpflichtungen.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Hört, hört!)

In Anbetracht des tragischen Ereignisses in Kaprun wurden in Baden-Württemberg sämtliche Seilbahnen einer gutachterlichen brandschutz- und sicherheitstechnischen Überprüfung unterzogen. Die daraufhin vom Landesamt ergangenen Anordnungen orientieren sich an den Ergebnissen dieser Gutachten sowie am Stand der Technik, um einen sicheren Betrieb der Bahnen zu gewährleisten.

Eine betreiberfreundliche Auflagengestaltung kann sich ebenso wie die Festlegung der Umsetzungsfristen nur innerhalb dieses Sicherheitsrahmens bewegen. Soweit Standseilund Bergbahnen einen eindeutigen öffentlichen Nahverkehrscharakter besitzen, ist eine Förderung von Investitionen im Rahmen der GVFG-Förderung durch das Ministerium für Umwelt und Verkehr theoretisch denkbar. Eine spezielle Förderung zum Erhalt historisch bedeutsamer Seilbahnen durch das Land aus Mitteln für den Tourismus, den Denkmalschutz sowie das Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum wäre gegebenenfalls gleichfalls zu prüfen. Ich füge aber hinzu: Auch in diesem Bereich sollte man etwas mehr als bisher auch wirtschaftliche Gesichtspunkte beachten.

Zu Frage b: Die Betriebserlaubnis für die Standseilbahn zum Waldfriedhof ist gemäß der bestandskräftigen Anordnung des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau bis zum 30. Juni 2003 befristet. Um den Weiterbetrieb der Bahn zu ermöglichen, hat die Stadt Stuttgart ein schweizerisches Planungsbüro mit der Erarbeitung konkreter Umsetzungsvorschläge beauftragt. Die bisherigen Erkenntnisse einschließlich der Finanzierungsfragen werden derzeit zwischen der Stuttgarter Straßenbahnen AG und den Gremien der Stadt erörtert. Ein erstes Gespräch hinsichtlich einer möglichen GVFG-Förderung hat bereis im Januar dieses Jahres mit Vertretern der SSB beim Ministerium für Umwelt und Verkehr stattgefunden. Eine Förderung im Rahmen des GVFG ist nicht ausgeschlossen. Die Entscheidungen der städtischen Gremien und der SSB bleiben abzuwarten.

Eine Nachfrage, Herr Abg. Gaßmann.

Herr Staatssekretär, Sie haben als Grund für die Überprüfung das Seilbahnunglück von Kaprun angeführt. Ist der Landesregierung bekannt, dass die

Seilbahn in Stuttgart-Süd durch keinerlei Tunnel fährt, sondern über ein leicht abschüssiges Gelände, wo jederzeit ein Aussteigen möglich ist? Sind deswegen auch die Auflagen für den Betrieb dieser Bahn, die seit 75 Jahren unfallfrei fährt, entsprechend zu gestalten?

Auch uns ist bekannt, dann diese Bahn nicht durch einen Tunnel fährt.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU)

Uns ist im Übrigen auch bekannt, dass auch die Seilbahn in Kaprun nicht gerade wenige Jahre unfallfrei fuhr. Aber die Überprüfung unter Sicherheitsaspekten hat nicht nur die Frage der Tunnelführung beinhaltet. In Kaprun gab es noch andere Themenfelder, die es zu begutachten galt, zum Beispiel im Hinblick auf die Brandanfälligkeit die Frage, welche Materialien dort verwendet wurden. Es stellte sich generell die Frage nach den Fluchtwegen innerhalb und außerhalb von Tunneln und anderes mehr.

Insofern war es, wie ich glaube, wichtig und richtig, dass wir als Reaktion auf dieses schlimme Unglück sämtliche Sicherheitsaspekte bei allen Bahnen entsprechend begutachtet haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abg. Gaßmann.

Wie die Betreiber der Bahn sagen, liegt das große Problem darin, dass der neueste Stand der Technik mit einer – ich sage einmal so – historischen Bahn nicht unbedingt zu vereinbaren ist. Deswegen möchte ich noch fragen: Wird bei der Genehmigungspraxis berücksichtigt, dass es sich praktisch um museumsähnliche Bahnen handelt?

(Abg. Dr. Lasotta CDU: Ab nach Sinsheim ins Ei- senbahnmuseum!)

Herr Abgeordneter, dieses Problem wird selbstverständlich beachtet. Aber ich habe bei meinen Ausführungen ja ganz bewusst darauf hingewiesen, dass das Thema Historie nicht zulasten der Sicherheit gehen darf. Auch dann, wenn bei dieser Bahn sicher nicht der allermodernste Stand der Technik vom Ursprung her gewährleistet sein kann, darf es dennoch keine Lücken im Bereich der Sicherheit geben.

(Beifall der Abg. Dr. Inge Gräßle und Dr. Lasotta CDU)

Im Übrigen füge ich eines hinzu: Das größte Problem bei dieser Bahn ist nicht der Stand der Technik, sondern die Wirtschaftlichkeit.

Das Wort zu einer weiteren Zusatzfrage erhält Frau Abg. Berroth.

Herr Staatssekretär, habe ich Ihre Antwort auf die erste Nachfrage des Kollegen Gaßmann richtig verstanden: Obwohl es hier keinen Tunnel und keine schwierige Ausstiegslage gibt, waren trotzdem diese Kriterien für die Richtlinien maßgeblich?