Dritter Punkt: Sie haben das Thema „Rückforderung von Landeszuschüssen“ angesprochen. Da, denke ich, muss man in der Zukunft eine klare Aussage in den Richtlinien treffen. Aber Sie müssen, Herr Oelmayer, wenn Sie das jetzt so plakativ fordern, zwischen Vergangenheit und Zukunft trennen.
In der Vergangenheit können wir nichts mehr zurückfordern, aber in der Zukunft ist es, wenn eine entsprechende Klausel in einem Zuwendungsbescheid enthalten ist, gar kein Problem, eine Rückforderung vorzunehmen, wie es zum Beispiel das UVM bereits bei den Schienenfahrzeugen gemacht hat. Insofern, denke ich, wird es in Zukunft, wenn es um größere Projekte geht – es ist ja eigentlich immer nur bei Projekten von 100 Millionen € aufwärts die Rede davon, dass wir Cross-Border-Leasing machen –, solche Bestimmungen sicherlich geben.
Lassen Sie mich noch ein weiteres Thema anschneiden, weil in den letzten Tagen in den Medien immer wieder stand, in Amerika ändere sich das Gesetz. Natürlich muss man aufmerksam verfolgen, ob Amerika hier eine Änderung vornimmt. Wir kennen den Vorsitzenden des US-Senats zwar nicht persönlich, aber aus den Medien, und wir wissen, dass er entsprechende Initiativen ergriffen hat. Das hat er aber auch schon im Mai getan, war damals aber nicht erfolgreich. Wir müssen die Entwicklung in den USA sicherlich beobachten. Wenn dann von dort aus die Tür zugemacht wird, dann brauchen wir bei uns wahrscheinlich gar nicht mehr über dieses Thema zu reden.
Lassen Sie mich am Schluss zusammenfassend feststellen: Die CDU-Landtagsfraktion ist aufgrund der jetzigen akuten Sachlage der Auffassung, dass wir keine gesetzliche Regelung brauchen, sondern den Kommunen diese Freiheit belassen sollten. Wir befinden uns da in gutem Einklang – jetzt berufe ich mich einmal auf die SPD – nicht nur mit der SPD-Fraktion,
sondern auch mit den kommunalen Landesverbänden. Wir befinden uns da auch, wenn ich über die Grenzen von Baden-Württemberg hinausschaue, durchaus in guter Gesellschaft, was die anderen Bundesländer angeht.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie uns heute den Gesetzentwurf der Fraktion GRÜNE endgültig beerdigen,
hat er doch außer gutem Willen und dem Bemühen, eine von anderen Fraktionen schon lange vorher geführte Sachdiskussion auch innerhalb der Antragstellerfraktion zu führen, keine weitere Rechtfertigung. Das ist nicht polemisch gemeint, sondern bedeutet lediglich, dass wir, die SPDFraktion, eine eigene Anhörung zum Thema mit Befürwortern und Gegnern, Fachleuten, Bankexperten und der Rechtsaufsicht durchgeführt haben, die Anhörung der Grünenfraktion in NRW nachvollzogen haben und schließlich den bayerischen Gesetzentwurf geprüft haben. Das Ergebnis unserer intensiven Bemühungen lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Erstens: Die kommunale Selbstverwaltung als Verfassungsgrundsatz muss beachtet werden. Wir trauen den kommunalen Entscheidungsgremien zu, dass sie alle notwendigen Abwägungen kompetent und verantwortungsbewusst vornehmen und Wohl und Wehe ihrer Stadt oder ihres Kreises berücksichtigen können. Einer gesetzlichen Regulierung im Sinne eines Verbots bedarf es nach unseren bisherigen Erfahrungen nicht.
Zweitens: Es gibt gute Gründe, die Anwendung dieses kontinentüberschreitenden US-Steuersparmodells und diese Geldbeschaffung aus dem wirklich letzten Loch aus moralischen, rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Gründen abzulehnen. Das ist nachvollziehbar zur Risikovermeidung und zur Bewahrung künftiger Entscheidungsfreiheit. Zahlreiche Kommunalparlamente haben so entschieden ohne Verbot oder Eingriff der Rechtsaufsicht. Ich könnte mehr als ein Dutzend Gründe für die Ablehnung nennen. Wenn große Städte oder Stadtverbände Cross-Border-Leasing-Geschäfte abgeschlossen haben, haben sie aus ihrer Finanznot heraus nach jedem Strohhalm gegriffen und einen einmaligen Vorteil aus den steuerrechtlichen Systemunterschieden zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und Deutschland gezogen. Das ist dann kommunale Selbstbestimmung und gemeindliche Eigenverantwortung, in die wir nicht eingreifen wollen.
In diesen Tagen können wir lesen, dass in Amerika zum wiederholten Mal der parlamentarische Versuch unternommen worden ist, diesen angeblichen Steuermissbrauch – wie er in dem Geschäft, allein um eines steuerlichen Barwertvorteils willen ein Scheingeschäft dahin gehend zu machen, dass ohne echte Investition ein Hin-und-her-Leasinggeschäft stattfindet, liegt – durch den Gesetzgeber zu verbieten. Wenn dieses Bemühen erfolgreich sein sollte, wäre nichts dagegen einzuwenden. Dabei sind vorrangig die amerikanischen Steuerzahler betroffen, die derzeit für die Steuergeschenke der Bush-Regierung aufkommen müssen. Auf unseren Einsatz für die kommunale Selbstverwaltung hat das allerdings keinen Einfluss.
Voraussetzung – das ist mein dritter Punkt – für die Ablehnung des vorliegenden Gesetzentwurfs entsprechend der Empfehlung des Innenausschusses ist für uns auch, dass die Rechtsaufsicht beratend und verantwortungsbewusst tätig wird und dass die interessierte Kommune kompetenten juristischen und betriebswirtschaftlichen Rat in Anspruch nimmt. Dabei ist die gemeinsame Verwaltungsvorschrift
des sächsischen Finanz- und Innenministeriums vom Juli 2003 nach unserer Auffassung eine gute Grundlage für eine verantwortungsbewusste Behandlung derartiger Projekte auch durch unsere Rechtsaufsichtsbehörde.
Der Verzicht Bayerns auf ein gesetzliches Verbot, der auf kraftvolles Einfordern der dortigen kommunalen Spitzenverbände hin erfolgt ist, hat uns bei unserer Meinungsbildung durchaus bestärkt. Gesichtspunkte, die eine andere Haltung notwendig machen könnten, sind weder ersichtlich noch von den Antragstellern vorgetragen. Deshalb schließen wir uns der Empfehlung des Innenausschusses an und lehnen diesen Gesetzentwurf ab.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mindestens 150 deutsche Kommunen und Zweckverbände haben in den vergangenen Jahren Cross-Border-Leasing-Verträge abgeschlossen, haben also Vermögen an einen ausländischen Investor – in diesem Fall an einen US-amerikanischen – verkauft und es zur Nutzung zurückgeleast.
So übertrug die Bodensee-Wasserversorgung Anfang 2002 ihr gesamtes Leitungsnetz an US-amerikanische Investoren. Schon 1999 überschrieb die Stadt Stuttgart drei Kläranlagen an eine US-Tochter von Daimler-Chrysler. Auch Städte wie Aalen und Konstanz haben ihr Abwassernetz an US-Investoren vergeben. Der Trinkwasserverband AmmertalSchönbuch-Gruppe prüft zurzeit, ob er aus den USA frisches Geld beschaffen kann.
Zunächst einmal muss man ja fragen: Woher kommt eine solche Entwicklung? Wir stellen fest: Kapitalmärkte sind heute integrierte, offene Märkte. Das heißt, auch in anderen Bereichen finanzieren sich Privatleute und die öffentliche Hand auf den Kapitalmärkten weltweit.
Dass dabei auch komplizierte unterschiedliche Steuerrechtsregelungen in den einzelnen Ländern, zum Beispiel der Europäischen Union und grenzübergreifend eben auch der Vereinigten Staaten von Amerika oder anderer Volkswirtschaften, mit zu berücksichtigen sind, macht die Sachlage nicht einfacher.
Die FDP/DVP-Fraktion ist der Auffassung, dass sich die Haushaltspolitik der Gemeinden, der Städte, der Kreise und der kommunalen Zweckverbände daran orientieren sollte, nur so viel Geld auszugeben, wie vorhanden ist. Es sollte nicht versucht werden, mit immer neuen Finanzierungstricks und Finanzierungsmöglichkeiten die Probleme der öffentlichen Hand in die Zukunft zu verschieben. Das ist unsere grundsätzliche Auffassung.
Wir haben auch eine grundsätzliche Skepsis gegenüber Cross-Border-Leasing-Verträgen; diese Skepsis ist angebracht. Wenn man solche Verträge eingeht, muss man sehr genau prüfen, worauf man sich einlässt. Denn es handelt sich mit Sicherheit um ein Finanzierungsinstrument, das mit Risiken verbunden ist.
Wir sind andererseits als Anhänger der kommunalen Selbstverwaltung durchaus der Meinung, dass diese Entscheidung in der Hand der kommunalen Gremien verbleiben sollte, die natürlich auch einer Prüfung durch die Rechtsaufsichtsbehörden unterliegen. Insofern ist das Land über das Innenministerium, die Regierungspräsidien und die Landkreise bei der Prüfung der entsprechenden Cross-Border-Leasing-Verträge beteiligt.
Meine Damen und Herren, ich denke, es gibt genügend Beispiele im Land Baden-Württemberg, die beweisen, dass die kommunale Selbstverwaltung und auch die demokratische Kontrolle funktionieren. Die Bürger in den Kommunen haben ein vitales Interesse an solchen Entscheidungen. Es sei nur daran erinnert, dass vor kurzem heftige Bürgerproteste den Versuch verhinderten, das Frankfurter U-Bahn-Netz zu verpachten bzw. zu verkaufen und zurückzupachten, und der Reutlinger Gemeinderat stoppte im Juli das Vorhaben, ein Leasing der städtischen Abwasseranlagen umzusetzen. Sie sehen also, die kommunale Selbstverwaltung funktioniert.
Wir als FDP/DVP-Fraktion sind allerdings offen für eine Regelung, die den Kommunen zwar die Entscheidung über das Cross-Border-Leasing überlässt, sie aber dazu zwingt, aus dem Barwertvorteil erzielte Mittel zumindest zur Hälfte in eine Risikorücklage einzustellen, sodass auch deutlich wird, dass hier ein risikobehaftetes Geschäft abgeschlossen wird. Man könnte sich aber auch vorstellen, diese Mittel zur Schuldenreduzierung zu benutzen, sodass im Fall eines Schadens dieser Schaden über eine Verschuldung finanziert werden könnte.
Im Moment halten wir eine gesetzliche Regelung nicht für erforderlich. Wir sind aber der Meinung, dass die Entwicklung dieser Geschäfte genau beobachtet werden muss. Ich denke, dass auch sehr viel von der Einschätzung der Rechtsaufsichtsbehörde – in diesem Fall federführend das Innenministerium – abhängt, ob sie die rechtlichen Risiken, die die Gemeinden hier eingehen, noch für überschaubar hält oder nicht. Ich denke, dass die bisherige Praxis zeigt, dass diese rechtlichen Risiken noch überschaubar sind. Deshalb sehen wir im Moment jedenfalls keinen gesetzlichen Regelungsbedarf und sind, was den Inhalt des Gesetzentwurfs der Fraktion GRÜNE angeht, nicht der Meinung, dass man es so wie hier vorgeschlagen regeln sollte. Deshalb werden wir diesen Gesetzentwurf ablehnen, meine Damen und Herren.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Jetzt haben Sie, Herr Kollege Oelmayer, dieses hohe Haus, Ihre eigene Fraktion und den Innenausschuss mit dem Thema Cross-Border-Leasing genügend beschäftigt, glaube ich.
(Abg. Oelmayer GRÜNE: Und darüber hinaus! – Heiterkeit – Abg. Birzele SPD: Den Ulmer Ge- meinderat!)
Die Diskussion kann man doch, denke ich, mühelos so zusammenfassen: Wir sind uns alle darüber im Klaren, dass dies schon eine etwas ungewöhnliche und nicht ungefährliche Finanzierungsart ist. Deshalb gibt sich ja auch die Rechtsaufsicht, die Kommunalabteilung im Innenministerium, alle Mühe, dafür zu sorgen, dass diese Finanzierungsart noch beherrschbar bleibt. Wir haben bisher die Erfahrung gemacht, dass die Kommunen diese Finanzierungsart ja auch meistern.
Der entscheidende Punkt – er ist angesprochen worden – ist doch die Frage, ob der Landesgesetzgeber hergehen und eine solche Finanzierungsart verbieten soll. Da sind mit Ausnahme Ihrer Person und vielleicht noch von Teilen Ihrer Fraktion alle in diesem hohen Hause der Auffassung, dies wäre über das Ziel hinausgeschossen.
(Abg. Kretschmann GRÜNE: Die Fraktion steht mit überwältigender Mehrheit hinter dem Kollegen Oelmayer, um keine Zweifel aufkommen zu las- sen!)
(Abg. Oelmayer GRÜNE: Was meinen Sie, was los wäre, wenn ich allein einen Gesetzentwurf einbrin- gen würde? – Abg. Birzele SPD: Was ist bei Ihnen eine überwältigende Mehrheit? 6 : 4? – Gegenruf des Abg. Kretschmann GRÜNE: 80 %!)
Kurzum: Wir sind mit großer Mehrheit der Auffassung, dass es über das Ziel hinausgeschossen wäre. Das müssen Sie jetzt, Herr Kollege Oelmayer, einfach zur Kenntnis nehmen: Wir haben in einer sorgfältigen ersten Lesung und in einer ausführlichen Ausschusssitzung alle Argumente hin und her gewendet und abgewogen. Ich glaube, dem allem ist nichts mehr hinzuzufügen.
Wir kommen zu dem Ergebnis: Wenn die kommunale Seite mit dem entsprechenden Sachverstand, den sie sich eben einkaufen muss, solche Verträge abschließt, ist dies, auch wenn man selber von der Finanzierungsart nicht überzeugt ist, noch hinnehmbar und muss nicht durch ein Gesetz verboten werden. Deshalb sind wir als Landesregierung ebenso wie die große Mehrheit hier im Haus der Auffassung, dass Ihr Gesetzentwurf abzulehnen ist.
Meine persönliche Bitte ist, nachdem das Jahr 2003 mit Riesenschritten zu Ende geht: Beschäftigen Sie uns nicht gleich wieder im nächsten Jahr mit diesem Thema. Es ist jetzt genügend darüber gesprochen worden.
Wir kommen daher in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf. Der Innenausschuss empfiehlt Ihnen auf der Drucksache 13/2692, den Gesetzentwurf abzulehnen.
Ich bitte, damit einverstanden zu sein, dass ich über den Gesetzentwurf insgesamt abstimmen lasse. – Das ist der Fall.