Politisches Fazit, meine Damen und Herren: Trittin und die Grünen haben in den letzten Tagen eine gewaltige Niederlage einstecken müssen. Clement hat der Wirtschaft bedingt geholfen. Er ist in erster Linie den Standortinteressen Nordrhein-Westfalens gefolgt.
Die Klimaschutzpolitik der Bundesregierung ist insgesamt ins Wanken geraten und ist in Auflösung begriffen. Denn Clement hat bei dieser Gelegenheit gesagt, es müsse auch einmal über die Vereinbarkeit des EEG auf der einen Seite mit dem Emissionshandel auf der anderen Seite gesprochen werden, eine Fragestellung, die grundsätzlich berechtigt ist. Sie werden sich erinnern, dass wir seinerzeit gesagt haben: Besser als das EEG wäre eigentlich ein Quotenhandelsmodell. Dann würden nämlich diese beiden Systeme zusammenpassen, und wir hätten eine ähnliche Effizienz angelegt – im Unterschied zu einem Subventionsmodell, wie das beim EEG der Fall ist.
Clement sagt, es müsse eine Überprüfung auf Effizienz und Vereinbarkeit mit dem Emissionshandel stattfinden. Zum Zweiten – man höre und staune; man wollte es kaum glauben – stellt er mittlerweile die Ökosteuer in Zweifel. „Guten Morgen im Club!“, kann ich nur sagen! Diesen Zweifel haben wir schon lange.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Hofer FDP/DVP: Betretenes Schwei- gen! – Abg. Ursula Haußmann SPD: „Willkommen im Club!“ heißt das!)
Der Ausstieg aus der Kernkraft bleibt klimaschutzpolitisch eine Fehlentscheidung. Die Interessen der deutschen Wirtschaft sind durch diese politisch motivierte, gezielte Investitionslenkung tangiert und verletzt.
Das Verfahren der Aufstellung des Nationalen Allokationsplans war extrem kurz, war nicht transparent, hat die Beteiligten bislang nicht einbezogen. Insofern muss man sagen: Ein vermeintliches Highlight von Rot-Grün, nämlich die Klimaschutzpolitik, hat sich in der Sache zu einem Rohrkrepierer und zu einer erheblichen Belastung für Rot-Grün entwickelt. Nicht nur das Koalitionsklima hat bei Ihnen gelitten, sondern das Klima hat insgesamt gelitten.
Es ist schon interessant, dass bereits am heutigen Tag – das ist vorhin schon erwähnt worden – wieder das Übliche der Berliner Politik stattfindet. So werden, noch bevor die Geschichte überhaupt in Gang gesetzt worden ist, von den eigenen Abgeordneten, also von Rot-Grün, schon wieder die ersten Korrekturwünsche auf den Tisch gelegt. Das ist die Politik des Nachbesserns. Ich würde Ihnen empfehlen: Machen Sie von vornherein die richtige Politik, dann brauchen Sie nichts nachzubessern.
(Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Wieser: Der Bo- ris! Dieser Name von dem Intellektuellen Boris Be- cker!)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es enttäuscht etwas, dass der Minister so wenig zur Rolle der Landesregierung gesagt hat. Ich will nur zwei Punkte nennen.
Was den Vollzug des Emissionshandels angeht – das ist eine Große Anfrage, die hier debattiert wird –, hat er sich nicht dazu geäußert, warum Baden-Württemberg die Aufgabe, das zu administrieren, an den Bund abdrücken will und damit zu mehr Bürokratie beiträgt, weil jetzt der Bund und das Land parallel solche Anlagen überwachen müssen. Wir halten das für groben Unfug und für völlig unverständlich im Rahmen der Föderalismusdebatte.
Zweiter Punkt: Die Landesregierung betreibt Schönfärberei. In der Antwort auf die Große Anfrage wird davon gesprochen – der Herr Minister hat es heute wiederholt –, die baden-württembergische Industrie sei wegen der Tätigkeit der Landesregierung bestens auf den Emissionshandel vorbereitet. Nach einer kürzlich veröffentlichten Studie der Fraunhofer-Gesellschaft sagen 50 % der 183 Betreiber mit insgesamt 257 Anlagen in Baden-Württemberg, sie seien schlecht informiert; 70 % haben keinen Verantwortlichen für den Emissionshandel benannt, und 80 % haben noch nicht einmal ermittelt, welche Reduktionspotenziale es in ihrem Betrieb gibt. Meine Damen und Herren, da ist bei Ihnen schon noch Beratungstätigkeit gefragt,
Zu den generell vorgetragenen Punkten. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass die Landesregierung vor einer Woche ihre so genannten Verbesserungsvorschläge zu dem Nationalen Allokationsplan vorgestellt hat. Sie bestehen im Wesentlichen aus drei Punkten:
Erstens: Atomkraftwerke länger laufen lassen, also Klimaschutz durch Atommüll. Herzlichen Dank für diesen Vorschlag! Zweitens: Bedarfsgerechte Zuteilung der Zertifikate, das heißt, gar keine Reduktionsverpflichtungen für die Wirtschaft, sondern Ausstattung nach Bedarf. Und drittens: Neue Kohlekraftwerke sollen kostenlos mit Emissionszertifikaten ausgestattet werden. Sie haben es an dem Beispiel der Braunkohle wiederholt. Klimaschutz ohne Einsparungen bei der Industrie, durch neue Kohlekraftwerke und durch längere Laufzeiten für Atomkraftwerke – Ihre Klimaschutzprogramme sind nun wirklich nicht wählbar! Vielen Dank für diesen Unsinn!
Letzter Punkt – Herr Minister Müller, es überrascht mich, dass Sie das offenbar nicht durchschaut haben, denn gewöhnlich sind Sie ein scharfer Analytiker –: Der Ausstieg aus der Atomenergie wird mehr Emissionen im Energiesektor verursachen. Das ist uns bewusst.
(Abg. Scheuermann CDU: Das sagen Sie heute aber zum ersten Mal! Da sagt Herr Witzel immer etwas anderes!)
Dabei handelt es sich um ein Volumen von vielleicht 20 Millionen oder 25 Millionen Tonnen. Das ist uns bewusst, Herr Scheuermann. Deswegen, Herr Kollege Scheuermann, ist der Deckel von 503 Millionen bzw. 495 Millionen Tonnen für die Wirtschaft eben doch anspruchsvoll, weil sie diese Höchstmenge einhalten muss – das ist jetzt beschlossen – und daher die Mehremissionen durch den Atomausstieg aufgefangen werden. Aus diesem Grund glaube ich, dass das Ergebnis insgesamt dem Klimaschutz dient.
(Abg. Scheuermann CDU: Es wehrt sich doch nie- mand gegen den Deckel, sondern nur gegen die Verteilung! Das ist doch nicht das Problem!)
Die Festlegung des Deckels garantiert uns, dass wir sowohl die Kioto-Ziele erreichen als auch den Atomausstieg bewerkstelligen. Da müssen Sie, glaube ich, noch verständnismäßig nacharbeiten.
(Beifall bei den Grünen – Abg. Scheuermann CDU: Jetzt haben Sie aber glänzend um den heißen Brei geredet! Euch geht es noch schlechter als de- nen, solange sie bei uns in der Koalition waren!)
Frau Präsidentin, ich weiß. Trotzdem können die beiden Punkte, die in der Antwort der Landesregierung beantwortet sind, jetzt aber vom Kollegen Palmer als offen dargestellt wurden, so nicht stehen bleiben.
Die erste Frage war, warum die Lösung beim Vollzug angeboten wird. Es ist in der Antwort der Landesregierung klar ausgeführt, dass es sich nicht um eine technische Anlagenüberprüfung handelt, sondern um eine Art Bilanzprüfung. Das sind zwei grundverschiedene Dinge. Es bringt keine zusätzlichen bürokratischen Hemmnisse für den Vollzug mit sich, wenn das zwei unterschiedliche Stellen machen.
Meine Damen und Herren, darf ich um mehr Ruhe bitten. Bitte verlegen Sie die Unterhaltungen nach draußen.
Durch die Glocke. – Nur noch ein letzter Punkt: Zu dem angeblich geringen Informationsgehalt der vom Bund zur Verfügung gestellten Informationen weise ich nur darauf hin, dass nach Informationsdefiziten
von Bundesseite aus die UMEG eine Telefonhotline eingerichtet hat und den Betrieben in Baden-Württemberg Informationen auf Software zur Verfügung gestellt hat. Davon zu sprechen, dass sich die baden-württembergischen Betriebe nicht informiert gefühlt hätten und dass daran die Landesregierung schuld sei, ist genauso eine Ablenkung wie die ganzen Beiträge von Ihrer Seite zu diesem Tagesordnungspunkt.
Erstens: Bundeszuständigkeit. Wir wollen – so der Antrag im Bundesrat – die volle Länderzuständigkeit. Der Bund will die volle Bundeszuständigkeit. Wir drücken nicht ab, sondern der Bund hat über das TEHG die volle Bundeszuständigkeit für sich beansprucht.
Zweitens: Der Informationsbedarf der Wirtschaft ist hoch. Wir haben getan, was wir haben tun können. Aber das, was sich in Berlin in den letzten Tagen und Wochen ereignet hat, hat die Wirtschaft natürlich hochgradig verunsichert. Dass man vor diesem Hintergrund nicht mehr weiß, wo hinten und vorn ist, und deswegen einen Informationsbedarf hat, ist klar.
Drittens: Sie sprechen davon, wir wollten der Wirtschaft keine Reduktionsverpflichtungen auferlegen. Ich weiß nicht, woher Sie das haben. Wir haben gesagt, in der ersten Phase solle es im Wesentlichen bedarfsgerecht sein, aber in der zweiten Phase solle es entsprechend deutlich sein.
Wir wollten 499 Millionen Tonnen; herausgekommen sind 503 Millionen Tonnen. Das heißt, an dem Punkt, an dem Trittin nachgeben musste, ist er hinter unserer Forderung zurückgeblieben.
Und viertens: Sie sprachen davon, die Kohle sei nach unseren Vorstellungen privilegiert worden. Wir haben uns gegen etwas anderes gewandt: Wir haben gesagt, dass nicht das Erdgaskraftwerk die Messlatte sein kann, weil wir sonst einen einzigen Energieträger als Messlatte für alles nähmen, sondern wir wollen eine „brennstoffbezogene Benchmark“. Das heißt, innerhalb Erdöl, innerhalb Erdgas, innerhalb Steinkohle und innerhalb Braunkohle sollen die jeweils besten Kraftwerke sozusagen die Messlatte bieten. Das war unsere Position.
Das, was wir jetzt tatsächlich erreicht haben, ist eine Privilegierung von Steinkohle und Braunkohle durch Clement. Das ist die Realität.