Protokoll der Sitzung vom 01.04.2004

lautet: „Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes“. – Sie stimmen dieser Überschrift zu.

Wir kommen zur

S c h l u s s a b s t i m m u n g

Wer dem Gesetz im Ganzen zustimmen möchte, den bitte ich, sich zu erheben. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dem Gesetz wurde mehrheitlich zugestimmt.

Ich lasse nunmehr über den Gesetzentwurf der Fraktion GRÜNE, Drucksache 13/2837, abstimmen. Abstimmungsgrundlage ist wiederum die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Schule, Jugend und Sport, Drucksache 13/3071. Der Ausschuss für Schule, Jugend und Sport empfiehlt Ihnen in Ziffer 2 dieser Beschlussempfehlung, den Gesetzentwurf abzulehnen.

Kann ich den Gesetzentwurf im Ganzen zur Abstimmung stellen? – Das ist der Fall.

Wer dem Gesetzentwurf der Fraktion GRÜNE, Drucksache 13/2837, zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf wurde mehrheitlich abgelehnt.

Wir haben noch über Ziffer 3 der Beschlussempfehlung Drucksache 13/3071 abzustimmen. Sie stimmen der Ziffer 3 zu? – Dagegen erhebt sich kein Widerspruch. Es ist so beschlossen.

Nach § 100 unserer Geschäftsordnung erhält Frau Abg. Rudolf das Wort für eine Erklärung zur Abstimmung.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte vor allem nach den Ausführungen, die Herr Kretschmann gerade gemacht hat, noch einmal

ausdrücklich betonen, dass ich beiden Gesetzesvarianten, die heute zur Abstimmung gestellt waren, nicht zugestimmt habe.

Ich bin mit Ihnen allen in dem Ziel einig, dass wir unsere Schüler und Schülerinnen an baden-württembergischen Schulen vor Fundamentalismus schützen müssen. Ich halte aufgrund meiner Erziehung und meines Aufwachsens in einem abendländischen Land mit christlichen Traditionen das Kopftuchtragen von Frauen für ein Zeichen von Diskriminierung.

Ich bin aber nach der intensiven Beschäftigung mit diesem Thema, vor allem in der Jugendenquetekommission, der tiefen Überzeugung, dass wir es heutzutage auch in BadenWürttemberg mit einer Jugend zu tun haben, die sehr wohl um die Probleme unserer Gesellschaft weiß. Das betrifft zum Beispiel das Thema Arbeitslosigkeit. Kinder und Jugendliche haben Angst, später keine Rente zu bekommen. Ich bin der Überzeugung, dass auch die Angst vor Fundamentalismus, die unsere Gesellschaft umtreibt, in den Köpfen von Kindern und Jugendlichen ein Thema ist.

Deswegen halte ich es nicht für eine Schutzfunktion, dieses Thema aus der Schule in irgendeiner Form ausklammern zu wollen. Vielmehr bin ich der tiefen Überzeugung, dass wir unsere Kinder und Jugendlichen an baden-württembergischen Schulen – gerade an diesem Ort – darin stärken müssen, ihre eigene Meinung zu finden und sie kritisch vertreten zu können.

Die SPD-Fraktion bemüht sich in diesem Haus schon seit langem, die Schule als Lebensraum zu definieren und Lernsituationen herbeizuführen, die näher am Leben sind. Fundamentalismus und Angst vor Fundamentalismus – vor islamischem, aber auch vor anderem – sind Themen, die unsere Gesellschaft umtreiben. Deswegen müssen sie meines Erachtens in der Schule besprochen werden und dürfen nicht ausgeklammert werden.

Es gibt noch einen zweiten Grund, der mich dazu bewogen hat, diesen Gesetzentwürfen nicht zuzustimmen. Gerade die deutsche Geschichte zwingt uns dazu, sehr genau darüber nachzudenken, welche Funktion Autoritäts- und Respektspersonen vor Kindern in unserer Gesellschaft haben. Ich halte es für falsch, Kindern darzustellen und vorzumachen, dass die Person, die vor ihnen in der Klasse steht, eine neutrale Person ist. Jede Person, die vor anderen Menschen redet und handelt, bringt einen Teil ihrer eigenen Grundüberzeugung ein.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Das ist richtig!)

Deswegen halte ich es für geboten, unsere Kinder und Jugendlichen an den baden-württembergischen Schulen in einem kritischen Diskurs zu begleiten und anzuhalten, der Person, die als Lehrkraft vor ihnen in der Klasse steht, Respekt entgegenzubringen, aber sie auch in die Lage zu versetzen, eine eigene, davon unabhängige Meinung zu vertreten, und sie, wenn es sich um Mädchen aus islamischgläubigen Familien handelt, darin zu stärken, diese Haltung auch im Elternhaus zu vertreten.

Vielen Dank.

Ebenfalls nach § 100 der Geschäftsordnung erhält Frau Abg. Dederer das Wort.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte eine kurze Erklärung zur Abstimmung abgeben. Ich tue das auch im Namen des Kollegen Thomas Oelmayer aus meiner Fraktion.

Wir haben dem Gesetzentwurf der Landesregierung nicht zugestimmt, weil wir davon überzeugt sind, dass das Neutralitätsgebot des Staates, das in unserer Verfassung ja unzweifelhaft steht,

(Zuruf des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

nur durch eine laizistische Lösung garantiert und umgesetzt werden kann,

(Zuruf der Abg. Dr. Inge Gräßle CDU)

die Lehrerinnen und Lehrern das Tragen von religiösen Symbolen jeglicher Art untersagt.

Der zweite Grund ist: Wir sehen den Gleichheitsgrundsatz verletzt, wenn das eine religiöse Symbol erlaubt wird und das andere religiöse Symbol verboten wird.

Wir haben auch den Gesetzentwurf, den unsere Fraktion mehrheitlich eingebracht hat, nicht mitgetragen. Das geht auf zwei Gründe zurück: Zum einen stehen wir der Verlagerung des Konflikts in die Schulen sehr kritisch gegenüber. Zum anderen – das ist für uns beide der Hauptgrund gewesen – befürchten wir, dass eine Einzelfallprüfung letztlich zu einer Gewissensprüfung führen wird, und auch sie ist durch unser Grundgesetz eindeutig untersagt.

Vielen Dank.

Damit ist Punkt 1 der Tagesordnung erledigt.

Ich weise noch darauf hin, dass Punkt 2 der Tagesordnung abgesetzt ist.

Wir treten jetzt in die Mittagspause ein und setzen die Sitzung um 14:00 Uhr mit Punkt 4 der Tagesordnung fort.

(Unterbrechung der Sitzung: 12:24 Uhr)

(Wiederaufnahme der Sitzung: 14:02 Uhr)

Meine Damen und Herren, wir setzen die unterbrochene Sitzung fort.

Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:

Fragestunde – Drucksache 13/3056

Ich rufe die Mündliche Anfrage unter Ziffer 1 auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. T h o m a s O e l m a y e r G R Ü N E – K a l k s c h a c h t o f e n i n B l a u s t e i n - H e r r l i n g e n

(Stellv. Präsidentin Christa Vossschulte)

Herr Abg. Oelmayer, würden Sie bitte Ihre Anfrage verlesen.

(Minister Dr. Palmer: Oh, der Oeli! – Abg. Heike Dederer GRÜNE: Jetzt sind wir gespannt!)

Aber selbstverständlich. – Im Zusammenhang mit dem Kalkschachtofen in BlausteinHerrlingen habe ich zwei Fragen an die Landesregierung:

a) Sind die öffentlichen Bekundungen des Vorsitzenden des Zweckverbands „Wasserversorgung Ulmer Alb“ zutreffend, wonach in dem von der Firma Märker in BlausteinHerrlingen geplanten Kalkofen als Sekundärbrennstoff ein Abfallprodukt aus der chemischen Industrie aus Italien wie in einer von derselben Firma in Nördlingen betriebenen Anlage eingesetzt werden soll?

b) Ist es des Weiteren zutreffend, dass bereits vor vier Jahren ein zur Wasserversorgung genutzter Tiefbrunnen vom Zweckverband „Wasserversorgung Ulmer Alb“ abgeschaltet wurde, um die vom Kalkabbau ausgehenden Gefahren für die Wasserversorgung auszuschließen?

Das Wort zur Beantwortung der Anfrage erhält Herr Staatssekretär Mappus.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Namens der Landesregierung beantworte ich die Anfrage des Abg. Oelmayer wie folgt:

Zu a: Soweit hier bekannt, wurde durch das Landratsamt Donau-Ries eine Genehmigung zum Einsatz von Ersatzbrennstoffen für das Werk der Firma Märker in Harburg/ Bayern erteilt. Der Ersatzbrennstoff, der dort eingesetzt wird, soll aus einem Werk der chemischen Industrie in Italien stammen. Ob in der geplanten Anlage in Blaustein-Herrlingen ähnliche Ersatzbrennstoffe eingesetzt werden sollen, kann erst nach Vorliegen der vollständigen Antragsunterlagen beurteilt werden.

Zu b: Der Brunnen Ehrenstein wurde vor vier Jahren außer Betrieb genommen. Der Grund waren Verunreinigungen mit dem Pflanzenschutzmittelwirkstoff Atrazin, die eine weitere Nutzung des Brunnens für die öffentliche Trinkwasserversorgung nicht zuließen. Bei einem weiteren Betrieb des Brunnens hätte eine Beeinträchtigung durch den beabsichtigten Untertageabbau der Firma Märker allerdings nicht ausgeschlossen werden können. Deswegen hat sich die Vorgängerin der Firma Märker, die Firma Weißkalk, bereit erklärt, die durch die Aufgabe des Brunnens Ehrenstein erforderliche Erschließung eines anderen Wasservorkommens mitzufinanzieren. Eine entsprechende Vereinbarung zwischen dem Zweckverband „Wasserversorgung Ulmer Alb“ und der Firma Weißkalk wurde abgeschlossen.

Eine Zusatzfrage, Herr Abg. Oelmayer, bitte sehr.

Ich hätte noch zwei Zusatzfragen.