Protokoll der Sitzung vom 06.10.2004

Herr Minister, gestatten Sie noch Nachfragen der Herren Abg. Dr. Witzel und Drexler?

(Minister Pfister schüttelt den Kopf. – Zurufe von der CDU: Nein! – Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Dann müssen Fragen unbeantwortet bleiben! Der Minis- ter weiß nicht Bescheid und scheut sich vor Fragen der Abgeordneten! – Zuruf von der SPD: Er war früher sportlicher! – Weitere Zurufe – Unruhe)

Dann erteile ich Herrn Abg. Hauk das Wort für das Schlusswort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit unserer Großen Anfrage zum Thema „Stromversorgung in Baden-Württemberg“ wollten wir in der Tat die Frage der Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft in unserem Bundesland mit Strom stellen.

Herr Kollege Witzel, das hat zunächst einmal nichts mit Autarkiebestrebungen zu tun, sondern damit, dass wir in den nächsten Jahren und Jahrzehnten einerseits eine größtmögliche Sicherheit für die Bevölkerung bei der Stromproduktion gewährleisten wollen, andererseits aber für den Wirtschaftsstandort Nummer 1 in Deutschland auch eine größtmögliche Energieversorgungssicherheit garantieren müssen. Es ist Aufgabe der Politik, hierzu die möglichen und notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen.

Das lässt sich nicht einfach auf die Frage reduzieren: „Kernenergie – ja oder nein?“ Aber zweifelsohne spielt die Kernenergie dabei eine große Rolle. Herr Kollege Witzel, Sie können dabei nicht einfach alle ökonomischen und physikalischen Grundregeln außer Kraft setzen

(Heiterkeit der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Doch, er kann es!)

oder sie jeweils so zurechtbiegen, wie Sie sie gerade brauchen.

(Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Habe ich auch nicht ge- macht!)

Einerseits sagen Sie, wir brauchen mehr Internationalität. In Ordnung! Ich erinnere an frühere Debatten, als wir vorausgesagt haben – was jetzt offensichtlich Ihre Position ist –, dass wir künftig Strom importieren müssen. Es ist Ihnen vollkommen wurst – und das ist eigentlich das Heuchlerische –, wo der Strom herkommt und wie er produziert wird. Das ist Ihnen vollkommen egal, weil Sie nur Ihre Ideologie bei uns in Deutschland, in unserem Land durchsetzen wollen. Das ist der Punkt.

(Beifall bei der CDU – Abg. Boris Palmer GRÜ- NE: Was sollen diese pauschalen Unterstellungen?)

Das ist die Heuchelei, die dahinter steckt. Es schert Sie einen Dreck, ob in Fessenheim Atomstrom produziert wird. Das kümmert Sie überhaupt nicht.

(Abg. Stickelberger SPD: Kümmern Sie sich um Baden-Württemberg, da haben Sie genug zu tun! – Gegenruf des Abg. Fleischer CDU)

Fragen Sie doch bei Ihnen in der Region, in Südbaden. Dort wird das Thema derzeit wieder hochgekocht –

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Ihr seid dort gegen die Atomkraft, wo Atomkraftwerke in der Nähe sind! Das ist in Benken dasselbe! Wenn einer heu- chelt, dann sind Sie es!)

meines Erachtens ein Stück weit zu Recht. – Nein, Herr Kollege Kretschmann. Es gibt ein paar ökonomische und physikalische Grundregeln, die Sie nicht vernachlässigen können.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Hauk, gestatten Sie Zwischenfragen der Herren Abg. Dr. Witzel und Palmer?

Keine Überfälle. Aber bitte schön, Herr Dr. Witzel.

Herr Kollege Hauk, können Sie mir bestätigen, dass wir Grünen uns massiv dafür eingesetzt haben, dass die Stromart demnächst auf der Stromrechnung gekennzeichnet wird und dass jeder Kunde auf seiner Stromrechnung sehen kann, wie viel Atomstrom dabei ist? Erst dann besteht tatsächlich die Möglichkeit, auf einen hohen Atomstromanteil zu reagieren.

Uns ist es keineswegs egal, woher der Strom kommt, sondern wir wollen den Kunden die Möglichkeit geben, sich für oder gegen Atomstrom zu entscheiden.

Herr Kollege Witzel, Sie diskutieren am Thema vorbei.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Überhaupt nicht!)

Sie sagten vorhin: Internationalität brauchen wir.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Quatsch!)

Ja, natürlich! Das war vorhin Ihre Aussage! Das war vorhin Ihre Aussage:

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Liberalisierung des Strommarkts!)

Liberalisierung ja, Internationalität.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Wollen Sie wieder Planwirtschaft?)

Jetzt, wenn es wahr wird – und es wird wahr werden –, machen Sie einen großen Rückzieher. Das funktioniert nicht!

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Wollen Sie jetzt wie- der Sozialismus beim Strom? – Heiterkeit des Abg. Fleischer CDU – Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Palmer.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Planwirtschaft und Staatswirtschaft!)

Kein Mensch will das!

Herr Abg. Palmer.

Herr Kollege Hauk, was wollen Sie mit der pauschalen Unterstellung, den Grünen wäre es wurst, wo der Strom herkommt, erreichen? Glauben Sie, dass das irgendetwas zu einer sachlich fundierten Auseinandersetzung zwischen Ihnen und uns beiträgt?

(Abg. Fleischer CDU: Nein! Das zeigt die Unsach- lichkeit von Ihnen!)

Herr Kollege Palmer, das Problem ist, dass Sie eigentlich unter gewissen psychischen Verdrängungsmomenten leiden.

(Zuruf von der CDU: Tunnelblick!)

Sie verdrängen die Probleme, weil Sie sagen: Wir lösen das Problem hier in Deutschland. Da machen wir das.

(Abg. Kretschmann GRÜNE Ist das eine Psycholo- giestunde?)

Ja, so ist es. Sehen Sie, das ist Tiefenpsychologie. Sie verdrängen die Probleme hier und meinen, dann würde es schon irgendwo ins Lot kommen. Die Marktwirtschaft wird es schon regeln.

(Abg. Drexler SPD meldet sich zu einer Zwischen- frage. – Glocke des Präsidenten)

Herr Präsident, meine Damen und Herren, zwei – –

(Abg. Kretschmann GRÜNE: „Auf das Sofa zum Hauk!“ heißt es dann! – Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Hauk, es gibt noch eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Drexler.

(Zuruf des Abg. Kretschmann GRÜNE)

Herr Kollege Drexler.

Bitte schön, Herr Drexler.

Herr Kollege Hauk, erklären Sie uns doch einmal, warum der Stromkunde in Stuttgart pro Jahr im Schnitt 100 € mehr bezahlen muss als der Stromkunde in Norddeutschland. Das würde mich interessieren. Würden Sie die Netzstromkosten bitte einfach einmal auflisten? Das ist das Erste.

Zweitens: Liegt das nicht daran, dass die Landesregierung als einzige Landesregierung die Genehmigung der Strompreise in Baden-Württemberg abgeschafft hat? Das ist nämlich der eigentliche Anlass, warum die Strompreise in Baden-Württemberg neben ein paar anderen Ländern so hoch sind. Aber vielleicht fällt Ihnen noch ein anderes Argument ein.