Protokoll der Sitzung vom 25.06.2014

Werter Herr Kollege, ich glaube, Sie verwechseln da etwas. Sinnvoll ist nicht ein gene relles Verbot überall – zu diesem Punkt komme ich noch –, sondern es geht zunächst einmal darum, Fracking in Wasser schutzgebieten generell zu verbieten

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

und ansonsten eine verbindliche Umweltverträglichkeitsprü fung durchzuführen. Genau das war der Gegenstand der Dis kussion unter der letzten Bundesregierung; sie kam aber in soweit nicht durch. Ich denke, jetzt haben SPD, CDU und CSU die Möglichkeit, das Ganze auf Bundesebene durchzu setzen.

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Jetzt schauen wir einmal, was passiert.

Ich möchte Ihnen an diesem Punkt auch ganz ehrlich sagen, warum ein generelles Verbot von Fracking gar keine geeigne te Maßnahme wäre. Alle im Landtag vertretenen Fraktionen fordern moderne Gaskraftwerke. Das beinhaltet aber auch, dass wir das Gas benötigen, um diese Gaskraftwerke betrei ben zu können. Ich frage Sie einmal unabhängig von der po litischen Situation – der Ukraine-Krise und dem Gasstreit mit Russland –: Sind Sie sich denn sicher, dass das Gas in Russ land so umweltverträglich gefördert wird, dass wir beim The ma „Unkonventionelle Gasförderung“ von vornherein prinzi piell die Tür zuschlagen und das Ganze generell für alle Zei ten verbieten sollten? Dieser Meinung bin ich nicht. Nur die Augen zu verschließen und so zu tun, als gäbe es kein Prob lem, weil das Problem anderswo besteht, ist doch auch schein heilig.

Deswegen sage ich ganz klar – da war ich von den Worten von Herrn Gabriel, so, wie sie zitiert wurden, gerade positiv über rascht –: Ja, wir brauchen Forschung in diesem Bereich. Das ist richtig. Wir sind jetzt beim Thema „Unkonventionelle Gas förderung“ schon sehr weit. Wir sind mittlerweile bei Gemi schen, die 94,5 % Wasser, 5 % Sand und einen Anteil von 0,5 % an Chemikalien beinhalten. Übrigens könnte eine der Chemikalien Propangas sein, also eine Chemikalie, mit der man klarkommt.

Es zeigt sich: Man ist beim Fracking schon sehr weit, und For schung an dieser Stelle lohnt sich definitiv. Deswegen sage ich Ihnen ganz ehrlich: Einfach nur die Tür zuzuschlagen und so zu tun, als ob es jetzt etwas ganz Böses wäre, das sollten wir nicht tun.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich hatte eigentlich gar nicht verstanden, warum wir hier schon wieder diese Fracking-De batte führen. Jetzt weiß ich es: Es geht um eine Reinwaschung. Es geht nicht etwa um das Aufgreifen von Ängsten der Men schen, sondern es geht wohl offensichtlich um die Reinwa schung von Gabriel, der im Bereich des Frackings sehr un glücklich agiert hat. Ich würde doch darum bitten, dass wir uns in Zukunft in erster Linie auf landespolitische Themen konzentrieren. Ich bin gespannt, wie oft wir in nächster Zeit noch über Fracking sprechen werden. Die SPD zieht die De batte ja immer wieder hoch.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die Landesregierung spricht Herr Umweltminister Untersteller.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kol legen Abgeordnete! Es ist bereits erwähnt worden: Das The ma Fracking war schon mehrfach Gegenstand von Debatten hier im Haus. Lassen Sie mich vorweg sagen: Maßstab für das Handeln der Landesregierung sind der Schutz und die Sicher heit von Mensch und Umwelt bei uns im Land. Das hat auch beim Thema Fracking für uns absolute Priorität.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Lassen Sie mich eines auch sagen: Ein wenig wundere ich mich über die bisherige Debatte. Warum? Wenn man einmal den Pulverdampf – da meine ich jetzt alle Seiten, nicht nur die Opposition –

(Heiterkeit der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

ein bisschen auf die Seite schiebt, dann muss man doch fest stellen: Wir hatten hier im Haus in der Vergangenheit einen großen Konsens und haben ihn – ich sage dazu: Gott sei Dank – bis heute, dass wir Fracking unter Einsatz umwelttoxischer Substanzen ablehnen und dass wir alles dafür tun wollen, dass Fracking nicht praktiziert wird. Das ist der große Konsens in diesem Haus, und ich bin erst einmal froh, dass es so ist.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Unser Ziel, meine Damen und Herren, ist es daher, dass Fracking unter Einsatz solch umwelttoxischer Substanzen schnellstmög lich verboten wird. Hierfür setzen wir, die Landesregierung, uns mit Nachdruck ein.

Wir haben erst im April dieses Jahres im Landtag auf Anre gung der beiden Koalitionsfraktionen einen Beschluss mit dem Ziel gefasst, dass sich die Landesregierung auf Bundes ebene aktiv dafür einsetzen soll, dass das Bergrecht des Bun des geändert wird. Dabei sollen in Deutschland keine Boh rungen mit Anwendung der Fracking-Methode mit umweltto xischen Stoffen zur Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten zulässig sein.

Außerdem soll eine gesetzliche Regelung geschaffen werden – so die Forderung in diesem damals verabschiedeten Be schluss –, die eine obligatorische Umweltverträglichkeitsprü

fung – das ist eben auch schon vom Kollegen Reuther ange sprochen worden – mit entsprechender Bürgerbeteiligung vor jeder Zulassung von Maßnahmen zur Aufsuchung und Gewin nung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten mittels Fracking vorsieht.

Seither, meine Damen und Herren, hat sich einiges getan. Las sen Sie mich vorweg kurz auf die Konzessionen in BadenWürttemberg eingehen. In Baden-Württemberg gibt es der zeit zwei Konzessionsfelder: das Konzessionsfeld Konstanz und das Konzessionsfeld Biberach. Die Erlaubnisse wurden meines Wissens 2008/2009, damals unter Ihrer Regierung, er teilt, und sie wurden im Dezember 2013, sprich in unserer Re gierungszeit, verlängert.

Diese Aufsuchungserlaubnisse berechtigen – um es einmal deutlich zu sagen – lediglich zu Schreibtischarbeit. Sie erlau ben keine Probebohrungen, und sie erlauben erst recht nicht darüber hinausgehende Tätigkeiten, sondern sie erlauben – um es noch einmal deutlich zu sagen – lediglich die Auswer tung von heute bekannten Datengrundlagen am Schreibtisch. Aber sie erlauben auf keinen Fall irgendwelche Maßnahmen, die mit Fracking zu tun haben. Anders – das will ich auch da zusagen – hätte die Genehmigungsbehörde, in diesem Fall das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau im Regie rungspräsidium Freiburg, auch nicht entscheiden können, da sie in dieser Frage an das geltende Bundesberggesetz gebun den ist.

Meine Damen und Herren, die Situation, die ich gerade ge schildert habe, zeigt, dass wir dringend eine Novellierung des Bundesberggesetzes anstoßen müssen. Ziel ist ein Verbot des Frackings zur Aufsuchung und Förderung von Kohlenwasser stoffen aus unkonventionellen Lagerstätten unter Einsatz um welttoxischer Stoffe. Das gilt in einem Land, in dem rund vier Millionen Einwohnerinnen und Einwohner ihr Trinkwasser aus einem See, in diesem Fall dem Bodensee, beziehen, um so mehr. Ich kenne eigentlich europaweit keinen vergleichba ren Fall.

Im Übrigen, Herr Kollege Glück, geht es nicht nur um Was serschutzgebiete. Es gibt auch Situationen, in denen aus Ober flächengewässern Trinkwasser gewonnen wird; das geschieht auch in unserem Land. Die Landeswasserversorgung entzieht der Donau Rohwasser für die Trinkwassergewinnung. Des halb greift Ihre Forderung, sich auf Trinkwassergebiete zu be schränken, aus meiner Sicht zu kurz.

Ein zweiter Punkt zu dem, was bisher passiert ist: Im Mai die ses Jahres fand in Konstanz die Umweltministerkonferenz statt. Sie tagte unter meinem Vorsitz. Auf dieser Umweltmi nisterkonferenz wurde ein Antrag, den wir mit eingebracht ha ben, beraten und zur Beschlussfassung gestellt. Die UMK hat einstimmig – ich betone: einstimmig – beschlossen, dass Fra cking zur Aufsuchung und Förderung von Kohlenwasserstof fen aus unkonventionellen Lagerstätten unter Einsatz umwelt toxischer Substanzen zu verbieten ist, und hat angeregt, das Bundesberggesetz zu novellieren. Es gab darüber hinaus Pro tokollerklärungen zur entsprechenden Anpassung des Wasser haushaltsgesetzes auf Bundesebene, die wir auch unterstützt haben.

Des Weiteren hat die UMK gefordert, dass es, wenn eine No vellierung des Bundesberggesetzes vorgenommen wird, hier

zukünftig mehr Transparenz gibt, dass für die Beteiligungs rechte Dritter Verbesserungen geschaffen werden und dass ei ne verbindliche Umweltverträglichkeitsprüfung in das Bun desberggesetz eingezogen wird.

Auch auf Bundesratsebene ist die Landesregierung aus Ba den-Württemberg aktiv. Das Kabinett hat gerade gestern in seiner Kabinettssitzung beschlossen, gemeinsam mit den bei den Ländern Schleswig-Holstein und Hessen eine Bundes ratsentschließung einzubringen. Diese fordert Änderungen im Bundesberggesetz und insbesondere die Einführung eines Ver botstatbestands für das Fracking zur Aufsuchung und Förde rung von Kohlenwasserstoffen aus unkonventionellen Lager stätten unter Einsatz umwelttoxischer Stoffe.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Ferner soll bei einer Novellierung des Bundesberggesetzes dem Umweltschutz neben der Rohstoffgewinnung Bedeutung zuerkannt und der Beteiligung der Öffentlichkeit stärker Rech nung getragen werden, als es bisher der Fall ist, sowie für al le Vorhaben zur Aufsuchung und Gewinnung von Kohlenwas serstoffen eine obligatorische Umweltverträglichkeitsprüfung eingeführt werden. Dieses ist Gegenstand der erwähnten Ent schließung, die die drei Länder gemeinsam im Bundesrat ein bringen werden.

Meine Damen und Herren, wir haben in Baden-Württemberg – das hat man damals vielleicht leicht übersehen – mit der No velle des Landeswassergesetzes, die wir im vergangenen Jahr hier im Landtag beschlossen haben und die im Dezember letz ten Jahres in Kraft getreten ist, bereits sichergestellt, dass tie fe Bohrungen, wie sie für das Fracking nun einmal nötig sind, dem wasserrechtlichen Regime unterworfen sind. Dies ist mit der Novelle des Wassergesetzes vom Dezember letzten Jah res eingezogen worden. Damit gilt der Besorgnisgrundsatz: Eine wasserrechtliche Erlaubnis ist immer dann erforderlich, wenn Bohrungen in den Grundwasserleiter eindringen und diesen durchstoßen. Aufgrund dieser Norm kann auch der Ein satz wassergefährdender Stoffe wie z. B. Frackingflüssigkeit ausgeschlossen werden.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, mir liegen zwei Zwi schenfragen vor, eine Frage des Kollegen Nemeth und eine Frage des Kollegen Glück. Möchten Sie diese zulassen?

Ich lasse sie gern zu. Lassen Sie mich aber zu vor noch zwei Sätze sagen.

Jetzt ist aus meiner Sicht, nachdem diese Dinge mit dem Ent schließungsantrag, den ich erwähnt habe, auf den Weg ge bracht wurden, aber auch mit den Beschlüssen, die die Um weltministerkonferenz gefällt hat, der Bund in der Pflicht, die Konsequenzen zu ziehen, das Bundesbergrecht zeitgemäß zu novellieren und endlich ein flächendeckendes Fracking-Ver bot umzusetzen, um Bürgerinnen und Bürger sowie auch die Umwelt vor negativen Folgen und den Risiken des Frackings zu schützen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Ich kann Ihnen versichern, dass wir, die Landesregierung, uns weiterhin auf allen Ebenen diesem Ziel, das ich jetzt mehr

fach angesprochen habe, verpflichtet fühlen und uns dafür ein setzen werden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Damit zu den Zwischenfragen.

Kollege Nemeth.

Herr Minister, ich würde Ihnen gern eine Frage stellen, die Sie hier im Parlament vor einem Jahr schon einmal nicht beantwortet haben.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Es geht um die Frage, ob Sie – da reicht ein Ja oder ein Nein – dafür sind bzw. es befürworten würden, Fracking mit nicht toxischen Chemikalien zuzulassen.

Ich habe eben angesprochen: Derzeit kennt man Fracking zur Aufsuchung von unkonventionellen Lagerstät ten nicht, ohne dass umwelttoxische Substanzen und Chemi kalien eingesetzt werden. Das steht auf der Tagesordnung.

Auch der Sachverständigenrat für Umweltfragen – immerhin ein Beratungsgremium der Bundesregierung – hat in einem vor wenigen Monaten veröffentlichten Gutachten noch ein mal deutlich gemacht, dass, solange die Situation so ist, Fra cking verboten werden soll.

Zweitens: Auch unter energiepolitischen Gesichtspunkten – da unterscheide ich mich grundlegend von Günther Oettinger – empfehle ich, einmal einen Blick in das von mir zitierte Gut achten des Sachverständigenrats für Umweltfragen zu wer fen. Warum? Der Sachverständigenrat für Umweltfragen führt deutlich aus, dass die Potenziale, die es in Deutschland in Sa chen Fracking im Bereich des unkonventionellen Gases wohl gibt, im Verhältnis zu den Risiken so aussehen, dass es sich überhaupt nicht lohnt, diesen Weg zu gehen, und empfiehlt deshalb, in Deutschland auf Fracking zu verzichten.

Deswegen geht es hier, glaube ich, nicht nur um das Thema „Umwelttoxische Substanzen“, sondern letztendlich muss man das Ganze auch einmal energiepolitisch bewerten und prüfen, ob Fracking uns weiterhelfen würde. Wie gesagt: Aus allem, was ich bisher kenne und was auf dem Tisch liegt, ist nicht erkennbar, dass uns das energiepolitisch weiterbringen würde.