Protokoll der Sitzung vom 09.11.2016

Dass eine Stärkung des gesamten Bereichs der Kindertages pflege wünschenswert wäre, dem will ich gar nicht widerspre chen. Dies ist aber unter Haushaltsgesichtspunkten – das ist die gemeinsame Erkenntnis – zum jetzigen Stand nicht mög lich.

Gibt es weitere Fragen? – Ich erteile Frau Abg. Lösch das Wort.

Frau Ministerin, ich nehme an, Sie geben mir recht, dass wir die Kindertagespflege brauchen, um den Rechtsanspruch zu erfüllen. Ich möchte gern die Fra ge von Frau Felder aufgreifen und möchte von Ihnen wissen, welchen Beitrag die Kindertagespflege leistet, um den Rechts anspruch in Baden-Württemberg zu erfüllen.

Des Weiteren frage ich, was die Landesregierung plant, um die Tagespflegeangebote weiter auszubauen und die Qualitäts entwicklung in der Kindertagespflege voranzubringen.

Ich habe die Zahlen vorhin ja genannt. Rund 21 000 Kinder sind in der Kindertagespflege.

Was übrigens auch ein Aspekt ist: Wir hatten bis März 2016 rund 2 200 Tagespflegepersonen, die keine Kinder betreut ha ben. Auch da besteht durchaus ein Ansatz, um dafür zu wer ben, dass diese Menschen das, wofür sie sich haben ausbilden lassen, auch einbringen.

Natürlich spielt das eine zentrale Rolle. Wir haben den Schwerpunkt der Betreuung nicht in diesem Bereich; das wis sen Sie auch. Aber dass Kindertagespflege eine Ergänzung im Rahmen der Wahlfreiheit von Eltern und Familien in der Fra ge ist, wie ihr Kind betreut wird, dazu stehen wir, und das ist auch ein grundsätzlicher Ansatz.

Selbstverständlich spielt das Thema Tagespflege – das wurde vorhin schon gesagt – auch im Koalitionsvertrag im Hinblick auf die Kinderbetreuung eine Rolle. Sie spielt sicher nicht die entscheidende Rolle, ist aber eine wichtige Ergänzung. Des halb werden wir das überprüfen, auch im Hinblick auf die not wendige Qualifizierung.

Nichtsdestotrotz – das spreche ich auch offen an – ist es eine gemeinsame Erkenntnis, auch im Rahmen der Haushaltskon solidierung, dort, wo Doppelförderungen erkannt werden, die se anzugehen. Das mögen Sie als Widerspruch zwischen In halt und Finanzen definieren. Das können Sie gern tun; aber es gibt halt nur in der Gesamtschau ein Ganzes.

Vielen Dank. – Es gibt weite re Fragen, und zwar zunächst eine Frage des Abg. Born.

(Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Er hatte sich vor Ihnen gemeldet, Herr Gall. – Herr Born, Sie haben das Wort.

Frau Ministerin, ich frage noch ein mal nach: Können Sie Position beziehen zu der Kritik von Frau Metke, die gesagt hat: „Weniger Mittel gleich weniger Qualifizierungsangebote, gleich weniger Tagesmütter und -vä ter und gleich weniger Betreuungsplätze“? Wie gesagt, ich frage dies vor dem Hintergrund, dass wir in Baden-Württem berg dringend Betreuungsplätze brauchen.

Zunächst einmal habe ich immer Verständnis da für, wenn Verbandsvertreterinnen und Verbandsvertreter dun kelschwarz malen. Das ist ja ihre Aufgabe. Klar ist: Wir re den hier von einer Art Doppelförderung. Wir reden eben nicht – das möchte ich in dieser Deutlichkeit sagen – von einer Streichung, sondern wir reden davon, dass wir uns weiter zu diesem Thema bekennen und dass natürlich auch die Gemein den und die Landkreise in der Pflicht sind; das ist überhaupt keine Frage. Dass sie sich dazu bekennen, sieht man an den vielfältigen Formen, in denen sie diese Aufgabe wahrnehmen.

Deshalb glaube ich nicht, dass es zu einem Einbruch führt, wenn man 550 000 € weniger bezahlt. Der Ausgleich über FAG bleibt weiterhin erhalten. Ich habe also volles Vertrauen in die Kommunen, dass sie ihrer Aufgabe im Komplementär bereich auch zukünftig weiter nachkommen, und teile daher die Befürchtung von Frau Metke nicht.

Es gibt weitere Fragen. – Herr Abg. Keck, Sie haben das Wort.

Frau Ministerin, da Sie und alle Fraktionen sich darin einig sind, dass die Tagespflege ein wichtiges Element ist, gerade aufgrund ihrer enormen Vortei le – die Flexibilität und die gute Arbeit, die dort geleistet wird –, möchte ich Sie fragen: Warum denken Sie nicht darüber nach, statt aufgrund einer vermuteten Doppelförderung die Mittel zu kürzen, diese Mittel sogar noch zu erhöhen und hö here Beträge zu investieren?

Zunächst einmal geht es bei diesem Zusammen spiel um Haushaltskonsolidierung, und es geht gleichzeitig darum, dennoch den Aufgaben in qualifizierter Weise nach kommen zu können. Da nun aber offenbar der Eindruck ent steht, wir würden unserer Pflicht nicht nachkommen, möchte ich sagen: Ganz grundsätzlich betragen die Zuweisungen an die Kommunen für diesen Bereich nach § 29 c FAG in die sem Jahr einschließlich dessen, was auch von Bundesseite kommt, in Baden-Württemberg rund 725 Millionen €. Davon fließt für die im Rahmen der Kindertagespflege zu betreuen den Kinder ein Betrag von rund 51 Millionen € an die Krei se. Das ist nicht nichts.

Dass es immer wünschenswert ist, mehr zu haben, will ich gar nicht bestreiten. Das gilt für andere Themen auch. Aber ich glaube, dass es in diesem Fall darstellbar und auch erklärbar ist, die Kürzung um 550 000 € vorzunehmen. Wie gesagt, es obliegt dann auch dem Landtag, Schwerpunkte zu setzen. Letztendlich entscheidet der Landtag,

(Zuruf von der SPD: Aha!)

wie der Haushaltsplan aussieht.

Jetzt hat Herr Abg. Gall das Wort.

Frau Ministerin, interpretiere ich Ihre Antwort auf die Frage des Kollegen Born richtig, wenn ich formuliere, dass Sie nur dann keine Verschlechterung des Angebots und der Qualität befürchten, wenn die Kommunen die Kompensationsmittel erbringen und dafür in die Bresche springen, dass Sie die Mittel kürzen?

Nein, das glaube ich nicht. Wenn die Kommunen dies tun, begrüße ich das ausdrücklich.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Und wenn sie es nicht tun?)

Ich habe auch darauf hingewiesen, dass ich großen Respekt vor dem habe, was die Kommunen in diesem Bereich leisten. Was wir machen, ist, eine Komplementär- oder Doppelförde rung in einem bestimmten Bereich im Sinne der Haushalts konsolidierung und der Überprüfung von Doppelförderungen zu reduzieren – nichts anderes.

Jetzt hat Frau Abg. Lösch das Wort.

Frau Ministerin, Sie haben ge sagt, dass Sie großes Vertrauen in die Kommunen haben. Das haben wir in der Tat auch. Aber geben Sie mir nicht darin recht, dass die Kurzfristigkeit, mit der die Kürzungen jetzt be kannt gegeben worden sind, dazu führt, dass Qualifizierungs maßnahmen auf der Strecke bleiben, da die Haushalte der Kommunen für 2017 schon erstellt worden sind?

Gibt es nicht die Möglichkeit, eine Übergangsregelung zu fin den, damit die Haushalte für das Jahr 2017 nicht betroffen wä ren und man für die kommenden Jahre zu einer anderen Lö sung kommen könnte?

Eine weitere Frage: Es gibt noch eine zweite Baustelle im Be reich der Tagespflege, das ist die Vergütung der Tagespflege

personen. Können Sie sagen, wie sich die Vergütung der Ta gespflegepersonen in den letzten fünf Jahren entwickelt hat, und können Sie auch sagen, inwiefern die Landesregierung darauf hinwirkt, dass wir in den kommenden Jahren die lau fenden Geldleistungen für die Tagespflegepersonen erhöhen können?

Sehr geehrte Frau Lösch, wenn die Regierungs fraktionen dies so vorsehen, können wir uns gern darüber un terhalten. Da werde ich selbstverständlich auch gern mit der Kollegin Finanzministerin sprechen. Allerdings gibt es, wie gesagt, ein Commitment – –

(Zuruf)

Das tue ich auch. Das konnten Sie in den letzten Wochen feststellen.

In diesem Punkt muss ich Ihnen allerdings eines noch sagen: Wir reden von 550 000 € bei einer Gesamtsumme von 51 Mil lionen €. Das muss man eben auch einmal in der Gesamtrela tion sehen. Es wäre wünschenswert, höhere Stundenansätze zu machen, als es die laufenden Geldleistungen in Höhe von 5,50 € pro Stunde und Kind sind – gar keine Frage; alles wun derbar. Wenn das im Rahmen der Gesamtzielsetzung zwischen Inhalt und Haushaltskonsolidierung möglich ist, begrüße ich dies ausdrücklich, sehr geehrte Frau Kollegin Lösch. Ich ver traue da auch auf Sie und Ihre Fraktion.

Aber klar ist: Das ist eine Gesamtabwägung. Ich sagte auch, dass wir das nicht willkürlich gemacht haben – das will ich in dieser Deutlichkeit wiederholen –, sondern dass seit Langem darauf hingewiesen wird – das war auch schon in den letzten Jahren der Fall –, dass es eine Doppelförderung in diesem Segment gibt, die in einer Höhe von 550 000 € definiert wird. Diese Doppelförderung beenden wir mit einer Umsetzung un seres Vorschlags. Der Zeitplan erklärt sich dadurch, dass der Vorschlag der Regierung zum Haushaltsplan 2017 diskutiert wird bzw. jetzt insgesamt öffentlich wird.

Ich selbst war viele Jahre kommunalpolitisch tätig. Wir reden über 550 000 €, über das gesamte Land verteilt. In diesem Zu sammenhang habe ich angesichts der Summe durchaus Ver trauen in die Finanzkraft der baden-württembergischen Kom munen.

Jetzt hat Herr Abg. Dr. Kern noch das Wort.

Man könnte fast das Ge fühl haben, dass die Finanzministerin und Frau Lösch unter schiedlichen Parteien angehören.

Frau Ministerin, die Finanzierung der Fachschulen für Erzie herinnen und Erzieher erfolgt auch durch das Land. Entspre chend müsste das Land ein Interesse an der Qualifizierung der Tagespflegepersonen haben. Ist die Landesregierung der grundsätzlichen Auffassung, dass die Qualifizierung von Ta gespflegepersonen eine kommunale Aufgabe ist? Wie sieht die Rechtslage hierzu aus?

Ich darf Sie in diesem Zusammenhang an Ihren eigenen Ko alitionsvertrag erinnern. Auf Seite 79 verpflichten sich Grüne und CDU:

Wir werden die finanziellen und beruflichen Rahmenbe dingungen für Tagespflegepersonen verbessern...

In welcher Weise und in welchen Schritten beabsichtigen Sie denn, dieses Koalitionsziel tatsächlich umzusetzen? Denn die jetzt geplanten Kürzungen können Sie wohl kaum als eine Verbesserung für Tageseltern bezeichnen.

Ich sagte Ihnen bereits – ich habe selbst auf den Koalitionsvertrag verwiesen, in dem das steht –: Wir werden uns anschauen, inwieweit das möglich ist. Aber diese Koali tion steht auch für eine Haushaltskonsolidierung.

Ich kann nur noch einmal sagen: Wir reden bei einer Gesamt zuweisung von 51 Millionen € – ich habe die Summe von über 700 Millionen € insgesamt genannt – von einer Kürzung um 550 000 €. Ich werbe immer gern dafür, auch die Relationen insgesamt im Blick zu halten.

Natürlich geht es auch darum, die Qualifizierung weiterzuent wickeln. Deshalb leisten wir ja auch die finanziellen Beiträge und beteiligen uns im Bereich der Qualifizierung dieser Per sonen. Ich sehe nicht, inwieweit das durch den Ansatz, den wir jetzt vorgelegt haben – die Begründung dazu habe ich auch in Abstimmung mit dem Finanzministerium ausführlich geliefert –, grundsätzlich von dieser gemeinsamen Zielsetzung existenziell abweicht.

Wir haben, wenn ich es rich tig sehe, keine weiteren Wortmeldungen. Damit wäre dieses Thema für heute erledigt. – Vielen Dank, Frau Ministerin.

Ich rufe das zweite Thema auf, gemeldet von der Fraktion der AfD:

L i n k s e x t r e m i s t i s c h e S t r a f t a t e n i n B a d e n - W ü r t t e m b e r g f ü r d a s J a h r 2 0 1 5

Wem darf ich das Wort erteilen? – Frau Abg. Dr. Baum.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, meine Damen und Herren! Bevor ich zu meiner Frage komme, möchte ich Ihnen ein paar aktuelle Informationen da zu geben, die Ihnen sicherlich nicht bekannt sind.