Protokoll der Sitzung vom 11.12.2002

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Die Sitzung wird nun zur Stimmauszählung unterbrochen.

(Unterbrechung von 12.08 bis 12.13 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen. Die Sitzung wird wieder aufgenommen. Ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung bekannt: Mit Ja haben gestimmt 100 Abgeordnete, mit Nein haben gestimmt 70, Stimmenthaltungen keine.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 1)

Damit ist der Einzelplan 05 mit dem vom Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen vorgeschlagenen und den im Änderungsantrag auf Drucksache 14/11207 enthaltenen Änderungen angenommen.

Gemäß § 132 Absatz 5 der Geschäftsordnung haben zugleich die vom Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen zur Ablehnung vorgeschlagenen Änderungsanträge ihre Erledigung gefunden. Eine Liste der Änderungsanträge liegt Ihnen vor.

(siehe Anlage 2)

Außerdem schlägt der Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen noch folgende Beschlussfassung vor: „Das Staatsministerium der Finanzen wird ermächtigt, die aufgrund der beschlossenen Änderungen erforderlichen Berichtigungen, insbesondere in den Erläuterungen der Übersicht und über die Verpflichtungsermächtigungen und den sonstigen Anlagen beim endgültigen Ausdruck des Einzelplans vorzunehmen.“ Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist, soweit ich sehe, das gesamte Hohe Haus. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Dann ist das so beschlossen.

Durch die Annahme des Einzelplans 05 in der Fassung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen haben die Änderungsanträge auf den Drucksachen 14/10978, 14/10979, 14/10992 bis 14/10994, 14/11026, 14/11042 und 14/11076 ihre Erledigung gefunden. Das Hohe Haus nimmt hiervon zustimmend Kenntnis.

Die Beratung des Einzelplans 05 ist damit abgeschlossen.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 16

Mündliche Anfragen

Dafür haben wir heute 90 Minuten Zeit. Ich bitte zunächst den Herrn Staatsminister für Wirtschaft, Verkehr und Technologie um die Beantwortung der ersten Frage. Der erste Fragesteller ist Herr Schultz.

Herr Staatsminister, welche Kenntnis hat die Staatsregierung davon, dass alle Call-Center der Firma Profectis (Technischer Kundendienst der Firmen Quelle, Neckermann, Karstadt, Fujitsu Siemens, Gorenje und anderer) in Deutschland zum 30. 06. 2003 geschlossen werden und – unter Hinnahme des Verlustes zahlreicher Arbeitsplätze auch in Bayern – nach Dänemark verlagert werden sollen, und welche Anstrengungen sind beabsichtigt, um diese Entscheidungen zu revidieren und um insbesondere auch den dahinter stehenden Firmen mit Stammsitz in Bayern zu verdeutlichen, dass die unter zweifelhaften wirtschaftlichen Erwägungen getroffene Entscheidung gegen die, – zum Beispiel beim früheren technischen Kundendienst von Quelle –, traditionell in Bayern vor Ort beheimatete Service-Infrastruktur auch ein Schlag gegen Kunden und Mitarbeiter insbesondere der bayerischen ElektronikHandelsunternehmen darstellt und zu einem nachhaltigen Image-Verlust dieser Marken führen kann?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister.

Die Firma Profectis ist eine hundertprozentige Tochter des Versandhauses Quelle, die den technischen Kundendienst der Firmen Karstadt Quelle und unter anderem auch für Neckermann sowie Fujitsu Siemens abwi

ckelt. Die Firma Profectis bietet in Deutschland flächendeckend Kundendienst an. Das Unternehmen beschäftigt derzeit in Deutschland 1700 Mitarbeiter, davon arbeiten 211 in 12 bundesweiten Call-Centern. In dem bayerischen Call-Center in Nürnberg sind derzeit 15 Mitarbeiter beschäftigt.

Die Firma Profectis hat Überlegungen angestellt, die 12 Call-Center an einem Standort zu konzentrieren, also nicht die sonstigen Aktivitäten, sondern die Call-Center. Drei Standorte kommen in die engere Auswahl: Das ist Nürnberg, das ist Padburg in Dänemark und Mecklenburg-Vorpommern.

Dänemark wäre angeblich der kostengünstigste Standort. Das Unternehmen sucht derzeit Möglichkeiten, wie es den Kostenvorteil auch in Nürnberg abbilden kann. Dazu wird in den nächsten Tagen auch ein Gespräch in meinem Hause stattfinden. Es wird von uns aus alles darangesetzt, die Ansiedlung für Bayern zu gewinnen. Dabei würden 198 zusätzliche Arbeitsplätze bei uns entstehen. Aber, wie gesagt, die Dinge sind noch offen; ich kenne die Kalkulationsgrundlagen noch nicht. Wir werden aber darauf schauen, dass wir, soweit unsere Möglichkeiten reichen, die Sache für Deutschland, und wenn möglich, für Bayern entscheiden.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Gibt es Zusatzfragen? – Herr Schultz, bitte.

Herr Staatsminister, ich entnehme jetzt Ihren Ausführungen, dass Sie Kenntnis von diesem Vorgang haben und dass Sie seitens der Staatsregierung auch alle Anstrengungen schon unternommen haben, damit dies vielleicht positiv für Nürnberg entschieden werden kann. Sind Sie mit mir einig darin, dass es schon ein Schlag für die Imagepflege, auch insbesondere für die Bestrebungen der Bayerischen Staatsregierung wäre, wenn gerade in diesem Bereich jetzt ein anderer Standort, beispielsweise in Dänemark, von den Firmen ausgewählt würde?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister.

Ein Schlag für die Imagepflege wäre es nicht. Mir geht es primär um die Arbeitsplätze, die hier relevant sind, die wir gewinnen können oder auf der anderen Seite verlieren würden, wenn auf Dänemark konzentriert würde. Wir erleben, Herr Kollege, jetzt des öfteren, dass Firmen aus Gründen der Rentabilität eines Standortes und der Kosten eines Standortes ihren Sitz in andere Länder verlagern.

Das ist auch der Hintergrund dafür, dass ich bei all den Themen, wo es um Steuererhöhungen geht und die Erhöhung von Sozialabgaben, immer appelliere, hier möglichst vorsichtig zu sein oder keine Kostenerhöhungen einzuführen, weil sich das im Ergebnis auf die Standortqualität auswirkt.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Gibt es weitere Zusatzfragen? – Keine. Nächste Fragestellerin ist Frau Kellner; es übernimmt Frau Stahl. Bitte.

Herr Minister, ich frage Sie: Aus welchen Titeln des Kapitels 07 07 „Schienenpersonennahverkehr“ wird die Kürzung der „Leistungen nach § 45 a Personenbeförderungsgesetz zum Ausgleich von gemeinwirtschaftlichen Lasten im öffentlichen Personennahverkehr (Ausbil- dungsverkehr)“ in Höhe von 28,083 Millionen e ausgeglichen, und welche Auswirkungen hat das auf die Anzahl der Zugverbindungen im Nahverkehr?

Das Kapitel 07 07 „Schienenpersonennahverkehr“ besteht aus einer Vielzahl von Haushaltstiteln, die alle gegenseitig deckungsfähig sind und überwiegend auch mit Haushaltsmitteln dotiert sind. Der für die Einstellung des Deckungsvermerks notwendige Sachzusammenhang zwischen den Leistungen nach § 45 a Personenbeförderungsgesetz und Kapitel 07 07 ist gegeben. Die Mittel gemäß § 45 a Personenbeförderungsgesetz können damit aus jedem der in Kapitel 07 07 eingestellten Haushaltsmittel verstärkt werden. Welcher dieser Titel dann konkret herangezogen wird, hängt von der endgültigen Höhe der Leistungen nach § 45 a Personenbeförderung ab. Dies zeigt sich erst im Haushaltsvollzug 2003. Der Verstärkungsbetrag ist ja, wie Sie selber gesagt haben, begrenzt.

Definitiv steht bereits jetzt fest, dass sich daraus keine einschränkenden Auswirkungen auf die Anzahl der Zugverbindungen im Nahverkehr ergeben wird. Vielmehr ist es so, dass wir ja für den nächsten Fahrplan zusätzlich Zugleistungen und ein vermehrtes Zugangebot bestellt haben. Also im Bereich Nahverkehr wird auf keinen Fall eingeschnitten.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Zusatzfragen? – Frau Stahl.

(Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Keine Zusatzfrage!)

Keine. Entschuldigung. Frau Schmitt-Bussinger bitte.

Herr Minister Wiesheu, ich frage Sie: Hat die Bayerische Staatsregierung Kenntnis von den Ansiedlungswünschen einer Schredder-Verwertungsanlage im Gebiet des Nürnberger Hafens, und welche Position nimmt sie dazu ein?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister, bitte.

Frau Kollegin, wir sind über die Vertreter im Aufsichtsrat der Hafen Nürnberg – Roth GmbH in Kenntnis gesetzt, dass die Firma TAG Thermolyse-Anlagen GmbH die Errichtung einer so genannten Thermolyse-Kraft-Anlage im Hafen Nürnberg beabsichtigt. Darin sollen hochkalori

sche Reststoffe bei niedrigen Temperaturen unter Ausnutzung des Prinzips der Thermolyse verwertet werden. Diese Reststoffe werden bei 600° Celsius unter Ausschluss von Sauerstoff verschwelt. Es entsteht ein dem Erdgas vergleichbares und wirtschaftlich nutzbares Synthesegas. Dieses Gas kann mittels Gasmotoren zu Strom umgewandelt werden.

Die Geschäftsleitung der HNR steht dem Vorhaben grundsätzlich positiv gegenüber, da dadurch unter anderem der Transport von rund 40000 Tonnen Reststoffen per Lkw entfallen könnte. Der Abschluss eines Erbbaurechtsvertrages steht unter dem Vorbehalt der Genehmigungsfähigkeit der Anlage durch die entsprechenden Behörden – das entscheiden weder wir noch die Hafen Nürnberg-Roth – und bedarf der Zustimmung des Aufsichtsrats der HNR. Das Umweltamt der Stadt Nürnberg hat die voraussichtlich Betroffenen am 17. Dezember 2002 zum Scoping-Termin als ersten Schritt der Umweltverträglichkeitsprüfung eingeladen. In der Einladung wurde darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf die immer noch bestehende Unausgereiftheit der Technologie der Verschwelung lediglich ein befristeter Probebetrieb genehmigt würde. Dies ist meine Kenntnis.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Zusatzfrage: Frau Schmitt-Bussinger.

Herr Minister, nachdem der Freistaat Bayern am gesamten Hafenareal Teilhaber ist und auf eine mögliche Ansiedlung bzw. auf eine Gesamtkonzeption des Nürnberger Hafens sicher Einfluss nehmen kann, bitte ich Sie um Auskunft darüber, wie Sie sich die Gesamtentwicklung im Nürnberger Hafen vorstellen.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister.

Diesen langen Vortrag möchte ich Ihnen ersparen, zudem demnächst – in den ersten Monaten des nächsten Jahres – im Bayerischen Landtag sowieso ein Bericht über die Situation und über die Entwicklung der Häfen gegeben wird. Der Bericht wird derzeit erstellt. Hierzu wurde vor kurzer Zeit im Landtag ein Beschluss gefasst.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächste Zusatzfrage: Herr Dr. Scholz.

Herr Staatsminister, sehen Sie denn nicht die Gefahr, dass durch die Hereinnahme eines solchen kritischen Prozesses in den Hafen seine Attraktivität für die Ansiedlung anderer, möglicherweise höherwertiger Einrichtungen im Hafen gefährdet ist?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister.

Ich gehe davon aus, dass dann, wenn eine derartige technische Anlage geprüft ist – was nicht wir, sondern andere machen –, wenn die technische Funktionsfähigkeit nachgewiesen ist und schädliche Auswirkungen ausgeschlossen sind, eine solche Anlage denkbar ist. Aber ich möchte dazu jetzt noch nicht Stellung nehmen. Erst einmal sollen die Anlage technisch geprüft werden und sich der Vorstand und der Aufsichtsrat damit befassen. Ich entscheide das letztlich nicht. Die Frage ist auch, was die Stadt Nürnberg mit Blick auf das baurechtliche Genehmigungsverfahren macht. Bevor meine Meinung überhaupt maßgeblich würde – wahrscheinlich wird sie es gar nicht –, sind viele Fragen vorgeschaltet.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Letzte Zusatzfrage: Herr Dr. Scholz.

Herr Staatsminister, wer steht hinter der von Ihnen genannten Firma, wer sind ihre Eigentümer, und welches Konzept steht dahinter, wenn im Nürnberger Hafen eine Leipziger Firma solche Aktionen tätigt?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister.

Ich kann Ihnen diese Frage aus dem Stegreif nicht beantworten, bin aber gerne bereit, dies schriftlich nachzuholen.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächster Fragesteller: Herr Schindler.

Herr Staatsminister, Bezug nehmend auf die Antworten der Staatsregierung zu meinen Mündlichen Anfragen vom 18. 10. 2000, 31. 05. 2001, 09. 10. 2002 und 24. 10. 2002 hinsichtlich der Errichtung einer Solarzellenfabrik in Wackersdorf bzw. die Einlösung der Verpflichtung der Energiewirtschaft, aus dem „Dritten Topf“ insgesamt 500 Millionen DM in regionalwirtschaftlich bedeutsame Projekte in der Oberpfalz zu investieren, frage ich erneut: Was gedenkt die Staatsregierung konkret zu unternehmen und was soll zum Beispiel der Landkreis Schwandorf tun, damit die restlichen Mittel in Höhe von ca. 140 Millionen e für Investitionen verfügbar gemacht werden können?