Heiko Schultz
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Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich wage, auch um 21.35 Uhr noch ein Anliegen vorzutragen, von dem ich überzeugt bin, dass es der Debatte in diesem Hause wert ist. Ich möchte an das anknüpfen, was Herr Kollege Waschler gesagt hat. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, hat er gesagt, dass die Staatsregierung das hält, was sie versprochen hat.
So ist es richtig; gut. Unser Antrag geht genau in diese Richtung. Wir wollen von Ihnen Folgendes: Wir wollen, dass die Staatsregierung das hält, was sie den Trägern der anerkannten Insolvenzberatungsstellen in Bayern im Herbst 2002 versprochen hat. Um nichts anderes geht es uns als darum, dass Sie das einhalten, was Sie damals versprochen haben.
Ich bin jetzt sehr gespannt, wie Sie sich dazu stellen. Es geht darum, dass es in diesen Insolvenzberatungsstellen knistert und knackt, weil es in Bayern überhaupt keine Möglichkeit mehr gibt, eine flächendeckende Insolvenzberatung durchzuführen. Hinter der Insolvenzberatung steht nun sicher keine Lobby der Beamten oder der Sportler. Dahinter stehen aber sehr, sehr viele betroffene Menschen, Familien, Kinder. Menschen, die früher einmal eine Existenz mit Mitteln anderer gegründet haben und bei denen es aus Gründen, die sie oft nicht so zu verantworten haben, nicht geklappt hat Darum gab und
gibt es ein Gesetz des Bundes, das damals mit Zustimmung auch des Freistaates, also auch mit Ihrer Zustimmung getroffen worden ist, zu dem wir aber feststellen müssen, dass es in Bayern faktisch nicht vollzogen wird.
Was ist passiert? – Die Bayerische Staatsregierung hat – das ist eine Feststellung, die man leider so treffen muss – knallhart dort versagt, wo es darum ging, dieser Insolvenzberatung in Bayern die Möglichkeit zu geben, ihre Arbeit richtig aufzunehmen. Man hat gewusst, dass die damals mit auf den Weg gegebenen Fallpauschalen untauglich sind, weil damit die Arbeit nicht planbar und damit nicht durchführbar ist. Man hat die Kritik und die Vorschläge der Opposition, insbesondere der SPD nicht akzeptiert. Man hat sich faktisch verweigert, ein Gesetz, das man selber mitbeschlossen hat, in Bayern zu vollziehen. Das Schlimme ist, dass man auch noch nach außen hin Gelder zur Verfügung gestellt hat – im Haushalt wurde es so dokumentiert –, dass von diesen Geldern – immerhin waren es 15,5 Millionen DM in den drei Jahren, um die es gegangen ist – insgesamt nur 3 Millionen DM abgerufen werden konnten, weil die Voraussetzungen in Bayern so gestaltet worden sind, dass diese Gelder faktisch nicht ausgezahlt werden konnten und damit die Arbeit dieser Beratungsstellen auch nicht durchgeführt werden konnte.
Jetzt kommen wir dazu, dass Sie mir vorhin alle versichert haben, dass die Staatsregierung und die CSU einhalten, was sie einmal versprochen haben. Im Herbst 2002 wurde versprochen – darüber gibt es auch eine schriftliche Vereinbarung –, dass die problematischen Fallpauschalen abzuschaffen sind, dass für die Insolvenzberatungsstellen ein Budget von 2,5 Millionen e im Jahre 2003 vorgehalten wird und dass über dieses Geld mit den betroffenen Trägern verhandelt wird und es dementsprechend verteilt wird.
Was ist geschehen? – Das, was versprochen worden ist, ist bisher noch nicht eingehalten worden – im Gegenteil: Die wenigen Mittel, nämlich diese 2,5 Millionen e, wurden um 40% gekürzt. Eine solche Kürzung gibt es sonst im gesamten Haushalt nicht. Dies zeigt, wie Sie mit Menschen umgehen, die keine Lobby haben, wie egal Ihnen eigentlich die Situation von Familien in Bayern ist, die davon ebenso betroffen sind wie diejenigen, die sich bemüht haben, selbstständig zu werden. Das heißt auch, dass Sie Ihren eigenen Gutachten, die Sie damals erstellen haben lassen – auch das muss man sagen – und die davon ausgehen, dass in Bayern 6 bis 8 Millionen e zur Verfügung gestellt werden, selbst nicht folgen. Sie missachten die eigenen Vorgaben. Sie halten ihre Versprechen, die Sie gegeben haben, nicht ein. Dies bedeutet, dass die Insolvenzberatung bayernweit flächendeckend gescheitert ist, dass es eine ganze Reihe von Menschen gibt, die davon betroffen sind, dass Sie und die Staatsregierung vor Ort immer so tun, als wollte man diese Arbeit unterstützen, ihr aber im Parlament die Beine wegziehen und die Arbeit damit verwehren.
Ich kann Sie nur bitten und auffordern: Korrigieren Sie Ihren Wortbruch bezüglich dieser Vereinbarung. Ich habe gehört, Sie wollen Wort halten. Halten Sie die Zusage vom August 2002 ein, damit Sie den Trägern
und den Betroffenen auch nach dem 21. September noch in die Augen schauen können. Darum bitte ich Sie.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hatte mitnichten vor, heute hier noch etwas zu sagen, aber die Beiträge der beiden Witzbolde von der CSU, des Herrn Welnhofer und des Herrn von Rotenhan, verpflichten einen dazu. Ich möchte Ihnen, lieber Herr Kollege von Rotenhan, und vor allem Ihren Vorfahren ein großes Kompliment machen. Denn was der Adel und die Kartoffel gemeinsam haben, das wissen Sie auch: Das Beste ist unter der Erde.
Das, was Sie uns heute hier geboten haben, bestätigt leider diesen Spruch, den dieses Haus sicherlich mit nach Hause nehmen wird.
Welches Verständnis Sie von einem Untersuchungsausschuss haben, haben Sie beide heute bestens dokumentiert, und zwar mit großer Arroganz, mit dem Nichthören dessen, was Sie nicht hören wollen, mit dem Missverstehen der Zeugen, wo immer es notwendig war, und mit dem Interpretieren, wie es Herr Kollege Welnhofer getan hat.
Lieber Herr Kollege Welnhofer, natürlich sind Sie und ich als Parlamentarier immer gehalten, das, was uns von außen nahe gebracht wird, weiterzuleiten. Aber Sie wissen genau, dass dieser Brief nicht weitergeleitet wurde. Dieser Brief ist geschrieben worden, nachdem in der Staatskanzlei und im Kultusministerium darüber gesprochen worden war. Das ist der riesige Unterschied. Da ist nichts weitergeleitet worden, sondern da wurde, weil es notwendig war, zu einem bestimmten Zeitpunkt das noch einmal festgehalten, was zu diesem Zeitpunkt unsicher gewesen ist. Das war der Punkt, der zu diesem Brief geführt hat.
Das hat dazu geführt, dass die Verleihung des Körperschaftsstatus ohne ausreichende wirtschaftliche Prüfung erfolgte. Das hat dazu geführt, dass im Sozialministerium für den Deutschen Orden eine bevorzugte Behandlung erfolgte. Das hat dazu geführt, dass die Staatsanwaltschaft und die Polizei sich beim Deutschen Orden außerordentlich zurückgehalten haben.
Es hat auch dazu geführt, dass die Regierung von Oberbayern bei der Stiftung nicht nur massiv die Augen schloss, sondern falsche Entscheidungen traf. Das ist nur ein kleiner Teil dessen, was ich Ihnen hier in drei Minuten noch sagen konnte. Wann immer es notwendig ist, eine solche Sache gemeinsam aufzuklären, sollte man das in der Art tun, die dem Auftrag angemessen ist, den wir in unserer Geschäftsordnung haben und in einer Art, die die Öffentlichkeit und das Parlament von uns erwarten. Dass Sie das nicht getan haben, haben Sie heute durch Ihre lächerlichen Beiträge bewiesen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Der Tagesordnungspunkt 13 ist damit erledigt.
Ich gebe jetzt das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion betreffend „Ausbildung fördern – in Bayerns Zukunft investieren“, Drucksache 14/12748, bekannt. Mit „Ja“ haben 71, mit „Nein“ 88 Kolleginnen und Kollegen gestimmt. Stimmenthaltungen gab es nicht. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt worden.
Ich erteile jetzt dem Kollegen Ludwig Wörner zu einer Erklärung nach § 111 der Geschäftsordnung das Wort.
Angesichts der sich in letzter Zeit häufenden schweren Verkehrsunfälle mit Busunternehmen frage ich die Staatsregierung: Wie beurteilt die Staatsregierung die Sicherheit der Fahrgäste, die mit Busunternehmen im Schulbus- und im normalen (auch öffentli- chen) Busbetrieb unterwegs sind – auch soweit sie aus dem Ausland stammen – und welche Konsequenzen sind von der Staatsregierung zur Verbesserung der Sicherheit von Fahrgästen und unbeteiligten Verkehrsteilnehmern vorgesehen?
Antwort der Staatsregierung: Die amtliche Statistik der letzten Jahre belegt, dass der Kraftomnibus bundesweit generell zu den sichersten Transportmitteln zählt. Im Jahr 2002 waren Kraftomnibusse in Bayern in 867 Fällen an Verkehrsunfällen mit Personenschaden beteiligt. Gegenüber rund 931Verkehrsunfällen unter Beteiligung von Kraftomnibussen im Jahr 2001 bedeutet dies einen Rückgang um 6,2 Prozent. Fünf Businsassen wurden bei Unfällen im Jahr 2002 getötet. Dieser insgesamt positiven Sicherheitsanalyse des Verkehrsmittel Busses stehen einzelne tragische Busunfälle entgegen, die meist hohen Personen- und Sachschaden nach sich ziehen und dementsprechend das Aufsehen der Öffentlichkeit erregen.
Die Überwachung des Omnibusverkehrs ist Bestandteil des strategischen Ansatzes der bayerischen Polizei im Bereich der Verkehrsüberwachung, wobei hier insbesondere Geschwindigkeit und Abstand, die Beachtung der Lenk- und Ruhezeiten sowie die zulässigen Maße und Gewichte mit überwacht werden. Im Rahmen der diesjährigen bundesweiten polizeilichen Aktion zur Kontrolle des gewerblichen Güterkraft- und Personenreiseverkehrs wurden 226 Kraftomnibusse kontrolliert. Davon mussten 17 Busse, u.a. wegen Verstößen gegen Sozialvorschriften, beanstandet werden. In acht Fällen wurden Geschwindigkeitsüberschreitungen festgestellt. Im Jahr 2002 wurden durch die bayerischen Gewerbeaufsichtsämter insgesamt 263 Fahrzeuge und 99 Unternehmen überprüft.
Im Rahmen der polizeilichen Verkehrsüberwachung wird die bayerische Polizei auch weiterhin durch intensive Buskontrollen die Einhaltung der gesetzlichen Regelungen kontrollieren. Des Weiteren wird die Schulung des Kontrollpersonals auf dem bisher erreichten Niveau fortgeführt. Um Manipulationen an den gesetzlich vorge
schriebenen Geschwindigkeitsbegrenzern zu begegnen, wird im Bereich der Fahrzeugtechnik künftig eine Funktionskontrolle als Pflichtuntersuchung im Rahmen der jährlichen Hauptuntersuchung vorgesehen. Auch wird in Teilbereichen des Fahrpersonalgesetzes der Bußgeldrahmen von 5000 e auf 15000 e erhöht.
Es muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass auch verstärkt durchgeführte, gezielte Kontrollen kein Garant für die Einhaltung bestehender Vorschriften und die Verhütung von Verkehrsunfällen sein können. Tragische Verkehrsunfälle mit Omnibussen hängen meist von unberechenbaren Faktoren ab.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Tatsache, dass in der gesamten Bundesrepublik der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag jetzt beraten und sicher auch beschlossen wird, ist für sich schon ein Erfolg des Jugendschutzes im Medienrecht. Es ist auch ein Fortschritt bei der Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Probleme des Jugendschutzes im gesamten Medienbereich. Das gilt für die Angebote bei elektronischen Informationen und den Kommunikationsmedien gleichermaßen.
Es ist insbesondere ein besonderer Fortschritt, dass wir das auch für das Internet und Computerspiele feststellen können. Denn hier, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ist der Jugendschutz ganz besonders wichtig, weil der Umgang mit den Medien Computerspielen und Internet vielfach auch innerhalb eines Generationenbruchs stattfindet, weil es viele Eltern gibt, die wenig oder keine Erfahrung damit haben, weil der Umfang dessen, was an Gewaltangeboten in diesem Bereich vorhanden ist, für Eltern vielfach unbegreiflich ist, und weil sich hier auch der Bruch zwischen den Geschlechtern beim Konsum und bei der Aufnahme von Gewaltangeboten – also zwischen Jungen und Mädchen – ereignet.
Das Computerspiel „Counterstrike“, das unter anderem vom Täter in Erfurt bevorzugte Spiel, hat immerhin eine Fangemeinde von rund 500000 männlichen Jugendlichen, darunter natürlich auch gewaltbereite männliche Jugendliche. Immer wieder muss gesagt werden, dass es zum Ausbruch exzessiver, meist männlicher Gewalt nur dann kommen kann, wenn anderes hinzukommt, wenn beispielsweise die soziale Isolation der Täter, die Benachteiligung in Schule oder Beruf, geringes Schuldund Selbstwertgefühl und persönliche Gewalterfahrungen hinzukommen. Das heißt also, dass auch hier die Gesellschaft über den Medienbereich hinaus Verpflichtungen hat, die sie wahrnehmen muss. Das sollte an dieser Stelle noch einmal deutlich gesagt sein.
Wahrscheinlich ist die Annahme nicht ganz falsch, dass Mädchen von der Familie und Jungen häufig und weitgehend durch Television und PC erzogen werden. Deshalb kommt dem Jugendmedienschutz eine ganz besondere Rolle zu. Im Kontext mit der Änderung des Jugendschutzgesetzes ist zu sehen, dass beide, sowohl das eine als auch das andere, außerordentlich wichtige Aufgaben bei der Reform des Jugendschutzes auch und im besonderen bei den elektronisches Medien haben.
Deswegen muss auch klar sein, dass die Medienanbieter damit eine große Selbstverantwortung haben. Es ist aber keinesfalls sicher, dass sie so verantwortlich damit umgehen, wie das von ihnen erwartet wird. Es wird eine schwierige Übergangsphase geben, denn die Zukunft erfordert besonders intensive Gespräche und die Entwicklung neuer Zusammenarbeitsformen zwischen Aufsicht und Medienunternehmen. Vor allem die Internetbranche ist eine Aufsicht nicht gewohnt und muss mit großer Mühe an die neuen Strukturen herangeführt werden. Auch ist zurzeit nicht absehbar, ob und inwieweit die Privilegierungen des Staatsvertrages für die anerkannten Selbstkontrolleinrichtungen greifen werden.
Die Landesmedienanstalten haben sich mit den praktischen Fragen beschäftigt und wissen, dass sie mit diesem Staatsvertrag Neuland betreten. Hierbei – das sei in München einmal gesagt – hat die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) in München eine besondere und wertvolle Rolle gespielt. Dabei wird es nicht bleiben; denn es geht – hier stimmen wir Professor Ring, dem Präsidenten der BLM in München zu – in Zukunft auch um die Vorbereitung von Richtlinien und Satzungen, denen ein großer Stellenwert bei der künftigen Auslegung der Vorschriften des JugendmedienschutzStaatsvertrags zukommen wird. Es geht um ganz neue Fragen, zum Beispiel um die Festlegung von Kriterien für die Anerkennung von Selbstkontrolleinrichtungen und die Voraussetzungen für die Jugendschutzprogramme, um die Definition von so genannten geschlossenen Benutzergruppen bei Telemedien oder um die Auslegung der Grenzen des rechtlichen Beurteilungsspielraumes.
Es geht auch – das hat eine beachtliche inhaltliche Konsequenz – um den künftigen Sitz der Kommission für Jugendmedienschutz – um die KJM. Es ist schlechthin nicht nachvollziehbar, dass dabei Prestigegründe eine Rolle spielen sollen. Es geht nicht um neue Büros. Es geht nicht um neue Mitarbeiter. Es geht nicht um ein neues Prestige. Es geht schlichtweg darum, wo diese Arbeit im Sinne eines effektiven Jugendmedienschutzes nahtlos an die bisherige erfolgreiche Arbeit, ausgestattet mit langjährigen Erfahrungen, erfolgreich fortgesetzt werden kann.
Es ist sehr die Frage, ob die Arbeit in einem der Länder erfolgen kann, die selbst keine Ressourcen für die Beobachtungen hatten und haben, weil sie keine Medienveranstalter lizenziert haben. Die BLM in München hat den großen Vorteil, dass diese Voraussetzungen gegeben sind. Der Sitz der KJM, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist eine Qualitätsfrage des Jugendmedienschutzes und keine Prestigefrage von Landesregierungen.
Deswegen stehen wir dazu und halten es für ein sehr wesentliches und wichtiges Element, dass die KJM als das Herzstück des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages nach München kommt.
Wir werden diesem Staatsvertrag selbstverständlich zustimmen. Wir werden uns aber nicht zufrieden zurücklehnen, sondern mit allem Nachdruck auf einen effektiven Jugendmedienschutz drängen. Die Bedeutung des Themas ist auch in Zukunft für uns alle und insbesondere für die Öffentlichkeit riesengroß.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Unterländer.
Mit dem Staatsvertrag soll der einheitliche Schutz von Kindern und Jugendlichen in elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien gefunden werden, die deren Entwicklung oder Erziehung beeinträchtigen oder gefährden. Wir wissen, dass dabei der Medienschutz für Kinder und Jugendliche nur Teilbereich eines Gesamtkonzeptes sein kann. Die Weiterentwicklung der Medienkompetenz in der Pädagogik und bei Kindern und Jugendlichen selbst ist unter dem Gesichtspunkt einer vertiefenden Medienpädagogik von ebenso entscheidender Bedeutung. Die Austauschbarkeit von unterschiedlichen Inhalten in technischen Plattformen und Darbietungsformen machen es zu einem zwingenden Gebot, den Jugendschutz in einem einheitlichen Gesetzeswerk für Rundfunk und alle Telemedien zu regeln.
Kernpunkt, meine Damen und Herren, sind aus unserer Sicht die Schaffung der Kommission für Jugendmedienschutz, um auf diese Art und Weise eine einheitliche Rechtsanwendung der Medien auf Sicht zu erreichen. Die Kommission wird bei den Landesmedienanstalten als bundesweit tätige Einrichtung ins Leben gerufen. Es ist sichergestellt, dass die Länder vertreten sind, und es ist sicherlich auch ein erstrebenswertes Ziel und Anliegen, die bayerischen Kompetenzen, die in diesem Bereich bestehen, einzubringen.
Die Kommission ist für die abschließende Beurteilung von Fragen des Kinder- und Jugendschutzes zuständig. Damit verbunden ist die zweite Funktion von entscheidender Bedeutung für den Kinder- und Jugendmedienschutz. Sie erkennt die Einrichtungen der freiwilligen Selbstkontrolle an und kann diese auch wieder zurücknehmen. Sie prüft und genehmigt Verschlüsselungs- und Versperrungstechniken – alles wichtige Dinge im Zusammenhang mit dem Medienschutz. Dabei geht es in der Tat um Inhalte, die im Hinblick auf die freiwillige Selbstkontrolle durch die Kommission überprüft werden.
Der Staatsvertrag stärkt darüber hinaus Einrichtungen der freiwilligen Selbstkontrolle der Anbieter. Die staatliche Verantwortung bleibt – um hier manch kritisches Wort aufzugreifen – erhalten. Die Kriterien der Anerkennung dieser Einrichtungen sind sehr eng gesteckt. Die Eignung der Einrichtung als freiwillige Selbstkontrolle wird vorab geprüft und diese Prüfung regelmäßig wiederholt. Das Ordnungskonzept basiert darauf, dass die Einrichtungen ihre Aufgaben eigenverantwortlich wahrnehmen. Sie haben dabei die Satzungen und Richtlinien der Landesmedienanstalten zu beachten. Wird das Ziel eines effektiven Jugendschutzes dabei verfehlt, kann die Anerkennung einer Einrichtung widerrufen werden.
Während die bisherige Selbstkontrolle wegen der unmittelbaren Aufsicht der Landesmedienanstalten eine funktionierende Kontrolle selbst nicht aufbauen konnte und zum Beispiel die gemeinsame Stelle „Jugendschutz“ nur Empfehlungen aussprach, die nicht zu hundert Prozent umgesetzt werden konnten, soll durch die neue inhaltliche Konzeption eine Verbesserung eintreten.
Die genannte Regelung der Kriterien und auch die Zertifizierung sowie die strengen Anforderungen durch ein unabhängiges und sachkundiges Personal, eine sachgerechte Finanzierung und die Richtlinien für die Entscheidung ergeben eine völlig neue qualitative Situation.
Ich bedanke mich für die Zustimmung. Darüber hinaus ist die Möglichkeit, künftig eine Sendung vor ihrer Ausstrahlung einer anerkannten Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle vorzulegen, gegenüber der heutigen Situation eine eindeutige Verbesserung. Heute werden Sendungen immer im Nachhinein geprüft.
Wichtig ist aus unserer Sicht auch, dass der Freistaat Bayern mit einer Protokollerklärung eine Überprüfung innerhalb von drei Jahren anstrebt, wonach die Vernetzung dieser Schutzkonstruktion bei den öffentlichen und privaten Anbietern weiterentwickelt werden kann. Gleiches gilt – das möchte ich noch einmal besonders ans Herz legen – für die Protokollerklärung, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten stärker in dieses gesamte System eingebunden und einbezogen werden und eine einheitliche Plattform gegeben ist.
Das bereits genannte Instrument der freiwilligen Selbstkontrolle wird darüber hinaus ebenfalls nach drei Jahren einer Überprüfung unterzogen. Die Erfahrungen mit den neuen Entwicklungen machen es auf jeden Fall sinnvoll, den gesamten Staatsvertrag nach fünf Jahren einer Überprüfung zu unterziehen. Es erscheint mir auch als bedeutsam, darauf hinzuweisen, dass mit der Neuordnung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern eine eindeutige Abgrenzung, aber auch die Verpflichtung zur Kooperation und Verzahnung der Aufsichtsbehörden erfolgt. Der Bund hat somit künftig die Zuständigkeit für den Jugendschutz bei Filmen, Videos und CD-Roms. Die Länder sind für alle elektronischen Medien unter Einbeziehung sowohl des Rundfunks als auch des OnlineBereichs zuständig. Ich darf in diesem Zusammenhang nochmals darauf hinweisen, dass die Einbeziehung des Internets mit computergenerierten Menschendarstellungen eine wichtige Neuerung im Sinne eines effektiven Kinder- und Jugendmedienschutzes darstellt. In diesen Bereichen gibt es einen besonderen Handlungsbedarf.
Die Beratungen in den beteiligten Ausschüssen haben gezeigt, dass die Akzeptanz und die Notwendigkeit eines solchen Staatsvertrags in großem Umfang vorhanden sind. Die Zustimmung erfolgte in sämtlichen Ausschüssen einstimmig. Hoffnungen und Erwartungen, die mit diesem Weg verbunden sind, lassen sich aber nur dann erfüllen, wenn der Vertrag in der praktischen Umsetzung mit dem notwendigen Leben erfüllt wird. Damit meine ich insbesondere die Funktionsweise der Gremien, der freiwilligen Selbstkontrolle und der Kom
mission für den Jugendmedienschutz. Es ist Aufgabe der Politik, diesen Weg positiv und auch ein bisschen kritisch zu begleiten. Ich bitte deshalb im Namen meiner Fraktion um Zustimmung zu diesem Staatsvertrag.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Dr. Runge.
Herr Staatsminister, welche Kenntnis hat die Staatsregierung davon, dass alle Call-Center der Firma Profectis (Technischer Kundendienst der Firmen Quelle, Neckermann, Karstadt, Fujitsu Siemens, Gorenje und anderer) in Deutschland zum 30. 06. 2003 geschlossen werden und – unter Hinnahme des Verlustes zahlreicher Arbeitsplätze auch in Bayern – nach Dänemark verlagert werden sollen, und welche Anstrengungen sind beabsichtigt, um diese Entscheidungen zu revidieren und um insbesondere auch den dahinter stehenden Firmen mit Stammsitz in Bayern zu verdeutlichen, dass die unter zweifelhaften wirtschaftlichen Erwägungen getroffene Entscheidung gegen die, – zum Beispiel beim früheren technischen Kundendienst von Quelle –, traditionell in Bayern vor Ort beheimatete Service-Infrastruktur auch ein Schlag gegen Kunden und Mitarbeiter insbesondere der bayerischen ElektronikHandelsunternehmen darstellt und zu einem nachhaltigen Image-Verlust dieser Marken führen kann?
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister.
Herr Staatsminister, ich entnehme jetzt Ihren Ausführungen, dass Sie Kenntnis von diesem Vorgang haben und dass Sie seitens der Staatsregierung auch alle Anstrengungen schon unternommen haben, damit dies vielleicht positiv für Nürnberg entschieden werden kann. Sind Sie mit mir einig darin, dass es schon ein Schlag für die Imagepflege, auch insbesondere für die Bestrebungen der Bayerischen Staatsregierung wäre, wenn gerade in diesem Bereich jetzt ein anderer Standort, beispielsweise in Dänemark, von den Firmen ausgewählt würde?
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! An Dreistigkeit ist das Gesagte nicht zu überbieten. Zu dem selbst ernannten Sozialpropheten aus Passau –
und zu all den Vorrednern – der geschätzte Kollege Winter und Frau Stewens, die jetzt wiederum nicht da ist – ist zu sagen: Erinnern Sie sich an die Zeit vor der Wahl. Da sind Herr Kobler, Frau Stewens und der Kandidat Stoiber unterwegs gewesen –
und haben für ein Familiengeld in Höhe von 1200 DM pro Monat für jede Familie geworben. Diese Maßnahme hätte zu einer Unterdeckung von 50 bis 60 Milliarden Mark geführt. Nichts davon konnte gedeckt werden. Nichts davon war realistisch. Nach der Wahl haben Sie das in den Sack gesteckt und diesen wieder zugemacht.
Das sind die Leute, die sich hier hinstellen und erzählen, dass die Deckungsvorschläge fehlen. Das ist dreist, das ist lächerlich.
Kollege Kobler, Sie sprechen von Peanuts im Zusammenhang mit den 20000 Euro für Mütterzentren und Ähnliches. An 50000 Mark ist in diesem Jahr die Weiterführung dieses Netzwerks gescheitert. Davon waren 92 Stellen betroffen. Wie können Sie da von Peanuts sprechen?
Frau Stewens, Sie können mich nachher korrigieren; so ist es aber. Ich habe die Unterlagen da. Wir können nachher noch darüber reden.
Hier wird jedes Mal von Jugend und Zukunft geredet und gesagt: Das Schlimmste daran ist die Ökosteuer. Ich möchte Ihnen einmal sagen, wie es aussähe, wenn wir diese nicht hätten:
Dann wären die Rentenversicherungsbeiträge nicht bei 19,5%, wie es möglicherweise kommt. Dann wären wir bei 21 und mehr Prozent. Das wäre Ihre Politik gewesen.
Das wird auf dem Rücken der Jugend und der Familien ausgetragen. So haben Sie in der Vergangenheit gehandelt.
Sie haben doch diesen riesigen Schuldenberg von 1,5 Billionen DM – das sind 1500 Milliarden – hinterlassen; das kann sich ein Mensch nicht mehr vorstellen. Das war doch die Hypothek, die Sie hinterlassen haben. Sicherlich ist anderes – auch die Weltwirtschaft – dazugekommen. Das waren in erster Linie die Ursachen, und das ist in Zukunft auf dem Rücken der Jugend und der Familien abzudecken. Uns, die wir jetzt die Schwierigkeiten beheben müssen, das vorzuwerfen, ist dreist und töricht. Hinzu kommt, dass Sie in Bayern die Gelegenheit hatten und das Tafelsilber verjubelt haben. Wie viel ist davon für die Jugend und für Bildungsmaßnahmen, für die Familien und Betreuungseinrichtungen hinausgegangen? Sagen Sie es doch.
Das Tafelsilber ist verjubelt worden, ohne dass dafür etwas getan worden ist.
Der Stellenwert der Familien unter Ihrer Regierung Kohl und Waigel und der CSU hier ist vom Bundesverfassungsgericht entsprechend gebrandmarkt worden. Es hat Ihnen in das Stammbuch geschrieben, was in der Vergangenheit passierte. Sie vergessen das, aber wir nicht, und wir werden es Ihnen immer wieder sagen.
Hinzu kommt auch der haus- und bayerngemachte wirklichkeitsfremde CSU-Familienfundamentalismus – anders kann man das nicht bezeichnen –, der zu all diesen Versäumnissen in der Betreuungssituation bei Krippen und Horten in der Vergangenheit geführt hat.
Sie haben überhaupt nicht erkannt, dass 80% der jungen Frauen und Mütter natürlich ein Interesse an einer Familie und an Kindern haben. Dass sie auch beruflichen Erfolg haben wollen, haben Sie nicht mitbekommen. Jetzt laufen Sie der Sache hinterher. Natürlich werden jetzt diese gut ausgebildeten jungen Frauen und Mütter dringend gesucht. Das hören Sie selbst in einer Zeit, in der es im Arbeitslosenbereich Schwierigkeiten gibt, an allen Ecken. Sie haben das auf den Kopf gestellt.
Ich rede jetzt weiter, und zwar so, dass hinterher jedermann noch etwas sagen kann. Ich habe nicht so viel Zeit wie Sie. – Wie wir wissen, ist Bayern beispielsweise bei all diesen altersgemischten Gruppen in den Kindertagesstätten mit 0,7% – Bundesdurchschnitt 8,1% – das Schlusslicht. Dass der Freistaat mit 1,36% auch bei den Krippen und bei den Horteinrichtungen das Schlusslicht ist, kommt nicht von ungefähr. Frau Stewens, Sie kommen wieder mit Ihrem Zahlenlotto, das Sie nicht einmal haben durchhalten können, als ich Ihnen die Zahlen in der mündlichen Fragestunde vorgehalten habe. Da mussten Sie sagen, natürlich gebe es mehr Einrichtungen. Aber von wem werden sie geför
dert? Doch nicht von Ihnen, sondern insbesondere auch in München von den Kommunen, von den Privaten und vor allem von den Eltern, die das übernommen haben.
Es ist eine Chuzpe, dass man hier in Bayern so tut, als sei das alles selbstverständlich, während in den anderen Bundesländern ordentlich und korrekt gezählt wird. Hinterher heben Sie sich an die Spitze und sagen, aber bei uns sei es tatsächlich besser. Ich halte das für einen familienpolitischen Fundamentalismus, der – auch jetzt – Generationen geschadet hat.
Auch die Bildungssituation ist ein Teil der Familienpolitik. Wo sind all die Mahnungen aus der Wirtschaft, von den Kirchen, den sozialen Verbänden und aus allen gesellschaftlichen Gruppierungen bei Ihnen angekommen, die mit Blick auf ausreichende Angebote an Ganztagsschulen im ganzen Lande zu hören waren. Diese Mahnungen sind bei Ihnen bis heute nicht angekommen. Damit versündigen Sie sich an mindestens 20 bis 25% der Schüler und Familien, die dieses Angebot gerne in Anspruch nähmen.
Es wird immer so getan, als seien die Einrichtungen gerade in den Kindergärten total in Ordnung. Ich habe mich in verschiedenen Bezirken und Großstädten umgehört. Sehr geehrte Frau Ministerin, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie meiner Anregung folgten, insoweit endlich ordentliche statistische Zahlen zu erheben.
Nach den Fürther Nachrichten von gestern, Dienstag, 12. November, sei in der Stadt Fürth – bisher sechs Jahre – vom CSU-Kollegen Wenning als Oberbürgermeister betrieben und an den SPD-Oberbürgermeister übergeben – die Kindergartensituation ausgesprochen zufriedenstellend und ein Versorgungsgrad von 97% genannt worden. In Wahrheit fehlen dort – so ist inzwischen festgestellt worden – über 700 Einrichtungsstellen, weil die Zahlen nicht korrekt sind und von drei Jahrgängen – statt wie häufig 3,5 Jahrgängen – ausgegangen wird. Diese Tatsache wird von Ihnen nicht einbezogen. Das heißt, wir haben geschönte Statistiken. Ich bitte Sie, dem nachzugehen, weil das die Situation bei den Kindergärten durchaus unter einem anderen Blickwinkel sehen lässt. Wenn Sie sich umhören, werden Sie in anderen Großstädten die gleiche Tendenz vernehmen. In Nürnberg – ehemals CSU-Oberbürgermeister Scholz – ist die gleiche Tendenz feststellbar.
Ich fordere Sie deswegen auf, endlich verlässliche Zahlen für Ganztagsbetreuungen für Kinder in ganz Bayern vorzulegen und sich an den Auftrag zu machen, den Sie auch vom Bundesverfassungsgericht haben: einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz – ganztags und flächendeckend in ganz Bayern – zu verwirklichen. Darum geht es.
Was die Höhe der Mittel für Betreuungseinrichtungen betrifft, können Sie sich natürlich auf einen bescheidenen Zuwachs berufen. Aber warum? Weil Sie von einem Level ausgehen, der gerade bei den Betreuungseinrich
tungen so gottserbärmlich niedrig ist, dass auf diesem Gebiet einfach etwas getan werden muss, sonst fallen Sie völlig durch den Rost.
Natürlich ist es notwendig, auf diesem Gebiet etwas zu tun. Aber weder wir noch die Bevölkerung nehmen es Ihnen ab, die Versäumnisse in der Vergangenheit als Erfolge für die Zukunft zu verkaufen.
Ich habe mir die Zahlen im Haushaltsplan sehr genau angesehen: danach sollten schon ab 2002 6000 zusätzliche Betreuungsplätze gefördert werden. Diese Zahlen habe ich mir von Ihnen geben lassen. Ich verspreche Ihnen, wir werden 2002 Bilanz ziehen und dann sehen, ob Sie diese Zahlen tatsächlich eingebracht haben. Meinen Argwohn dürfen Sie mir nicht nachtragen; denn wir haben schon in der Vergangenheit ähnliche Zahlentricks gehört. Ich denke nur an die 600 Millionen DM bei der BSE-Verbraucherschutzkrise und an die 600 Millionen DM bei der inneren Sicherheit, die bei den Betroffenen nie gänzlich angekommen sind. Wir werden also vorsichtig sein und die Zahlen überprüfen.
Die Geschichte mit dem Landeserziehungsgeld ist das tollste. Ich stehe außerhalb Bayerns nirgendwo an zu sagen, Bayern sei das erste Land gewesen, in dem ein Landeserziehungsgeld eingerichtet worden sei. Nur hat Bayern seit 1989 dazu nichts mehr getan. Das heißt, wir haben zum einen deshalb, weil es der Bund getan hat, die Einkommensgrenzen bescheiden angehoben und für das dritte Kind – schauen Sie sich die Höhe der Zahlen an, sie ist minimal – wenigstens einmal die Höhe des Bundeserziehungsgeldes erreicht. Im Übrigen haben wir nichts erreicht.
Das bedeutet im Klartext, dass im Augenblick, während es 1989 noch etwa 80% gewesen sind, die Bundeserziehungsgeld und dann auch Landeserziehungsgeld bekommen haben, inzwischen 35% und weniger Bundesund Landeserziehungsgeld bekommen. Das heißt, das Landeserziehungsgeld kann nur noch von der Hälfte derer in Anspruch genommen werden, die es 1989 konnten.. Deswegen kann ich nur sagen: Das ist inzwischen überholt und da muss vor allem dann etwas getan werden, wenn man wie Frau Stewens sagt: Wir sind das wirtschaftlich starke Bayern. Dann tun wir doch etwas, wenn wir schon so stark sind, worauf wir alle stolz sind. Ich verstehe aber nicht, dass Sie sich dann, wenn Sie die Angebote des Bundes in Höhe von 4 Milliarden DM für die Ganztagsschulen bekommen, die für die nächste Zeit in Aussicht gestellt werden – der Bund hat im Übrigen gerade in der letzten Legislaturperiode für die Familienpolitik unglaublich viel getan: sowohl finanziell als auch für das gesamte Umfeld, für die Teilzeitarbeit, für den gesamten Arbeitsbereich, für die Möglichkeit für Väter, in der Familie tatsächlich mitzuwirken – zurücklehnen und so tun, als sei das für Sie nicht interessant. Diese Versäumnisse an den jungen Menschen, die
damit herbeigeführt werden, werden Ihnen später um die Ohren gehauen werden müssen.
Ich hätte hierzu noch weitere Punkte, aber die Zeit meines Redebeitrags geht zu Ende. Ich möchte daher zusammenfassen: Die Haushaltsrede und die – meines Wissens nur männlichen – Kollegen aus den Reihen der CSU haben gezeigt, dass Sie sich – die Staatsregierung und die CSU – von ideologischen Familienbegriffen noch nicht freigemacht haben.
Das zeigt aber auch, dass Sie die familienpolitischen Wundertüten, die Sie uns jetzt vorhalten, im Grunde mit einer Reihe von Nieten vollgestopft haben.
Eines möchte ich Ihnen auch sagen: Wer Anträge der SPD und der Grünen ablehnt, die sich beispielsweise auf eine Verbesserung der Maßnahmen zur Durchführung der Insolvenzordnung beziehen, die Maßnahmen zur Gleichstellung und Integration von Menschen mit Behinderung zum Inhalt haben, die die Förderung von Kontaktstellen verbessern wollen, die die Förderung von Mütterzentren und die Förderung der Jugendsozialarbeit an Schulen zum Inhalt haben, die die Förderung von Gleichstellungs- und frauenpolitischen Maßnahmen betreffen, wer all das ablehnt und hier sagt, die geforderten zusätzlichen 20000,00 e für die Mütterzentren sind nur Peanuts, dem kann ich nur entgegenhalten, dass wir diese Einstellung ablehnen. Wir lehnen diesen Haushalt deshalb ab, und die Menschen vor Ort werden verstehen, warum wir das getan haben.
Nein, ich ziehe nicht zurück.
Frau Präsidentin, meine Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich natürlich gefreut, dass ich den Herrn Goppel noch vor mir habe. Jetzt habe ich gehört, dass er verzichtet. Gehen wir also auf die Kolleginnen und Kollegen ein, die vor mir gesprochen haben. Ich will auch nur zwei Punkte dazu erwähnen.
Herr Unterländer, ich schätze sie als einen wirklich redlichen Politiker, der versucht, im Rahmen der Möglichkeiten, die ihm die CSU bietet, in Sachen Familie sein Bestes zu geben. Wer aber mit dem Finger auf andere zeigt, auf den zeigen drei Finger wieder zurück. Sie können sich nicht hierher stellen und glauben, den anderen ein Sündenregister öffnen zu dürfen. Ich erwähne das auch angesichts der Probleme, die wir zur Zeit mit den Finanzen haben. Ich habe vorhin schon gesagt, worin die Gründe liegen. Dazu gehören natürlich auch die Probleme im Wohnungsbau. Wie können wir dem entgegensteuern, dass die Familien von diesen Problemen überproportional betroffen sind? Ich sage Ihnen auch an dieser Stelle, auch in dem Moment – –
Jetzt kommt er doch, jetzt traut er sich.
Ich habe Ihnen schon gesagt, wir kämpfen zusammen mit Renate Schmidt darum, dass unsere Schuldenlast bereinigt wird, und davon darf möglichst wenig der Wohnungsbau für die Familien betroffen sein. Sie wissen, dass beim Wohnungsbau Verbesserungen eingetreten sind. Sie wissen auch, dass wir uns in dieser Frage sehr offen der Kritik aussetzen. Sie wissen auch, dass wir bereit sind, mit Ihnen hier im Landtag oder wo auch immer den Streit darüber auszufechten. Hier agieren wir anders als Sie. Sie agieren nicht offen, Sie agieren in diesen Fragen verdeckt und heimlich, ohne den Betroffenen eine Chance zu geben, sich zu wehren.
Ich erwähne ein Beispiel, welches schon einmal kurz angesprochen worden ist. Ich glaube, es ist unglaublich familienfeindlich, sich so zu verhalten, wie es Ihre Ministerien in Bayern tun. Ich darf dazu noch einmal auf die „Nürnberger Nachrichten“ vom 9./10. November verweisen. In einem Artikel wurde davon berichtet, dass ein 37 Jahre alter Familienvater mit zwei Kindern im Altern von 11 Monaten und dreieinhalb Jahren Ende September in dem für ihn zuständigen Landratsamt ein Beratungsgespräch hatte. Bei diesem Beratungsgespräch ging es um die Eingabepläne für sein Einfamilienhaus. Er musste
zwischenzeitlich über zwanzig Einzelnachweise liefern. Über Nacht bekam das Landratsamt per E-Mail von Ihren Ministerien die Anweisung, dass das bisher einkalkulierte billige Baudarlehen des Freistaates Bayern in Höhe von 23300 e nicht mehr ausgezahlt werden dürfe. Der Familienvater müsse sich jetzt an eine Bank wenden und zusätzlich einen Kredit von 12500 e aufnehmen. Damit wird die monatliche Belastung für diese vierköpfige Familie über viele Jahre hinweg wesentlich höher sein, als es bisher einkalkuliert war. Ohne jede Vorwarnung und ohne jede Möglichkeit, sich darauf einzustellen, ergeht diese Weisung per E-Mail an alle Gebietskörperschaften und nachgeordneten Behörden. Die Haushaltssituation verbietet sogar eine moderate Übergangslösung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der CSU, das ist Ihre Art Politik zu betreiben. Das wirkt sich zu Lasten der Menschen vor Ort aus. Diese Art von Politik ist pharisäerhaft. Auf diese Art und Weise werden wir in Bayern mit den Menschen und vor allem mit den Familien nicht umgehen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Dr. Goppel.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Als ich gestern Ihren Antrag gelesen habe, habe ich mir gedacht: Ganz schön dreist, da stellt sich die CSU doch tatsächlich hin und tut so, als wäre die Vergangenheit nicht gewesen, als gäbe es keine jahrzehntelange Politik, die zu astronomischen Schulden in Höhe von 1,5 Billionen Mark geführt hat, welche wir übernehmen mussten.
Kommen Sie jetzt bitte nicht allein mit der deutschen Einheit. Sehr viele andere Ursachen wurden ganz speziell von Ihnen gesetzt.
Ihr Herr Parteivorsitzender und Finanzminister war dafür verantwortlich.
Sie mäkeln nur herum, wenn es uns darum geht, das zu reparieren, was Sie an Chaos hinterlassen haben. Diese Arbeit ist jetzt notwendig.
Die Sparpolitik, die jetzt notwendig ist, und die Konsolidierung des Haushaltes, welche jetzt gerade läuft, sind echte Familienpolitik. Denn wir wollen nicht wie Sie die Familien und deren Kinder in der Zukunft belasten.
Sie wissen es doch: Was soll eine junge Familie, die noch kein so hohes Einkommen hat, tun, wenn sie vom Vater ein Haus vererbt bekommt, auf dem noch eine Million Mark Schulden lasten. Sie würden auch sagen, das war keine gute Politik, wenn nur Schulden übernommen werden müssen. So haben Sie es aber gemacht.
Sie waren kein guter Familienvater, darum kommen Sie nicht herum.
Es ist schon dreist, die Auswirkungen jetzt zu beklagen, obwohl man sie selbst mit verursacht hat.
Das schönste, was ich vom Kollegen Unterländer gehört habe, war, dass er auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1998 Bezug genommen hat. Dieses Urteil war überhaupt die Ohrfeige für Waigel & Co. und deren Politik in der Vergangenheit. Dieses Urteil müssten Sie wie die Bibel jeden Tag wieder lesen. In diesem Urteil steht das, was Sie versäumt haben.
Dieses Urteil enthält Anleitungen, die Sie vielleicht für die Zukunft bräuchten.
Ich habe mich gewundert, dass Sie bei allen Ihren Ausführungen die Chimäre vom Familiengeld überhaupt nicht mehr erwähnt haben. Dieser Begriff kommt schon gar nicht mehr vor. Vielleicht ist bei Ihnen inzwischen auch das angekommen, was Herr Borchert gesagt hat. Er ist der Berater von Roland Koch und übrigens auch ein enger Freund von Herrn Stoiber. Herr Koch hat auch eigene Vorstellungen über bestimmte Einschnitte bei der Sozial- und Arbeitslosenhilfe gehabt. Er hat zu den Einschnitten bei der Sozial- und Arbeitslosenhilfe insbesondere für die Familien gesagt, die bislang möglichen Kürzungen zur Sanktion von Arbeitsunwilligkeit würden
eigentlich nur bei alleinstehenden Kinderlosen wirken. „Welche Ungerechtigkeit“, kann ich da nur sagen. Dies sagte Herr Koch.
Einer derer, die diese Aussage massiv kritisiert haben, war wiederum der Richter am Verwaltungsgericht in Frankfurt, Jürgen Borchert. Er war enger Berater von Herrn Koch. Er ist daher auch für Sie zuständig. Er sagte, dass das Familiengeld, über das Sie im Wahlkampf gesprochen haben, das Sie nach dem Wahlkampf aber gar nicht mehr erwähnen, den Familien gar nicht helfen könne. Sie hätten damit den Familien einen Bärendienst geleistet. Tatsache war, dass die 25 Milliarden e, die dieser Vorschlag gekostet hätte, nicht gedeckt waren. So etwas ist für einen Fiskalpolitiker überaus unseriös. Das aber haben Sie im Wahlkampf in die Welt gesetzt. Damit haben Sie versucht, Familien zu fangen. Heute ist das Familiengeld offensichtlich kein Thema mehr. Von wegen Versprechen halten und Versprechen brechen, wir haben über Sie jetzt ganz gute Erfahrungen gewonnen.
Sie, die CDU und die CSU, haben unter Waigel & Co. den Familien die materiellen Grundlagen entzogen. Sie haben ein familienfeindliches Steuerrecht aufrecht erhalten. Die Ungerechtigkeiten sind bei Ihnen eklatant gewachsen. Zur Vereinbarkeit von Familie, Kindern und Beruf – heute ist es in Ihren Worten sogar angeklungen, Herr Unterländer, und das nehme ich Ihnen auch ab – haben Sie in den vergangenen Jahren nichts, aber auch gar nichts beigetragen. Sie haben auf allen Gebieten – egal ob in der Umweltpolitik, der Sozialpolitik oder der Gesundheitspolitik – familienfeindliche Politik betrieben. Wir haben nicht vergessen, dass Sie für Kinder, die nach 1988 geboren sind, die Übernahme der Kosten für Zahnersatz streichen wollten. Das war doch Ihre bis ins Detail ausgeklügelte Politik.
Das ist jetzt repariert worden. Darum müssen wir uns kümmern. Jetzt aber sagen Sie, alle diese Missstände seien der alten und neuen Bundesregierung in die Schuhe zu schieben. So ist es weiß Gott nicht.
Ich halte es daher schon für dreist, dass Sie in Ihrem Antrag sagen, die Familien gehörten erneut zu den Verlierern. Damit – Ihr Ministerpräsident würde „verarschen“ sagen, ich sage es aber nicht, weil es unparlamentarisch ist – täuschen und irritieren Sie die Menschen. Zu dieser Lügenpolitik sollte man sich schon einmal die Gegenargumente anhören. Gerade in diesem Haus sollten gewisse Statements seriös abgegeben werden.
Deswegen möchte ich noch einmal an das erinnern, was in den letzten vier Jahren abgelaufen ist. Trotz schwierigster finanzieller Verhältnisse wurde der von Ihnen verursachte Reformstau in vergangenen Legislaturperiode mit zahlreichen materiellen Verbesserungen zugunsten der Familien aufgelöst. Das Kindergeld wurde seit 1998 von 112 e auf 154 e – also um mehr als ein Drittel – erhöht. Die kindbezogenen Freibeträge wurden von 2274 e auf 5508 e verdoppelt. Die erwerbsbedingten Betreuungskosten sind seit Anfang dieses Jahres steuerlich abzugsfähig. Die große Steuerreform hat gerade
auch bei den Familien dazu geführt, dass ein Ehepaar mit zwei Kindern im Jahr 2002 erst ab einem Bruttoeinkommen von über 34000 e Einkommensteuer zahlt. Die Rentenreform hat durch die Höherbewertung der Beitragszeiten für Kindererziehung eine eigenständige Alterssicherung von Frauen ermöglicht.
Natürlich ist dies das Verdienst dieser rot-grünen Bundesregierung in der vergangenen Legislaturperiode. Darauf nehmen wir auch Bezug, wenn es darum geht, Vorsorge für die Zukunft zu treffen.
Seite 1986 sind die Einkommensgrenzen für das Bundeserziehungsgeld nicht mehr verändert worden. Beim Landeserziehungsgeld in Bayern war es nicht anders. Natürlich haben inzwischen mehr Familien Anspruch auf Erziehungsgeld. Auch die Ausbildung der Kinder – ein wichtiger Punkt – wird finanziell besser gefördert. Aufgrund der BAföG-Reform beziehen 100000 mehr Schülerinnen, Schüler, Studentinnen und Studenten finanzielle Unterstützung. Auch hier sind die Einkommensgrenzen deutlich angehoben worden.
Sie haben von Arbeit und Wirtschaft gesprochen. Auch die Rahmenbedingungen in der Arbeitswelt wurden deutlich verbessert.
Zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf wurde die Elternzeit flexibilisiert. Seit 1. Januar 2001 können Väter und Mütter gleichzeitig Elternzeit nehmen. Sie können in dieser Zeit bis zu 30 Stunden arbeiten. Neu eingeführt wurde der Rechtsanspruch auf Teilzeit in Betrieben mit mehr als 15 Beschäftigten. Usw., usf. Wenn Sie also sagen, es sei in diesen Jahren nichts für die Familie getan worden, dann irritieren Sie oder – wie Ihr Ministerpräsident sagen würde – verarschen Sie die Bevölkerung.
Ich nehme diesen Ausdruck mit dem Ausdruck des Bedauerns zurück, aber ich freue mich über die eindeutige Feststellung, die Sie dazu getroffen haben.
Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, mit dieser Politik wurde in der Bundesrepublik und in Bayern wenigstens ansatzweise ein familienfreundliches Klima geschaffen, und zwar in der Gesellschaft, in der
Wirtschaft – um die es uns auch geht – und in der Politik. Darauf sind wir stolz.
Deswegen werden in der neuen Legislaturperiode vor allem die Ansätze verwirklicht, die auch in der Koalitionsvereinbarung enthalten sind. Das bedeutet die Erhöhung der Zahl der Ganztagsplätze bei Kindertagesstätten, die Verbesserung des Angebots an Ganztagsschulen und der Bildungsangebote. Wir wollen das gemeinsam mit allen Beteiligten tun, nicht über die Köpfe hinweg. Das heißt, wir arbeiten mit den Kommunen, den Ländern und den sonstigen Trägern zusammen. Ich glaube, diese Angebote sollten Sie im Interesse der Familien und der Jugend annehmen.
In der Zeit von 2003 bis 2007 sollen mit 4 Milliarden e 10000 zusätzliche Ganztagsschulen in Deutschland geschaffen werden. Die Betreuung von Kindern unter drei Jahren, die gerade von der Bayerischen Staatsregierung jahrzehntelang sträflich vernachlässigt worden ist, und zwar aus rein fundamentalistischen Gründen, muss qualitativ und quantitativ deutlich verbessert werden. Dafür soll speziell den Kommunen ab 2004 jährlich ein Betrag von 1,5 Milliarden e zur Verfügung stehen. Das bedeutet, dass alle, die an der Betreuung beteiligt sind, von der Bundesregierung alsbald zu einem Gipfel für Bildung und Betreuung eingeladen werden, um gemeinsame Vereinbarungen für eine bedarfsgerechte und qualitativ hochwertige Kinderbetreuung zu treffen.
Die nächste Stufe der Steuerreform soll die Familien weiter entlasten und die steuerliche Abzugsfähigkeit von Betreuungskosten ausbauen. Es gilt, alle Anstrengungen zu unternehmen, um die gerade in Bayern in den letzten Jahren dramatisch angestiegene Armut bei Jugendlichen und Familien zu vermindern. Herr Kollege Unterländer, genau das haben wir in einer der letzten Sitzungen miteinander besprochen. Wir haben feststellen müssen, dass der Anstieg auf diesem Gebiet gerade in Bayern eklatant gewesen ist. Das heißt, hier besteht akuter Handlungsbedarf. Deshalb kann ich Ihnen nur sagen, statt an dem herumzumäkeln, was im Augenblick an Vorschlägen, Ausarbeitungen und Plänen des Bundes auf dem Tisch liegt, sollten Sie lieber Ihre Hausaufgaben hier in Bayern machen.
Die Mängelliste ist lang, wobei ich nur einige Mängel nennen will. Die Schaffung von Betreuungseinrichtungen mit Ausnahme der Kindergärten – weil hier insbesondere die Kommunen zuständig sind – haben Sie schlicht verschlafen. Das heißt, Sie haben die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Sie haben das auch deswegen nicht getan, weil Sie bei Krippen eine fundamentale Einstellung vertreten haben. Das Gleiche gilt für die Ganztagsschulen. Wenn wir sagen, dieses Angebot ist notwendig, sind Sie vor allem deswegen dagegen, weil Sie offensichtlich fundamentale Bedenken und schlechte Erinnerungen haben, auch wenn ich nicht weiß, welche. Auf jeden Fall erweisen Sie den Familien und den jungen Menschen in diesem Lande einen Bärendienst, wenn Sie in dieser Verweigerungshaltung verharren.
Das Angebot der Ganztagsschulen fehlt. Das habe ich gemeint. Die Mittagsbetreuung, die von Ihnen im Munde geführt wurde, wurde weitestgehend auf Kosten der Kommunen und der Eltern durchgeführt. Sehr geehrter Herr Unterländer, Herr Goppel, wenn Sie von 313 Millionen e für die Zukunft sprechen, dann kann ich Sie nur fragen: Was ist das für eine Politik wenn gleichzeitig Mitte dieses Jahres das Netzwerk „Mütterzentrum“ kaputt gemacht wird, weil man nicht einmal 50000 e übrig hat?
Die Leute müssen sich doch darauf verlassen können. Sie können doch nicht einfach sagen, in Zukunft werden es 313 Millionen e sein. Hier geht es darum, dass das getan wird, was im Augenblick wichtig ist.
Jetzt machen wir erst einmal weiter. Nachher können wir miteinander sprechen.
Zu den Horten und Nachmittagseinrichtungen kann ich nur den CSU-Kollegen Deimer vom Bayerischen Städtetag zitieren, der erst in der letzten Woche ausdrücklich bedauert hat, dass der Freistaat Bayern nicht bereit ist, sich seiner bildungspolitischen Verantwortung zu stellen. Hier heißt es: „Während die Kommunen zusammen mit den freien Trägern in den nächsten fünf Jahren 27000 zusätzliche Betreuungsplätze für Schülerinnen und Schüler in Horten und Nachmittagseinrichtungen schaffen, will der Freistaat selbst lediglich 30 Ganztagsschulen einrichten. Darüber hinaus weigert er sich, erzieherisches Personal wie Sozialpädagogen an den Schulen einzustellen. Deimer dazu: ‚Es ist ein Irrweg, die Kommunen als Ausfalllbürgen in der Bildungspolitik des Freistaates in Anspruch zu nehmen.‚ “
Das ist die Situation, die wir hier in Bayern haben und mit der wir uns auseinander setzen müssen, wobei Sie etwas ändern müssen und könnten, wenn Sie es denn wollten. Dazu gehört auch das Landeserziehungsgeldgesetz. Es ist überfällig, dass in dieses Gesetz alle Familien einbezogen werden, wie es beim Bundeserziehungsgeld der Fall ist. Da ist immer noch nichts passiert.
Inzwischen sind wir so weit, dass von denen, die im ersten Lebensjahr ihres Kindes Bundeserziehungsgeld in Anspruch nehmen, nur noch knapp ein Drittel in den Genuss des Landeserziehungsgeldes in Bayern kommt. Ich meine, Sie sollten sich überlegen, was dringend notwendig ist. Offensichtlich sind Sie auch nur dann in der Lage, etwas gegen die Ausgrenzung der Familien zu tun, wenn Sie durch ein Gerichtsurteil dazu angehalten werden. Das ist in der Zwischenzeit geschehen. Ich kann Sie nur auffordern: Tun Sie etwas. Es ist dringlich. Der Anstieg der Armut bei Jugendlichen und Familien mit Kindern in Bayern ist enorm.
In der Familienpolitik brauchen wir das Zusammenwirken aller gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Kräfte und der Politik auf allen Ebenen. Hier Obstruktionspolitik zu betreiben, Kolleginnen und Kollegen von der CSU, das ist familienfeindlich. Die rot-grüne Koalitionsvereinbarung zeigt, dass man die Interessen der jungen Menschen und Familien zum Schwerpunkt dieser Legislaturperiode gemacht hat. Wie vor der Wahl versprochen, gilt dies auch für eine nachhaltige und gerechte Wohnungspolitik, insbesondere für das Bekenntnis der Regierung, Wohnen zur Miete und im Eigentum als gleichberechtigte Wohnformen anzuerkennen. Gleiches gilt für die beabsichtigte Stärkung des genossenschaftlichen Wohnungsbaus, die klare Prioritätensetzung bei einer integrierten Stadtentwicklung mit dem Ziel, das Wohnen in der Stadt attraktiver und sicherer zu gestalten. Was die Wohnungsbauförderung betrifft, ist die SPD der Ansicht, dass der Wohnungsbau auch in Zukunft staatliche Anreize braucht. Dafür werden wir uns in konstruktiver Weise in Berlin einsetzen.
An Sie richte ich als Familienpolitiker den Appell: Kommen sie aus Ihrem Schmollwinkel und Ihrer Verweigerungsecke nach der verlorenen Bundestagswahl heraus. Machen Sie, statt Obstruktion und Fundamentalverweigerung zu betreiben – was insbesondere für die Ganztagsschulen gilt –, endlich mit, wenn es darum geht, die Lebens-, Bildungs- und Wirtschaftsbedingungen für Jugendliche und Familien in Bayern und in Deutschland nachhaltig zu verbessern.
Herr Staatssekretär, zunächst möchte ich mich für die etwas komplizierte Fragestellung entschuldigen. Angesichts des ständig wechselnden Zahlenlottos aus dem Sozialministerium war dies leider nicht anders möglich. Meine Frage lautet: Angesichts der Tatsache, dass im ifb-Familien-Report Bayern 2000 – Ausgabe April 2001 mit Vorwort von Ministerin Stewens – festgestellt wird, dass in Bayern in 167 Kinderkrippen 5559 Kleinkinder bis zu drei Jahren (Versorgungsgrad 1,4%), sowie in Kindergärten weitere 1334 Kinder bis zu drei Jahren betreut werden und dies mit den Zahlen in der Interpellation „Ganztagsbetreuung in Bayern“ interjection: (Drucksache 14/5261 vom Oktober 2001) übereinstimmt interjection: (dort ergänzt um 2164 Stellen in der Tagespflege und 230 im Netz für Kinder – insgesamt also 9287 Plätze – 2,4%) , frage ich die Staatsregierung, wie viele Plätze wo interjection: (aufgeteilt nach Regierungsbezirken) und durch wen finanziert plötzlich entstanden sind, damit Frau Ministerin Stewens am 18. Oktober 2001 von 12750 Plätzen interjection: (= 3,5%) und am 5. Juli 2002 in Bayreuth sogar von 8% interjection: (also circa 29000 Plätze für Kleinkinder im Alter bis zu drei Jahren) sprechen kann?
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Bitte, Herr Staatssekretär.
Herr Staatssekretär, mit welchem Recht zieht die Staatsregierung bei Betreuungsangeboten auch die Zahlen über Tagesmütter, Tageseltern und privat finanzierter Stellen heran, obwohl diese allein von den Kindereltern bzw. den Jugendämtern bezahlt werden? In keinem anderen Bundesland werden diese Plätze als vom Staat geschaffene Stellen bezeichnet.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Bitte, Herr Staatssekretär.
Eine Vorbemerkung: Herr Staatssekretär, Sie haben sich um die Antwort auf die Frage nach den Tageseltern gedrückt. Deshalb werde ich das noch einmal hinterfragen. Nachdem die Staatsregierung so großen Wert auf die zur Verfügung stehenden Plätze bei Tagesmüttern und Tageseltern legt, frage ich Sie, warum die Staatsregierung in den vergangenen Jahren ihrer Regierungsverantwortung nichts dafür getan hat, Tagesmütter versicherungsrechtlich im notwendigen Maße abzusichern? Welche Anstrengungen will die Staatsregierung unternehmen, um dies zu ändern, damit sie wenigstens einen Teil ihres Beitrages leistet, wenn sie schon die dadurch geschaffenen Stellen auf ihrer Habenseite verbucht?
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Bitte, Herr Staatssekretär.
gungsgrad von 3,5%. Wir wollen bis zum Jahr 2006 auf einen Versorgungsgrad von 5,7% kommen. Das soll mit den Mitteln erfolgen, die der Freistaat Bayern zur Verfügung stellt.
Sie wissen, dass wir ein Gesamtpaket im Umfang von 600 Millionen DM bzw. 313 Millionen Euro geschnürt haben. Wir wollen pro Jahr 1000 neue Plätze schaffen. Auch in dem Feld, das Sie angesprochen haben, wollen wir neue Wege gehen. Wir haben deshalb einen neuen Modellversuch mit 150 Plätzen gestartet, über den die Ministerin das Hohe Haus informiert hat. Wir werden sehen, wie dieser Modellversuch läuft. Dabei geht es auch um die von Ihnen erwähnte Frage der entsprechenden Absicherung. Dieser Versuch ist vor kurzem angelaufen. Ich halte das für richtig. Wir brauchen nicht nur feste Einrichtungen, sondern müssen auch bereit sein, neue Wege zu gehen. Über diesen Modellversuch tun wir das. Ich halte das für einen richtigen Ansatz.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Eine Zusatzfrage: Frau Kollegin Steiger.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin Stewens, von der Entdeckung der Familienpolitik mit Blick auf die GRÜNEN zu sprechen, steht denjenigen nicht gut an, die den familienpolitischen Bedarf jahrzehntelang überhaupt nicht erkannt haben und die sich in 18 Jahren Kohl und Waigel der Realität verweigert haben. Sie haben die Zahlen nicht zur Kenntnis genommen, hinter denen sich die Bedürftigkeit der Familien verbirgt.
Unter der Politik der vergangenen Jahre haben die Kinder, die Familien mit Kindern und die Alleinerziehenden mit Kindern gelitten. Nehmen Sie zur Kenntnis, was im Rahmen eines Gutachtens vom federführenden Deutschen Jugendinstitut in München an Zahlen herausgearbeitet worden ist.
In der Zeit von 1982 bis 1990 hat sich die Zahl der Sozialhilfeempfänger unter sieben Jahren von 110000 auf 270000 mehr als verdoppelt. Wenn wir die besondere Situation der deutschen Einheit außer Acht lassen, stellen wir fest: Die Zahl hat sich bis zum Ende der Regierungszeit von Kohl und Waigel auf 330000 verdreifacht. Bei den Sieben- bis Elfjährigen hat sich die Zahl der Sozialhilfeempfänger von 76000 auf über 190000 mehr als verdoppelt. Diese jungen Menschen sind Opfer der erzkonservativen Familienpolitik, die Sie in der Vergangenheit gepflegt haben.
Wenn Sie sich heute hier herstellen und behaupten, dass Rheinland-Pfalz von Bayern abgeschrieben habe, verdrehen Sie die Tatsachen, wie man es sich schlimmer nicht vorstellen kann.
Die angeblichen Verbesserungen, die wir in Bayern haben, sind Versuche, die Tagesbetreuung auf dem Rücken der Eltern und Kommunen auszutragen. Sie verweigern von vornherein jede Bezahlung. Sie wollen die Ganztagsschule gar nicht. Das haben Sie oft genug zur Kenntnis gegeben. Sie haben den Familien die materiellen Grundlagen im Bund und in Bayern entzogen. Dabei kannten Sie keine Schamgrenze. Darauf sollte man immer wieder hinweisen.
Niemand hat vergessen, dass Sie sogar die Zahnersatzkosten für die nach 1988 Geborenen gestrichen haben. Das war CSU-Familienpolitik. Daran müssen Sie sich messen lassen. So haben Sie gehandelt.
Dass es anders geworden ist, ist nur unserer Bundesregierung zu verdanken. Die Verbesserungen beim Kindergeld, die Elternteilzeit, die Kinderfreibeträge, die Erhöhung des Bundeserziehungsgeldes oder die Anhebungen beim Existenzminimum sind Maßnahmen, welche dringend notwendig waren und deren Bedarf Ihnen das Bundesverfassungsgericht 1998 massiv vorgehalten hat.
Frau Ministerin, es ist bezeichnend, dass die Staatsregierung bis heute kein Wort zum 11. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung verloren hat. Dieser Bericht ist nicht von der Bundesregierung, sondern von unabhängigen Sachverständigen ausgearbeitet worden. Die Darstellung der Betreuungssituation in Kinderkrippen und Kinderhorten in diesem Bericht ist für die Bayerische Staatsregierung wie ein Offenbarungseid. Statt der von Ihnen selbst gebastelten Zahlen, von denen Sie heute wieder gesprochen haben, nenne ich Ihnen die Zahlen, die 1999 festgestellt worden sind: pro 100 Kinder unter drei Jahren werden 1,36 Krippenplätze vom Freistaat Bayern mitfinanziert. Damit steht Bayern auf dem vorletzten Platz. Bei altersgemischten Gruppen werden 0,7 Plätze mitfinanziert. Damit stehen wir auf dem letzten Platz. Ganztageseinrichtungen fehlen zu 70%. Sie haben die Spielwiese „Netz für Kinder“ entdeckt und jährlich mit 8 Millionen ausgestattet. Die vernichtende Kritik des Obersten Rechnungshofes daran haben Sie nicht erwähnt. Sie haben nicht davon gesprochen, dass es beim Netz für Kinder keine Altersmischungen gibt und dass die Öffnungszeiten für erwerbstätige Alleinerziehende vielfach unakzeptabel sind. Die bürokratische und praxisferne Förderung dieser Einrichtung spricht eher dafür, dass Sie Ihren Aufgaben nicht nachkommen.
Sie kommen Ihren Aufgaben auch bei den Mütter- und Familienzentren nicht nach. Diese Aufgaben wurden von Ihnen von Anfang an vernachlässigt. Es wird noch mit Stundensätzen von 5 DM gearbeitet. Die Vorschläge dieser Einrichtungen für ihre Jahresplanung müssen alle Vierteljahre neu abgesegnet werden. Institutionen, die für unser Land deswegen so wichtig sind, weil sie ganz besonders auf Integration und auf Sprachförderung abstellen, haben nicht einmal ausreichend Planungssicherheit. Sie haben stattdessen nur die höchstrichterlichen Urteile gescholten.
Ich habe es gesehen, Herr Präsident, ich werde mich daran halten. Ich will nur noch Folgendes sagen: Mit dieser Urteilschelte lenken Sie von Ihren eigenen Verpflichtungen ab. Das bringt Sie aber nicht weiter. Gerade bei uns in Bayern brauchen wir eine Familienpolitik, mit der die Leistungen nach dem Landeserziehungsgeld für alle Familien an die Leistungen nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz angeglichen werden. Statt der Mitteleinschränkungen, die Sie gerade vorhaben, brauchen
wir eine Qualitätsoffensive bei den Betreuungseinrichtungen, und wir brauchen die Sicherung angemessener Betreuungsangebote vor allem im ländlichen Raum. Schließlich brauchen wir ein bedarfsgerechtes Netz von Ganztagsschulen für alle interessierten Familien zur besseren Vereinbarung von Familie und Beruf und vor allem auch zur Anhebung der Chancengleichheit für unsere Kinder.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Frau Hohlmeier und Herr Sackmann, Sie haben uns heute eigentlich hinreichend dargetan, was es heißt, wenn man die Wirklichkeit nicht richtig sieht und sich offensichtlich in einem bildungspolitischen Autismus befindet. Wenn dieser zu dem familienpolitischen Fundamentalismus hinzukommt, dann treffen sich zwei Eigenschaften, die für das Land Bayern fatal werden.
Warum autistisch, Frau Hohlmeier? Sie haben von einer Phantomdebatte gesprochen und uns erzählt, wie gut die Betreuungs- und Schulsituation in Bayern offenbar sei. Dabei haben Sie vergessen, dass gerade in den allerjüngsten Tagen zwei – sicherlich nicht unbedingt der SPD nahestehende – Organisationen deutlich Kritik an dem geübt haben, was hier gelaufen ist. Ich denke an Herrn Rodenstock, der im September als Kritik an Ihre Adresse mitgeteilt hat – wörtlich –:
Beim Angebot an Kinderkrippen und Ganztagsschulen besteht in Bayern im Vergleich zu den anderen Bundesländern ein ganz erheblicher Nachholbedarf.
Vermutlich haben Sie das nicht gelesen oder wollen das einfach nicht lesen.
Auch Herr Deimer, der nun wirklich die Interessen der Kommunen und der Menschen, die dort wohnen, vertritt, hat es im Oktober sehr deutlich wie folgt formuliert:
Der Staat kommt seinen schulpolitischen Verantwortungen nicht nach. Er gibt sich mit einer Schmalspurlösung zufrieden, die sich überwiegend auf Halbtagsschule mit Mittagessen und Hausaufgabenbetreuung beschränkt.
Nun sagen Sie mir bitte einmal, wer hier von einer Phantomdebatte sprechen kann.
Und es gibt weitere Kritiker. Ich nenne vor allem das Bundesverfassungsgericht, das vor zwei Jahren eindeutig darauf hingewiesen hat, dass Familienpolitik und Bildungspolitik zusammengehören. Es hat dargestellt, welche Versäumnisse gerade auf diesem Gebiet durch Sie und Ihren damaligen Minister Waigel als Parteivorsitzenden jahrzehntelang entstanden sind.
Ich frage Sie nach dem, wofür Sie hier in Bayern zuständig gewesen sind. Was ist getan worden? Sie haben einen fundamentalistischen Eiertanz in den Betreuungsund Bildungseinrichtungen gemacht. Das geht offensichtlich weiter. Wir sehen doch, was im Bereich von Krippen und Horten passiert ist und jetzt offensichtlich bei den Ganztagsschulen passieren soll, wenn Sie sich so herausreden, wie Sie es im Augenblick tun. Sie tun das mit aus dem Zusammenhang gerissenen Zitaten, ohne zu sehen, was tatsächlich in den anderen Bundesländern passiert.
Herr Sackmann, Sie sagten, Sie sind Haushälter. Sie müssen über den Haushaltsplan hinausschauen und etwas gegen die negative Entwicklung tun. Was ist denn mit der verlässlichen Mittagsbetreuung passiert? Was wäre denn gewesen, wenn die Kommunen und die Eltern nicht eingesprungen wären? Auch die privat geführten Mütter- und Familienzentren müssen dort tätig werden, wo um Bildung und um Integration kleinerer Kinder und von Jugendlichen aber auch von Familien geht. Leute im Ehrenamt werden mit 5 DM pro Stunde abgespeist. Darüber hinaus haben sie einen bürokratischen Aufwand zu erledigen, der ihnen jede längere Planung erschwert oder unmöglich macht.
Wenn Sie, Herr Unterländer, vom Elternwillen sprechen, dann sage ich Ihnen: Hier geht es nicht um den Elternwillen, den Sie im Augenblick ansprechen, sondern es geht darum, dass Sie einfach unfähig sind, sich dieser Situation zu stellen. Das konnte eigentlich nicht besser dargestellt werden, als es Ihr eigener Fraktionsvorsitzender in der Presse getan hat. Seine Antwort auf die Frage, wie es mit dem Votum zur Kinderbetreuung sei, wurde in den „Nürnberger Nachrichten“ vom 19. September wie folgt beschrieben:
Zu Recht weiß Alois Glück überhaupt nicht, wie er den so genannten Fortschritt seiner Partei verkaufen soll. Er weiß im Grunde gar nichts mehr. Die Verwirrung ist groß auf allen Seiten.
Das ist der Fall. Es geht eben nicht um den Elternwillen. Sie haben kein Konzept und wissen auch gar nicht, wie Sie darankommen können, weil Sie – ich wiederhole mich – im Grunde bildungspolitisch autistisch und familienpolitisch fundamentalistisch sind. Aus dieser Beschränkung kommen Sie nicht heraus.
Da erzählen Sie, liebe Frau Hohlmeier, uns etwas von Finanzen. Es mag ja gut sein, dass wir als Opposition da eher bei der Hand sind. Aber ich erinnere an die Aussagen Ihres eigenen Ministerpräsidenten. Er hat am 7. Juli in der „Welt“ ausgeführt:
Wir haben in Bayern 3 Milliarden DM mehr an Geld übrig als die anderen Länder. Deswegen können wir uns auch mehr leisten.
So sagte er es. Da frage ich Sie: Warum wird dann hier nichts getan? Denken Sie an diesen großen 600-Millionen-DM-Jongleur Dr. Edmund Stoiber, der das Geld für den Verbraucherschutz ausgeben wollte. Dann hat er ein bisschen bei den Dosen verbraten. Danach ist er zur inneren Sicherheit übergegangen. Da frage ich Sie: Was bleibt für die Bildungseinrichtungen letztlich übrig?
Meine sehr verehrten Damen und Herren und liebe Frau Hohlmeier, wenn jetzt auch noch in den schon bestehenden Einrichtungen – ich denke gerade an Kindergärten und Horte – ein Modellprojekt gemacht werden soll, bei dem es Ihnen tatsächlich nicht darum geht, Qualität zu verbessern, sondern, die Kosten zu deckeln, dann geht das auf Kosten der Kinder und der Familien.
Deswegen kann ich nur mit dem schließen, was vor wenigen Tagen, nämlich am 8. Oktober – gesagt worden
ist – ich zitiere –: Kinder lassen sich nicht mit Sprüchen abspeisen. Ich glaube, das sollte für die gesamte Bildungs- und Familienpolitik gelten. Aber hier liegt Bayern im Argen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Frau Dodell.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! In der Zeit vor dem Regierungswechsel, also vor 1998, unter der Ägide von CDU und CSU gab es wohl kaum eine Bevölkerungsgruppe, mit der politisch so viel Schindluder getrieben worden ist wie mit den Familien.
Diejenigen, die sich jetzt in Sonntagsreden und in Weihnachtsansprachen als die Lordsiegelbewahrer der Familien gerieren, haben dieselben Familien nach 16 Jahren CSU/CSU-Politik in einem so jämmerlichen Zustand hinterlassen, dass selbst das sonst eher zurückhaltende Bundesverfassungsgericht 1998 den dafür Verantwortlichen nach deren Abwahl einen Denkzettel erteilt hat, wie er deutlicher nicht hätte ausfallen können.
Populistische Silvesterknaller wie Stoibers 1000-DM-Familiengeld-Projekt, inzwischen von Frau Stewens verbal – wer bietet mehr? – auf 1200 DM aufgesattelt – dazu haben im Übrigen Mütter, die sich in der Erzdiözese München und Freising zusammengefunden hatten, treffend gesagt: unterbezahlt für Mütter und unbezahlbar für den Staat –, solche verbalen Attacken dürfen und können nicht davon ablenken, dass die Familien finanziell jahrelang benachteiligt worden sind, ja dass man ihnen als Almosen nur das zurückgab – und das auch nur teilweise –, was man ihnen vorher durch unzulässige Besteuerung und überzogene Abgaben aus der Tasche gestohlen hatte. Gerade die CSU hat sich weder im Bund noch in Bayern nachhaltig um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf bemüht – von wegen Wahlfreiheit, Herr Kollege Unterländer.
Es mutet schon grotesk an, wenn Frau Staatsministerin Stewens jetzt plötzlich beschwört, wie notwendig es doch sei, die Voraussetzungen für diese Vereinbarkeit zu schaffen, oder wie dringend in Bayern Plätze für Kinder im Vorkindergarten- und Hortalter seien, ja dass sogar Ganztagesschulen in Kauf genommen werden – Projekte, die man bisher massiv vernachlässigt oder von der CSU und der Staatsregierung politisch bekämpft hat.
Wenn sich die Familien, vor allem Frauen und Mütter, wenigstens Mindestvoraussetzungen zum familiären Überleben erkämpft haben, dann in Bayern gegen die CSU und die Staatsregierung. Unterstützung haben sie nicht einmal bei den notwendigsten Voraussetzungen bekommen. Die Mittagsbetreuung gibt es nur auf eigene Kosten und mit Hilfe der Kommunen – im Übrigen eine der wenigen Lobbys, die die Familien in Bayern haben; im Bund ist wenigstens noch das Bundesverfassungsgericht dabei. Die Arbeit der Mütter- und Familienzentren findet nur auf eigene Kosten und auf Kosten der Kommunen statt; die ehrenamtliche Arbeit, die dort auch und gerade zur Integration ausländischer Kinder und Familien beiträgt, wird vom Freistaat mit gerade 5 DM pro
Stunde und so bürokratisch honoriert, dass nicht einmal Planungssicherheit für das jeweils nächste Jahr besteht.
Frau Staatsministerin, das Landeserziehungsgeld, auf das so gerne verwiesen wird, ist so konzipiert, dass die Mehrzahl der Familien für ein ungeschmälertes Erziehungsgeld durch den Rost fällt, und das gerade dann, wenn die Zwei- bis Dreijährigen besonderen finanziellen Aufwand erfordern. Die Anhebung des Landeserziehungsgeldes auf die Höhe des Bundeserziehungsgeldes wurde von der Staatsregierung mit großen Worten angekündigt, aber dann auf das dritte Kind beschränkt. Bitte beantworten Sie mir doch die Frage: Wie viele Familien profitieren von dieser Regelung überhaupt noch? Das Erziehungsgeld war und ist offensichtlich ein Steinbruch für die Deckungslücken anderer Vorhaben im Staatshaushalt.
Wenn ich nicht gerade im bayerischen Parlament spräche, würde ich sarkastisch sagen: „Verarschen können sich die Familien auch selber.“
Ich habe das nicht gesagt; ich habe nur gesagt, wie die Menschen darüber denken.
Ich stehe aber dazu.
Ich will auch Ihr Netz für Kinder nicht schlecht machen. Dafür und damit für maximal 2800 Plätze in den letzten fünf Jahren rund 50 Millionen DM locker zu machen, für die Krippen- und Hortplätze aber gar nichts, ist keine Relation.
Im Gegensatz zur Staatsregierung kommen die Kommunen ihren Verpflichtungen weitgehend nach. Ihnen ist der hohe Versorgungsgrad bei den Kindergarteneinrichtungen und die Noch-Existenz von Kinderhorten, Mittagsbetreuung und Familienzentren überhaupt zu verdanken. Deshalb fordere ich Sie auf: Unterstützen Sie, wenn Sie sich nicht gänzlich unglaubwürdig machen wollen, nachhaltig und sofort die Kommunen und die interessierten Träger bei der Schaffung von Kindertagesstätten für Kinder im Vor- und Nachkindergartenalter. Lassen Sie Modellprojekte, wie von der ISKA in Bayreuth und Landsberg bearbeitet, nicht zu einem reinen Kostenverteilungs- und Nivellierungsprojekt werden.
Es geht um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und um die Unterstützung durch die notwendigen Betreuungseinrichtungen. Das war der Auftrag des Bayerischen Landtages, nicht die Deckelung der Kosten für Kindergärten und Horte in Bayern. Beteiligen Sie sich angemessen an der Mittagsbetreuung und laden Sie nicht alle Kosten den Eltern und Kommunen auf. Statten Sie die Familien- und Mütterzentren so aus, dass die dort geleistete Arbeit planungssicher fortgeführt und verbessert werden kann. Gleichen Sie das Landeserziehungsgeld in allen Bereichen, sowohl was die Höhe als auch was den Empfängerkreis betrifft, zumindest dem Bundeserziehungsgeld an.
In großen Tönen 1000 oder 1200 DM Familiengeld oder ähnliches vom Bund zu fordern, ohne im eigenen Lande für eine realistische Finanzierung der Bedürfnisse der Familien zu sorgen, ist reiner Populismus, der weder den Kindern noch den Frauen und Müttern hilft, die ein selbstverständliches Recht darauf haben, Familienpflichten und Berufschancen angemessen verwirklichen zu können.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir begrüßen, dass nach vielen Jahren, hier eine positive, zusätzliche Änderung des Landeserziehungsgeldgesetzes vorgenommen werden soll. Wir halten es für unbestritten wichtig, dass die Eltern von Kindern und die Kinder selber eine Verbesserung erfahren. Sie benötigen sie dringend.
Allerdings muss man auch feststellen, dass die Bedürfnisse, die vorhanden sind, damit abgedeckt werden sollten. Wenn wir feststellen, dass seit 1989 sich insbesondere weder bei der Höhe noch bei dem Kreis der Berechtigten etwas geändert hat und auch keine Dynamisierung der Einkommensgrenzen vorgenommen wurde, dann heißt das, dass von ursprünglich 83% derer, die seinerzeit bezugsberechtigt gewesen sind, in diesem Jahr noch 40% übrig geblieben sind. Das heißt, dass bei Ehepaaren mit einem Kind, die mehr als 2700 DM verdienen – gemeint ist: 900 DM pro Person –, eine ungeschmälerte Berücksichtigung durch das Landeserziehungsgeldgesetz nicht mehr vorgenommen wird.
Das hat schon in der Vergangenheit zu großen Ungerechtigkeiten geführt. Wir wissen aus den Haushaltsberatungen der vergangenen Jahre, dass es Jahre gegeben hat, in denen 50 Millionen DM des Landeserziehungsgeldes zurückgegeben werden mussten und dann für ganz andere Zwecke verwendet werden konnten, weil der Kreis der Berechtigten nicht mehr mit der Wirklichkeit übereingestimmt hat.
Deswegen hat die SPD die Änderungsanträge eingebracht. Wir sind der Meinung, dass wenigstens eine Anhebung und Angleichung an das Bundeserziehungsgeldgesetz vorgenommen werden sollte. Denn erst nach den Änderungen in diesem Gesetz hat sich die Staatsregierung überhaupt bereit erklärt, die Praxis zu ändern. Wir hatten es schon vor Jahren vorgeschlagen.
Dies sollte aber auch für den Empfängerkreis gelten, ebenfalls für die Höhe des Erziehungsgeldes. Es ist weiß
Gott kein Grund ersichtlich, warum erst beim dritten Kind 100 DM mehr gezahlt werden, nämlich die 600 DM, die auch nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz vorgesehen sind, und das auch erst ab dem Jahr 2003.
Wir können uns vorstellen, dass die eigentlichen Beträge, die hier in den Haushalt eingestellt werden müssen – es sollen 9 Millionen DM sein, was ich aber bezweifeln möchte –, überhaupt erst ab dem Jahr 2004 ungeschmälert zur Auszahlung kommen werden. Bis zu dem Jahr 2003 wird nur ein Teilbetrag anfallen, während es ab dem Jahr 2004 um die ganze Höhe gehen wird.
Es sind erhebliche Zweifel angebracht, ob dies der Gerechtigkeit und der ordentlichen Alimentierung unserer Familien dienen kann. Ich habe es jedenfalls mit einiger Freude vernommen, dass hier schon einige Bedenken aus den Reihen der CSU geäußert worden sind, dass man die Regelung also auch dort nicht als die Ultima Ratio ansieht.
Dennoch sind wir der Meinung, dass wir dem Landeserziehungsgeldgesetz zustimmen können, beantragen unsererseits aber, dass in diesem Plenum die Zustimmung zu den drei Änderungsvorschlägen der SPD gegeben wird, und zwar deswegen, weil sie im Grunde genau das beinhalten, was schon im Bundeserziehungsgeldgesetz enthalten ist. Sie vergeben sich also nichts, wenn der Empfängerkreis und die Höhe entsprechend erweitert werden. Sie vergeben sich auch nichts, wenn die Dynamisierung angeglichen wird. In diesem Sinne bitte ich um Ihre Zustimmung.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat nun Frau Schopper.
Herr Staatsminister, nachdem Sie vorhin von den Warnungen gesprochen und in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen haben, dass es sich häufig nur um kleine Chargen handelt, die hier festgestellt werden, möchte ich Sie fragen: Wie ist es sichergestellt, dass die Warnungen an die Landwirte, die nichts davon wissen, dass das untersucht und möglicherweise als kontaminiert festgestellt worden ist, auch durch die Betriebe erfolgen? Können die Landwirte damit rechnen, dass sie bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche auf Rücknahme beziehungsweise Entschädigung auch unterstützt werden? Denn die stehen ja als einzige dann wirklich im Regen angesichts der Tatsache, dass sie erstens nicht wissen, dass hier möglicherweise Futtermittel kontaminiert sind, und zweitens nicht wissen, wie sie damit umgehen können und müssen.
Herr Staatsminister, ich möchte daran anschließen. Nach Informationen aus den Reihen der Landwirte und aus dem Bauernverband gehen Sie davon aus, dass die Kraftfutterbestände getestet und dass Proben gezogen und Analysen gemacht werden können. Bis Ende Januar des Jahres 2001 sollen aber weniger als 150 Proben möglich gewesen sein, weil die von Ministerpräsident Dr. Stoiber dafür zugesagten Mittel nicht zur Verfügung gestellt worden sind. Darauf hätte ich gerne eine Antwort.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich der Stimme enthalten, nicht etwa deswegen, weil ich grundsätzlich den Zielen des Lebenspartnerschaftsgesetzes nicht zustimmen würde. Ich halte es für richtig, Diskriminierung abzubauen und der Partnerschaft einen rechtlichen Rahmen zu geben. Ich halte es aber für zu weit gegriffen, über ein so wichtiges Vorhaben wie dieses Lebenspartnerschaftsgesetz, das immerhin 187 Seiten umfasst, pauschal mit Ja oder Nein abzustimmen.
Ich habe festgestellt, dass der Entwurf einiges enthält, das nicht dem entspricht, was ich persönlich für richtig halte, und auch nicht dem Ziel des Lebenspartnerschaftsgesetzes, nämlich zwischen einer eingetragenen Partnerschaft und einer Ehe zu unterscheiden. Es gibt einige Vorschriften, die vielleicht missverständlich sind. Ich möchte sie kurz erwähnen: Ich spreche die Regelung an, das vor dem Standesbeamten zu tun, die Einräumung eines Umgangsrechts, sogar eines kleinen Sorgerechtes für die Kinder des Lebenspartners. Ich habe Probleme mit der Ausgestaltung des Erbrechtes in dieser Form, und ich weiß nicht, ob es ganz klug ist, die Zuständigkeit des Familiengerichtes bei allen Streitigkeiten und bei der Aufhebung zu formulieren. Darüber hinaus gibt es noch einiges im Krankenversicherungs- und Rentenversicherungsrecht, das mich stört. Ich bin der Meinung, dass ich diesem Gesetz zu diesem Zeitpunkt weder pauschal zustimmen noch es pauschal ablehnen kann. Deswegen habe ich mich der Stimme enthalten.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Ich fahre nun in der Abstimmung fort. Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 14/4089 – das ist der Antrag der Fraktion der CSU – mit der Maßgabe seine Zustimmung geben will, dass im ersten Satz des zweiten Absatzes das Wort „Respekt“ durch „Rücksichtnahme“ ersetzt wird, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der CSU. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, Kollege Hartenstein und die Fraktion der SPD. Stimmenthaltungen? – 4 Stimmenthaltungen. Dieser Dringlichkeitsantrag ist angenommen.
Ich rufe auf:
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Glück, Kaul, Loscher-Frühwald und anderer und Fraktion (CSU)
Tierkörperbeseitigung von Heim- und Versuchstieren (Drucksache 14/4037)