Protokoll der Sitzung vom 28.06.2000

Der hervorragende Ruf Bayerns als Wirtschaftsstandort und der Erfolg bayerischer Mittelstandspolitik wären sicher nicht zu erreichen gewesen, wenn die Staatsregierung nicht auch den Anliegen der Frauen als Unternehmerinnen und Existenzgründerinnen seit jeher bestmöglich Rechnung getragen hätte. In Gesprächen mit Gründerinnen und Unternehmerinnen wurde stets deutlich, dass Frauen im vollen Umfang in das Beratungswesen der Wirtschaftskammern und in die Förderhilfen der Staatsregierung integriert sind. Die bereits 1995 von meinem Haus herausgegebene Informationsbroschüre „Frauen gründen Existenzen – Erfolgsfaktoren für den Start“ behandelt fundiert frauenspezifische Gründungsanliegen.

Wie erfolgreich die bayerische Politik hier ist, wird dadurch belegt, dass Bayern die höchste Selbständigenquote unter den Ländern aufweist und die Zahl der selbständigen Frauen im Freistaat in den letzten zehn Jahren mit 30,2% etwa doppelt so stark zugenommen hat wie die der Männer mit 16,3%.

Der Kongress am 6. Mai 2000 unter der Bezeichnung „Tagung Unternehmensgründung – Karrierechancen für Frauen“ war ebenfalls nach meiner Meinung ein voller Erfolg. Er war mit rund 400 Teilnehmerinnen und Teilneh

mern sehr gut besucht. Die Diskussionsforen fanden, wie mir berichtet wurde, großes Interesse. Die Veranstaltung diente sowohl dem gegenseitigen Erfahrungsaustausch als auch der Information über aktuelle Gründungsfragen. 89% der Teilnehmerinnen sahen ihre Erwartungen an den Kongress als voll erfüllt an. 97% wünschten eine Fortsetzung, die nun mit einer weiteren Veranstaltung in Nordbayern erfolgen soll. Da Sie, Frau Kollegin Dr. Kronawitter, selbst an der Tagung teilgenommen haben, dürften Sie daher auch über deren Verlauf und die wesentlichen Ergebnisse unterrichtet sein. Sie werden bestätigen, was ich hier dargelegt habe.

Die Kosten des Kongresses am 6. Mai 2000 betrugen rund 25000 DM. Für die nächste Veranstaltung in Nordbayern wird von einem doppelt so hohen Betrag auszugehen sein, weil dort, anders als in München, wahrscheinlich die Räumlichkeiten nicht kostenlos zur Verfügung stehen werden.

Ihr Antrag zur Abhaltung eines jährlichen Gründerinnenkongresses wurde im Plenum dieses Hauses am 24. November letzten Jahres abgelehnt. Der Unternehmerinnenkongress wurde in meinem Haus – das möchte ich klar und deutlich sagen – bereits seit September 1999 geplant. Ich weiß jetzt nicht, was die einzelnen Gründe für die Ablehnung waren. Ich glaube, der Antrag wurde im Plenum ohne Aussprache abgelehnt. Wie ich im Protokoll nachlesen konnte, war der Grund für die Ablehnung, dass Sie mit Ihrer Initiative offene Türen einrennen.

Zusatzfrage: Frau Kollegin Dr. Kronawitter.

Herr Staatssekretär, Sie sagten, dass bereits 1995 eine Broschüre herausgegeben worden sei. Ich darf Sie daran erinnern, dass wir im Ausschuss im vorigen Jahr eine sehr ausführliche Debatte über Existenzgründungen in Bayern hatten. In der Vorlage dazu waren Frauen aber mit keinem Wort erwähnt. Das hat mich zu meiner Initiative ermutigt. Deshalb frage ich Sie: Werden Sie Ergebnisse des Kongresses publizieren und erkennen Sie speziellen Unterstützungsbedarf auch im Hinblick auf die Kreditförderung?

Herr Staatssekretär.

Wie Minister Wiesheu habe auch ich in den letzten Jahren eine ganze Reihe von Existenzgründerkongressen besucht, die insbesondere bei den Kammern von anderen Organisationen abgehalten worden sind. Der Besucheranteil von Frauen war, zum Beispiel in Niederbayern, sehr hoch. Wir haben zusammen mit dem Freistaat Thüringen schon im Jahr 1996 einen Kongress speziell für Frauen in Rothenburg abgehalten.

Minister Wiesheu und mir ist seit zwei Jahren noch stärker als früher bewusst, wie notwendig frauenspezifische Gründungstage sind; denn Frauen haben bei der Existenzgründung ganz andere Interessen als Männer, zum Beispiel die Frage der Unterbringung von Kindern. Des

halb haben wir vor zweieinhalb Jahren entschieden, Kongresse zum Thema gezielt zu unterstützen, und werden das auch weiterhin tun. Über die Ergebnisse können wir dem Landtag, wenn gewünscht, gerne berichten.

Zusatzfrage: Frau Kollegin Dr. Kronawitter.

Herr Staatssekretär, Ihre Ausführungen entsprechen nicht der Begründung für die Ablehnung unserer Initiative, die von den CSU-Kollegen im Ausschuss vorgetragen wurde. Damals hieß es, spezielle Bedürfnisse von Frauen bei Existenzgründungen gebe es nicht, man tue sowieso alles, mehr sei nicht erforderlich. Da Sie, Herr Staatssekretär, sagten, für den nächsten Kongress seien circa 50000 DM erforderlich, frage ich Sie: Ist auch vorgesehen, freiberuflichen Referentinnen, die bislang ehrenamtlich tätig geworden sind, Honorare zu zahlen?

Herr Staatssekretär.

Da bin ich im Moment überfragt, gehe aber davon aus, dass es an den Honoraren nicht scheitern wird. Wir wollen diesen Kongress mit hochkarätigen Unternehmerinnen durchführen. Persönlich glaube ich, dass die Frage der Honorare eine Nebensächlichkeit ist. Daran ist schon bislang nichts gescheitert.

Letzte Zusatzfrage: Frau Kollegin Dr. Kronawitter.

Werden Sie aufgrund Ihrer Erkenntnisse auch prüfen, ob bei der Kreditförderung eine zusätzliche Variation möglich ist?

Herr Staatssekretär.

Staatssekretär Spitzner (Wirtschaftsministerium) : Diese Frage kann ich nicht allein beantworten; dazu brauchen wir auch die Banken. Aus Erfahrung weiß ich aber, dass die Banken bei Frauen mindestens genauso großzügig sind wie bei Männern, denn die Abbruchquote von Existenzgründungen ist bei Frauen geringer als bei Männern. Frauen planen Existenzgründungen sorgfältiger als Männer und ziehen sie – typisch weiblich – leidenschaftlicher und engagierter durch.

Die nächsten Fragen beantwortet Staatssekretär Schmid vom Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit. Nächster Fragesteller ist Herr Kollege Knauer.

Herr Staatssekretär, welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung im Interesse unserer behinderten Mitbürgerinnen und Mitbürger, das barrierefreie Bauen in öffentlich zugänglichen Gebäuden zu fördern, und hält sie es dabei für sinnvoll, künftig in den Fällen, in

denen eine staatliche Bezuschussung erfolgt, die Einhaltung der bislang unverbindlichen DIN-Norm 18024 zwingend vorzuschreiben?

Herr Staatssekretär.

Staatssekretär Georg Schmid (Sozialministerium) : Herr Präsident, Herr Kollege Knauer! Dem Gedanken, öffentliche Gebäude so zu bauen, dass sie auch von Behinderten zweckentsprechend benutzt werden können, wird durch Artikel 51 Absatz 1 der Bayerischen Bauordnung bereits ausreichend Rechnung getragen. Die Regelung in Artikel 51 wird ergänzt durch Sonderbauverordnungen wie Gaststättenbauverordnung, Versammlungsstättenverordnung etc., die für derartige Anlagen ab einer gewissen Größenordnung gelten. Für bereits bestehende Anlagen im Sinne des Artikels 51 Absatz 1 regelt Absatz 3 dieser Vorschrift im Detail, dass hierfür ein gleichwertiger Zustand im Rahmen der technischen Möglichkeiten hergestellt werden soll. Bei vielen Gebäuden, insbesondere bei Altbauten, besteht jedoch ein Nachholbedarf in der Anpassung der Gebäude an die Belange behinderter Menschen. Die Förderung der Einhaltung einer gesetzlichen Pflicht durch Bauherrn öffentlich zugänglicher Gebäude scheidet jedoch aus grundsätzlichen ordnungspolitischen Erwägungen aus. Für zusätzliche Förderprogramme stehen angesichts der schwierigen Haushaltssituation keine staatlichen Mittel zur Verfügung.

Die DIN-Vorschriften 18024 und 18025 enthalten als technische Baubestimmungen umfangreiche und überaus detaillierte technische Vorschriften für bauliche Maßnahmen für Behinderte und alte Menschen im öffentlichen Bereich bzw. für barrierefreie Wohnungen. Diese technischen Baubestimmungen sind jedoch in Bayern nicht verbindlich vorgeschrieben und haben somit keinen Rechtsnormcharakter. Die verbindliche Verankerung der DIN-Vorschriften in der bayerischen Bauordnung wurde in jüngster Zeit verstärkt von den verschiedensten Stellen, unter anderem von der Behindertenbeauftragten der Staatsregierung, gefordert. Mit dem Anliegen befasst sich derzeit die von der Staatsregierung zu Artikel 118 a der Bayerischen Verfassung eingesetzte interministerielle Arbeitsgruppe. Die Staatsregierung wird sich nach Vorliegen des Ergebnisses dieser Arbeitsgruppe erneut mit dem in Rede stehenden Problem befassen.

Zusatzfrage: Herr Kollege Knauer.

Herr Staatssekretär, sind Sie bereit zur Kenntnis zu nehmen, dass ich die Einsetzung dieser interministeriellen Arbeitsgruppe nur begrüßen kann und die Fragestellung auf eine Anregung des Behindertenbeauftragten des Landkreises Aichach-Friedberg zurückgeht, und wären Sie so freundlich, dem Hohen Haus mitzuteilen, bis zu welchem Zeitpunkt Sie mit dem Abschluss der Beratungen bzw. mit dem Vorliegen erster Ergebnisse rechnen?

Herr Staatssekretär.

Die Arbeitsgruppe ist nicht auf das Sozialministerium beschränkt, sondern umfasst alle Ministerien, die von dem Thema berührt sind. Dadurch ergibt sich eine gewisse Komplexität. Prinzipiell müssen alle Vorschriften durchleuchtet und daraufhin untersucht werden, ob man sie ändern oder ergänzen muss, um den Anforderungen des Artikels 118 a der Bayerischen Verfassung gerecht zu werden. Das muss gründlich gemacht werden. Es hilft nichts, zwei oder drei Vorschriften im Schnellverfahren zu ändern, um dann nach einem halben Jahr erneuten Diskussionsbedarf festzustellen. Sie können aber davon ausgehen, dass bis zum Herbst erste Ergebnisse vorliegen.

Zusatzfrage: Herr Kollege Knauer.

Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, mich im Nachgang zu dieser Fragestunde unaufgefordert über die Ergebnisse zu informieren?

Herr Staatssekretär.

Selbstverständlich. Ich werde Ihnen nachher die gesetzliche Vorgabe des Artikels 51 der Bayerischen Bauordnung aushändigen. Daraus geht hervor, wie sich die rechtliche Situation bei Neubauten und bei der Veränderung bestehender baulicher Anlagen darstellt.

Die nächste Fragestellerin ist Frau Kollegin Hecht.

Herr Staatssekretär, ich frage Sie: Auf welche Aussage der Staatsregierung sollen sich die Sozialverbände in Bayern bezüglich ihrer Arbeit und ihrer Personalpolitik in der Betreuung von Asylbewerbern stützen, auf die Aussage von Staatsminister Dr. Beckstein, der laut „NZ“ vom 24.05.2000 sagt, dass die „Asyl- und Flüchtlingsbetreuung von Stadtmission, Arbeiterwohlfahrt und Caritas wie bisher weitergeführt werden“ soll, oder auf die schriftliche Aussage von Staatsministerin Barbara Stamm laut Schreiben vom 20.05.2000 an den Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg, in dem die Kürzung von bisher 6 Millionen auf 5 Millionen bestätigt wird?

Herr Staatssekretär:

Frau Kollegin Hecht, die zitierten Aussagen geben keine unterschiedlichen Standpunkte wieder. Es trifft zu, dass aus Sicht der Bayerischen Staatsregierung die bisherigen Betreuungsverbände ihre Tätigkeit fortsetzen können. Somit ist die Aussage des Innenministers zu bestätigen. Die Gesamtsumme der Fördermittel ist jedoch den rückläufigen Zugangszahlen anzupassen.

Das Nachtragshaushaltsgesetz 2000 sieht für die Beratung und Betreuung von Asyl suchenden Ausländern und Asylberechtigten Fördermittel in Höhe von 5 Millionen DM vor. Dies bedeutet, die Mittelerhöhung für die Betreuung der Kosovo-Vertriebenen im Jahr 1999 außer Betracht lassend, eine Reduzierung der entsprechenden Ansätze um eine Million DM bzw. 16,7% gegenüber dem Vorjahr. Die Bayerische Staatsregierung ist der Meinung, dass die Beratung und Betreuung der Asylbewerber nicht nur aus humanitären, sondern auch Gründen der öffentlichen Sicherheit erforderlich ist. Eine weitere unbestrittene Tatsache ist jedoch der laufende Rückgang der Unterbringungszahlen, der ausschlaggebend für die aktuelle Mittelkürzung ist.

Ich darf Ihnen auch in dem Zusammenhang einige wenige Zahlen nennen, um meine Aussagen zu verdeutlichen. Allein in dem Zeitraum seit Ende 1998 hat sich die Zahl der in staatlichen Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften untergebrachten Asylbewerber von mehr als 20800 um 22,1% auf knapp 16200 verringert. Selbst bei Einbeziehung der sonstigen Personen, die nach den Förderrichtlinien nicht zu betreuen sind – gemeint sind Asylberechtigte, Personen mit Abschiebeschutz, endgültig abgelehnte Asylbewerber mit und ohne Duldung bzw. mit Ausreisefrist –, ist ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen, und zwar von 29600 auf 26000 Personen. So weit zu der Größenordnung, um die es geht. Insgesamt orientiert sich also der Rückgang der Mittel am Rückgang der Zahl der untergebrachten Asylbewerber.

Zusatzfrage: Frau Kollegin Hecht.

Herr Staatssekretär, ich weiß, dass die Zahl zurückgegangen ist. Aber meines Wissens reichen die zur Verfügung stehenden Mittel trotzdem nicht aus. Das haben mir Vertreter der Wohlfahrtsverbände gesagt. Meine Frage: Können die Mittel, die etwa dem Diakonischen Werk oder der Arbeiterwohlfahrt zur Verfügung gestellt werden, von diesen Organisationen eigenständig verteilt werden, etwa in Nürnberg oder in Rosenheim? Ist es möglich, dass diese Verbände die Verteilung selbst vornehmen, also eventuell mehr Mittel nach Nürnberg geben und weniger nach Rosenheim, anstatt sich nach irgendwelchen ihnen auferlegten Kriterien zu richten? Bitte beantworten Sie meine Fragen.

Herr Staatssekretär.

Kritisch an der jetzigen Situation ist, dass die Gesamtsumme nicht ausreicht. Das Sozialministerium hat – das ist eine grobe Schätzung – etwa 30 bis 40 Briefe erhalten, in denen es darum geht. Die verschiedensten Verbände aus ganz Bayern haben darauf hingewiesen, dass die Mittel nicht ausreichen werden. Das heißt: Interne Verteilungen werden kaum möglich sein. Denn die Mittel reichen nicht aus, wie die uns zugegangenen Briefe dokumentieren.

Andererseits bitte ich nochmals um Verständnis für Folgendes: Wenn die Zahl der Asylbewerber zurückgeht, muss logischerweise darüber diskutiert werden dürfen, die entsprechenden Haushaltsansätze zurückzuführen. Frau Hecht, den von Ihnen angesprochenen internen Ausgleich kann ich mir vor dem dargestellten Hintergrund nicht vorstellen. Wir können gerne prüfen, ob er möglich wäre. Aber wenn die Aussage der Wohlfahrtsverbände zutrifft, dass die Mittel insgesamt nicht ausreichen – ich führe dies an, ohne es jetzt im Einzelnen nachprüfen zu wollen –, wird man die ja knappen Mittel nicht noch intern verschieben können.

Nächste Zusatzfrage: Herr Kollege Dr. Scholz.

Herr Staatssekretär, Herr Innenminister Dr. Beckstein hat aber ausdrücklich gesagt, dass die Ansätze beibehalten werden sollen. Im Zusammenhang mit der Frage, ob sich die Reduzierung der Asylbewerberzahlen proportional auf die entsprechenden Haushaltsansätze auswirken muss, wurde die große Sorge geäußert, dass die zur Verfügung stehenden Mittel nicht mehr ausreichen.

Herr Kollege, Ihre Frage bitte!

Das hat nichts mit dem zu tun, wie es bisher war. Insofern frage ich Sie: Kann es dasselbe sein, etwas „wie bisher weiterzuführen“ und die entsprechenden Haushaltsansätze von 6 auf 5 Millionen DM zu reduzieren?

Herr Staatsekretär.

Herr Kollege, ich darf vielleicht noch einmal erläutern, dass hier kein Widerspruch besteht. Der Innenminister hat mit seiner Aussage, die in der „Nürnberger Zeitung“ vom 24. Mai dieses Jahres wiedergegeben wird, dargetan, dass die Arbeit wie bisher fortgeführt werden kann. Wenn die Asylbewerberzahlen zurückgehen, müssen irgendwo Kapazitäten frei werden. Es ist schon einleuchtend: Wenn die in Rede stehende Zahl um 22,1% zurückgeht und der entsprechende Haushaltsansatz um 16,7% reduziert wird – ich möchte an dieser Stelle nicht über Prozentzahlen diskutieren, weil es nicht Sinn der Sache ist –, dann resultiert daraus keine Verschlechterung.