Ich weiß, dass es schmerzhaft ist. – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit der Rede der Staatsregierung hat diese bewiesen, dass sie weder soziale noch wirtschaftliche Kompetenz besitzt. Wer wie der Herr Minister einen Betriebsrat, der ein Leben lang
für seinen Betrieb gekämpft hat, desavouiert, ihm eigene Versäumnisse vorwirft, hat weder soziale noch wirtschaftliche Kompetenz.
Im Übrigen darf man darauf hinweisen, dass der Herr Ministerpräsident selbst als Kandidat große Versprechungen macht, aber nicht nur als Kandidat. Viel übler ist, dass er bereits 1998 Menschen, die in der Maxhütte beschäftigt gewesen waren und in Arbeitslosigkeit geraten sind, mehrere tausend DM Abfindung versprochen. 80 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Maxhütte haben dieses Geld bis heute nicht erhalten. Versprechen abzuliefern, diese nicht einzulösen und die Leute vier Jahre auf Geld warten zu lassen, ist schäbig. Das kann man so nicht hinnehmen. Und so etwas will Kandidat sein! Soll er erst einmal seine Schulden zahlen, und dann soll er weitermachen!
Meine Damen und Herren, hier wird behauptet, der Betriebsrat habe keine Konzepte gehabt. Ich kann nur daran erinnern – das müsste der Herr Minister noch genau wissen –, dass der Betriebsrat gemeinsam mit einer Unternehmensberatung sehr wohl ein gutes Konzept für die Maxhütte vorgelegt hat, dass dieses aber vom Inhaber des Unternehmens – wer sollte es anders sein als die Bayerische Staatsregierung? – nicht wahrgenommen wurde. Danach ging es bergab, denn danach hat man den Ausschlächter Aicher geholt, der angeblich der Regierungsmacht entglitten ist, was ich nicht glaube. Dieser hat sich das Filet herausgeholt, seine eigenen Stahlwerke in Lech bedient, und siehe da: Plötzlich konnte die Maxhütte nicht einmal mehr ihren hochwertigen Stahl komplett an das Röhrenwerk liefern. Das ist der Grund dafür, meine Damen und Herren, warum der ständige und schleichende Untergang der Maxhütte von der Staatsregierung mit geduldet wurde.
Meine Damen und Herren, am 21. Februar habe ich hier im Plenum bereits auf die Probleme der Maxhütte hingewiesen. Wir haben damals schon über das strukturpolitische Versagen der Bayerischen Staatsregierung diskutiert. Jetzt schreien Sie, wir brauchten Konzepte. Das kommt mir vor wie die Todesanzeige eines 100-Jährigen in der steht, dieser sei „plötzlich und unerwartet“ verstorben. So ähnlich geht es Ihnen jetzt offensichtlich mit der Maxhütte. Erst jetzt spannen Sie nämlich, dass Strukturprobleme vorhanden sind. Es ist zwar etwas dran, dass die Arbeitslosenzahlen herunter gehen. Aber Sie sollten nicht vergessen, dass dies in erster Linie darauf beruht, dass sehr viele Fachkräfte aus der Region abwandern, sodass die Arbeitslosigkeit nicht weiter gestiegen ist. Sie wird aber steigen. Meine Damen und Herren, noch etwas, auch wenn die CSU Krokodilstränen vergießt: Die Arbeitnehmer haben Sie doch nie interessiert. Sie hat nur der Wirtschaftsstandort interessiert. Sie haben Leute, die die Leistungen erbracht haben und auf Lohn und Einkommen verzichtet haben, um ihr Unternehmen zu retten, schäbig im Stich gelassen – vom Ministerpräsidenten über den Wirtschaftsminister bis hin zur Unternehmensleitung.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will aus der Sicht unserer Fraktion einige abschließende Bemerkungen machen.
Erste Bemerkung: Ich glaube, dass Sie von der SPD und auch die Politik insgesamt sehr gut beraten wären, wenn Sie nicht den Eindruck erwecken würden, als könnte man Strukturwandel in der Wirtschaft und Strukturwandel in einzelnen Branchen hinsichtlich der Richtung verändern. Dies tun Sie hier aber. Sie behaupten, die Politik, Stoiber oder wer auch immer, hätte es in der Hand, Strukturwandel dieser Art, wie wir ihn in der Stahlbranche haben, zu verändern. Als der erste Konkurs der Maxhütte geschah, war ich zufällig beim damaligen Vorstandsvorsitzenden. Er hat ausführlich erläutert, warum man an diesem Standort nur mit größten Schwierigkeiten Stahl produzieren kann. Das war damals klar. Hier beginnt die Scheinheiligkeit und Doppelbödigkeit dessen, was Sie tun. Die Frage war doch, ob man – damals war das Wort noch nicht so in – eine neoliberale Lösung wählt, die Maxhütte platt macht und sagt, sie soll im Konkurs bleiben und dann versucht, so gut es geht etwas anderes aufzubauen, oder ob man sich bemüht, trotz der Schwierigkeiten auf dem Stahlmarkt die Chancen zu nutzen, und den Menschen so gut es geht zu helfen und den Strukturwandel abzufedern. Letztlich war es doch so, dass sowohl Sie von der SPD-Fraktion als auch wir der Meinung waren, man soll den letzteren Weg gehen. Jetzt sagen Sie aber: Sie sind schuld daran, dass dieser Weg nicht zum Erfolg geführt hat. Das ist doppelbödig und scheinheilig; das sollten Sie lassen.
Dass Sie sich jetzt ausgerechnet auf Herrn Brüderle berufen, erstaunt mich schon sehr. Dass Sie heute die Firma Holzmann nicht in den Mund genommen haben, verwundert mich noch mehr. Dort haben Sie erst vor kurzem, ich glaube, 200 Millionen DM in den Sand gesetzt. Jetzt reden Sie davon, dass man in solchen Fällen eher eine neoliberale Wirtschaftspolitik verfolgen soll. Das ist doch scheinheilig. Damit führen Sie sich doch selbst ad absurdum.
Eine zweite Bemerkung, die mit dieser Erkenntnis eigentlich verbunden sein sollte. Seit wir in der Europäischen Gemeinschaft sind, wissen wir doch, dass selbst dann, wenn man es wollte und für sinnvoll hielte, einer solchen Politik Grenzen gesetzt sind. Wir haben dies doch selbst erfahren müssen. Wir haben doch versucht, Verschiedenes zu tun und haben dann gesehen, dass das unter dem EU-Regime so nicht machbar ist, selbst wenn man es will.
Dritte Bemerkung. Hören Sie doch endlich einmal damit auf, den Ministerpräsidenten – das gilt letztlich für andere Politiker genauso – dafür verantwortlich zu machen, dass Unternehmen nicht erfolgreich geführt werden oder vielleicht auch nicht geführt werden kön
nen. Ich will diesen Vorwurf gar nicht erheben. Sie sollten aufhören, Politiker dafür verantwortlich zu machen. Was wir in Bayern tun – das haben Sie leider immer noch nicht verstanden –, ist doch, dass wir mittels der Politik Bereiche der Wirtschaft, die uns zukunftsträchtig erscheinen – und nicht nur, weil wir das meinen –, in denen Arbeitsplätze und Schlüsseltechnologien entstehen, die für die gesamte Wirtschaft eine Basiswirkung haben, fördern, so gut es geht. Dies ist eine goldrichtige Politik. Wenn der eine oder andere Unternehmer am Ende damit nicht zurechtkommt, kann man das doch nicht bei der Politik abladen. Die Politik der Förderung von Schlüsseltechnologien ist richtig, und die Zahlen in Bayern zeigen auch, dass sie richtig ist.
Jetzt will ich Ihnen etwas zum Arbeitsmarkt sagen. Natürlich ist es in Bayern im Moment so, dass wir von den Insolvenzen, die im Sektor der modernen Technologien stattfinden, überdurchschnittlich betroffen sind, weil wir überdurchschnittlich viele solcher Firmen haben. Dies heißt aber nicht, dass diese Branche keine Zukunft haben wird. Diese Branche stellt eine Basistechnologie für andere Wirtschaftsbereiche zur Verfügung. Deshalb ist es goldrichtig, dass wir sie fördern.
Bei den Pleiten haben Sie das gleiche gemacht wie vorhin beim Arbeitsmarkt. Wenn das Niveau sehr niedrig ist, fällt ein Anstieg der Pleiten prozentual relativ hoch aus, selbst wenn er im Verhältnis zu dem, was in anderen Ländern geschieht, immer noch gering ist – ich will nicht erträglich sagen; denn jede Insolvenz ist eine zuviel. Im Vergleich sollten Sie das nicht so dramatisieren. Richtig ist natürlich, auch wenn Sie das nicht wahrhaben wollen, dass wir in Bayern insgesamt davon abhängig sind, was an falscher Politik im Bund gemacht wird.
Deshalb wird auch ein Wahlkampf geführt, Herr Hoderlein, um das zu beenden und die Rahmenbedingungen für Bayern wieder zu verbessern.
Sie haben mitbekommen: Es ist namentliche Abstimmung über den Antrag der CSUFraktion beantragt. – Das Wort hat jetzt Kollege Dr. Runge.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir ein Wort zum famosen Wirtschaftspolitiker Wolfgang Hoderlein. Herr Hoderlein, ich spreche Sie an. Erz und Kohle mussten auch schon vor fünfzehn Jahren mühsam und teuer zur Maxhütte transportiert werden. Auch schon in den Siebziger- und Achtzigerjahren gab es Verwerfungen am Stahlmarkt, sonst hätten wir die ganze Geschichte von Flick auf Klöckner, dann Konkurs, dann Auffanggesellschaft, dann Neue Maxhütte, nicht gehabt. Wenn Sie damals gemeint haben, die Leute anlügen zu
müssen und viele Hundert Millionen hinauszuschmeißen, dann ist das die eine Sache. Wenn Sie unsere alten Forderungen und unseren Antrag übernehmen – es ist sowieso erstaunlich, dass Sie Ihren Dringlichkeitsantrag zu der groß angekündigten Aktuellen Stunde haben nachziehen müssen –, uns aber im gleichen Atemzug als neoliberal betiteln und behaupten, wir würden eine ökologische Politik für besser Gestellte machen, dann fällt dies nur auf Sie und auf sonst niemanden zurück.
Vielleicht halten wir fest, Herr Gartzke, auch wenn es Ihnen schwer fällt: Wir waren damals weitsichtiger und ehrlicher. Vielleicht sollte die Politik insgesamt ehrlicher sein, auch wenn das nicht ganz so populär ist.
Jetzt muss man aber ganz klar sagen: In der Verantwortung für die gesamte Geschichte stehen Staatsregierung und CSU. Sie hätten nicht alles tun müssen, was die SPD sagte. Die Herren Wörner und Schieder haben es richtig benannt; vielleicht hätte man sie zuerst reden lassen sollen: Entscheidend war zuletzt der Filz mit Aicher; das war die Ursache für das endgültige Aus. Schauen wir doch einmal: Um welche Mittel handelt es sich denn, von denen die EU fordert, sie zurückzubezahlen? Das sind Betriebsmittelkredite – ich wiederhole: Das sind Betriebsmittelkredite. Dies darf nicht nur nach dem Stahlbeihilfekodex nicht sein, sondern das darf auch in sehr vielen anderen Branchen, in denen es weniger eng zugeht, nicht sein. Was macht die Staatsregierung? – Sie erklärt auch in den Prozessen großzügig, sie hätte sich nicht anders als jeder normale Gesellschafter verhalten. Allerdings gibt der eine Gesellschafter fast 100 Millionen, der andere Gesellschafter 17 Millionen; der eine Gesellschafter verlangt keine Sicherheiten, der andere Gesellschafter verlangt Sicherheiten. Wir haben uns verhalten wie jeder Gesellschafter!? Worum ist es gegangen? – Die Staatsregierung, die CSU wollte ihren Großspender Max Aicher großzügig bedienen. Das ist doch der Kern; nicht mehr und nicht weniger.
Nun zu den Anträgen. Ich habe mich mit Herrn Dinglreiter besprochen; er hat einige Änderungsvorschläge zu unserem Antrag gemacht. Unter Punkt 2 soll „soweit möglich“ eingefügt werden. Das ist keine Frage. Bei Punkt 4 wollen wir nicht nur den Hochofen, sondern auch einige Hallen der Maxhütte haben. Hier besteht auch Konsens mit der CSU. Zu Punkt 5 wurde von Ihnen vorgeschlagen, „nach Abschluss der Verhandlungen“ hinzuzufügen. Wir haben uns geeinigt, dass „nach Abschluss der Verhandlungen“ wieder herauskommt. Wir nehmen dafür das Wort „ersten“ sowie das Datum heraus. Wir haben uns geeinigt auf „spätestens im Juli“. Die Passage mit den Altlasten stellen wir zurück. Über diesen Antrag hätten wir gerne namentlich abgestimmt.
Zum Antrag der SPD möchte ich eine Bitte äußern: Es gibt bereits eine Beschäftigungsgesellschaft, nämlich die AS Umweltservice. Diese Gesellschaft arbeitet seit einigen Jahren. Der zweite Spiegelstrich des Antrags der SPD lautet: „Abbau der Industrieanlagen und Rückbau
des Geländes“. Wir wollen nicht, dass alles sofort eingeebnet wird. Herr Kollege Schieder hat mir in einem Gespräch signalisiert, dass man selbstverständlich Teile herauslassen kann. Man sollte zum Beispiel ein Museums- und Kulturkonzept wie für die Völklinger Hütte andenken. Herr Kollege Schieder, wenn Sie diesen Punkt umformulieren, werden wir Ihrem Antrag zustimmen.
Die Aktuelle Stunde ist beendet. Zu allen drei Dringlichkeitsanträgen wurde namentliche Abstimmung beantragt. Die Abstimmung kann jedoch erst in einer Viertelstunde stattfinden. Ich rufe deshalb auf:
Gesetzentwurf der Abgeordneten Dr. Dürr, Dr. Runge, Kellner und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
zur Änderung des Gesetzes über die Förderung der kleinen und mittleren Unternehmen sowie der freien Berufe (Mittelstandsförderungsgesetz – MfG) (Drucksache 14/9436)
Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Antragsteller begründet. Ich erteile Herrn Kollegen Dr. Runge das Wort. Für die Begründung stehen zehn Minuten Redezeit zur Verfügung.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich werde zunächst den Gesetzentwurf fünf Minuten lang vorstellen und mich noch einmal zu Wort melden, wenn eine weitere Diskussion notwendig sein sollte. Die GRÜNEN bringen einen Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes über die Förderung der kleinen und mittleren Unternehmen sowie der freien Berufe ein. Anlass dafür ist der Umstand, dass die Staatsregierung und die CSU seit langem ein mittelständisches Aktionsprogramm sowie Änderungen dieses Gesetzes angekündigt haben. Da lange Zeit nichts passiert ist, haben wir diesen Gesetzentwurf als ersten Anstoß eingebracht. Wir wissen, dass auch Sie Ideen haben, die jederzeit in diesen Gesetzentwurf einfließen können.
Das Mittelstandsförderungsgesetz gilt in Bayern als Grundlage der Wirtschaftsförderung. Das Gesetz ist in 25 Jahren nicht wesentlich verändert worden. Der Rahmen für kleine und mittlere Unternehmen hat sich in dieser Zeit allerdings sehr stark verändert. Vielfältige gesellschaftspolitische und politische Veränderungen müssen im Rahmen einer Novellierung des Mittelstandsförderungsgesetzes berücksichtigt werden. Auf den Gebieten Finanzierung, Forschung und Entwicklung sind insbesondere kleine und mittlere Unternehmen gegenüber den Großunternehmen benachteiligt. Die öffentliche Hand sollte hier gegensteuern. Auch müssen in diesem Gesetz verstärkt Aufgabenfelder wie Betriebsübernah
men, Coaching sowie Chancen und Notwendigkeiten ökologischer und sozialorientierter Betriebsführung berücksichtigt werden.
Die GRÜNEN fordern seit langem Transparenz in der Wirtschaftsförderung. Dies sollte bei der Novellierung des Gesetzes berücksichtigt werden. Wir wollen mit diesem Gesetzentwurf außerdem die im kommunalen Wirtschaftsrecht, jetzt Unternehmensrecht, schon konkretisierte Subsidiaritätsklausel verankern, weil auf diesem Feld nach unserer Auffassung noch immer nicht genug geschieht. Mit unserem Gesetzentwurf sollen Fördertatbestände geregelt werden, die bisher lediglich in Form von Bekanntmachungen existieren. Diese Fördertatbestände sollen präzisiert und gesetzlich festgelegt werden. Gleichzeitig wollen wir mehr Transparenz der Wirtschaftsförderung und deren Evaluierung erreichen. Ich freue mich auf die Beratungen in den Ausschüssen und bitte Sie um eine wohlwollende Behandlung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Jede Fraktion hat fünf Minuten Redezeit. Das Wort hat Herr Kollege Dr. Scholz.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die Mittelstandsförderung in Bayern ist ein unendliches Thema.
Dieses Thema hat viele Varianten. Leider ist es nicht möglich, die Ziele, die für den Mittelstand in Bayern verfolgt werden, in das Gesetz zu schreiben. Ich hätte zwei Punkte, die ich gerne in dieses Gesetz schreiben würde:
Erstens. Man müsste die Staatsregierung auffordern, sich nicht amerikanischem Druck zu beugen und Factory Outlet Centern zulasten des Mittelstandes, des Einzelhandels und insbesondere des Fachhandels Tür und Tor zu öffnen. Ein solcher Paragraph wäre sehr wünschenswert.
Zweitens. Ein weiterer wichtiger Paragraph müsste lauten: Die Staatsregierung wird aufgefordert, die Interessen der mittelständischen Brauereien auch im Bundesrat zu vertreten, Stichwort Dosenpfand. Dies wäre eine praktische Mittelstandspolitik der Bayerischen Staatsregierung.