Protokoll der Sitzung vom 04.07.2012

Außer Ihnen weiß jeder, dass Rechte mehr werden, wenn man sie vermehrt. Dass Sie das Gegenteil behaupten, ist einfach nur lächerlich. Genauso lächerlich ist der immer wieder auftauchende Vorwurf der Zwangsmitgliedschaft. Die Studierenden schreiben sich freiwillig an der Hochschule ein. Sie sind deshalb per se Mitglieder der Hochschule. Sie machen den weitaus größten Teil der Hochschule aus, und nur wegen der Studierenden gibt es überhaupt eine Hochschule, denn sonst gäbe es keine.

(Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN)

Eine verfasste Studierendenschaft vollzieht rechtlich lediglich das nach, was bereits Fakt ist. Die Studierenden bekommen zur Mitgliedschaft noch Mitgliedsrechte dazu. Das ist doch nur recht und billig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Aufschlussreich ist, dass Sie in Ihren wirren Argumenten auf die Rechtsprechung von 1973 zurückgreifen müssen, als hätte sich inzwischen unsere Demokratie zum Glück nicht erheblich weiterentwickelt. Auch die Hochschulen haben sich auf das hin weiterentwickelt, was die demokratische Gesellschaft von ihnen erwartet. Selbst die Regierungsfraktionen halten sich nicht an die Buchstaben der gerichtlichen Entscheidung. Schauen Sie einmal nach! Wenn es Ihnen in den Kram passt, ignorieren Sie das, was Sie selbst aufschreiben. Warum sichern Sie denn bitte im Hochschulrat den Hochschullehrern, wie Sie es angeblich im Senat machen, nicht einen ihrer besonderen Stellung entsprechenden maßgeblichen Einfluss? Warum haben Sie denn da nicht die Mehrheit? Erzählen Sie uns das einmal. Der Hochschulrat beschließt schließlich über den Entwicklungsplan der Hochschule, Gliederung in Fakultäten, Einrichtung, Änderung und Aufhebung von Studiengängen. Das sind doch in ganz erheblichem Maß Fragen der Forschung, oder nicht?

(Dr. Hans Jürgen Fahn (FREIE WÄHLER): Doch, schon!)

Warum gilt es da nicht, aber im Senat schon? Das müssen Sie mir einmal erklären. Sie können es aber nicht erklären, sondern das geschieht nur, weil Sie nicht wollen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Diese Ungereimtheiten und das, was im Hochschulrat möglich ist, zeigen, dass es einen erheblichen Spielraum gibt, wenn man die Mitwirkungsrechte der Studierenden wirklich stärken will. Sie aber wollen nicht. Wenn es nach Ihnen geht, haben Studierende an bayerischen Hochschulen weiterhin nichts zu sagen, aber dank CSU können sie es jetzt zu zweit machen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Danke, Herr Kollege Dr. Dürr. Für die Staatsregierung hat sich Herr Staatsminister Dr. Heubisch gemeldet, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuallererst möchte ich bemerken, dass ich es schon gut finde, dass wir die Diskussion in einem sehr wichtigen Gebiet mit großer Gelassenheit aufgenommen haben. Herr Dürr, eine Mitbestimmung der Studierenden ist natürlich allein schon durch die Einschreibung in der Hochschule möglich. Wenn ein Studierender aktiv mitgestalten

will, dann hat er das Recht dazu, und wenn ein anderer Studierender das nicht will, sondern Akzente in einem anderen Bereich setzen möchte, dann tut er das eben nicht. Leider wurde jetzt in jeder Wortmeldung der Opposition die Zwangsmitgliedschaft eingebracht.

(Zuruf der Abgeordneten Isabell Zacharias (SPD))

Mein Argument lautet: Die Studierenden sollen doch entscheiden, ob -

(Isabell Zacharias (SPD): Sehen Sie sich doch die letzte Pressemitteilung an!)

- Liebe Frau Zacharias, lassen Sie mich bitte einmal ausreden. Ich betone noch einmal: Jeder Studierende soll das Recht haben, sich zu entscheiden, ob er in der verfassten Studierendenschaft mitarbeiten will oder nicht, und er soll das nicht unter Zwang tun. Das ist meine liberale Auffassung von Studium. So ist es auch richtig.

Ich habe mir einmal die Beteiligung an den Hochschulwahlen angesehen. Gerade fanden die Wahlen an der Universität Bayreuth mit einer, wie ich gelesen habe, Wahlbeteiligung von rund 22 % statt. Die Friedrich-Alexander-Universität - FAU - hatte 10 % zu verzeichnen. Dann habe ich den vermeintlichen Hort der studentischen Freiheit in einer verfassten Studierendenschaft angeklickt, nämlich die Humboldt-Universität in Berlin.

(Zuruf von der CSU: Hört, hört!)

Ich habe gedacht, mindestens ein Drittel der Studierenden, wenn nicht sogar die Hälfte, würde an den Wahlen teilnehmen.

(Isabell Zacharias (SPD): Die Demokratie muss man üben!)

- Ach, das können die Studierenden noch gar nicht?

(Zurufe von der CSU und der FDP)

Das haben sie ganz offensichtlich gerade bei einer Zwangsmitgliedschaft eben nicht gelernt. Es ist viel besser, den Studierenden die freie Entscheidung zu belassen. Besser kann das gar nicht unsere Argumente unterstreichen.

Ich bedanke mich dafür, dass Sie konstatiert haben, dass eine gewisse Verbesserung eingetreten ist. Wir sehen darin eine sehr viel stärkere Verbesserung.

Verehrte Damen und Herren, ich möchte noch darauf hinweisen, dass wir diesen sehr schwierigen doppel

ten Abiturjahrgang, wie ich glaube, ordentlich bewältigt haben, auch mit den Studierenden. Ich sage Ihnen: Machen Sie so wenig radikale Schritte wie möglich, passen wir das Ganze langsam an.

Auch die Exzellenzinitiative zeigt, wie gut wir in Bayern aufgestellt sind. Von neun Universitäten sind acht mit ihren Anträgen, zum Teil in Gemeinschaft, durchgekommen. Das ist doch eine klare Ansage. Ich höre immer die Aussage, alles gehe in die Exzellenzforschung. Verehrte Damen und Herren, die Forschung ist die Basis einer guten Lehre. Nur dann, wenn man exzellente Forschungsergebnisse hat und sie 1 : 1 in die Lehre umsetzen kann, bekommen die Studierenden eine hervorragende Ausbildung und finden einen Arbeitsmarkt, auf dem sie auch einen Arbeitsplatz finden werden. Vor diesem Hintergrund geht dieser Gesetzentwurf genau in die richtige Richtung. Ich bitte Sie, hier im Plenum dem zuzustimmen. Auf die anderen Argumente will ich gar nicht im Einzelnen eingehen, weil ich glaube, der Gesetzentwurf ist an dieser Stelle der richtige Weg. Ich bitte um Zustimmung.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Zu einer Zwischenbemerkung hat sich Herr Dr. Piazolo zu Wort gemeldet.

Herr Staatsminister, ich glaube, Sie haben eine Arbeitsgruppe zur Mitbestimmung der Studenten eingesetzt, die ungefähr eineinhalb Jahre lang getagt hat. Jetzt hätten Sie als Wissenschaftsminister von der FDP nach, ich glaube, 50 Jahren zum ersten Mal die Möglichkeit, für die FDP Spuren zu hinterlassen. Mit dem Gesetzentwurf, mit dem Sie einen Vertreter der Studierenden durch zwei Vertreter ersetzen, sind Sie aber wirklich unter der Latte hindurchgesprungen. Ist das auch nach Ihrem Selbstverständnis zu wenig, wenn wir innerhalb von fünf Jahren einmal die Chance haben, an der Mitbestimmung durch die Studierenden etwas zu ändern?

Sehr geehrter Herr Piazolo, die Studenten haben so viele Rechte, dass sie optimale Arbeit leisten können. Sie bekommen Geld, sie bekommen Fläche, und sie bekommen Menschen, die bei ihnen arbeiten. Hier habe ich noch keine Beschwerden gehört. Sie bekommen freiwillig genügend Geld, um mit den anderen mithalten zu können. Die Schwerpunkte meiner Arbeit laufen in eine andere Richtung. Meine Arbeit geht zum Beispiel in Richtung Internationalisierung. Da ist der Wettbewerb. Das ist entscheidend. Gehen Sie doch hinaus. Liebe Frau Zacharias, das Bildungscamp - das ist auch ein Punkt

finde ich übrigens toll. Die Forderungen nach einer verfassten Studierendenschaft werden nur von einigen hoch politisierenden Studierenden in den Vordergrund gestellt. Im Verhältnis zur gesamten Zahl der Studierenden in Bayern ist ihre Zahl aber verschwindend gering. Wahrscheinlich liegt ihr Anteil noch nicht einmal im Bereich von einem Prozent.

(Beifall bei der FDP - Widerspruch der Abgeord- neten Isabell Zacharias (SPD) und des Abgeordneten Dr. Hans Jürgen Fahn (FREIE WÄHLER))

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist meine Antwort: Es gibt andere Schwerpunkte, als sich auf die verfasste Studierendenschaft zu kaprizieren.

(Beifall bei der FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir können jetzt in die Abstimmung eintreten.

Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 16/11534 und die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Hochschule, Forschung und Kultur auf Drucksache 16/12954 zugrunde. Der federführende Ausschuss empfiehlt Zustimmung mit der Maßgabe, dass verschiedene Änderungen durchgeführt werden. Im Einzelnen verweise ich dazu auf die Drucksache 16/12954.

Wer dem Gesetzentwurf mit den vorgeschlagenen Änderungen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der CSU, der FDP und der FREIEN WÄHLER. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. - Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Enthaltungen sehe ich keine. Dann ist es so beschlossen.

Ein Antrag auf Dritte Lesung wurde nicht gestellt. Die Schlussabstimmung soll gemäß § 56 der Geschäftsordnung in namentlicher Form erfolgen. Die Urnen stehen an den üblichen Plätzen bereit. Ich bitte Sie, mit dem Abstimmungsvorgang zu beginnen. Sie haben fünf Minuten Zeit.

(Namentliche Abstimmung von 16.03 bis 16.08 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Zeit ist um. Ich schließe die Abstimmung und bitte die Stimmkarten außerhalb des Saales auszuzählen. Das Ergebnis wird zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen, damit wir in der Sitzung fortfahren können. Ich gebe erst einmal die Ergebnisse der namentlichen Abstimmungen bekannt.

Zum Gesetzentwurf der Abgeordneten Aiwanger, Streibl, Pohl und anderer und Fraktion (FREIE WÄH- LER), der Abgeordneten Rinderspacher, Aures, Güller und Fraktion (SPD) sowie der Abgeordneten Bause, Dr. Runge, Gote und anderer und Fraktion (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Änderung des Bayerischen Landesbank-Gesetzes, Drucksache 16/9226: Mit Ja haben 71 Abgeordnete gestimmt, mit Nein 94. Enthaltungen gab es keine. Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 1)

Zum Gesetzentwurf der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN zur Änderung des Bayerischen Landesbank-Gesetzes, Drucksache 16/10796: Mit Ja haben 16 Abgeordnete gestimmt, mit Nein 147. Es gab eine Stimmenthaltung. Damit ist dieser Gesetzentwurf ebenfalls abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 2)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Universitätsklinikagesetzes und anderer Rechtsvorschriften (Drs. 16/11984) - Zweite Lesung

Ich eröffne die Aussprache. Im Ältestenrat wurden hierfür fünf Minuten pro Fraktion vereinbart. Ich darf als Ersten Herrn Kollegen Dr. Zimmermann für die CSU-Fraktion das Wort erteilen.

(Unruhe)