Protokoll der Sitzung vom 04.07.2012

(Unruhe)

Ich bitte, die Gespräche draußen fortzuführen, noch dazu, wenn sie so laut sind.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Das Hohe Haus muss sich heute mit dem Bayerischen Universitätsklinikagesetz befassen, weil das erste Universitätsklinikagesetz befristet wurde und die Frist Ende des Jahres ausläuft. Die Situation macht es notwendig, dass dieses Universitätsklinikagesetz weiterhin Bestand hat. Was war die Grundüberlegung für eine Befristung dieses Gesetzes? - Es waren Entwicklungen an den Krankenhäusern, die vor allem die Kostenerstattung und die Entgelte betrafen, also mehr wirtschaftliche Faktoren, die auch auf die bayerischen Universitätskliniken Auswirkungen hatten. Deswegen war es vernünftig, das Gesetz zunächst zu befristen.

Dieses Gesetz macht auch deswegen Sinn, weil die bayerischen Universitätskliniken nicht nur für den normalen Krankenhausbetrieb, also für die Versorgung der Kranken, sondern auch für Lehre und Forschung zuständig sind. Die Schnittstelle zwischen der Krankenversorgung auf der einen Seite und Forschung und Lehre auf der anderen Seite bedarf einer sehr spezifischen Betrachtung, die durch das erste Bayerische Universitätsklinikagesetz in, wie ich meine, hervorragender Art und Weise festgelegt wurde.

In aller Munde ist derzeit die Situation der Krankenhäuser, die durch Fusionen, Entgeltveränderungen und dergleichen mehr verursacht wurde. Sie erinnern sich alle an die neuen Entgeltformen und die Einführung der diagnosebezogenen Fallpauschalen. Dadurch wurde es notwendig, dass die Universitätskliniken im Hinblick auf ihre Flexibilität und ihre Reaktionsmöglichkeiten durch ein Bayerisches Universitätsklinikagesetz an die wirtschaftlichen Notwendigkeiten angepasst werden. Dies ist - wie ich meine im Bayerischen Universitätsklinikagesetz in hervorragender Weise gelungen.

Gleichwohl muss ich anmerken, dass durch gewisse Ansprüche, die die Universitäten gegenüber ihren medizinischen Fakultäten geäußert haben, Diskussionen notwendig waren. Die Probleme konnten aber nach Gesprächen mit den Präsidenten der bayerischen Universitäten, die Kliniken haben, vernünftig und kollegial ausgeräumt werden.

Kolleginnen und Kollegen, deshalb ist es wichtig, dass die speziellen Strukturveränderungen in der Krankenversorgung, die auch für die Universitätskliniken eine große Rolle spielen, in diesem Gesetz ihren Niederschlag gefunden haben und dass die notwendigen Festlegungen getroffen worden sind.

Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, die Bedenken, die Sie im federführenden Ausschuss geäußert haben, zum Beispiel die Gefahr einer Rechtsformänderung oder die Gefahr der Fusion der beiden medizinischen Fakultäten in München, konnten ausgeräumt werden. Ich gehe deshalb davon aus, dass Sie guten Gewissens diesem Gesetzentwurf der Staatsregierung zustimmen können. Ich bitte um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei der CSU)

Bevor ich die Aussprache fortsetze, darf ich bekannt geben, dass die Fraktion der FDP beantragt hat, die Schlussabstimmung in namentlicher Form durchzuführen. Herr Kollege Dr. Rabenstein, Sie haben jetzt das Wort für die SPDFraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die eigentlichen Grundlagen für das Bayerische Universitätsklinikagesetz wurden nicht mit dieser Novelle gelegt, sondern schon im Jahr 2005 bzw. bei der Verabschiedung im Jahre 2006. Bei dieser Novellierung wurde deshalb inhaltlich wenig und lediglich redaktionell mehr geändert. Das möchte ich gleich vorweg sagen.

Wir haben deshalb auf die Erste Lesung verzichtet. Die Aussage, dass nur wenige inhaltliche und hauptsächlich redaktionelle Änderungen vorgenommen wurden, stammt aus dem Wissenschaftsministerium von Herrn Dr. Tomas Bauer. Wir können dieser Novellierung trotzdem nicht zustimmen, und zwar in erster Linie deshalb, weil wir mit dem 2005/2006 vorgelegten Gesamtkonstrukt aus zwei Gründen nicht einverstanden sind. Das hat uns dazu bewogen, bei dieser Novellierung nicht mitzumachen.

Zu den beiden Gründen: Wir haben schon immer beantragt, dass die Mitarbeiter der Kliniken in den Gremien, also in der Klinikkonferenz und im Aufsichtsrat, stärker berücksichtigt werden. Damit knüpfen wir unmittelbar an die Debatte über das Hochschulgesetz an, wo wir ebenfalls mehr Mitbestimmung und Möglichkeiten der Einflussnahme durch die Studierenden fordern. Diese Forderung erheben wir auch für die Mitarbeiter der Kliniken. Da in dieser Hinsicht durch diese Novellierung nichts verbessert wird, sehen wir darin ein entscheidendes Manko und einen Ablehnungsgrund.

Der zweite Grund ist etwas komplizierter. Hier geht es um die Frage der Autonomie. Natürlich folgen wir treu dem Grundsatz, dort Autonomie zu fordern, wo die Betroffenen die Probleme selbst lösen können. Allerdings besteht hier auch die Gefahr der Verselbstständigung, in diesem Fall die Gefahr der Verselbstständigung der Kliniken. Bei den so wichtigen Zielvereinbarungen sollen die Entscheidungen nun auf der Ebene des Aufsichtsrats fallen. Diese Kompetenzverlagerung lehnen wir aus den genannten Gründen ab.

Ich möchte allerdings deutlich betonen, dass wir diese Autonomie bei der wissenschaftlichen Lehre und Forschung ausdrücklich fordern. Ich sage das, damit hier kein Missverständnis entsteht.

(Dr. Thomas Zimmermann (CSU): Na also, dann sind wir beeinander!)

Hier muss die klare Verantwortung beim Klinikum und bei den Ärzten liegen, auch deshalb, weil die wirtschaftliche Verantwortung beim Klinikum liegt. Ein wichtiger Punkt war, dass im Jahr 2005/2006 die

rechtliche Selbstständigkeit durchgesetzt wurde. Seit dieser Zeit schreiben die Universitätsklinika schwarze Zahlen. Das sehe ich sehr positiv.

Aus den beiden genannten Gründen haben wir uns nicht dazu durchringen können, dieser Novellierung zuzustimmen. Wir lehnen diesen Gesetzentwurf ab.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion der FREIEN WÄHLER hat Herr Kollege Dr. Fahn das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Dies ist ein Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Universitätsklinikagesetzes und anderer Rechtsvorschriften. Wir haben im Hochschulausschuss schon darüber diskutiert. Im zweiten Teil dieses Gesetzentwurfs geht es um die Namensgebungen, die möglich sind. Dazu muss ich noch einmal etwas vorbringen: Innerhalb der letzten vier Jahre wurde schon zum zweiten Mal die Möglichkeit geschaffen, dass die Fachhochschulen ihren Namen ändern können, wollen oder müssen. Hochschulen für angewandte Wissenschaften haben künftig unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, sich Technische Hochschule zu nennen, um dadurch vielleicht wettbewerbsfähiger zu werden.

Das ist ein Problem, nachdem dies kurzfristig geändert werden soll. Diese Maßnahme ist auch mit hohen Kosten verbunden. Man geht bereits von mindestens 1 Million Euro aus. Wir fragen uns, was der Mehrwert einer solchen Umbenennung ist. Gibt es hierzu Erkenntnisse? Das wurde uns bisher von niemandem gesagt.

Die Präsidenten der Hochschulen stehen dieser Maßnahme sehr kritisch gegenüber. Ich darf einmal ein Beispiel aus meinem Stimmkreis Aschaffenburg nennen. Die Frage, ob sich die Hochschule für angewandte Wissenschaft Aschaffenburg in Technische Hochschule Aschaffenburg umbenennen wird, sei derzeit in Aschaffenburg kein Thema, so der Präsident Dr. Wilfried Diwischek. Wörtlich sagt er: Aus finanziellen Gründen macht die Umbenennung keinen Sinn. Nur wegen des Namens machen wir es nicht.

Außerdem ist die Bezeichnung "Technische Hochschule" für Aschaffenburg ein absoluter Unsinn, weil die Mehrheit der Studenten in Aschaffenburg Wirtschaft und Recht studiert. Wenn es der Hochschule Aschaffenburg möglich wäre, sich Hochschule für Wirtschaft und Technik zu nennen, wäre das nur vordergründig ein kleiner Fortschritt. Wir wollen nicht, was mit diesem Gesetzentwurf geplant ist. Deshalb

lehnen wir diesen Gesetzentwurf insgesamt ab, der diese Namensänderung auch bei sonstigen Vorschriften vorsieht.

Das, was im Gesetz steht, ist für uns ein Kardinalfehler. Dort heißt es: Dieser Gesetzentwurf ist kostenneutral. Wir meinen, das ist in keiner Weise der Fall. Mit einer Namensänderung werden in kurzer Zeit Forderungen nach Mittelverstärkung erhoben werden. Zunächst müssen wir wissen, was im Einzelnen auf die Universitäten und auf uns zukommt.

Konkret ging es um das Universitätsklinikagesetz und die Diskussion, ob eine Entwicklung bis zur medizinischen Hochschule forciert wird. Die künftig selbstständige Rolle der Universitätsklinika in Forschung und Lehre war selbst für Uni-Präsidenten nicht akzeptabel. Das wurde in der "Süddeutschen Zeitung" groß beschreiben. Inzwischen gab es Gespräche mit den Hochschulpräsidenten. Am 25. April wurde in der Sitzung des Hochschulausschusses gesagt, ein Paradigmenwechsel sei insgesamt ausgeräumt. Unter anderem ging es dort auch um Themen wie die Besteuerungspflicht. Ob alles in dieser Form ausgeräumt ist, können wir im Detail nicht nachprüfen.

Für uns FREIE WÄHLER bleibt der Hauptkritikpunkt an diesem Gesetzentwurf die Umbenennungsmöglichkeit der FH - Fachhochschule - zur HAW - Hochschule für angewandte Wissenschaften - und zur TH Technischen Hochschule.

Wir haben - das ist mein Schlusswort - im Bereich der Hochschule sicherlich andere Probleme, als Wettbewerbe zu veranstalten. Deshalb lehnen wir dieses Gesetz ab.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Das Wort hat für die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Herr Kollege Dr. Dürr.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Wie schon angesprochen, geht es um das Universitätsklinikagesetz. Dieses ist jedoch ein kleiner Omnibus, bei dem jeder mitfahren darf alles Mögliche und Unmögliche. Ich will mich wie Kollege Dr. Fahn auf das Strittige konzentrieren, nämlich darauf, ob die bayerische Hochschullandschaft mit dem Begriff "Technische Hochschule" bereichert werden soll. Dafür sollen heuer eine Million Euro und insgesamt fünf Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden. Was damit bezweckt werden soll oder bewirkt werden kann, ist völlig nebulös. Das ist viel Geld für eine dubiose Sache. Das Ganze wirkt sehr unausgereift und halbherzig. Deswegen weiß man nicht, ob

das ernst gemeint oder bloß Etikettenschwindel nach dem Motto "Titel statt Mittel" ist.

Das Konzept hat die Staatsregierung bereits in der Kulturpolitik ausprobiert, als man den Nürnbergern statt mehr Geld den Titel "Staatstheater" geschenkt hat. In der Schulpolitik hat die Staatsregierung ebenfalls den Namen geändert, anstatt die Probleme zu lösen. Sie hat die Haupt- zur Mittelschule gemacht. Damit hat sich die Situation der Schülerinnen und Schüler und der Lehrkräfte nicht verbessert.

Das Merkwürdige an einem solchen Etikettentausch ist, dass man nicht weiß, ob der neue Titel mehr wert ist als der alte. Ist "mittel" mehr als "haupt"? Ist eine Hauptstadt weniger als eine Mittelstadt? Ist Technik mehr als Wissenschaft, selbst wenn sie nur eine angewandte ist? Ist "Technische Hochschule" wirklich ein Prestigegewinn?

(Staatsminister Dr. Wolfgang Heubisch: Techni- sche Universitäten!)

- Keine Zwischenrufe von der Regierungsbank. Das habe ich Ihnen schon einmal gesagt. Dort ist ein Platz frei. Da dürfen Sie sich hinsetzen.

(Staatsminister Dr. Wolfgang Heubisch: Herr Oberlehrer!)

- Bitte setzen Sie sich hin. Lassen Sie uns diskutieren. Auf geht’s.

Schlimmer wäre es, wenn Sie das ernst meinten und es nicht um einen Etikettenschwindel geht, sondern um eine inhaltliche und strukturelle Neuausrichtung. Die FDP argumentiert zumindest im Ausschuss mit der Sichtbarkeit der Hochschulen, die durch mehr Wettbewerb erzielt werden soll. Leider handelt es sich dabei um einen Verdrängungswettbewerb, ganz nach dem Motto von Mackie Messer: Man siehet die im Lichte, die im Dunkeln sieht man nicht. Wie schon bei der sogenannten Exzellenzinitiative geht das aus unserer Sicht in die falsche Richtung. Es geht weniger um Exzellenz als vielmehr um die Konzentration von Mitteln an denjenigen Hochschulen, denen schon die meisten Mittel zukommen. So läuft das momentan. Dieser ganze Prozess geht zulasten kleinerer Hochschulen und zulasten derjenigen Wissenschaften, die zurzeit nicht angesagt sind. Die schauen mit dem Ofenrohr ins Gebirge. Der Prozess der angeblich qualitativen Ausrichtung und Ausdifferenzierung macht die Stärken unserer Hochschullandschaft zunichte.

Bisher war es an jeder bayerischen Hochschule möglich, einen international konkurrenzfähigen Hochschulabschluss zu erlangen. Das war bis jetzt möglich. Bisher war es ebenfalls möglich, an jeder Hochschule,

egal ob in München oder in der Region, auf exzellente Forschung zu treffen. Nach einer weiteren Ausdifferenzierung und einer Allokation des Kapitals wird das schwierig werden. Die besondere Kostbarkeit der bayerischen Hochschullandschaft ist massiv gefährdet. Statt die Stärke auszubauen, setzen Sie diese leichtfertig aufs Spiel, weil Sie einem internationalen Trugbild nachlaufen, ohne wirkliche Aussichten zu gewinnen.

Solange die Grundfinanzierung der Hochschulen so prekär ist, wie sie ist, und sie es so schwer haben, den vielen zusätzlichen Studierenden angemessene Bedingungen zu bieten, wirkt jeder Anreiz auf neue Mittel wie Gift. Sie sind gezwungen, jedem Wettbewerb, allen Drittmitteln und allen Aufträgen hinterherzulaufen, ob sie in das Forschungsprofil passen oder nicht. In den USA und in Japan haben wir gesehen, was in einer solchen nach Kapital ausdifferenzierten Hochschullandschaft übrig bleibt: wenige Spitzenuniversitäten, dafür viele höhere Schulen. Sie befördern leichtfertig einen riskanten Prozess, bei dem am Ende nicht nur viele bayerische Hochschulen zurückbleiben, sondern auch die solide bayerische Hochschullandschaft zerstört werden könnte.

(Staatsminister Dr. Wolfgang Heubisch: Die Aus- differenzierung fordert der Wissenschaftsrat!)

- Jetzt redet nicht der Wissenschaftsrat, sondern ich rede.

Deswegen lehnen wir diesen Gesetzentwurf ab.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion: Frau Kollegin Dr. Bulfon. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Um genau zu sein, sprechen wir heute über vier Gesetze: Das wichtige Hochschulgesetz, das Universitätsklinikagesetz, das Hochschulzulassungsgesetz und das Hochschulpersonalgesetz. Mir als hochschulpolitischer Sprecherin ist das Hochschulgesetz besonders wichtig. Wir haben die Hochschullandschaft und die Universitätenlandschaft in Bayern mit dem Begriff der "Technischen Hochschule" reicher und bunter gestaltet. Es entsteht kein neuer Hochschultypus, um das klar und deutlich zu sagen. Wir entsprechen den Vorstellungen des Wissenschaftsrates. Selbstverständlich sollen sich nicht nur die Universitäten ausdifferenzieren, sondern den Hochschulen für angewandte Wissenschaften soll ebenfalls die Möglichkeit eingeräumt werden, ein Profil zu bilden. Selbstverständlich ist die Differenzierung kein Selbstzweck. Im Endeffekt nutzen wir effektiv und zielorientiert unsere Ressourcen.

Darum geht es. Das wurde bereits im Ausschuss ausgeführt.