Protokoll der Sitzung vom 25.09.2012

(Zuruf von der CSU: Neumeyer!)

- Entschuldigung, Neumeyer - mit den Worten zitiert: Ein Integrationsgesetz ja, aber nicht irgendeines. Das ist ein vielsagender Satz. Deswegen warten wir auch darauf, welche neuen Ideen die CSU in diesem Zusammenhang bringt, weil das ein sehr wichtiges Thema ist.

(Zuruf des Abgeordneten Albert Füracker (CSU))

Die GRÜNEN haben heute zwei Gesetzentwürfe eingebracht, die unabhängig voneinander zu sehen sind. Grundsätzlich begrüßen wir die Initiativen der GRÜNEN. Sie orientieren sich auch an einem Gesetz, das im Landtag von Nordrhein-Westfalen im Februar 2012 verabschiedet wurde. Positiv ist das Anliegen im Gesetzentwurf, dass die Kommunen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Aufnahme von ausländischen Flüchtlingen unterstützt werden sollen. Wir meinen aber, dass es nicht nur um ausländische Flüchtlinge geht, die unterstützt werden sollen, sondern insgesamt um Personen mit Migrationshintergrund. Dass die Kommunen in der Integration eine zentrale Rolle spielen - das ist für die FREIEN WÄHLER sehr wichtig -, haben vor Kurzem auch die kommunalen Spitzenverbände ganz klar gesagt. Da wird ganz klar gesagt: Der Integrationsprozess gelingt oder misslingt an der Basis, also in den Gemeinden, in den Städten und in den Landkreisen.

Nicht zuletzt unter dem Eindruck des demografischen Wandels und des verstärkt diskutierten Facharbeitermangels wandelt sich der Prozess der Integration von Zugewanderten von einer kommunalen Nischenrolle zu einer zentralen Zukunftsaufgabe. Das Ziel des Gesetzentwurfs, dass der Staat Menschen mit Migrati

onshintergrund unterstützt, auch wenn diese keine unbefristete Aufenthaltserlaubnis haben, ist ein gewisser Fortschritt und ein Umdenken in der Gesellschaftspolitik. Wir FREIE WÄHLER halten das für einen richtigen Ansatz.

Wir müssen noch zwei Punkte diskutieren. Der erste ist der Landesbeauftragte, der auf Vorschlag der Staatsregierung vom Landtag gewählt werden soll. Wir überlegen ähnlich wie Herr Seidenath, ob das ein konkreter Fortschritt ist. Es gibt ja viele Landesbeauftragte. Wenn wir diesen Landtagsbeauftragten im Landtag wählen, müssen wir überlegen, ob wir das dann auch im Falle aller anderen Landesbeauftragten machen.

Der zweite Punkt, zu dem Diskussionsbedarf besteht, ist die Schaffung von kommunalen Integrationszentren. Das ist zwar grundsätzlich richtig, und sie sollen mit den Gemeinden zusammenarbeiten. Brauchen wir aber eigenständige Integrationszentren? Führt das denn nicht wieder zu mehr Bürokratie? Wir sind der Auffassung, dass das die Kommunen eventuell selbst machen können, wenn sie vom Staat unterstützt werden.

Kommen wir zu § 2, zum Gesetz über die Aufnahme ausländischer Flüchtlinge. Flüchtlinge sind zu integrieren; das hat Frau Ackermann richtigerweise gesagt. 15 % aller Asylbewerber sind länger als fünf Jahre in den Gemeinschaftsunterkünften in Bayern. Deswegen müssen wir in dieser Hinsicht etwas tun. Die verschiedenen Vorschläge, die hier gemacht werden, stimmen im Wesentlichen mit den Vorstellungen der FREIEN WÄHLER überein, die wir in einem Gesetzentwurf vom Juli 2004 eingebracht haben. Auch wir wollen, dass nicht nur Familien ausziehen dürfen, sondern auch unbegleitete Minderjährige, Schwerbehinderte, Schwangere usw. Die Vorstellungen zu den Mindestanforderungen an diese Unterkünfte gehen bei den GRÜNEN etwas weiter. Hier wird pro Wohneinheit eine Dusche gefordert; die Mindestanforderungen sehen eine Dusche pro zehn Personen vor. Das würden wir auch unterstützen.

Ein wichtiger Punkt wird hier nur angedeutet. Hier steht drin, dass bei der Verteilung der Asylbewerber die Interessen der Betroffenen zu berücksichtigen sind. Das ist zwar richtig, müsste aber noch stärker konkretisiert werden. Wer sind die Betroffenen? Das sind die Kommunen, die Asylbewerber und die Bürger, die eingebunden werden. Es kann nicht sein, wie es im Moment ist, dass eine Gemeinde plötzlich mitgeteilt bekommt, dass morgen 60 oder 80 Asylbewerber kommen. Dann gibt es in den Orten immer großen Aufruhr. Wichtig wäre, dass das vorab mit den Kom

munen und Landkreisen abgestimmt wird; ich verweise auf das Coburger Modell.

Der Gesetzentwurf geht in die richtige Richtung. Einige Punkte müssen noch intensiv diskutiert werden. Wir wollen eine stärkere Einbindung der Kommunen und keine zusätzliche Bürokratie.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke, Herr Dr. Fahn. Für die FDP bitte ich Frau Meyer zu uns nach vorne.

Verehrte Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heuer eindrucksvoll erlebt, welches Megathema auf uns zukommt, als wir in Italien und Malta unterwegs waren. Deshalb begrüße ich, dass wir uns heute wieder mit diesem Thema beschäftigen.

Die FDP teilt die Ansicht, dass Bayern ein Einwanderungsland ist. Auch wir waren der Ansicht, dass bei der Integration und Aufnahme ausländischer Flüchtlinge Handlungsbedarf bestand. Deshalb haben wir uns bei der Regierungsbildung intensiv dafür eingesetzt, dass es in Bayern erstmals einen Integrationsbeauftragten geben soll, und wir haben für Verbesserungen in der Asylpolitik gekämpft.

Nun können Sie sagen, das sei alles zu kurz gesprungen, oder der Integrationsbeauftragte habe nur eine Alibi- oder Feigenblattfunktion. Man kann gewiss daran noch arbeiten und muss sich noch manches überlegen, aber wir halten den Schritt, den wir damals gegangen sind, für ganz wichtig.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben in dieser Legislaturperiode einiges unternommen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich habe den Gesetzentwurf der GRÜNEN sehr aufmerksam gelesen, und ich gestehe, dass es darin durchaus einige Ansätze gibt, die ich als der Unterstützung wert erachte.

(Beifall bei der FDP)

So teilen wir Liberale uneingeschränkt die Aussage im Gesetzentwurf, dass das Erlernen der deutschen Sprache für das Gelingen der Integration von zentraler Bedeutung ist. In der Tat ist das der Schlüssel schlechthin zu Bildung und Teilhabe an der Gesellschaft. Der Erwerb der deutschen Sprache muss bei den Bemühungen um Integration von Jung und Alt an erster Stelle stehen.

(Beifall bei der FDP)

Dazu ist es in der Tat wichtig, dass auch die Kinder von Asylbewerbern diese Chance von Anfang an haben und nutzen können. Ich teile die Meinung des Kollegen Neumeyer, dass uns die Konsequenzen fehlender Sprachbildung spätestens dann einholen, wenn die Kinder, die oft viele Jahre bei uns leben, durch fehlende Sprachbildung keinen Anschluss in der Gesellschaft finden.

(Beifall bei der FDP)

Selbst wenn sie irgendwann in ihre Heimatländer zurückkehren, ist das Erlernte ein gutes Paket an Entwicklungshilfe, das sie mitnehmen.

(Dr. Otto Bertermann (FDP): Genau! Wunderbar!)

Ich teile auch die Ansicht - wie in Ihrem Gesetzentwurf beschrieben -, dass Arbeit eine wesentliche Voraussetzung zur Teilhabe und Integration ist und dass auch unter den Asylbewerbern ein hohes Potenzial an gut ausgebildeten Fachkräften ist.

(Beifall bei der FDP)

Das sind einige der Punkte, die ich als erstrebenswert in der Umsetzung erachte.

Es gibt in Ihrem Gesetzentwurf aber auch viele Punkte, die wir nicht für unterstützenswert halten. Zu den speziellen Forderungen hinsichtlich eines Landesbeauftragten für Integrationsfragen, eines Landesbeirates und hinsichtlich der Regelungen über die Teilnahme in Gremien und Verwaltungen sowie hinsichtlich der Schaffung neuer Strukturen in Form von Integrationszentren oder spezieller Ausgestaltungen einzelner Gesetze möchte ich anmerken, dass wir Liberale dafür keine Notwendigkeit sehen.

(Beifall des Abgeordneten Freiherr von Gump- penberg (FDP))

Wir sehen darin den Aufbau neuer bürokratischer Strukturen, die wir ebenso wenig wollen wie starre und unflexible Quoten.

Wenn Sie die Kosten ansprechen, dann möchte ich dazu Folgendes anmerken:

Es sind unnötige Kosten. Das Geld können wir viel zielgenauer in gezielte Maßnahmen und Verbesserungen stecken. Ein Umdenken in der Bevölkerung erreichen die speziellen Regelungen und Quoten sowieso nicht.

Neben der Integration fordern Sie auch die Abschaffung des Aufnahmegesetzes und die Neuschaffung eines Flüchtlingsaufnahmegesetzes. Kollege Seidenath hat hier ausdrücklich betont, dass wir erst vor

einem halben Jahr dieses neue Aufnahmegesetz verabschiedet haben. Wie allen hier im Saale bekannt sein dürfte, hätte sich die FDP natürlich mehr gewünscht. Aber es war immerhin unsere gemeinsame Initiative aus dem Parlament. Wenn Sie uns nun vorwerfen, wir seien langweilig und täten nichts, dann möchte ich wiederholen: Es war unsere Initiative.

(Beifall bei der FDP)

Auch wenn es noch weitere Verbesserungen geben kann und wenn es nur ein Kompromiss gewesen ist, dann war es ein Kompromiss, mit dem wir leben können, weil sich ohne diesen Kompromiss bis heute in Bayern in der Asylpolitik überhaupt nichts geändert hätte.

(Beifall bei der FDP - Dr. Otto Bertermann (FDP): So ist es!)

Wir werden die Diskussion im Ausschuss aufgeschlossen begleiten. Ich freue mich auf die Diskussion über die Details in den Ausschüssen und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Meyer. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist damit geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Soziales, Familie und Arbeit als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? - Das ist der Fall.

(Zuruf von den GRÜNEN: Gute Idee!)

Damit ist das so beschlossen.

Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 2 h auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. Dr. Michael Piazolo u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) zur Änderung des Bayerischen Hochschulgesetzes (Drs. 16/13696) - Erste Lesung

Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Antragsteller begründet. Ich erteile dem Kollegen Professor Piazolo das Wort. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Worum geht es in unserem Gesetzesentwurf? Wenn man über Hochschulen spricht, geht es meist um die Studierenden. Dabei denkt man automatisch an jüngere Studierende. In unserem Gesetzentwurf geht es um Seniorenstudierende, die nach unse

rer Auffassung ungerecht behandelt werden. Und es geht auch ein wenig um den Unterschied zwischen Sonntagsreden und politischer Praxis.

Es wird immer wieder verkündet, wie wichtig uns die Senioren seien und was lebenslanges Lernen bedeutet. Es wird darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, dass sich Senioren noch engagieren, studieren und in unsere Gesellschaft eingebunden sind. Deshalb gibt es auch ein Seniorenstudium. Nun aber - das bezieht sich insbesondere auf die Ludwig-Maximilians-Universität - tut die Universität alles, um die Senioren aus den Hochschulen zu vertreiben. Sie hat damit auch schon Erfolg gehabt. Im letzten Semester waren 40 % weniger Senioren im Seniorenstudium als eineinhalb Jahre zuvor.