Protokoll der Sitzung vom 04.02.2009

Es ist wirklich guter Stil, zu sagen, wir haben ein gemeinsames Ziel und das werden wir mit parlamentarischen Initiativen begleiten. Tatsächlich ist es notwendig, die Frage der Fortentwicklung der Hauptschulinitiative, die Frage der Schaffung intelligenter Verbundlösungen und die Frage der flexiblen Anwendung der Klassenmindeststärken organisatorisch und strukturell so zu lösen, dass sich das Konzept beginnend mit dem nächsten Schuljahr auswirken kann. Sie werden aber zugestehen, dass wir das Miteinander das ist ein Ineinandergreifen - verschiedener Instrumente zum möglichst langen Erhalt möglichst vieler Standorte erst vernünftig entwickeln und Ihnen anschließend präsentieren.

(Beifall bei der CSU)

Herr Staatsminister, es geht weiter. Ich bitte um Geduld. Frau Kollegin Ackermann, bitte.

Herr Minister, Sie haben gerade sehr eindrucksvoll ausgeführt, dass es, um ein flexibles Angebot für die Schulen aufrechterhalten zu können, wichtig ist, mehrzügige Schulen bzw. größere Einheiten zu haben. Ich frage Sie und mich: Warum hat dann die Staatsregierung in der Vergangenheit den Hauptschulen alle individualisierenden Angebote in Form von Arbeitsgemeinschaften gestrichen? Hier wäre Individualisierung möglich gewesen. Man hat

dieses Instrument den Hauptschulen weggenommen und damit ihre Attraktivität zerstört. Jetzt beklagen Sie genau das. Dafür hätte ich gern eine Erklärung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich glaube, dass die Hauptschulinitiative, die mein Vorgänger Siegfried Schneider auf den Weg gebracht hat, mit der Profilbildung und der Modularisierung als Lösung für unterschiedliche Standorte und unterschiedliche Lerngeschwindigkeiten, mit dem Instrument der Praxisklasse, das für die Lernschwächeren ein hervorragendes Instrument ist, mit dem MittlereReife-Zug, mit dem Kooperationsmodell, mit dem die Koalition einen neuen Akzent setzen will, mit der flexiblen Handhabung der Klassenuntergrenzen und mit dem Auftrag aus dem Koalitionsvertrag, intelligente Verbundlösungen zu entwickeln, ein Instrumentarium zur Verfügung stellt, das der schwierigen Situation der Hauptschule - Unterschied zwischen Stadt und Land, Schülerklientel usw. - gerecht wird und eine solide Antwort auf die aufgeworfenen Fragen gibt.

Ich glaube, das macht Sinn. Ich verstehe diese Debatte heute so - bis auf einige, die sehr laut werden müssen -, dass wir uns gemeinsam diesem politischen Ziel mit unterschiedlichen politischen Lösungsansätzen nähern. Ich hoffe, dass das Beste für eine möglichst große Zahl an wohnortnahen Hauptschulstandorten erreicht werden kann.

Letzte Zwischenintervention: Frau Kollegin Brendel-Fischer.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte ein bisschen Schulrealität in dieses Hohe Haus bringen. Wenn von einer Klassenstärke von 10, 12 Schülerinnen und Schülern gesprochen wird, dann bitte ich Sie, sich an die eigene Schulzeit zu erinnern. 10 Schülerinnen und Schüler in einer Klasse - ständig ist man gefordert. Ist einem das als Schüler immer so recht?

(Lachen bei der SPD und den GRÜNEN)

Das ist etwas humorvoll ausgedrückt, aber schon ernst zu nehmen.

Wir leben in einer Zeit, in der sich Schule und Unterricht dahin gehend verändert haben, dass der Unterricht nicht mehr so abläuft, dass die Lehrkraft ständig spricht, sondern dass Eigeninitiative und Schüleraktivitäten gefordert sind.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Mit 10 oder 12 Schülern können Sie nicht einmal eine anständige Gruppenarbeit durchführen. Wenn eine Gruppe etwas präsentieren soll, dann hat sie kein Publikum vor sich. Das sollte man sich einmal ernsthaft überlegen.

Wir werden gerade für unsere Hauptschule, wenn wir sie stärker als echte weiterführende und berufsorientierte Schule ausgestalten wollen, eine gute Ausstattung brauchen, vor allem in den drei profilbildenden Fächern, auf die wir sehr stolz sind und in denen wir gute Ergebnisse herbeiführen wollen. Diese teure Ausstattung können wir nicht an jedem Kleinststandort gewährleisten. Von daher besteht der gute, verlässliche und auch ehrliche Weg, der den Schülern und Eltern nichts vormacht, darin, Kooperationsformen zu finden und anständig auszustatten.

(Beifall bei der CSU)

Ich verstehe den Appell von Frau Kollegin Brendel-Fischer als eindrucksvolle Bestätigung des mühsamen und anspruchsvollen Weges, die Hauptschule mit einem Methodenmix in der Fläche zu erhalten. Ich darf an die Klassendurchschnittsstärken an den Hauptschulen erinnern, die zwischen 21 und 22 liegen. Das sind die Zahlen, die für den ganz großen Teil der Schülerinnen und Schüler, die die Hauptschule als ihren Weg in die Arbeits- und Ausbildungswelt gewählt haben, die Wirklichkeit wiedergeben. - Ich bedanke mich bei Ihnen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Um das Wort hat Herr Kollege Gehring gebeten. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, er hat noch Redezeit, und wir sind bis 18.00 Uhr gefordert. Bitte schön, Herr Kollege.

Verehrte Kollegin Brendel-Fischer, wir wollen, dass Schülerinnen und Schüler an der Schule gefordert und gefördert werden und mehr Leistung bringen. Das ist in kleinen Klassen besser möglich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister Spaenle, ich habe mit Interesse vernommen, dass Sie den einzügigen Hauptschulen das Todesurteil ausgesprochen haben, indem Sie sie als nicht zukunftsfähig gesehen haben. Bitte sagen Sie das den Leuten im ganzen Land. Das wäre eine ehrliche Ansage.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Sie reden von Verbundlösungen, und Sie reden von Hauptschulinitiativen. Ihr Modell wurde bereits durch

gespielt. Ich kann Ihnen das am konkreten Beispiel aufzeigen: Die Schüler fahren am Montag nach Buchenberg, am Dienstag nach Wiggensbach und am Mittwoch nach Weitnau. Die Verbundlösung wird zu einem "Schülerbus-Tourismus" führen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich lade Sie gerne zu einer Spazierfahrt im Bus - möglicherweise im Winter - zu uns ins Allgäu ein. Das wird ein wunderschönes Erlebnis sein. Das kann ich Ihnen sagen. Es ist aber nicht pädagogisch und führt zu keiner Leistungssteigerung der Schülerinnen und Schüler. Es wird auch nicht zur Erhaltung der Standorte führen.

Sie machen mit den Betroffenen vor Ort Diskussionsforen. Ich garantiere Ihnen, Sie werden differenzierte Antworten hören. Mehr oder weniger deutlich werden Sie von Bürgermeistern und Schulleitern hören, dass diese eine Schule neuen Typs im ländlichen Raum haben wollen. Sie können noch so viel von Verbund, von intelligenten Lösungen und Flexibilität reden. Das ehrt Sie alles. Sie werden irgendwann dazu kommen müssen, eine Entscheidung zu fällen. Sie werden über den Graben springen und eine neue Schulstruktur im ländlichen Raum einführen müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Pfaffmann hat um das Wort gebeten. Bitte schön.

(Zurufe von der CSU)

(vom Redner nicht au- torisiert) Kolleginnen und Kollegen! Es lohnt sich, in diesem Hause um diese Frage zu streiten. Ich verstehe deshalb Ihre Unmutsäußerungen überhaupt nicht; denn es wird um den Erhalt von wohnortnahen Schulen gekämpft.

(Beifall bei der SPD)

Sie sollten an der Diskussion teilnehmen und nicht herumschreien.

(Beifall bei der SPD)

Lieber Herr Minister Spaenle, Sie haben gesagt, die Hauptschulinitiative wäre ein Grundsatz und Bestandteil der Sicherung von Schulstandorten. Ich behaupte, das Gegenteil ist der Fall. Wäre es so, wie Sie sagen, dürfte es kein Problem sein, den ein- oder zweizügigen Hauptschulen im Lande eine Bestandsgarantie zu geben mit dem Hintergrund einer Hauptschulinitiative.

(Beifall bei der SPD)

Wäre die Hauptschulinitiative so glorreich - was die Verbände ganz anders sehen -, dürften Sie die Bestandsgarantie für die Hauptschulen nicht ablehnen. Das hat Ihre Fraktion in den vergangenen Plenarsitzungen aber gemacht.

Es ist ein erstaunliches Ereignis, dass Kolleginnen und Kollegen der CSU-Fraktion sagen, wir sollten uns an die eigene Schulzeit erinnern. Meine Schulzeit liegt mindestens 25 Jahre zurück.

(Heiterkeit bei der SPD und den GRÜNEN)

Wollen Sie damit sagen, dass wir in Bezug auf den pädagogischen Fortschritt an unseren Schulen die alten Zeiten wieder haben wollen in Bayern?

(Beifall bei der SPD)

Ich befürchte, Sie wollen es sagen. Damit beweisen Sie, dass Ihre Fraktion in bildungspolitischen Fragen nicht nach vorne schaut, sondern die rückschrittlichste Fraktion in diesem Hause ist.

(Beifall bei der SPD)

Im Hinblick auf die Klassengrößen sollten Sie zur Kenntnis nehmen, dass es nicht um absolute Klassenstärken geht, sondern um die Bildung von kleinen Gruppen mit bestimmten differenzierten Angeboten, was etwa 20 % des Pflichtunterrichts an unseren Schulen betrifft.

Was Sie, Herr Minister, vorgetragen haben, widerspricht jeglicher Realität an unseren Schulen. Das ist das Thema. Ich gebe gerne zu, dass Sie noch lernen müssen. Es ist gut, wenn auch Minister noch lernen. Ich bitte jedoch, den Anträgen, die auf eine echte Verbesserung hinzielen, zuzustimmen. Ich bin sehr gespannt, wie sich die CSU-Fraktion verhalten wird zu den Anträgen der Freien Wähler und der SPD. Wenn Sie diesen Anträgen nicht zustimmen, verlieren Sie den letzten Rest an Glaubwürdigkeit betreffend die Gestaltung der Schulklassen.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CSU)

Herr Staatsminister, Sie haben das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Pfaffmann! Ich habe es Ihnen bereits bei der ersten Debatte, die ich in meiner neuen Verantwortung mit Ihnen führen durfte, angedeutet. In welchem Ton und mit welcher Wortwahl Sie das politische Feld begleiten, das für die Zukunft unseres Landes von Bedeutung ist, spricht für Ihr eigenes Niveau.