Protokoll der Sitzung vom 04.02.2010

- Nein, nein. Wie bei Punkt 1 der Freien Wähler so gilt auch hier beim Antrag der SPD: Wir brauchen Ver handlungsspielraum. Das Problem, das in Berlin auf uns zukommt, kennen wir schon und darüber haben wir auch schon im Plenum diskutiert. Alle Fraktionen wollen zwar durch die Bank eine Verfassungsänderung, aber wie soll diese umgesetzt werden?

(Angelika Weikert (SPD): Und das sagen dann Sie oder wie?)

Die einen sagen vielleicht ein bisschen in diese Rich tung, die anderen wollen in jene. Wir haben unsere

Meinung, Sie haben die Ihre. Da sind wir schon wieder bei einem Dissens und nicht bei einer verfassungsmä ßig notwendigen Mehrheit in eine bestimmte Richtung für eine Grundgesetzänderung. Das ist das Problem, das auf die Berliner Politiker zukommt und bei dem sich Herr Ministerpräsident Seehofer einmischen darf.

(Markus Rinderspacher (SPD): Das Problem haben wir bereits seit dem Frühjahr 2009!)

Wir brauchen deshalb einen Verhandlungsspielraum. Der ist aber im SPD-Antrag nicht enthalten. Was uns jedoch besonders enttäuscht, Frau Weikert, Sie haben gesagt, Sie hätten sich extra kurz gefasst - aber ich möchte den Antrag der SPD auch ablehnen, weil Sie sich nicht zu den Optionskommunen bekennen.

(Beifall des Abgeordneten Tobias Thalhammer (FDP))

Meine Damen und Herren, darüber haben wir im Land tag doch zumindest diskutiert. Aufgrund Ihrer Zurufe hatte ich Hoffnung, dass Sie für die Optionskommunen Verständnis haben, dass die Entfristung kommen muss, vielleicht auch eine zahlenmäßige Ausweitung.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das ist doch scheinheilig!)

- Zumindest wäre die Chance besser gegeben. Schau en Sie doch einmal nach. Für uns ist das ein wesentli cher Punkt.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Wir fügen noch eine Zeile ein, stimmen Sie dann zu?)

- Sie müssten dann schon die Überschrift ändern und auch noch einiges am Text. Sie müssten sogar ver dammt viel ändern. Die Optionskommunen fehlen je denfalls, darum wird das heute nichts. Beim nächsten Mal sollten Sie bitte beides berücksichtigen. Das Prob lem müssen sowieso die Berliner Kollegen lösen. Wir spielen nur über die Bande.

(Markus Rinderspacher (SPD): Sie regieren doch in Berlin! Sie hätten das schon im letzten Jahr re geln können!)

- Der Herr Ministerpräsident ist für uns in Berlin. Wir müssen ihm einen Verhandlungsspielraum geben, das habe ich bereits erwähnt.

Es wird Sie nicht verwundern, wenn wir unseren ge meinsam mit der CSU eingebrachten Antrag unterstüt zen. Er ist flexibel und kann der Staatsregierung eine Grundgesetzänderung ermöglichen. Ich möchte be sonders Punkt 2 herausheben, in dem nicht nur die Entfristung für die Regelung zugunsten der Options

kommunen enthalten ist. Wir fordern heute hier im Landtag eine zahlenmäßig deutliche Ausweitung der Optionskommunen. In der bereits zuvor erwähnten Drucksache 16/1026 hatten wir von "mindestens weiter erhalten" gesprochen. In diesem Antrag gehen wir einen Schritt weiter, das freut mich besonders.

Wir diskutieren hier in München, und vielleicht wissen Sie, dass im Münchner Stadtrat inzwischen eine Ja maika-Allianz auf dem Weg ist für die Option, und das heißt für eine Aufgabenwahrnehmung zugunsten der Langzeitarbeitslosen. Man möchte das vor Ort machen. Herr Stadtrat Bertermann nickt zustimmend. Ich möch te daran erinnern: Als es in Erlangen um diese Option ging, hat auch die SPD zugestimmt. In Erlangen gab es eine große Allianz aus Schwarz, Rot, Grün, Gelb. Alle haben in Erlangen für eine Option gestimmt. Ich lade Sie heute herzlich ein, diesem Antrag von FDP und CSU zuzustimmen. In diesem Antrag sind alle Punkte enthalten. Wir lehnen deshalb die Anträge der Freien Wähler und der SPD ab.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)

Herr Kollege Rohde, kommen Sie bitte noch einmal nach vorn. Diese Zwischenintervention war uns nicht rechtzeitig ange meldet. Bitte sehr, Frau Weikert.

(Von der Rednerin nicht au torisiert) Ich möchte es ganz kurz machen. Herr Rohde, ich bitte Sie, zur Kenntnis zu nehmen, dass sich die SPD in diesem Antrag nicht zu den Optionskommunen geäußert hat, weil wir uns auf die Äußerung des Minis terpräsidenten, die ich wörtlich nachgelesen habe, be zogen haben. Der Ministerpräsident hat sich gestern zur Grundgesetzänderung und Zukunft der Jobcenter und Arbeitsgemeinschaften geäußert. Darauf bezieht sich der Antrag.

Weiter möchte ich zu Protokoll geben, dass sich die SPD niemals gegen das Modell der Optionskommunen in Erlangen, in Berlin oder in den anderen 69 Kommu nen ausgesprochen hat. Ich bitte Sie, dies zur Kenntnis zu nehmen. Das war nicht Gegenstand unseres An trags, da sich der Herr Ministerpräsident nicht dazu geäußert hat.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin, vielen Dank für die Richtigstellung. Jedoch bin ich weiterhin der Meinung, dass die Themen untrennbar miteinander verbunden sind.

(Angelika Weikert (SPD): Gut. Herr Rohde, sagen Sie das Herrn Seehofer!)

Wenn wir durch eine Grundgesetzänderung die ARGEn verfassungsgemäß ausrichten, laufen dann die Opti onskommunen aus? Das muss geregelt werden. Wenn eine verfassungsgemäße Regelung besteht, dürfen die Optionskommunen nicht über Bord geworfen werden.

(Angelika Weikert (SPD): Sie sind doch Mitglied dieser Koalition und können aufpassen, dass das nicht untergeht!)

- Sie sehen, dass wir im Bayerischen Landtag aufpas sen und zugunsten der Optionskommunen nichts an brennen lassen. Die FDP hält die Optionskommunen eigentlich für das richtige Modell. Deshalb freuen wir uns, heute eine deutliche Ausweitung dieses Modells beschließen zu dürfen. Ich freue mich auf die Abstim mung.

(Beifall bei der FDP)

Herr Rohde, bitte warten Sie. Es gibt eine zweite Zwischenfrage aus den Reihen des Koalitionspartners.

Geschätzter Herr Kol lege Rohde, ist Ihnen bekannt, dass sich die SPD, insbesondere der damalige Arbeits- und Sozialminister Scholz, die gesamte SPD-Bundestagsfraktion und der ehemalige Minister Clement, immer gegen eine Ver stetigung und einen entsprechenden Ausbau von Opti onskommunen ausgesprochen haben?

Herr Kollege, vielen Dank für diese rhetorische Frage. Da ich in Berlin mit den verhandeln den Personen Kontakt hatte, kann ich das sehr gut nachvollziehen und auch bestätigen.

(Beifall bei der FDP)

Die nächste Wortmeldung kommt von der Fraktion des BÜNDNIS SES 90/DIE GRÜNEN, Frau Kollegin Scharfenberg.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, herzlichen Glückwunsch. Sie wissen seit gestern und wir schon seit vielen Jah ren, dass eine Grundgesetzänderung nötig ist. Wir haben das schon immer gesagt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Als ich vor einem hier Jahr am Rednerpult stand, gab es einen großen Aufstand in der ersten Reihe. Herr Kreuzer und Herr König haben sich mit ihren Zwischen rufen förmlich überboten. Jetzt herrscht absolute Ruhe. Warum wohl?

Die Zusammenarbeit von Arbeitsagenturen und Kom munen ist jetzt gefragt. Die Zusammenarbeit muss er halten werden. Sie sind von den Kommunen bestimmt schon genug unter Druck gesetzt worden, da Sie diesen Schritt ansonsten wahrscheinlich nicht gegangen wären. Diesen Rückzieher hätten Sie sich nicht erlaubt. Wir benötigen die Grundgesetzänderung als Grundlage für die Organisation der Trägerschaft bei der Grundsi cherung für Arbeitssuchende.

Herr Unterländer und Herr Rohde, Sie betreiben in Ihren Ausführungen zu den Optionskommunen, damit Sie nicht ganz so blass aussehen, absolute Haarspal terei.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zu den Optionskommunen ohne Verfassungsänderung schreibt Frau von der Leyen im Arbeitsentwurf am 25. Januar: "Die bestehenden 69 Optionskommunen werden entfristet und können damit über die bisher fest gelegte Zulassung bis Ende 2010 hinaus ohne zeitliche Beschränkung bestehen bleiben". Das zeigt, dass Sie sich in diesem Punkt ganz schön irren, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ministerpräsident Koch schrieb am 1. Februar an die Arbeitsministerin von der Leyen, dass der Arbeitsent wurf der Ministerin keine zukunftsfähige Organisations struktur vorweise. Die Leidtragenden sind die Langzeit arbeitslosen, weil sie zwei Bescheide erhalten. Der eine Bescheid stammt von der Arbeitsagentur und der an dere von der Kommune, sodass keiner etwas von dem anderen weiß.

Meine Damen und Herren, was benötigt eine funktion ierende Organisationseinheit? Sie benötigt eine ge meinsame Verwaltungstätigkeit mit einem rechtlich einheitlichen Verwaltungsrecht. Die Trennung, die Sie ursprünglich im Koalitionsvertrag auf Bundesebene be absichtigt haben, wäre wirklich sehr dumm. Gut, dass Sie das eingesehen haben.

Die Freien Wähler fordern mit ihrem Dringlichkeitsan trag, dass sich Bayern für die kommunalfreundliche Überarbeitung der Arbeitsentwürfe einsetzen solle. Da haben Sie recht, wir stimmen Ihnen zu. Wir befürworten ebenfalls den nachgezogenen Antrag der SPD und den Antrag der CSU und der FDP. Wenn Sie beizeiten auf die GRÜNEN und die bayerischen Kommunen hören, wird alles gut.

Auf jeden Fall hätten wir verhindert, dass die Grundsi cherung für Arbeit zentralistisch, bürokratisch und teuer wird. Das hatten Sie so geplant. Die Verzahnung von Arbeitsmarkt und Sozialpolitik wird nicht zerschlagen.

Dafür loben wir Sie. Das finden wir gut. Jedoch hätten Sie dies schon viel früher umsetzen sollen. Weiterhin wird ein passgenaues und individuelles Maßnahmen paket aus einer Hand existieren. Wir unterstützen Sie gerne mit unseren Kommunen, über den Bundesrat aktiv zu werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Als nächste Red nerin darf ich Frau Staatsministerin Haderthauer das Wort erteilen.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es wichtig, sich mit einem Thema zu beschäf tigen, bei dem der Mensch im Mittelpunkt steht. In einer Situation, in welcher der Mensch Hilfe benötigt, sollten die Strukturen optimiert werden. Ich kann die Argumen te der Fraktionen gut nachvollziehen, da wir nicht von Anfang an den geraden Weg gegangen sind. Eines ist jedoch immer sehr deutlich gewesen. Wir hatten immer das Ziel - das kann man im Plenarprotokoll nachlesen -, die Arbeitslosen- und Sozialhilfe materiell zusam menzulegen und in unsere Strukturen einzubeziehen. Diese Entscheidung hatten wir bereits vor Jahren ge troffen. Die Beratung und Begleitung der betroffenen Menschen sollte aus einer Hand organisiert werden. Wir wollen den Einfluss der Kommunen stärken, da wir in den letzten Jahren erlebt haben, dass dies zu sach gerechten Lösungen führt. Wir wollen eine Ausweitung und Absicherung der Optionskommunen.

Wir haben dies mit einer Grundgesetzänderung ver sucht. Ich erinnere daran, dass wir einen einstimmigen Länderbeschluss - sechzehn zu null - im Novem ber 2008 gehabt haben. Daraufhin wurde ein Gesetz entwurf von Herrn Bundesminister Scholz erarbeitet, der nicht akzeptabel war, da er die Anzahl der Options kommunen endgültig festgelegt hat und eine Erweite rung nicht zugelassen hatte. An dieser Stelle ist es mir wichtig anzumerken, dass die Grundgesetzänderung keinen Selbstzweck darstellt. Eine Grundgesetzände rung ist nur dann sinnvoll, wenn wir die gesetzten Ziele damit erreichen können. Dies war zum damaligen Zeit punkt nicht der Fall.

Daraufhin hat man gesagt: Gut, vielleicht können wir die Ziele auch ohne eine Grundgesetzänderung erreichen. Nach der Bundestagswahl hat man sich strategisch in einer anderen Situation befunden. Der vom Bundesar beitsministerium vorgelegte Gesetzentwurf hat letztlich gezeigt, dass wir ohne eine Grundgesetzänderung nichts erreichen können. Die Einschätzung des Bun desarbeitsministeriums, dass wir den Fortbestand der Optionskommunen ohne Grundgesetzänderung erhal ten könnten, wird sehr uneinheitlich beurteilt. Ich möch