Herr Kollege Imhof, Hauptargument für die Attraktivität von Berufen ist nicht nur die gesellschaftliche Wertschätzung, sondern es sind natürlich auch die finanziellen Rahmenbedingungen. Die Politik hat nicht die Möglichkeit, die Aufgaben der Tarifvertragsparteien wahrzunehmen. Wir können aber viel dafür tun, dass die gesellschaftliche Wertigkeit, das Ansehen dieser Berufe, gesteigert wird. Niemand würde sagen, dass ein Pilot zu viel verdient. Er hat einen höchst verantwortungsvollen Job. Einen höchst verantwortungsvollen Beruf haben aber auch all diejenigen, die in der Altenpflege professionelle Arbeit leisten.
Weil diese Arbeit vor Jahrzehnten noch kostenlos in den Familien von der Hausfrau erledigt worden ist, haben die Menschen heute noch nicht das Gefühl dafür, dass sie für diese Leistung etwas bezahlen müssen. Wenn man die Leute jedoch fragt, wie sie selber einmal gepflegt werden wollen, sagen alle, dass die Bedingungen dafür hervorragend sein sollen. Sie wollen von möglichst kompetenten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Einrichtungen gepflegt werden, die bestens ausgebildet sein sollen.
Deswegen müssen wir die Verantwortung, die die Menschen in diesen Berufen tragen, deutlich machen. Wir wollen die Ausbildung verbessern und in eine generalisierte Ausbildung umwandeln, damit ein Wechsel zwischen den Berufen und ein Quereinstieg ermöglicht werden. Im Rahmen des Paktes haben wir eine bessere Förderung mit der Regionaldirektion der Agentur für Arbeit für Berufsrückkehrer und Berufsrückkehrerinnen vereinbart. Wir haben auch eine Aufstiegsmöglichkeit beschlossen. Nach der Altenpflegeausbildung soll die Möglichkeit eines Studiums bestehen. Deutschlandweit können diese Leute über 50 Studiengänge belegen. In Bayern ist dies in München, in Würzburg und in Nürnberg möglich.
Wir arbeiten daran, die Weiterentwicklung nach oben zu ermöglichen, um deutlich zu machen, dass es sich hier um einen Beruf mit Aufstiegschancen handelt. Dieser Beruf ist einer der sichersten überhaupt. Ich sage manchmal einen Satz, der mir schon angekreidet wurde: Diese Wirtschaftskrise war eine Männerkrise. Damit meine ich nicht, dass die Männer diese Krise verursacht hätten. Vielmehr hat diese Krise zu einer überproportional hohen Arbeitslosigkeit bei Männern geführt, übrigens erstmals in Deutschland. Das hängt damit zusammen, dass vor allem die weiblich besetzten sozialen Berufe in diesen Zeiten sichere Berufe sind. Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass diese Berufe auch angemessen bezahlt werden; denn die Frauen haben ebenfalls einen Anspruch darauf, ihre Familien zu ernähren, wie die männlichen Arbeitnehmer.
Wir müssen die Fragen der Dokumentation und der qualitativen Rahmenbedingungen angehen. Da und dort gibt es viele Punkte, die wir gemeinsam mit den Trägern verbessern können. Es gibt aber auch Punkte, die wir stärker ins öffentliche Bewusstsein rücken müssen. Ich erinnere nur an die heftigen Diskussionen, die wir bekommen werden, wenn es einmal um die Erhöhung des Beitrags zur Pflegeversicherung gehen wird. Das ist genau das Geld, das in die Pflege fließen muss und die Qualität dieser Berufe sichert. Wir müssen uns schließlich fragen, wer diese Berufe ergreifen soll. Welche Menschen werden wir dafür gewinnen? Ich sage: Wir brauchen die Allerbesten. Wir
brauchen "Herzwerker". Zu diesem Beruf gehört die gesamte Persönlichkeit und nicht nur das kognitive Erfassen von Kenntnissen und Fähigkeiten.
Sehr geehrte Frau Staatsministerin, diese Diskussion hat ein Dilemma deutlich gemacht, nämlich die Zuständigkeit von zwei verschiedenen Ministerien. Welche Möglichkeiten sehen Sie, in Zukunft zu verhindern, dass solche Irritationen entstehen, wie wir sie erlebt haben? Diese Irritationen sind in der Sache kontraproduktiv, auch wenn ein positiveres Ergebnis erreicht werden sollte. Wie werden Sie dieses Thema in Zukunft handhaben? Wäre es eine Möglichkeit, die Zuständigkeit für die Pflegeschulen künftig im Sozialressort anzusiedeln?
Frau Kollegin Meyer, Sie führen mich in Versuchung. Wenn wir ganz ehrlich sind, müssen wir aber sagen, dass es nicht an der unterschiedlichen Zuständigkeit liegt. Zwischen den Häusern besteht eine hervorragende Zusammenarbeit. Ich kann nicht ausschließen, dass in einem Ministerium einmal eine Bekanntmachung rausgeht, von der es hinterher heißt, man hätte es anders machen können. Dass es hier an der unterschiedlichen Zuständigkeit lag, möchte ich so nicht unterschreiben. Dies kann in keinem der Häuser der Staatsregierung oder der öffentlichen Verwaltung ausgeschlossen werden. Uns muss es um die Frage gehen, wie die Ausbildung aussieht.
Wir arbeiten hervorragend zusammen. Deshalb sind Herr Kollege Dr. Spaenle und ich auch sofort ins Gespräch gekommen und daher kann ich heute mit voller Rückendeckung des Herrn Kollegen Dr. Spaenle diese zufriedenstellenden Aussagen über die Refinanzierung der Altenpflegeschulen machen.
Frau Ministerin, mein Kollege Dr. Bauer hat vorhin verschiedene Fragen an Sie gerichtet. Sie haben nicht alle dieser Fragen beantwortet. Bei einer Frage ging es um ambulant betreute Wohnformen, insbesondere um ambulant betreute Wohngemeinschaften von Leuten mit Demenz. Wie stehen Sie dazu? Müssten diese Wohngemeinschaften in Bayern nicht noch mehr gefördert werden, als das bisher der Fall ist? Ich habe einmal bei der
Fachstelle nachgefragt. Dort wurde mir gesagt, sie sammle im Moment bestimmte Daten. Bayernweit gibt es somit noch nicht einmal eine Übersicht über ambulant betreute Wohnformen. Das wäre ganz wichtig.
Frau Ministerin, eine zweite Frage: Gibt es Untersuchungen, ob eine Betreuung nach dem Vorbild Schwedens sinnvoll wäre? Dort gibt es eine persönliche Assistenz bei der Betreuung von geistig oder körperlich Behinderten. Wäre das auch in Bayern möglich?
Eine dritte Frage: Im Rahmen der Netzwerkstruktur gibt es die sogenannten Mehrgenerationenhäuser. Diese Mehrgenerationenhäuser wurden von der Bundesregierung mit 40.000 Euro pro Landkreis gefördert. Neulich stand in der Zeitung, dass hierfür das Geld ausgegangen sei. Außerdem war in der Zeitung zu lesen, dass in Ihrem Ministerium derzeit völlige Funkstille zum Thema Mehrgenerationenhäuser herrsche. Frage: Müsste Bayern nicht zusammen mit dem Bund eine Lösung finden, um diese sinnvolle Einrichtung der Mehrgenerationenhäuser zu fördern?
Herr Kollege Dr. Fahn, danke, dass Sie mich auf den Komplex der ambulanten Wohnformen und der Demenz hingewiesen haben. Darauf bin ich vorhin nicht eingegangen, aber nur, weil ich es übersehen habe. Deswegen möchte ich jetzt gleich damit beginnen. Ich habe ja schon die Formen genannt, die wir fördern.
Zu Ihrer Frage, es müsste doch eine bayernweite Übersicht über diese Wohnformen geben, sage ich Ihnen nur: Das sind freie Träger, die sich am Markt betätigen. Wir fördern Modellprojekte und Strukturen. Wir haben aber keine Planwirtschaft. Derzeit halte ich es für schwierig, alles statistisch darzulegen, was sich am freien Markt tut.
Im Übrigen gibt es eine sehr fließende Bewegung zwischen den verschiedenen Formen: Was ist noch Wohngemeinschaft, was ist betreutes Wohnen, was ist ambulante Pflege, die organisiert wird? Ich möchte auch nicht so enge Straßen vorgeben und dem, was sich Menschen vor Ort wünschen, keine Grenzen auferlegen. Ich weiß, dass es gerade für Demenzkranke viele Formen gibt. Dort kommen die Betreuungskräfte zum Einsatz, die es seit Herbst letzten Jahres auch in Bayern gibt. Ich glaube aber, dass wir beim Thema Demenz - das ist, glaube ich, auch durch Ihre Frage geschimmert - noch bei Weitem nicht am Ende unserer Entwicklungsmöglichkeiten sind. Das ist der Zukunftsbereich. Wir haben im Bund den Pflegebedürf
tigkeitsbegriff überarbeitet, weil dort das Thema Demenz noch gar nicht abgebildet gewesen ist. Beispielsweise geht es um Personen mit einer beginnenden Demenz, von denen wir wissen, dass man sie nicht alleine lassen kann, die aber möglicherweise noch viele Verrichtungen selbst machen können und bestenfalls in Pflegestufe 1 eingegliedert worden sind. Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff, bei dessen Schaffung wir in Bayern glücklicherweise federführend dabei sein konnten, muss jetzt in die Pflegestufen übersetzt werden, das heißt auch geldmäßig, um den Aufwand für Demenz abzubilden.
Ambulante Wohnformen, auch WGs, sind für Demenzkranke hervorragende Möglichkeiten - vielleicht nicht in jedem Stadium, aber in vielen Bereichen. Hierauf liegt mein ganz besonderes Augenmerk. Ich habe vorher die Förderzahlen genannt. Die Fördermittel, die wir hierfür in die Hand nehmen, möchte ich nicht reduzieren. Das ist Qualität, die uns erhalten bleiben muss.
Ich komme zu den Mehrgenerationenhäusern. Wir haben die traurige Tatsache, dass sich der Bund, wie das leider öfter der Fall ist, nach einem fünfjährigen Förderprogramm zurückzieht und uns letztendlich ohne Ersatz dastehen lässt. Ich versuche gerade mit meinem Haus zusammen mit einigen beispielhaften Mehrgenerationenhäusern auszuarbeiten, wie wir selbst in die Richtung beraten können, dass sie ihre Struktur so ausrichten, dass auf jeden Fall jene Einrichtungen beinhaltet sind, die ich fördern kann, die also entweder auf kommunaler oder auf Landesebene gefördert werden. Ich halte diese Einrichtungen für sehr, sehr wichtig. Sie sind ein wichtiges Nachstellen von Generationenzusammenhalt, wie er heute in Familien leider nicht mehr so wie früher gegeben ist. Deshalb sind bei den Fördermöglichkeiten Kreativität und eine Beratung durch unser Haus für die Bürgermeister, für die öffentlichen Träger gefragt, wie Anpassungen erreicht werden können, damit solche Einrichtungen in bestehende Förderprogramme überführt werden können. Das wird nicht bei jedem gleich gut gelingen, weil die Konzeptionen sehr unterschiedlich sind. Mein Ziel ist es aber, die Mehrgenerationenhäuser in Bayern zu erhalten.
Frau Ministerin, geben Sie mir recht, dass das Thema dieser Ministerbefragung hervorragend gewählt war?
Denn dadurch kamen Sie mit dem Kultusminister ins Gespräch und Sie hatten die Möglichkeit, uns die gute Nachricht zu überbringen, dass die einhundertprozentige Finanzierung gewährleistet ist. Sie haben damit für Ruhe an der Front gesorgt. Vielen Dank.
Liebe Frau Kollegin Ackermann, dieses Thema gehört zu meinen Lieblingsthemen. Ich unterhalte mich mit allen, insbesondere mit Ihnen, immer sehr gerne darüber.
(Zuruf von der CSU: Sehr gut! - Margarete Bause (GRÜNE): Wenn Sie wieder einmal ein Anliegen haben, gerne!)
- Herr Fahn, ich bitte um Nachsicht. Ich habe Sie nicht gesehen. Bitte schön, Herr Dr. Fahn, Sie sind noch einmal dran.
Frau Ministerin, noch einmal zu den Mehrgenerationenhäusern. Ich finde es positiv, dass Sie sagen, dass Sie nach allen Möglichkeiten und Quellen suchen wollen, um Mehrgenerationenhäuser in Bayern noch weiter fördern zu können. Wäre es nicht auch sinnvoll, einmal mit der Bundesregierung zu sprechen? Das kam anfangs von Ursula von der Leyen. Vielleicht könnte die Bundesregierung noch einen zusätzlichen Topf aufmachen. Es war schließlich das Projekt der Bundesregierung. Wichtig ist, dass nicht immer Bayern die Löcher der Bundesregierung stopft, sondern dass Bayern dafür sorgt, dass die Dinge, die die Bundesregierung angeleiert hat, auch fortgeführt werden.
Ich will mich dem nicht verschließen. Ich bin aber immer dafür, dass jeder auf seiner Ebene schnellstmöglich nach Lösungen sucht. Grundsätzlich ist es immer ein guter Weg, auf den Bund zu verweisen. Diese Antwort habe ich ganz bewusst nicht gewählt, damit Sie mir nicht anschließend sagen können: Schau her, jetzt schleicht sie sich aus der
Danke schön, Frau Staatsministerin. Ich sehe keine weiteren Fragesteller mehr. Dann schließe ich damit die Befragung.
Aktuelle Stunde gem. § 65 GeschO auf Vorschlag der CSU-Fraktion "Kein Bildungserfolg ohne frühe Bildung und Erziehung - Elternhaus und Kindertageseinrichtungen als wichtige Bildungspartner"
Für die heutige Sitzung ist die CSU-Fraktion vorschlagsberechtigt. In der Aktuellen Stunde dürfen die einzelnen Redner grundsätzlich nicht länger als fünf Minuten sprechen. Auf Wunsch einer Fraktion erhält einer ihrer Redner bis zu zehn Minuten Redezeit. Dies wird auf die Anzahl der Redner der jeweiligen Fraktion angerechnet. Ergreift ein Mitglied der Staatsregierung das Wort für mehr als zehn Minuten, erhält auf Antrag einer Fraktion eines ihrer Mitglieder Gelegenheit, fünf Minuten ohne Anrechnung auf die Zahl der Redner dieser Fraktion zu sprechen.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ziel dieser Aktuellen Stunde ist es, in der gegenwärtigen bildungs- und gesellschaftspolitischen Diskussion den Stellenwert der frühkindlichen Förderung und der Erziehung zu erörtern und die politischen Konsequenzen daraus zu ziehen, weil wir neben der Bildung der Erziehung eine besondere Bedeutung für eine positive, gelingende Kindesentwicklung beimessen müssen.
Meine Damen und Herren, gerade die Bildungsforschung hat bewiesen, wie wichtig es ist, dass Kinder in der frühkindlichen Phase feste Bezugspersonen haben und dass gelingende Entwicklung bei Kindern sehr viel mit Erziehung und mit Bildung zu tun hat. Dies müssen wir auch in der Politik als einen eigenständigen Wert mit all den Konsequenzen anerkennen, ohne damit die große Notwendigkeit des qualitativen und quantitativen Ausbaus der Kinderbetreuung in Abrede zu stellen.
In der Vergangenheit ist elterliche und familiäre Autonomie häufig zu kurz gekommen. Begriffe wie "Herd
prämie" haben dazu auch noch ein Wesentliches beigetragen. Meine Damen und Herren, wir sollten einen politischen Konsens darüber haben, dass wir Eltern nicht verunglimpfen. Ihre Tätigkeit als Vater und Mutter ist in der Regel verantwortungsvoll. Dies sollten wir akzeptieren, und dafür sollten wir einen Dank aussprechen. Es ist wichtig, dass wir die Eltern mitnehmen und sie in ihrer Erziehungskraft unterstützen, meine Damen und Herren.
Zuwendung, Zeit und Zärtlichkeit - die berühmten drei Z, die die Frau Staatsministerin auch immer gerne zitiert - sind Voraussetzungen für gelingende Erziehung. In diesem Zusammenhang ist klar und nochmals zu verdeutlichen: Erziehung ist für die Entwicklung der Kinder neben Bildung von gleichrangigem Stellenwert. Die Familien sind aber in besonderer Weise Herausforderungen ausgesetzt, die sie allein oft nicht meistern können. Die gerade im kommunalpolitischen Bereich sehr stark kritisierte Kostenexplosion bei der Kinder- und Jugendhilfe ist dafür ein deutliches Zeichen, meine sehr geehrten Damen und Herren.