Das ist alles schon etwas älter, natürlich! Aber gerade jetzt könnte man sich diese Bücher als Weihnachtslektüre wieder einmal zu Gemüte führen. Möglicherweise hat der eine oder andere Autor sein Studium abgebrochen und ist als Tramp durch die USA gereist. Insofern hatten sie nicht immer nur Vorbildfunktion, aber wir sollten uns gewiss sein: So wie wir Studierende erziehen, so, wie wir sie haben wollen, prägen sie sehr stark unsere Gesellschaft. Sie sind die kommenden Eliten einer jeden Gesellschaft.
An den Universitäten und den anderen Hochschulen haben wir inzwischen die Lehre umgestellt. Lehre bedeutet nicht mehr nur Vermittlung von ganz bestimmten Inhalten, sondern es geht inzwischen auch um Kompetenzen. Mit welchen Kompetenzen soll ein Studierender aus seiner Studienzeit kommen? Ich glaube, zu den wichtigsten Eigenschaften gehören die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, und Selbstbestimmung. Wie kann man das besser lernen, als im Rahmen der Hochschule die Gelegenheit zu bekommen, selbst Verantwortung zu übernehmen? Genau diese Möglichkeit eröffnet unser Gesetzentwurf. Ich glaube, dass Studierende schon seit Langem reif dazu sind. Sie sind reif dazu, mitzubestimmen, Teil der Hochschule zu sein. Ich glaube, die Demonstrationen im letzten Jahr haben gezeigt, dass Studierende verantwortlich handeln können. Letztes Jahr standen nicht die Proteste im Vordergrund, sondern Lösungen. Die Demonstrationen waren lösungsorientiert. Es ist schade, dass der zuständige Minister nicht da ist; ich wollte ihn nämlich loben. Ich glaube, Herr Heubisch hat das begriffen. Er hat das zumindest gesagt. Ich glaube, es war nicht nur Taktik, als er sagte, die Studierenden haben durchaus Lob verdient. Er hat diese Proteste ernst genommen.
Bei den Diskussionen zur verfassten Studierendenschaft, die wir jetzt schon ein paar Mal hatten, hat sich teilweise hier im Haus und besonders stark aufseiten
der Regierungskoalition ein tiefes Misstrauen gegenüber Studierenden gezeigt. Hierfür wurden Beispiele genannt. Dass in den 70er-Jahren in der verfassten Studentenschaft einmal Geld veruntreut worden ist, wird noch heute als Beispiel dafür angeführt, dass ein solches System nicht sinnvoll ist. Ich glaube, wir sollten davon Abstand nehmen und in aller Offenheit über Modelle sprechen, wie Studierende besser in die Hochschule integriert werden können.
Wir haben deswegen einen Gesetzentwurf vorgelegt, einen - so möchte ich das nennen - bayerischen Weg. Wir machen das etwas anders als andere Bundesländer. Wir haben das "Integrierte Studierendenschaft" genannt. Im Zentrum steht dabei aber, dass die Studierenden eine Teilkörperschaft statt nur bloße Adressaten sind. Das heißt, sie sollen Teil der Hochschule sein, sie sollen mitmachen können. Wir planen eine Mitmachhochschule statt einer bloßen Zuhörerschaft nicht zuschauen, sondern mitmachen. Wir planen aber auch ganz eindeutig - das ist vielleicht auch eine Abgrenzung zur verfassten Studentenschaft - Freiwilligkeit statt Zwang. Insofern verbinden sich verschiedene Elemente.
Ich glaube, es ist überfällig, die Studierenden stärker einzubinden. Sehen wir uns die Entwicklung der letzten Jahre an: Einiges an unseren Hochschulen hat sich verändert. Wir haben den Hochschulen mehr Autonomie gegeben. Wir haben auch wirtschaftlichen Sachverstand in die Gremien hineingenommen. Nur bei der Studierendenschaft haben wir in den letzten Jahren überhaupt nichts geändert. Die Studenten sollen weiter weitgehend draußen bleiben. Sie sind natürlich in einigen Gremien vertreten, aber nicht als Teilkörperschaft der Hochschulen.
Dazu kommt - dadurch hat sich in den letzten Jahren schon einiges geändert -, dass die Studierenden ihre Ausbildung sogar selber zahlen dürfen. Das heißt, wir haben Studienbeiträge. Wir nehmen also auf der einen Seite, bei der Finanzierung, die Studierenden mit an Bord - wir als Opposition lehnen das ab; aber so ist die Gesetzeslage -, auf der anderen Seite bekommen sie aber nicht mehr Selbstbestimmung. Wir nennen das übrigens auch nicht Studiengebühren, sondern Studienbeiträge. Das heißt, sie sollen zu den Finanzen beitragen; gleichzeitig dürfen sie aber kaum zur Mitbestimmung an der Hochschule beitragen. Ich glaube, das widerspricht sich elementar. Allein deshalb wollen wir, dass die Studierenden ein Teil der Hochschule sind, und zwar ein rechtlich verfasster Teil.
Ich sage noch einmal: Unsere "Integrierte Studierendenschaft" sieht keine verfasste Studentenschaft, keine Zwangsmitgliedschaft über die gesamte Dauer des Studiums vor. Es soll eine Opt-out-Möglichkeit geben, und zwar möglichst schnell. Unser Modell sieht zusätzlich vor - das ist ganz wichtig -, dass auch Finanzhoheit gewährleistet ist. Diese wollen wir - darüber kann man diskutieren - an die Wahlbeteiligung binden. Wir wollen also, dass die Studierenden, wenn sie viele ihrer Kollegen von der Qualität ihrer Arbeit überzeugen und an die Wahlurnen bringen können, auch mehr Geld erhalten. Das sind Überlegungen, die man darüber hinaus sogar für Parlamente anstellen kann. Es gibt ja die Überlegung, das eine oder andere an die Wahlbeteiligung zu binden. Das würde uns vielleicht dazu animieren, bei den Bürgern noch mehr zu werben. Wir wollen einen solchen kleinen Versuch bei den Studierenden starten. Sie sollen einwerben; sie sollen für ihre Arbeit werben. Wir wollen eine Koppelung an die Wahlbeteiligung, gleichzeitig aber auch eine Erhöhung der Transparenz. Höhere Stimmbeteiligung, Teilkörperschaft der Universität, Finanzhoheit all das soll die Studierendenschaft zu einem Teil der Hochschule machen. Das soll die Hochschulen zu Mitmach-Hochschulen weiterentwickeln.
Verehrtes Präsidium, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Professor Dr. Piazolo, zunächst einmal bin ich dankbar dafür, dass wir in diesem Hohen Hause einmal mehr darüber diskutieren können, wie wir in der Zukunft studentische Mitwirkungsrechte gestalten, und dass wir darüber diskutieren, wie wir Weiterentwicklungen voranbringen. Insofern bin ich auch für Ihre Vorschläge durchaus dankbar, die wir uns heute genauer ansehen, Kolleginnen und Kollegen. Von dem, was Sie vorschlagen, klingt zunächst einiges ganz charmant.
Greifen wir eine Fragestellung heraus. In diesem Hohen Hause finden wir für verfasste Studentenschaften keine Mehrheit. Sie wissen genau, dass auch ich persönlich mich mit Zwangsmitgliedschaften an den bayerischen Hochschulen schwer tue. Inwiefern gelingt es uns, einen Lösungsweg aufzuzeigen, der gangbar wäre?
Sie schlagen zum einen vor, keine Zwangsbeiträge zu erheben. Das bezieht sich auf die Diskussion, die wir
hier und im Ausschuss geführt haben. Zum anderen schlagen Sie vor, keine Pflichtmitgliedschaft zugrunde zu legen. In einem kleinen Nebensatz erwähnen Sie aber, dass Sie das für das erste Semester schon wollen. Ich frage mich daher: Wo bleibt die Konsequenz in der Darstellung und in der Erläuterung für die Studierenden? Darauf sind Sie überhaupt nicht eingegangen. Warum Pflichtmitgliedschaft?
Warum für im Schnitt ein Achtel der Studienzeit, für sieben Achtel des Studiums jedoch nicht? Darüber müssen wir diskutieren. Das ist heute die Erste Lesung. Im Ausschuss werden wir hierfür noch viel Zeit haben. Über diesen Punkt wird man sich trefflich streiten können.
Zum Studierendenparlament. Die Frage ist - darauf sind Sie leider nicht näher eingegangen -: Welche Kompetenzen verbinden Sie damit? Wie soll ein solches Gremium aussehen? Worin steckt der Mehrwert und der Gewinn für diejenigen, die sich hochschulpolitisch einbringen wollen? In der Tat ist unumstritten: Hochschulpolitisches Engagement, das Sich-Einsetzen für die Belange der Studierenden ist unersetzlich und wahnsinnig wichtig. Als ehemaliger RCDS-Landesvorsitzender weiß ich, wovon ich spreche und wie wichtig es war, dass wir die Möglichkeit hatten, uns einzubringen, und das im Übrigen auch gemacht haben. Ich wehre mich gegen Vorträge, die suggerieren, es gäbe keine oder kaum eine Möglichkeit, sich einzubringen. Die Studierenden haben zum Beispiel die Möglichkeiten über den studentischen Konvent, über den Sprecherrat. Sie sind in alle Hochschulgremien eingebunden, zum Beispiel und natürlich auch in den Senat.
Ich komme auf einen Vorschlag zu sprechen, der nicht schlecht ist. Sie sagen: Vielleicht sollten wir einen zusätzlichen studentischen Vertreter in den Senat entsenden. Wir haben schon einmal darüber diskutiert, dass dies verfassungsrechtlich problematisch ist, weil wir die Mehrheit der Professoren wahren müssen. Darauf gehen Sie ein. Das finde ich gut. Sie sagen: Dann erhöhen wir auch die Anzahl der Sitze der Professoren um einen Sitz. Darüber kann man diskutieren.
Keine Antwort geben Sie aber auf die Frage, wie wir mit der sich dadurch automatisch ergebenden Unterrepräsentation durch die zwei Vertreter des Mittelbaus umgehen sollen. Dieses Problem geht natürlich darüber hinaus, weil sich diese Unterrepräsentation im Hochschulrat widerspiegelt. Wie sollen wir dort die paritätische Besetzung - einerseits hochschulintern, an
dererseits hochschulextern - regeln? Ich signalisiere: Hier gibt es wirklich gute Ideen, über die es Spaß macht, zu diskutieren. Bei vielen Punkten sehe ich jedoch - wie sie jetzt eingebracht worden sind - noch erheblichen Klärungsbedarf.
Zur finanziellen Ausstattung: Ich warne ganz entschieden davor, in diesem Hohen Hause oder in anderen Parlamenten den Appetit zu wecken, die Höhe der finanziellen Mittel an die Wahlbeteiligung zu knüpfen.
Zunächst müssen ein Aufgabenkanon und ein Kompetenzfeld bestimmt und mit Mitteln unterfüttert werden. Wir dürfen doch das Pferd nicht von hinten aufzäumen. Ich fände es schwierig, wenn sich hoch motivierte Studierendenvertreter in ein Studierendenparlament wählen ließen und hinterher feststellten, dass die Wahlbeteiligung im letzten Jahr niedrig war und deshalb keine Mittel zur Verfügung stünden.
Herr Vizepräsident, ich achte auf die Redezeit, bedanke mich sehr herzlich für die Aufmerksamkeit und sehe, dass zu diesem Gesetzentwurf noch viel Erklärungsbedarf besteht. Wir werden uns gerne vertieft mit Ihnen über diesen Gesetzentwurf im Hochschulausschuss unterhalten.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine werten Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Professor Dr. Piazolo, Sie veranstalteten unlängst eine Pressekonferenz mit dem wunderbaren Thema "Die Studierendenproteste ernst nehmen". Ich habe mich darüber gefreut. Sie haben groß angekündigt, dass wir die Mobilität im In- und Ausland verbessern und endlich die unsäglichen, unsozialen und von Bildung abhaltenden Gebühren abschaffen müssten. Das ist richtig. Außerdem wollten Sie über eine bessere Demokratisierung an den Hochschulen sprechen. Übrig geblieben ist ein kleines Gesetzentwürfchen, über das wir heute sprechen. Dennoch freue ich mich über alle Vorschläge, mit denen die Rechte der Studierenden ausgebaut werden. Ich bin aber nicht begeistert davon, wie Sie sich das vorstellen.
Herr Kollege Jörg, ich bin hingerissen, wie einig wir uns sind. Ich kann Ihrer Argumentation zwar nicht völlig folgen, aber in einigen Punkten bin ich mit Ihnen
sehr einig. Herr Professor Dr. Piazolo, Sie sagen, die Freien Wähler wollten die Einführung einer Studierendenschaft. Wir wollen eine verfasste Studierendenschaft, die wie der Landesschülerrat alle Schülerinnen und Schüler umfasst. Vielleicht werden wir irgendwann einmal auch über eine verfasste Elternschaft sprechen, in der alle bayerischen Eltern vertreten sind, nicht nur die, die in mehr oder minder guten Verbänden organisiert sind. Bei der Diskussion über eine Studierendenschaft nicht über eine verfasste Studierendenschaft zu sprechen, ist unsäglich. Die SPD hat dazu bereits ihre Vorschläge eingebracht. Die Argumente sind hinlänglich ausgetauscht.
Sie wollen eine Austrittsmöglichkeit im ersten Semester schaffen. "Opt out" ist eine schöne Formel, die bedeutet, dass im ersten Semester alle Studierenden dieser Studierendenschaft angehören müssten, danach könnten sie austreten. Damit befördern Sie eine Doppelstruktur an den Universitäten. Das ist wie bei den Schülerinnen und Schülern. Auf der einen Seite gibt es den Landesschülerrat, der zu wenig Kompetenzen hat und ein Kastrat seiner selbst ist; auf der anderen Seite gibt es die Landesschülervertretung, die zwar ackert, aber auch nicht richtig zu Potte kommt. Mit Ihrem Gesetzentwurf würden Sie diese Doppelstruktur befördern.
Ich komme jetzt zur finanziellen Beteiligung: Herr Jörg, Sie haben gerade ausgeführt, dass die Koppelung der Höhe der finanziellen Ausstattung für ein Gremium an die Wahlbeteiligung grundsätzlich absurd und undemokratisch ist. Herr Professor Dr. Piazolo, wenn ich an die Wahlbeteiligung von 57 % in Ihrem Giesinger Stimmkreis denke, in dem Sie 4,8 % der Stimmen erhalten haben, und mir vorstelle, dass danach Ihre Diäten bemessen würden, würde ich viel mehr als Sie verdienen. Das haben Sie nicht verdient. Ernsthaft: Es versteht sich, dass ein Gremium gut ausgestattet werden muss. Außerdem können wir kein neu gewähltes Gremium dafür verantwortlich machen, dass das alte Gremium schlechte Arbeit geleistet hat und deshalb die Wahlbeteiligung schlecht war.
Ein weiteres Argument, warum ich grundsätzlich dagegen bin: In großen Universitäten ist die Wahlbeteiligung immer eher gering. Kleine Universitäten können die Studierenden sehr viel besser mobilisieren. Die Geisteswissenschaftler können sehr gut motivieren, nicht aber die Dental-Mediziner, wenn ich auf den Minister sehe. Er hat aber gerade kein Ohr für mich.
Liebe Kollegen auf beiden Seiten: Das ständige Reden muss einmal aufhören. Ich bitte Sie, der Rednerin zuzuhören. Herr Dr. Heubisch, Sie waren direkt angesprochen.
Die Mediziner, Dental-Mediziner und Betriebswirtschaftler mobilisieren deutlich schlechter als die Geisteswissenschaftler. Wir würden örtliche und finanzielle Unterschiede an den Universitäten schaffen. Das ist für mich keine Demokratie. Das ist Zufälligkeit und Beliebigkeit und hat nichts mit einer verfassten Studierendenschaft zu tun. Abgesehen davon würden wir damit wiederum Doppelstrukturen zulassen, die ich unsäglich fände. Ich bleibe dabei: Die SPD-Fraktion hat zur verfassten Studierendenschaft Anträge und einen Gesetzentwurf eingebracht. Keiner wird als Demokrat geboren. Demokratie muss gelernt werden. Dafür brauchen wir ordentliche Strukturen.
Fünf Minuten sind immer schneller vorbei, als man glaubt, auch in der Vorweihnachtszeit. Ich möchte deshalb als letzten Punkt die Erhöhung der Zahl der Sitze im Senat auf zwei ansprechen. Das ist eine gute Idee. Mein Vorredner hat aber bereits angemerkt, dass auch der Mittelbau, der genauso paritätisch mitentscheidet, zahlenmäßig aufgewertet werden muss.
Ebenfalls angesprochen wurde die verfassungsrechtliche Schwierigkeit der unterhälftigen Besetzung mit Professorinnen. Ich möchte insgesamt, dass aus den Gremien echte Mitsprachegremien werden. Was nützen diese Gremien, wenn der Hochschulpräsident oder der Rektor immer noch ein Vetorecht hat? Das ist grundsätzlich kein demokratisches Verfahren, wenn ich mich auch darüber freue, dass zwei Studierendenvertreter in diesem Gremium sitzen sollen.
Herr Professor Dr. Piazolo, über diese Punkte müssen wir noch reden. Ich bin noch nicht glücklich und kann Ihnen noch nicht das Weihnachtsgeschenk machen, dass ich diesem Gesetzentwurf grundsätzlich zustimmen werde.
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist immer gut und richtig, über mehr Mitbestimmungs- und Mitentschei
dungskompetenzen für die Studierenden an unseren Hochschulen zu sprechen; denn was wir in Bayern seit vielen, vielen Jahrzehnten erleben, ist wirklich ein Trauerspiel.