Protokoll der Sitzung vom 10.02.2011

Im Übrigen sehe ich mich da in der Tradition meiner Vorgängerinnen, die sehr viel getan haben, um eine menschliche Medizin zu ermöglichen. Allein dass wir in Bayern so viele erfolgreiche Gesundheitsregionen haben zeigt doch, dass wir ein starkes Gesundheitsland sind. Ich werbe dafür, dass weder die Ärzte noch

die Kassen, aber auch nicht irgendwelche Parteien, diesen Gesundheitsstandort in Bayern schlechtreden.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Staatsminister. Als Nächster hat Herr Professor Bauer das Wort. -Bitte sehr.

Herr Minister Söder, bei welcher Bank, wann und in welcher Höhe wurde der Kredit von der AOK Bayern, der im zeitlichen Zusammenhang, also im Jahr 2009, mit dem Abschluss des hausarztzentrierten Vertrages steht, aufgenommen und wann haben Sie, Herr Minister, davon Kenntnis erhalten? Wer hat die Kreditaufnahme genehmigt und welche Sicherheiten wurden für wen für diesen Kredit hinterlegt?

Und jetzt muss ich Sie leider korrigieren: Erst am 6. Dezember 2010 hat der Bayerische Hausärzteverband der AOK schriftlich nochmals ein Vertragsangebot gemacht. Diese Vertragsanpassung wurde dem Ministerpräsidenten und Ihnen übersandt. Warum erfolgte danach, also rechtzeitig vor dieser Ausstiegsstrategie, keine Reaktion? Frau Stewens, die Hausärzte sind nicht ausgestiegen, kein einziger; das war nie das Thema. Es ist von Ihrer Seite keine Reaktion erfolgt, obwohl sich der Hausärzteverband mehrfach an Ihr Haus gewandt hat, Herr Minister. Und ich füge noch etwas hinzu - das ist ganz entscheidend -: Das mögliche Einsparpotenzial für die AOK durch Annahme der Angebote, die der Hausärzteverband im Jahre 2010 der AOK unterbreitet hat, beläuft sich auf über 100 Millionen Euro jährlich. Wo sind Sie Ihrer Aufsichtspflicht nachgekommen? Wie erklären Sie diese Tatsache den 2,7 Millionen betroffenen Versicherten, die sich eingeschrieben hatten?

Und da muss ich Sie auch korrigieren. Das sind nicht nur Gelder der Versicherten, sondern auch Gelder der Arbeitgeber. Das haben Sie hier schlicht und einfach unterschlagen. Wie erklären Sie sich diesen finanziellen Verlust von 100 Millionen Euro, den Sie hätten auffangen können?

Im Übrigen freut es mich immer wieder, wenn Sie die soziale Gesundheitsversicherung der Freien Wähler ansprechen. Ich fühle mich gelobt, im Gegensatz zu Ihrem Interview in der "Passauer Neuen Presse". Vielleicht denken Sie noch einmal darüber nach. Dazu könnte man auch etwas sagen. Aber es zeigt wieder einmal: Die CSU hat nicht einmal ein Konzept.

(Beifall bei den Freien Wählern und Abgeordne- ten der SPD)

Danke schön, Herr Kollege. Herr Staatsminister, Sie haben das Wort. Bitte sehr.

Manchmal weiß ich, wie Umfrageergebnisse zustande kommen.

Zu Ihrer ersten Frage: Kredite sind nicht zulässig. Uns ist keine Form von Kredit bekannt. Wir haben von irgendwoher gehört, dass das jemand behaupte. Nach dem Gesetz ist es aber nicht zulässig. Deswegen ist diese Frage im Grunde obsolet.

(Zuruf von der CSU: Woher weiß er das eigent- lich? - Zuruf von den Freien Wählern)

Nun, das alles wurde behauptet, und ich antworte auf das, was die Staatsregierung gefragt wurde. Kredite sind hier nach dem Gesetz nicht zulässig.

Nun zu Ihrer Frage bezüglich der Vertragsanpassung. Zunächst war der Wunsch nach einer Ausstiegsstrategie da. Hallo, Herr Professor Bauer, wo waren Sie eigentlich zu dieser Zeit? Waren Sie da im Urlaub? Die Blätter waren voll von dieser Sache.

(Zuruf von den Freien Wählern)

Es gab eine Riesendebatte um eine Ausstiegsandrohung. Der Bayerische Rundfunk hat live darüber berichtet. Vielleicht sind Sie schon ganz frühzeitig in den Weihnachtsurlaub gefahren. Es war doch ein Riesenthema und wir haben alle Briefe bekommen. Die Strategie war eindeutig. Man wollte den Ausstieg. Es gab weder einen zeitlichen noch einen inhaltlichen Druck für eine solche Diskussion. Die Strategie war grundlegend falsch. Deswegen war auch der Rücktritt konsequent.

(Beifall bei der CSU)

Zu den Vertragsangeboten bezüglich einer Verlängerung sage ich Ihnen Folgendes: Das ist eine Frage der Klugheit. Wenn es darum geht, darüber zu reden, ob man einen Vertrag bis 2014 oder 2015 verlängert, oder wenn man über den Unterschied von 73 oder 76 Euro diskutiert und das als Grund nimmt, miteinander zu reden, Herr Professor Bauer, dann kann ich nur sagen: Wenn jemand diese zwei oder drei Euro oder dieses halbe Jahr als Grund dafür nimmt, ein ganzes System zu kippen, lässt das auf mangelnde Klugheit schließen. Klugheit kann nicht der entscheidende Kompass für eine solche Strategie gewesen sein.

(Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer (FW): Das war ja nur ein kleiner Teil!)

Deswegen geht das alles nur auf Kosten des Verbandes. Und ich wiederhole hier noch einmal ausdrücklich, Nachtreten ist nicht mein Stil, jedenfalls nicht nach außen.

(Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer (FW): Gegen die Freien Wähler schon! - Anhaltende Zurufe von den Freien Wählern und der SPD)

Liebe Freunde, nach dem, was ihr da alles Woche für Woche verbreitet habt, liebe Freie Wähler, kann man das schon sagen. So etwas macht nicht einmal die SPD in Bayern.

Der Schaden, der entstanden ist, trifft leider die Hausärzte. Wir hoffen, dass sich da manches korrigieren lässt. Aber wie man in den Wald hineinruft, so schallt es zurück. Wir haben versucht, unserer Verantwortung gerecht zu werden. Die Berechnungen, die Sie anstellen, halte ich ehrlich gesagt für abstrus, weil wir einen Vertrag haben. Dieser Vertrag gilt. Etwaige andere Vertragsmodelle sind wirklich nicht gegeben. Die Hausärzte hätten einen Vertrag gehabt. Sie hätten viel Geld und viel Sicherheit bekommen. Mancher Verbandsfunktionär wäre noch im Amt. Aber sie haben sich anders entschieden; das Ergebnis ist bekannt. Wir haben versucht, den Schaden zu reparieren. Wir sind auf einem guten Weg. Es kann und muss aber eine Lehre sein: Patienteninteressen sind wichtiger als Verbandsinteressen. Das ist das Entscheidende.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer (FW): Wo ist Ihr Reformkonzept? § 73!)

Als Nächster hat Herr Kollege Dr. Bertermann das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

(Vom Redner nicht auto- risiert) Herr Staatsminister, das meiste ist schon gesagt worden. Diese Ministerbefragung geht von den Freien Wählern aus, die der Staatsregierung Versagen vorwerfen.

(Hubert Aiwanger (FW): Richtig!)

Wenn man davon ausgeht, dass eines Ihrer Mitglieder, nämlich Herr Krombholz, in einer Lobeshymne par excellence den Ministerpräsidenten und den Gesundheitsminister lobt, wenn die Hausärzte den Gesundheitsminister wie eine Monstranz von Kundgebung zu Kundgebung vor sich hertragen, wenn in Medizinerkreisen darüber geredet wird, ob man in Nürnberg für ihn ein Denkmal errichten will, dann kann man doch nicht sagen, er habe für die Hausärzte nichts getan.

(Beifall bei der FDP)

Konkret zu meinen Fragen: Stärkung der KV - Schwächung der KV? Wir können die Kollektivverträge weiterentwickeln. Wir können aber auch die Selektivverträge weiterentwickeln; sprich: Hausarzt, Facharzt, Psychotherapeuten. Inwieweit ist da noch die Sicherstellung der Versorgung der bayerischen Patienten gewährleistet? Das müssen wir uns überlegen. Wir müssen uns überlegen: Wollen wir die KVen stärken, wollen wir die Selektivverträge fortführen oder wollen wir wie früher eine Hausarzt-KV? Das muss man austarieren.

Die zweite Frage ist, wie es mit den Abrechnungsstellen aussieht. Soll es jetzt für die Hausärzte, für die Fachärzte und für die Psychotherapeuten Abrechnungsstellen geben? Wie sieht es dann mit den sensiblen Daten der Patienten in Bayern aus? Vielleicht können Sie auf diese Fragen freundlicherweise antworten.

Herr Staatsminister, Sie haben das Wort, bitte schön.

Man merkt den Geburtstag, denn man ist in Geberlaune; vielen Dank.

Es ist mir wirklich ein Anliegen, allen Beteiligten zu danken, die im letzten Jahr mitgeholfen haben, eine gesetzliche Regelung zu schaffen. Ich weiß, dass es der FDP nicht ganz leicht gefallen ist. Ich sage das ausdrücklich. Ein Dankeschön geht an den Kabinettskollegen und den Ministerpräsidenten; wir waren aber auch beim Bund. Es war wirklich eine Gemeinschaftsleistung, diese Regelung bis Mitte 2014 zu erreichen. Ich muss aber auch sagen: Es gibt in der deutschen Gesundheitspolitik sowieso keine Garantie dafür, dass Gesetze nach einer Bundestagswahl unverändert bleiben. Es gibt in der Gesundheitspolitik kaum ein Gesetzesvorhaben, das so lange fixiert ist wie dieses.

(Dr. Otto Bertermann (FDP): Richtig!)

Das muss man einfach einmal sagen.

Ich danke aber auch der jetzigen Führung der Hausärzte, dass sie mit uns gemeinsam auf einem guten Weg sind. Das muss man ausdrücklich einmal sagen; denn das ist denen auch nicht leicht gefallen.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Zur KV: Herr Kollege Bertermann, ich bin gespannt, wie sich die KV weiterentwickeln wird, weil sie jetzt unter hausärztlicher Führung steht.

(Dr. Otto Bertermann (FDP): Eben!)

Insofern sind wir auf Vorschläge und darauf gespannt, wie sich das weiterentwickeln wird. Rechtlich ist es bei Selektivverträgen eindeutig so: In diesem Moment geht die Sicherstellung auf die Kassen über. Und wenn die Sicherstellung auf die Kassen übergeht, gewährleisten sie sie. Für die Patienten wäre das also kein Problem. Insofern warten wir Vorschläge der neuen KV-Führung hinsichtlich zukünftiger Vertragsstrukturen ab. Diese Zeit hat sie bekommen.

Was den Datenschutz bei den Abrechnungen betrifft, hat der Bund bis 30.06. eine Übergangsregelung vereinbart. Danach will der Bund einen Vorschlag machen. Wir werden auch die datenschutzkonformen Aussagen des Bundesgesundheitsministers abwarten. Da ist alles gesichert. Dass der Datenschutz der Patienten und Beitragszahler erhalten bleibt, hat natürlich eine hohe Priorität.

Herr Dr. Vetter, bitte schön. Sie haben das Wort für eine Nachfrage.

Nachdem ich jetzt noch 30 Sekunden zur Verfügung habe, möchte ich sagen: Lieber Otto, das mit der Monstranz war wirklich gut. Aber da kennt ihr andere Hausärzte als ich. Das sehe ich ganz anders.

Herr Minister Söder, Sie haben meine eigentliche Frage immer noch nicht beantwortet: Warum haben Sie sich von Mai bis Oktober in den Streit nicht moderierend eingebracht, obwohl der Hausärzteverband Sie, Herr Minister, mehrfach schriftlich darum ersucht hat? Von Mai bis Oktober - im Dezember war es zu spät. Das ist die Frage, die Sie mir nicht beantwortet haben. Diese Frage hätte ich gern in irgendeiner Art und Weise beantwortet.

Herr Staatsminister Dr. Söder, Sie haben das Wort. Bitte schön.

Seit Dezember 2009 sind zwischen dem Ministerium und dem Hausärzteverband über zehn Telefonate und Gespräche geführt worden.

(Hubert Aiwanger (FW): Mai bis Oktober - nicht Dezember!)

- Da ist doch "Mai bis Oktober" drin.

(Hubert Aiwanger (FW): Mai bis Oktober!)