Protokoll der Sitzung vom 02.03.2011

Deswegen sagen wir Freie Wähler ganz offen: Wir müssen den Mut haben, die richtige Entscheidung zu treffen, auch wenn die rechtliche Zuständigkeit noch nicht zweifelsfrei abschließend geklärt ist. Ansonsten brauchen wir solche internationalen Abkommen wie dieses ILO-Abkommen aus dem Jahr 2002 gar nicht zu unterschreiben. Das haben wir doch gemacht. Die Richtung ist vorgegeben, und deswegen ist es richtig, dem Gesetzentwurf der GRÜNEN zuzustimmen.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Danke schön, Herr Kollege Dr. Fahn. Jetzt hat Frau Staatssekretärin Huml das Wort und dann kommen wir zur namentlichen Abstimmung. Bitte schön, Frau Staatssekretärin.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, wir sind uns alle in diesem Hohen Hause einig, dass wir gegen Kinderarbeit sind. Ich glaube, wir lehnen wirklich alle gemeinsam Kinderarbeit ab und selbstverständlich auch wir von der Bayerischen Staatsregierung. Aber die Frage ist der Weg. Der Weg über das Bayerische Bestattungsgesetz ist eben in unseren Augen nicht möglich. Deswegen, weil der Gesetzentwurf auf das Bayerische Bestattungsgesetz gerichtet ist, stehe ich hier und nicht die Vertreter des Wirtschaftsministeriums. Darum ist das Umwelt

und Gesundheitsministerium zuständig. Zum Berichtsantrag wird das Wirtschaftsministerium im Ausschuss entsprechend berichten, weil es dort nicht nur um den Teil des Bestattungsgesetzes gehen wird, sondern eben um diese Handelsbeziehungen und Kinderarbeit. Dann wird das Wirtschaftsministerium entsprechend Stellung beziehen.

In meinen Augen ist es richtig, langfristige Lösungen zu suchen. Ich weiß, dass wir gemeinschaftlich daran gearbeitet haben, was wir tun können, um die Kinderarbeit weiter zurückzudrängen. Da gehört es dazu, dass wir einerseits die Armut in den Herkunftsländern zu mildern versuchen und auch dort für Bildung zu sorgen.

Frau Staatssekretärin, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Bitte schön.

Frau Kollegin Weikert, bitte.

Frau Staatssekretärin, können Sie in etwa eingrenzen, bis wann dieser Bericht vorliegen wird? Es ist jetzt genügend beteuert worden, dass wir alle an diesem Ziel arbeiten. Aber wir wollen die klare Abklärung der rechtlichen Möglichkeiten. Also bis wann?

Wenn ich meinen Ministerkollegen Zeil richtig verstanden habe, ganz schnell.

Was heißt "ganz schnell"?

(Staatsminister Martin Zeil: Die Antwort ist schon im Postauslauf!)

Wir werden dann natürlich beantragen, dass der Bericht auch mündlich gegeben wird. Ich bitte, gleich zur Kenntnis zu nehmen, dass man in den entsprechenden Ausschüssen mündlich berichtet, damit wir nachfragen können. Mit einem schriftlichen Bericht geben wir uns nicht zufrieden.

(Beifall der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))

Frau Staatssekretärin, bitte schön.

Ich darf jetzt wieder zu unserem heutigen Thema kommen, nämlich der Änderung des Bestattungsrechts. Es ist so, dass wir uns bei aller Ablehnung von Kinderarbeit auf rechtssicherem Terrain befinden

müssen. Eine Änderung der Friedhofssatzung eignet sich dafür nicht. Im vorliegenden Gesetzentwurf heißt es, dass Artikel 9 des Bayerischen Bestattungsgesetzes um den Absatz 4 ergänzt werden soll, wonach die Friedhofsträger in ihrer Friedhofsordnung selbst festlegen können, dass nur Grabsteine und Grabeinfassungen verwendet werden dürfen, die nachweislich aus fairem Handel ohne ausbeuterische Kinderarbeit stammen. Da müssen wir eben sagen, dass diese Änderung in unseren Augen nicht in eine kommunale Satzung aufgenommen werden kann, weil eben der spezifische örtliche Bezug fehlt, weil nicht die Kommune selbst die Friedhofssteine einkauft, sondern der Grabnutzer. Weil der örtliche Bezug fehlt, kann die örtliche Selbstverwaltung dem nicht zugeordnet werden. Von daher lehnen wir diesen Gesetzentwurf ab. Wir sind der Meinung, dass wir uns damit nicht auf rechtssicherem Terrain befinden.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Das hat uns auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bestätigt. Er stellt in seinem Urteil - das kennen Sie - vom 04.02.2009 klar, dass Vorgänge in anderen Staaten, die das ILO-Übereinkommen 182 betreffen, ausschließlich in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes fallen. Deswegen fehlt, wie es Kollege Rohde schon angedeutet hat, dem Freistaat Bayern die Gesetzgebungskompetenz. Das heißt nicht, dass wir die Idee und den Vorgang nicht für richtig halten, sondern es heißt, dass wir das nicht in unserer Gesetzgebungskompetenz sehen.

Daher lehnen wir den Gesetzentwurf ab. Aber wir stellen fest, dass allein schon deshalb, dass darüber gesprochen wird, vom interessierten Verbraucher immer mehr darauf geachtet wird und dass der aufgeklärte Bürger sich sehr wohl darüber Gedanken macht, dass dies ein Ansatz ist, den wir weiterverfolgen müssen. Wir wollen über das Wirtschaftsministerium, über die Bundesebene und über die europäische Ebene in dieser Richtung weiterwirken. Das Bayerische Bestattungsgesetz ist in unseren Augen der falsche Ansatz, weil wir uns damit nicht auf rechtssicherem Terrain befinden. Darum lehnen wir den Vorschlag ab.

Frau Staatssekretärin, ich muss Sie bitten, noch am Redepult zu bleiben. Die erste Zwischenintervention kommt vom Kollegen Dr. Fahn. Die anderen Kollegen möchte ich herzlich um Aufmerksamkeit bitten. Überwiegend hat jetzt Herr Kollege Fahn das Wort.

Sie sagen, da sei man nicht auf rechtssicherem Terrain und lehnen das darum ab. Warum wurde es dann im Saarland - ich sage das jetzt noch einmal - und in Bremen vom

Landtag beschlossen und gilt zum Teil schon zwei Jahre? Für die ist das ein rechtssicheres Gebiet. Da müssten Sie sich doch bei diesen Landesregierungen erkundigen. Warum geht das im Saarland? Warum geht das in Bremen und nicht in Bayern?

Frau Staatssekretärin, bitte.

Ich kann jetzt weder für das Saarland noch für Bremen sprechen. Ich kann hier nur die Rechtsauffassung von Bayern vertreten. Wir empfinden das als rechtsunsicher. Darum wäre ich schlecht beraten, Ihnen zu sagen, wir machen ein Gesetz, bei dem wir davon ausgehen, dass es später wieder aufgehoben werden muss. Das wäre nach meiner Auffassung nicht fair.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Die nächste Zwischenbemerkung hat Herr Dr. Runge angemeldet. Bitte schön.

Frau Staatssekretärin, was Sie vorgetragen haben und wie Sie es vorgetragen haben, dokumentiert, dass Sie sich nicht sehr eingehend mit der Materie befasst haben und wohl auch nicht sehr eingehend mit dieser Materie befassen wollten.

(Zuruf von der CSU: Oh! - Beifall bei den GRÜ- NEN und der SPD)

Wir kennen die Gerichtsurteile zu München und Nürnberg. Das erste entsprechende Gerichtsurteil gab es übrigens in Rheinland-Pfalz. Die Richter haben gesagt, die Gemeinden dürfen nicht, solange es keine Rechtsgrundlage gibt. Darum suchen wir gerade nach der Rechtsgrundlage. Übrigens, wenn Sie hier auf den Bund rekurrieren, dann muss ich Ihnen antworten: Handelsrecht ist schon seit vielen Jahren vergemeinschaftet. Aber so weit müssen wir an dieser Stelle überhaupt nicht ausgreifen. Wir halten einfach fest: Es gibt einen einstimmigen Beschluss dieses Bayerischen Landtages. Wie die Bayerische Staatsregierung mit diesem einstimmigen Beschluss umgeht, ist nichts anderes als eine Frechheit.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Frau Staatssekretärin, bitte schön.

Ich nehme an, dass Sie sich im Vorfeld gut informiert haben und darf aus dem Urteil des Bayerischen

Verwaltungsgerichtshofs zitieren, wo es eben heißt, das sei ausschließlich Gesetzgebung des Bundes. Darum sind wir der Auffassung, dass die Gesetzgebungskompetenz dafür nicht bei uns im Land ist.

Frau Staatssekretärin, es gibt eine weitere Zwischenbemerkung. Herr Kollege Professor Gantzer, bitte schön.

Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Ich verstehe, dass Sie Schwierigkeiten haben, wenn Juristen Ihnen sagen, dass der Fall mit einem bestimmten juristischen Sachverstand so und nur so zu sehen ist. Ich bin Jurist und kann Ihnen sagen, ich bin der Meinung, Ihre Juristen sehen das falsch. Es geht hier nicht um Handel und damit geht es auch nicht um die Kompetenz von Bund oder Europa, sondern es geht allein darum, ob wir solche Grabsteine in Bayern verwenden, und das können wir bestimmen.

Es kommt hinzu, dass Europa in Lissabon beschlossen hat, dass das Subsidiaritätsprinzip stärker gelten soll. Das bedeutet: Was wir in Bayern regeln können, muss Europa nicht regeln. Dieser Fall ist eine Sache, die wir typischerweise hier regeln können, ohne dass wir Europa oder den Bund fragen müssten. Deswegen vermisse ich den Mut. Denn es nützt nichts, wenn alle sagen, wir haben recht, aber sich dann hinter formaljuristischen Argumenten verstecken. Es geht hier um eine gute Sache. Haben Sie den Mut und springen Sie. Dann warten wir einmal ab, was passiert.

(Beifall bei der SPD)

Frau Staatssekretärin, bitte.

Aber Sie geben mir doch sicherlich recht, lieber Herr Professor Gantzer, dass auch Grabsteine gehandelt werden. Sie werden nicht einfach nur hingestellt, sondern sie werden irgendwo hergestellt und transportiert und damit gehandelt. Deswegen können wir uns nicht darüber hinwegsetzen und das Bayerische Bestattungsgesetz ist hierfür der falsche Ansatz. Uns wäre es lieber, wenn wir den Handel unterbinden könnten.

(Beifall bei der CSU)

Die Aussprache ist geschlossen. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung. Zugrunde liegt der Initiativgesetzentwurf auf Drucksache 16/5922. Der federführende Ausschuss für Kommunale Fragen und In

nere Sicherheit empfiehlt auf Drucksache 16/7575 die Ablehnung des Gesetzentwurfs.

Die Abstimmung erfolgt in namentlicher Form. Die Abstimmungsurnen sind vorbereitet. Wir haben für die Abstimmung fünf Minuten Zeit. Die Zeit läuft.

(Namentliche Abstimmung von 15.22 bis 15.27 Uhr)

Die fünf Minuten sind vorbei. Damit ist die namentliche Abstimmung abgeschlossen. Es wird außerhalb des Plenarsaals ausgezählt und das Ergebnis später bekanntgegeben.

Ich darf um Aufmerksamkeit für den nächsten Tagesordnungspunkt bitten.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Susann Biedefeld, Adelheid Rupp u. a. und Fraktion (SPD) zur Einführung des Verbandsklagerechts für Tierschutzverbände (Bayerisches Tierschutzverbandsklagegesetz - BayTierSchVbklG) (Drs. 16/5966) - Zweite Lesung