Protokoll der Sitzung vom 02.03.2011

Sie sprechen von Lobbyarbeit. Ich selbst bin seit zwei Jahrzehnten aktiv im Tierschutz tätig. Dieser Gesetzentwurf enthält nicht etwas, was wir einfach ungeprüft und unkritisch übernommen haben. Vielmehr ist dieser Gesetzentwurf aus der Arbeit, die die vielen Ehrenamtlichen vor Ort bayernweit leisten, entstanden. Ihre Ablehnung ist wiederum ein Schlag ins Gesicht derjenigen, die sich für die Tiere und für den Tierschutz stärker engagieren wollen, als es die Tierschutzgesetze und -regelungen bereits jetzt zulassen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kobler, ich bedaure auch sehr, dass Sie hier ein Stück weit den Sachverstand absprechen. Ich fordere Sie nochmals auf - das betrifft auch den Kollegen von der FDP - zu sagen, welcher Tierschutzverband sich auf der Grundlage unseres Gesetzentwurfs ausgeschlossen fühlt, welcher Tierschutzverband dann nicht klagen dürfte. Bitte benennen Sie diesen ganz konkret. Sie schließen den Sachverstand aus. Aber gerade hier gibt es vieles, was aus der praktischen Arbeit heraus wirklich einfließen könnte. Wir wollen nicht mehr Bürokratie und wollen auch nicht, dass Verfahren länger dauern.

Frau Kollegin, die Zeit!

Sie wollen einen entsprechenden Rechtsstaat. Ich weiß nicht, was Sie darunter verstehen. Für uns heißt mehr Transparenz mehr Klagerechte und auch mehr Demokratie, also mehr Demokratie wagen.

(Beifall bei der SPD)

Einen Moment bitte, Frau Kollegin. Ihr Fraktionskollege Arnold hat sich für eine Zwischenbemerkung gemeldet.

Frau Kollegin Biedefeld, im Hinblick auf die Ausführungen Ihres Vorredners Dr. Fischer, der sagt, wir hätten, was die Exekutive anbetrifft, ein wunderbares System, um den Tierschutz zu gewährleisten: Würden Sie mir beipflichten, dass es, wenn das so wäre, angebracht wäre, die beamtenrechtliche Wiederbesetzungssperre von zwölf Monaten in diesem Bereich ernsthaft aufzugeben und so dem Geltung zu verleihen, was man will? Oder würden Sie sagen: Das sind die üblichen Sonntagsreden, die dann nicht aufgegriffen werden?

(Beifall bei der SPD - Thomas Kreuzer (CSU): Das würde sie wahrscheinlich nicht!)

Frau Kollegin Biedefeld, bitte.

Ich stimme mit Ihnen vollkommen überein.

(Dr. Andreas Fischer (FDP): Große Überraschung!)

Dies sind die üblichen Sonntagsreden, die hier gehalten werden. Wäre Ihnen wirklich so sehr daran gelegen, wie Sie es hier ausgeführt haben, würden Sie in der Tat allein diese eine Maßnahme, die mein Kollege angesprochen hat, nämlich die Wiederbesetzungssperre, aufheben. Dann würde es, allein was den Voll

zug von Tierschutzgesetzen und Tierschutzregelungen angeht, ganz anders ausschauen. Dem kann ich nur zustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. Für die Staatsregierung kann ich nun Frau Staatssekretärin Huml das Wort erteilen. Bitte sehr.

Werter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass wir in Bayern auch in den letzten Jahren bereits für einen starken Tierschutz eingetreten sind, zeigt sich unter anderem daran, dass unsere Mitgeschöpfe seit 1998 Verfassungsrang haben. Wir hier in Bayern setzen uns für das Wohl der Tiere besonders ein. Dass wir uns auch auf europäischer Ebene für hohe Tierschutzstandards einsetzen, möchte ich nur an einigen Beispielen aufzeigen.

Hierbei denke ich etwa daran, dass wir konsequent für kürzere Transportzeiten kämpfen. Auch soll nur derjenige die geplante Tierschutzkennzeichnung für Lebensmittel erhalten, der Haltungsbedingungen über den gesetzlichen Mindestanforderungen garantiert.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ich denke auch an das Verbot der schmerzhaften Brandzeichen für Pferde, für das wir im Bundesrat gestimmt haben. All das zeigt, dass wir uns in den letzten Jahren für den Tierschutz eingesetzt haben. Selbstverständlich werden wir dies auch weiterhin tun.

Wir honorieren auch, was in den Tierschutzverbänden vor Ort alles geleistet wird und was auch von den Bürgerinnen und Bürgern Tag für Tag im Bereich des Tierschutzes geleistet wird. Ich denke nur daran, dass wir seit vielen Jahren den Bayerischen Tierschutzpreis verleihen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nun möchte ich ebenfalls kurz auf den Gesetzentwurf eingehen, in dem es nicht nur um mehr Tierschutz geht. In meinen Augen würde er auch zu mehr Bürokratie führen. Denn in den Eckpunkten des Entwurfs geht es darum, dass für die vier großen in Bayern tätigen Tierschutzverbände Beteiligungs- und Informationsrechte gefordert werden und dass die Verbände ferner ein Klagerecht bei Einzelfallgenehmigungen erhalten sollen.

Wenn man sich die Mitwirkung anschaut, so können die Tierschutzverbände bereits heute bei tierschutzrelevanten Gesetzvorhaben in der Verbandsanhörung mit angehört werden und ihre Interessen mit vertre

ten. Zudem gehören von den vier von Ihnen genannten Tierschutzverbänden bereits drei dem Tierschutzbeirat des Umwelt- und Gesundheitsministeriums an. Wir haben in der letzten Sitzung des Tierschutzbeirates über den Gesetzentwurf gesprochen. Wir haben auch darüber abgestimmt; dabei ist eine Patt-Situation entstanden. Der Tierschutzbeirat hat sich also nicht für das Verbandsklagerecht ausgesprochen.

Der tierschutzrechtliche Informationsanspruch ist in meinen Augen deshalb entbehrlich, weil bereits jetzt Bundes- und Landesbehörden die zahllosen Anfragen beantworten. Die Bundesregierung gibt außerdem alle vier Jahre einen umfassenden Bericht zum Tierschutz ab, in den die Tierschutzinformationen aus den Ländern eingearbeitet werden.

Vorhin wurde das Verbandsklagerecht mit dem Klagerecht beim Naturschutzrecht verglichen. Dazu ist zu sagen, dass das Naturschutzrecht auf bestimmte Felder, zum Beispiel Planfeststellungsverfahren, eingeschränkt ist. In Ihrem Gesetzentwurf ist dagegen von "allen Verwaltungsakten" die Rede. Dadurch würde entsprechend mehr Bürokratie entstehen. Deshalb ist dies nicht mit dem Naturschutzrecht oder dem Verbraucherschutz vergleichbar.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, natürlich ist die Situation unbefriedigend, wenn wir an Tierversuche denken. Deswegen sind Tierversuche für Kosmetika in Deutschland verboten. In der Medizin sind Tierversuche jedoch häufig unverzichtbar. Aber auch hier gibt es Ethikkommissionen, die keine leichte Hürde darstellen. In diesen Ethikkommissionen kommen die Tierschutzverbände mit Sitz und Stimme zu Wort und sind eingebunden. Es ist nicht so, dass die Tierschutzverbände komplett außen vor seien. Sie sind in vielen Gremien vertreten, werden am Gesetzgebungsverfahren beteiligt und bezüglich der Tierversuche in die Ethikkommissionen eingebunden. Sie sind auch im Tierschutzbeirat dabei.

Wir sind deshalb der Meinung, dass der Tierschutz, der das Wohl der Tiere vertritt, das uns allen am Herzen liegt, ausreichend vertreten ist. Wir wollen aber nicht mehr Bürokratie haben. Deshalb lehnen wir diesen Gesetzentwurf ab.

(Beifall bei der CSU)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegt der Initiativgesetzentwurf auf der Drucksache 16/5966 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Verbraucherschutz empfiehlt auf Drucksache 16/7573 die Ablehnung des Gesetzentwurfes. Wer dagegen dem Gesetzentwurf zustimmen will, den

bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? - Das sind die Fraktionen der CSU, der FDP, der Freien Wähler und Frau Kollegin Dr. Pauli. Enthaltungen? - Keine. Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt.

Ich gebe jetzt das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Gesetzentwurf der Abgeordneten Margarete Bause, Thomas Mütze, Ulrike Gote und anderer und Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN zur Änderung des Bayerischen Bestattungsgesetzes auf der Drucksache 16/5922 bekannt. Mit Ja haben 71 und mit Nein 87 Kolleginnen und Kollegen gestimmt. Es gab keine Stimmenthaltungen. Der Gesetzentwurf ist damit abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 1)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Abstimmung über Anträge, die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden (s. a. Anlage 2)

Die FDP-Fraktion hat beantragt, über die Nummer 2 der Antragsliste einzeln abstimmen zu lassen. Es handelt sich hier um den Antrag der Abgeordneten Aiwanger, Schweiger, Dr. Herz und anderer und Fraktion betreffend "Eiweißfutter-Strategie für Bayern entwickeln" auf der Drucksache 16/6325.

Über diesen Antrag lasse ich jetzt vorweg abstimmen. Der federführende Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten empfiehlt Zustimmung mit der Maßgabe, dass der letzte Spiegelstrich gestrichen wird.

Wer dem Antrag mit der vorgeschlagenen Änderung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der SPD, der Freien Wähler, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und Frau Kollegin Dr. Pauli. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Fraktionen der CSU und der FDP.

(Ulrike Müller (FW): Nur wegen der FDP! Das ist unglaublich!)

Damit ist der Antrag abgelehnt.

Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen zu den übrigen Anträgen mit den einzelnen Voten der Fraktionen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.

(Siehe Anlage 2)

Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. dem jeweiligen Abstimmungsverhalten seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind alle Fraktionen und Frau Kollegin Dr. Pauli. Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Keine. Damit übernimmt der Landtag diese Voten.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Besetzung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs Neu- und Wiederwahl eines berufsrichterlichen Mitglieds und Wahl des ersten Vertreters des Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs

Der Ministerpräsident hat mitgeteilt, dass der Präsident des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, Herr Rolf Hüffer, zugleich erster Vertreter des Präsidenten des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs, mit Ablauf des 30. September 2010 in den Ruhestand getreten ist. Damit endete auch seine Mitgliedschaft beim Verfassungsgerichtshof.

Der Präsident des Verfassungsgerichtshofs hat als dessen Nachfolger in seiner Eigenschaft als berufsrichterliches Mitglied Herrn Andreas Dhom, Vorsitzender Richter am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, zur Neuwahl vorgeschlagen.

Als Nachfolger für Herrn Hüffer in seiner Eigenschaft als erster Vertreter des Präsidenten schlägt der Präsident des Verfassungsgerichtshofs Herrn Stephan Kersten, Präsident des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, vor. Herr Kersten ist seit 21. Juli 2005 berufsrichterliches Mitglied des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs.

Ferner hat der Ministerpräsident mitgeteilt, dass mit Ablauf des 13. Februar 2011 die Amtszeit des berufsrichterlichen Mitglieds des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs, Herrn Andreas Polloczek, Vorsitzender Richter am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, abgelaufen ist.

(Unruhe)

- Offensichtlich interessiert es niemanden, was ich hier sage.