Protokoll der Sitzung vom 09.06.2011

Die Staatsregierung wird aufgefordert, bis spätestens Ende des Jahres 2011 ein Konzept zu erarbeiten und dem Landtag zu präsentieren, welches die staatliche Förderung lokaler und regionaler Fernsehangebote in Bayern auch nach dem 31. Dezember 2012 sicherstellt.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Das passt!)

- Ja, das passt. Aber es ist fast gleichlautend. Als Oberfranke würde ich sagen: Viele Grüße von Herrn Baron von und zu Guttenberg! Hier ist fast wörtlich abgeschrieben. Auch die einzelnen Punkte sind wörtlich übernommen. Da war die SPD schon ein bisschen schneller.

Jetzt wende ich mich an Herrn Sinner: Dieses Konzept hätten wir schon für 2009 erwartet. Dann hätten wir ausführlich diskutieren können, so dass wir wissen, wie wir dran sind. Aber jetzt kommt das alles bis zum Oktober. Gewiss, Gott sei Dank. Jedoch ist es überfällig. Es wird zu einer schwierigen Diskussion führen.

Warum brauchen wir das lokale Fernsehangebot in dieser Breite? Ich nenne dazu drei Punkte, die mir besonders wichtig sind.

Erstens. Die Regionalität des Fernsehangebots ist für die Zuschauer natürlich interessant und wichtig. Dadurch sehen sie, was sich vor Ort abspielt. Das gilt für den Sportbereich, für den Bereich der Politik und für den Bereich der Ereignisse, die sich vor Ort abspielen. Deswegen hat das lokale Fernsehangebot in Bayern eine so hohe Resonanz. Denn es hat einen aktuellen und regionalen Bezug.

Zweitens. Das gilt auch für die Werbung, die wir im regionalen Fernsehen haben. Kleinere Firmen aus der Region können sich dort vorstellen und einbringen. Das ist gut so. Eine kleine Firma kann nicht Fernsehwerbung im Bayerischen Rundfunk oder bei großen privaten Anstalten machen. Solche Firmen wollen in ihrem kleineren Gebiet etwas anbieten.

Drittens. Die regionalen Fernsehangebote machen auch etwas für die Region, indem sie Events veranstalten, auch zu politischen Themen. Ich erinnere mich an das folgende Beispiel: Bei der Stimmkreisreform hat TV Oberfranken eine aktuelle Diskussion veranstaltet, in der auch unsere stellvertretende Fraktionsvorsitzende Inge Aures aufgetreten ist. Die Leute interessiert beispielsweise: Warum ist es für Oberfranken so schlecht, wenn man dort einen Wahlkreis verliert? Natürlich geht es hier auch um Arbeitsplätze vor Ort, die uns wichtig sind, auch wenn sie nicht immer gut bezahlt werden.

Aus den genannten Gründen wollen wir das regionale und lokale Fernsehangebot fördern. Wir unterstützen alle Anträge, die in diese Richtung gehen.

Wir wollen allerdings auch ein qualitativ hochwertiges Angebot verwirklichen. Das ist mir wichtig. Vieles hat sich schon verbessert, aber es ist immer noch viel zu tun. Dies kostet natürlich Geld. Es ist eine spannende Frage, wie man das alles finanzieren kann. Wir in der SPD-Fraktion sind davon ausgegangen, dass es möglich ist, das Ganze mit einer Anschubfinanzierung auf den Weg zu bringen. Jedoch hat sich das als Irrtum herausgestellt. Denn gerade auf dem flachen Land damit komme ich zu meinem letzten Punkt - ist lokales Fernsehen schwieriger als in einer Großstadt. Zu vielen Orten, die ich betreuen muss, habe ich lange Anfahrtswege zurückzulegen. Da muss vielleicht noch das eine oder andere Studio finanziert werden. Aber lokales Fernsehen ist dort nicht so leicht zu betreiben wie in der Stadt.

Wir brauchen eine Unterstützung und Finanzierung für den ländlichen Raum, damit wir dort das lokale Fernsehangebot aufrechterhalten können. Eines darf

nicht passieren: dass sich das lokale Fernsehen auf die Großstädte konzentriert. Denn dort kommt man finanziell vielleicht eher zurecht, während das flache Land oder der ländliche Raum wieder einmal verliert.

(Beifall bei der SPD)

Für diesen Gedanken setzen wir uns als SPD ein. Wir hoffen, dass dafür ein vernünftiges Konzept zustande kommt.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Richter hat das Wort zu einer Intervention.

Sehr geehrter Herr Präsident! Lieber Kollege Rabenstein, wir stimmen in sehr vielen Punkten überein. Aber die Vorgehensweise, dass man von vornherein die Staatsregierung einschaltet, war damals eine andere. Es war nicht beabsichtigt, jemandem etwas überzustülpen. Vielmehr wollte man gemeinsam mit den Fernsehanstalten ein Konzept erarbeiten. Von Bayern TV liegt inzwischen ein entsprechendes Konzept vor. Nach einer Anhörung der Betroffenen, die beteiligt werden sollen, will die Staatsregierung das Konzept vorstellen. Das halte ich für die richtige Vorgehensweise, und ich glaube, darin stimmen Sie mit mir überein.

Ich stimme dem zu. Ich habe nur angemahnt, dass das eigentlich schon lange hätte passieren können. Die Anhörungen hätten wir vielleicht schon zu Anfang dieses Jahres durchführen können. Der Sachverhalt ist sehr kompliziert. Es gilt auch europäisches Recht. Wir müssen darauf achten, die Verhältnisse so zu gestalten, dass der Steuerzahler nicht zu arg in Anspruch genommen wird.

Mit dem Gedanken, jetzt eine Anhörung durchzuführen, nach der die Staatsregierung uns das Konzept vorlegt, über das wir dann diskutieren, stimme ich überein. Aber unser Antrag aus dem Jahr 2009 wurde nicht so behandelt. Erst jetzt kommen wir zu einem Ziel. Es hat geheißen, das Ziel werde im Oktober 2011 erreicht. Da kann man nur sagen: Gott sei Dank. Das wollen wir. Den Zeitrahmen hätte ich mir eigentlich etwas anders vorgestellt. Ansonsten stimmen wir überein.

(Beifall bei der SPD)

Die nächste Rednerin ist, wie angekündigt, Frau Kollegin Gote. Ihr folgt Frau Sandt.

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Was die FREIEN WÄHLER hier beantragen, ist verfassungsrechtlich nicht zulässig, verstößt gegen die europäisch garantierten Grundfreiheiten, nämlich gegen die Niederlassungsund Dienstleistungsfreiheit, und stellt zusätzlich eine europarechtlich unzulässige Beihilfe dar.

Die Anträge der SPD, der CSU und der FDP gehen in eine ähnliche Richtung. Der Antrag der CSU ist sehr verschwiemelt formuliert. Man weiß eigentlich nicht, was er will. Diese Anträge werden unsere Zustimmung nicht finden.

Der bayerische Sonderweg nach Artikel 111 a Absatz 2 der Bayerischen Verfassung stellt die rechtliche Basis der Dauersubventionierung der privaten lokalen und regionalen Fernsehangebote dar. Das Wort "privaten" haben Sie hier heute alle noch nicht genannt; aber es geht um die privaten lokalen und regionalen Fernsehangebote. Diese Art der Dauersubventionierung ist und bleibt ein Irrweg.

Privater Rundfunk in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft ist ein Widerspruch in sich. Eigentlich wollte die bayerische Bevölkerung gar keinen privaten Rundfunk.

(Widerspruch bei der CSU)

- Nein, die wollten das nicht. Das war ein Trick von Franz Josef Strauß, um die bayerische Bevölkerung über den Tisch zu ziehen. Deshalb hat er sich dieses Konstrukt ausgedacht. Er wollte damals seine Freunde Kirch und Co. mit privatem Rundfunk bedienen.

(Karl Freller (CSU): Wollen Sie die Privatsender streichen?)

Um den Bürgerwillen zu umgehen, wurde die Bayerische Verfassung so manipuliert, dass wir die Einzigen sind, die diesen Sonderweg gehen. Es ist längst klar, dass die Regelung der Bayerischen Verfassung mit dem Grundgesetz unvereinbar ist. Sie stellt nicht viel mehr dar als eine leere Hülse.

Daraus einen Grundversorgungsauftrag für die privaten lokalen und regionalen Fernsehangebote abzuleiten, ist unzulässig. Ein Grundversorgungsauftrag kann - auch das wurde vielfach rechtlich festgestellt nur für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk begründet werden. Von Grundversorgung kann man auch deshalb nicht sprechen, weil die Reichweiten dieser Angebote gar nicht so groß sind. Nur 70 % der Menschen in Bayern können das Angebot überhaupt empfangen.

(Widerspruch bei der CSU)

- Ja, es sind nur 70 %.

Durch die Finanzierungsstruktur des Artikel 23 Absatz 7 des Mediengesetzes wird der Grundsatz der Staatsferne -

(Zurufe von der CSU)

- Melden Sie sich doch zu Wort, wenn Sie etwas sagen wollen! Sie müssen hier nicht dazwischenbrüllen. - Der Grundsatz der Staatsferne wird durch diese Regelung im Mediengesetz verletzt. Der Landeszentrale werden nämlich genaue Vorgaben hinsichtlich der Betrauung und Förderung der Fernsehanstalten gemacht. Das ist nicht zulässig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Kolleginnen und Kollegen, das Wesen des privaten Rundfunks ist, dass er privat ist. Hier handelt es sich um privatwirtschaftliche kommerzielle Unternehmen mit einer Gewinnerzielungsabsicht. Ich fände es auch schön, wenn diese Unternehmen bei uns bleiben und arbeiten könnten. Hier geht es aber um die Frage, ob wir diese privaten Unternehmen mit staatlichem Geld subventionieren sollten. Das ist die Frage. Die Frage lautet nicht, ob wir diesen Rundfunk wollen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Karl Freller (CSU): Das ist eine Hasstirade auf das private Fernsehen!)

Der Kabelgroschen sollte zunächst nur eine Anschubfinanzierung sein und hat sich dann zur Dauersubventionierung ausgewachsen. Deshalb war er verfassungswidrig und musste abgeschafft werden. Herr Kollege Sinner, die Erfahrungen mit diesem Kabelgroschen belegen doch, dass sich dieses Geschäftsmodell in Bayern nicht rechnet. Kein vernünftiger Unternehmer kann dauerhaft ein Defizit von knapp 40 % akzeptieren. Wir als Hüterinnen und Hüter des Staatshaushalts sollten dies auch nicht tun. Auch die BLM sollte dies nicht tun. Eine staatliche Dauersubventionierung privater Unternehmen ist durch nichts gerechtfertigt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich kann Ihr Lob der Vielfalt nicht verstehen; denn hinzu kommt eine sich immer stärker ausprägende horizontale und vertikale Verflechtung der verschiedenen Medienmärkte. Herr Piazolo, diese Aussage zielt nicht auf die Zukunft ab; das haben wir bereits. Außerdem haben wir eine unerträgliche Konzentration auf der Seite der Unternehmer. Konkret heißt das, dass die Fernsehsender in der Hand von sehr wenigen Unternehmern sind. Diese Unternehmer halten außerdem in Bayern flächendeckend Beteiligungen

an Zeitungen und am privaten Rundfunk. Wie rechtfertigen Sie die Subventionierung dieser wenigen Unternehmen mit Steuergeldern und Rundfunkgebühren?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Weiterführung der Subventionierung der privaten lokalen und regionalen Fernsehsender ist ein Irrweg, und sie ist nicht rechtens. Kolleginnen und Kollegen, wir GRÜNEN wollen aber auch lokalen und regionalen Rundfunk. Ich sage Ihnen jetzt, wie das zu erreichen ist. Wie kann lokaler und regionaler Rundfunk Fernsehen und Hörfunk - sinnvoll organisiert und gefördert werden?

(Karl Freller (CSU): Grünfunk!)

Die Antwort heißt Bürgermedien, also CommunityMedia und nichtkommerzieller Rundfunk. Die EU und der Europarat haben die Community-Media als dritte konstituierende Säule des Rundfunksystems gewürdigt. Erfahrungen in anderen Bundesländern und in anderen Staaten zeigen, dass dies in der Fläche und auf einem sehr hohen journalistischen Niveau möglich ist und auf breite Akzeptanz und Nachfrage bei den Zuschauerinnen und Zuschauern trifft. CommunityMedia können besser als der bestehende private und lokale Rundfunk einen wertvollen Beitrag zu dem, was wir alle wollen, leisten, nämlich zur Stärkung der Demokratie, zur Sicherung und Erweiterung der Medienund Meinungsvielfalt, zur Integration von Menschen mit Migrationshintergrund und von sozialen Randgruppen und zur Medienbildung. Sie sind näher an den Menschen und näher an der Region als alles, was wir bisher haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Eine Förderung dieser nichtkommerziellen Angebote, die mit breitem ehrenamtlichen Engagement einhergehen, wäre der richtige Weg. Das wäre eine Aufgabe für die BLM, der sie im Moment nur sehr rudimentär gerecht wird. Lassen Sie uns deshalb endlich von der Dauersubventionierung einiger weniger Unternehmer und vom Staatsdirigismus im privaten Rundfunk Abschied nehmen; nichts anderes ist das, was Sie hier beschließen wollen. Lassen Sie uns in die Förderung der Bürgermedien einsteigen und diese vorantreiben. Wir lehnen daher die Dringlichkeitsanträge ab.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Sandt.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die lokalen