Protokoll der Sitzung vom 13.07.2011

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Thema wurde wiederholt diskutiert, und es ist immer wieder spannend. Frau Heckner, bei allem Respekt, es reicht eben nicht, jetzt alle unterlassenen Kürzungen als Argument dafür zu bringen, dass das richtig ist, was

man getan hat, nach dem Motto: Es hätte ja noch schlimmer kommen können. Das kann es doch nicht sein.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN - Ingrid Heckner (CSU): Wo sparen wir denn?)

- Womit haben Sie denn gedroht? - Sie haben mit einer Kürzung der Kilometergelder und der Jubiläumszulage gedroht. Jetzt lassen Sie sich schon dafür feiern, dass Sie diese Maßnahmen unterlassen haben, und sagen, das wäre schon ein großer Fortschritt für die Beamtinnen und Beamten. Das zieht einfach nicht mehr.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und Abge- ordneten der SPD)

Natürlich müssen wir auch sparen. Sie dürfen aber nicht dort sparen, wo es ungerecht ist. Wir reden von Steuermehreinnahmen. Sie haben schon wieder präventiv bestritten, dass die Steuermehreinnahmen ein Grund dafür sein könnten, die Maßnahmen rückgängig zu machen. Gleichzeitig - kleiner Hinweis an Ihren Koalitionspartner - wird nach Steuersenkungen gerufen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Bevor man die Steuern senkt, sollte man die eigenen Mitarbeiter doch erst einmal angemessen bedenken. Es geht nicht darum, wie Sie es vorhin gesagt haben, Frau Heckner, etwas Gutes für eine bestimmte Gruppe zu tun, sondern es geht darum, etwas Ungutes nicht zu tun.

Die Absenkung der Eingangsbesoldung ist schon deshalb so ungerecht, weil es blanker Zufall ist, welcher Einstellungsjahrgang davon betroffen wird. Im Augenblick läuft die Sache etwas leer, weil die jungen Leute noch in der Ausbildung sind. Diejenigen, die im Frühjahr eingestellt wurden, sind auch nicht betroffen. Von den 18 Monaten wird es im Ergebnis vielleicht nur für 12 Monate wirksam; das sagen die Beamtenverbände selber. Aber es wird damit für diejenigen, die diese Ungerechtigkeit trifft, umso schlimmer. Ich frage mich, welche Begründung es dafür gibt.

Es geht um die Verlässlichkeit des Dienstherrn. Auch das wurde schon gesagt. Ein Dienstherr, der seinen Anwärtern zu Beginn der Ausbildung sagt, unter welchen Bedingungen sie nach der Ausbildung übernommen werden, muss glaubwürdig bleiben. Ich weiß, dass es formal etwas ganz anderes ist; es sind zwei verschiedene Beamtenverhältnisse und es steht dem rechtlich auch nichts entgegen. Es geht aber nicht nur um die Rechtmäßigkeit, sondern auch um die Legitimität solcher Maßnahmen. Es geht um die Verläss

lichkeit des Dienstherrn, die Bedingungen beizubehalten und nicht während der laufenden Ausbildung auf einmal die Voraussetzungen zu ändern.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Es geht um Gerechtigkeit für die Mitarbeiter. Ihre schönen Lippenbekenntnisse, wie wichtig Ihnen der öffentliche Dienst ist, spielen offensichtlich bei diesen Dingen überhaupt keine Rolle. Das ist für mich auch gar keine Überraschung. Die FREIEN WÄHLER werden deshalb dieser Gesetzesvorlage zustimmen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Vielen Dank, Herr Kollege Meyer. Nächster Redner ist der Kollege Professor Barfuß.

Herr Präsident, meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Als wir vergangenes Jahr im Sofitel waren, war ich der einzige Redner, der zu den Beamten gesagt hat: Sie werden doch nicht glauben, dass sie keine Opfer bringen müssen. Damals war das eine sehr mutige Aussage, und es gab kaum Beifall. Mancher hat vielleicht gesagt: Auweh zwick, der hat vielleicht recht. Aber alle anderen Redner haben unterstrichen, wie wichtig ihnen die Beamten sind.

Heute merken wir: So geht es nicht. Kollegin Heckner hat zu Recht darauf hingewiesen. Wir haben in allen Ressorts sparen müssen. Bayern hat mit über 40 % Personalquote einen sehr hohen Anteil Mitarbeiter im öffentlichen Dienst. Es ist doch klar, dass dieser Personenkreis auch in die Verantwortung genommen wird. Nun müssen Sie sich fragen, wenn Sie Fahrenschon heißen oder wie auch immer, wo Sie sparen wollen. Man hat eine Mischkombination gemacht. Ich gebe gerne zu, lieber Kollege Meyer, dass man darüber streiten kann, was ungut und was gut ist. Hätte man vielleicht die Maßnahme X genommen, dann hätte es geheißen, sie sei ungut. Wenn man sagte, wir nehmen Y, dann wäre das auch ungut gewesen. Es ist doch klar, dass die Herrschaften von der Opposition immer sagen, es ist ungerecht, was ihr da macht. Wir aber tragen die Verantwortung für einen relativ ausgeglichenen Haushalt.

Ich sage das so. Mein Kollege und Freund Hans Herold und ich müssen im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes schmerzhafte Dinge beschließen, für die wir später im Haushaltsausschuss beschimpft werden. Wir versuchen da wirklich, die Balance zu halten, was nicht immer ganz einfach ist.

Ich sehe die Sache so: Die Beamten haben uns eine Liquidität zur Verfügung gestellt, die wir dringend ge

braucht haben, um einen ausgeglichenen Haushalt zu schaffen. Dass sie jetzt darauf warten, dass wir uns erkenntlich zeigen, ist legitim. Ich denke, hier sind wir auch auf einem guten Weg.

Ob es tatsächlich der Weisheit letzter Schluss war, gerade die Eingangsbesoldung abzusenken, weiß ich nicht sicher. Vielleicht hätte man da auch etwas anderes tun können, aber wir haben es nun einmal getan und müssen die Verantwortung dafür tragen.

(Zuruf des Abgeordneten Horst Arnold (SPD))

Eines ist mir sehr, sehr wichtig. Keiner von uns hier im Hohen Hause hat die Weisheit mit Löffeln gefressen. Ich habe zumindest noch niemanden getroffen. Das heißt, alles, was wir hier machen, basiert auf relativ richtigen Entscheidungen und hat gleichzeitig den Vorteil, dass man diese im neuen Haushalt wieder korrigieren kann. Wir wissen doch selbst, was wir an unseren Beamten haben. Deswegen werden wir auch die Teile der Vorschriften korrigieren, die so nicht richtig sind.

Wichtiger ist, endlich auch einmal den Damen und Herren der Medien ins Bewusstsein zu bringen, dass die Sparanstrengungen allein den Sinn haben, die exorbitante Staatsverschuldung in unserem Land zurückzufahren.

(Maria Noichl (SPD): Nachdem Sie das Geld verzockt haben! - Gegenrufe von der CSU: Pfui, wir doch nicht!)

- Frau Noichl, da haben wir alle mitgemacht. Sie waren noch gar nicht dabei, da haben wir das schon mitgemacht. Seit 1965 hat keine Regierung, egal welcher Farbe, eine einzige DM oder einen einzigen Euro getilgt. Das ist die Wahrheit.

(Anhaltende Zurufe von der SPD und den GRÜ- NEN)

Die zwei Billionen Staatsverschuldung sind nur ein Klacks gegen die fünf Billionen Anforderungen an die Pensions- und Rentenkassen. Wenn Sie das alles sehen, müssen Sie doch verstehen, dass wir sparen wollen.

Sie fordern zu Recht, dass wir den Pensionsfonds und die Rückstellungen wieder bedienen. Das können wir vielleicht noch. Also noch einmal: Dass gespart werden muss, sehen auch Sie ein. Sie werden es da leidvoll erfahren, wo Sie regieren. Wir haben heute bereits über Staaten gesprochen, die aufgrund ihres Schuldenberges der Unregierbarkeit entgegengehen. Dazu zählt auch Nordrhein-Westfalen.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Sie werden also sehen, wie wichtig es ist, dass noch irgendjemand einen kühlen Kopf bewahrt.

Ich freue mich schon auf Donnerstag. Da gibt es wieder eine Podiumsdiskussion, in der Herr Herold und ich die Regierungsfraktionen zu vertreten haben, während die anderen Forderungen stellen dürfen.

Wenn wir wirklich die Kirche im Dorf lassen wollen, müssen wir akzeptieren, dass es bei der Besoldung des öffentlichen Dienstes einen Nachholbedarf gibt. Dem werden wir gerecht werden. Wie es gehen wird, wissen wir noch nicht. Wir müssen sehen, wie viel Haushaltsmittel wir haben. Ich warne aber davor, jetzt schon zu glauben, dass das schnell gehen könnte, weil die Steuern, die ja die Bürger aufbringen, jetzt wieder etwas besser sprudeln. Wir müssen zunächst die Fonds, die wir bisher nicht bedient haben, wieder bedienen und dann die Sachen korrigieren, die uns vielleicht nicht so gut gelungen sind. Wenn dann noch Geld übrig bleibt, können wir wieder an die Besoldung herangehen. Wenn Sie die Wähler für dumm verkaufen wollen, ist das Ihre Sache. Die einen sagen eben so und die anderen anders.

Es gibt eine Treuepflicht zwischen Dienstherrn und Beamten. Diese Treuepflicht ist gegenseitig. Man muss allerdings auch wissen, dass die Herrschaften unkündbar sind. Erzählen Sie das einmal jemandem, der von München nach Ulm umziehen muss, weil die Firma Bosch zufällig da hinzieht. Der wird auch nicht gefragt, und wenn er sich weigert, wird er auf die Straße gesetzt.

(Zuruf des Abgeordneten Horst Arnold (SPD))

Oder schauen Sie sich einmal die Praktikanten an. Sicherlich gibt es auch für diese Verträge. Aber Sie dürfen nicht vergessen, dass die Beamten ein Leben lang alimentiert sind und wenn sie in Pension gehen, hört das nicht auf. Gehen Sie also davon aus, dass wir die Sache im Griff haben. Mit unseren Beamten ist Staat zu machen, und ich denke, sie werden von dem, was wir nächstes Jahr beschließen, begeistert sein.

(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Ale- xander König (CSU))

Vielen Dank. Bleiben Sie noch einen Moment, Herr Kollege Barfuß. Es gibt noch eine Zwischenbemerkung von Herrn Arnold.

Herr Kollege, nur eine Frage für mein Sprachverständnis. Sie sagen, Ihre Entschei

dungen seien relativ richtig. Im Umkehrschluss sind sie doch dann auch relativ falsch?

Ja, so wie die Ihren auch!

Sie werden also demnächst bei den Neuwahlen hingehen und sagen, was relativ richtig war, war relativ falsch. Und das ist dann Ihre liberale Gesinnungspolitik.

Bitte, Herr Kollege Dr. Barfuß.

Ich habe als Bürgermeister so gehandelt, wie ich es jetzt auch tue und habe immer den offenen Dialog gesucht. Wer hier im Hohen Hause jetzt aufsteht und sagt, was ich sage, ist richtig, der soll das ruhig tun. Sie werden niemanden finden.

(Heiterkeit und Zurufe von der SPD)

- Respekt! Vielleicht gibt es dann dafür einen Orden; das könnten wir möglicherweise einführen und dann verzichte ich auf einen Teil meiner Diäten.

Nein, es geht mir darum, einfach zu sagen, Demokratie ist nichts anderes als das annäherungsweise Ringen um das Richtige, das man erkennen kann. Wer hier postuliert, die Opposition liege absolut falsch, verhält sich genauso unrichtig, als wenn wir sagten, die Regierung handle absolut falsch. Es geht um Näherungswerte, mit denen man versucht, die Sache hinzubekommen.

(Alexander König (CSU): Es stimmt alles und es ist richtig, das zu hinterfragen!)

Wir ringen gegenseitig miteinander um das Beste. Es ist okay, dass Sie uns fordern und wir auf das reagieren, was Sie sagen. Wir müssen dann aber innerhalb der Koalition zu einem Ergebnis kommen, auch wenn das nicht ganz so einfach ist. Ich denke, wir haben es im Grunde ganz ordentlich hingekriegt.

Herr Dr. Barfuß, es gibt noch eine Zwischenfrage. Bitte sehr, Frau Stamm.

Nur ganz kurz, geschätzter Kollege Barfuß. Es war viel Lyrik in Ihren Ausführungen. Ich möchte es kurz machen. Ich glaube, Sie haben viermal von einem ausgeglichenen Haushalt geredet. Der Haushalt ist nicht ausgeglichen, er ist lediglich ohne Neuverschuldung. Es wäre ganz schön, wenn Sie das anerkennen und in unserer Demokratie relativ offen und transparent wiedergeben würden.