Protokoll der Sitzung vom 14.07.2011

Zurück zur Pflegeversicherung: Wenn ich mich richtig erinnere, ist sie von einem CDU-Minister eingeführt worden. So viel zu der Frage, wer sich für den Pflegebereich zuständig fühlen sollte.

Sie bringen mich übrigens auf eine Idee: Kann man nicht die Finanzierung der Altenpflegeschulen ähnlich regeln wie die der Krankenpflegeschulen? Die Mittel für Letztere werden nämlich der Krankenversicherung entnommen. Über all das können wir miteinander reden.

Ich will Folgendes festhalten: Wir stimmen dem Dringlichkeitsantrag nicht etwa deshalb nicht zu, weil wir zu

doof seien, die Problematik zu erkennen, sondern weil wir heute keinen Handlungsbedarf sehen. Wenn sich im Ergebnis der Auswertung operationalisierbarer, nicht imaginärer, Zahlen herausstellt, dass Handlungsbedarf gegeben ist, werden wir nachsteuern. Dabei bleibt es. Wir müssen Ihren Antrag leider ablehnen.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)

Danke schön, Herr Professor Barfuß. Die FDP-Fraktion hat vier Minuten Redezeit in Anspruch genommen. - Als letzter Redner hat Herr Staatsminister Dr. Spaenle das Wort. Bitte schön, Herr Staatsminister.

Herr Präsident! Hohes Haus! Die Sicherung einer qualitativ hochwertigen Ausbildung im Altenpflegebereich ist ein zentrales Thema der Bildungs- und der Sozialpolitik im Freistaat Bayern.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Die Träger der Altenpflegeschulen, die Verantwortlichen der Verbände und das Sozialministerium unter Verantwortung von Kollegin Christine Haderthauer haben eine gemeinsame Initiative mit dem Ziel der langfristigen Sicherung qualifizierten Nachwuchses gestartet. Es geht insbesondere darum, mehr junge Menschen für die Altenpflege zu gewinnen. Die kontinuierlich steigenden Schülerzahlen zeigen den guten bis sehr guten Erfolg dieser politischen Initiative zur Gewinnung von jungen Menschen für ein gesellschaftspolitisch und sozialpolitisch wichtiges Berufsfeld. Das Ergebnis ist rundum positiv.

Es gab und gibt den Auftrag, die Finanzierungssituation der Träger von Berufsfachschulen für Altenpflege neu zu regeln und weiterzuentwickeln. Dieser Auftrag ist zu einem guten Ende gebracht worden; das Ergebnis liegt dem Hohen Haus vor.

Zwei wichtige Ziele sollten erreicht werden: zum Ersten eine deutliche Verbesserung der Planungssicherheit für die Träger, zum Zweiten die Verbesserung der finanziellen Ausstattung. Die Planungssicherheit soll dadurch verbessert werden, dass ein Systemwechsel vollzogen wird. Bisher war der einzelne Schüler für den Träger die Bezugsgröße für den Zuschuss. Insbesondere für Träger von Schulen mit kleinen Schülerzahlen waren dadurch hohe Ausschläge nach oben oder nach unten möglich, je nachdem, ob Schüler weggingen oder hinzukamen. Das beeinflusste die Planungsbasis für das jeweils folgende Schuljahr. Die Vermeidung solch hoher Schwankungen war Kernpunkt des Auftrags an die Arbeitsgruppe, die sich gestern zu ihrer vorläufig abschließenden Sitzung getrof

fen hat. Es gilt festzuhalten, dass der Systemwechsel - weg vom einzelnen Schüler als Bezuschussungsgrundlage hin zu der wesentlich schwankungsunabhängigeren klassenbezogenen Förderung - gelungen ist und weiter erfolgreich umgesetzt wird.

Zu beantworten war auch folgende wichtige Frage: Wie können Trägern von Schulen mit relativ kleiner Schülerzahl weiterhin Entwicklungsmöglichkeiten geboten werden? Es ist sichergestellt, dass an den entsprechenden Berufsfachschulen Minderklassen eingerichtet und gefördert werden können. Mit Zustimmung der Träger wird eine entsprechende Regelung auf den Weg gebracht.

Die zweite Säule der freiwilligen Finanzierung ist ein schulbezogener Förderbetrag, dessen Höhe sich am Betriebskostenzuschuss laut Bayerischem Schulfinanzierungsgesetz orientiert. 79 % sind quasi gesetzlich abgestützt. Wir leisten künftig weitere Betriebskostenzuschüsse aus dem Gesamttopf der zur Verfügung stehenden 10,8 Millionen Euro. Dieser Sockelbetrag entspricht letztlich den fehlenden 21 Prozentpunkten. In jedem Fall wird die Planungssicherheit der Träger deutlich erhöht.

Dritter Punkt: Erhöhung des Schulgeldersatzes für die beruflichen Schulen. Diese erfolgt in zwei Stufen. In der ersten Stufe geht es um 750.000 Euro zusätzliche Mittel für die Träger der Altenpflegeschulen. Kollege Taubeneder hat schon auf die im kommenden Jahr vorgesehene Steigerung um 1 Million Euro hingewiesen.

Das alles ist im Haushalt abzusichern. Ungekürzt stehen uns 12 Millionen Euro allein für den Schulgeldausgleich zur Verfügung. Mit der neuen Form der Finanzierung ergibt sich, wie gesagt, eine deutlich verbesserte, planungssichere Finanzierungsgrundlage für die Altenpflegeschulen. Wünschenswert ist eine Weiterentwicklung, wie sie von den Verbandsvertretern gefordert wurde. Darüber sind wir im Gespräch. Wir stehen vor Haushaltsverhandlungen und werden auch über weitere gewünschte Instrumente zu sprechen haben.

Ich bin sehr dankbar, dass dieses Ergebnis in einem konstruktiven Dialog zwischen den Trägern, dem Kultusministerium und weiteren Fachleuten erzielt werden konnte. Die Qualität der Debatte, insbesondere die der Kollegen der Opposition, spricht für sich. Ich bitte Sie, dieses positive Ergebnis erstens zur Kenntnis zu nehmen und zweitens den damit verbundenen Antrag abzulehnen.

(Beifall bei der CSU und des Abgeordneten Tobi- as Thalhammer (FDP))

Herr Staatsminister, bleiben Sie bitte am Redepult. Frau Kollegin Ackermann hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Herr Minister, in der gestrigen Sondersitzung wurde uns eine Niederschrift über die dritte Sitzung der Arbeitsgruppe ausgehändigt. Unter Punkt 6 war dort zunächst nur zu lesen: Die staatlichen Vertreter nehmen zur Kenntnis, dass die Träger auch weiterhin eine Erhöhung des gesetzlichen Betriebskostenzuschusses auf 100 % anstreben.

Heute bekomme ich eine weitere Niederschrift über die dritte Sitzung der Arbeitsgruppe, unterschrieben von Maximilian Pangerl, German Denneborg und Wilfried Mück. In dieser Version geht es unter Punkt 6 komischerweise weiter. Im Anschluss an die bisher von mir vorgelesene Passage heißt es nunmehr:

Außerdem wird von den Verbandsvertretern ausgedrückt, dass es lediglich mit einer Änderung des Verteilungsmodus wohl bei den meisten Schulen nicht gelingen wird, auf die Erhebung von Schulgeld zu verzichten. Das Ziel der Verbandsvertreter wäre eine Finanzierung, die es den Schulen im Regelfall ermöglicht, auf die Erhebung von Schulgeld zu verzichten.

Leider war dieser Zusatz zu Punkt 6 in der gestrigen Niederschrift nicht enthalten, obwohl das Ergebnis gestern schon vorlag; die Niederschrift datiert vom 13. Juli. Wie erklären Sie sich, dass den Teilnehmern der Sondersitzung eine nicht vollständige Niederschrift ausgehändigt wurde, die den Eindruck erweckt, als ob für die Träger damit alles abgehandelt sei, obwohl sie klar zum Ausdruck gebracht haben, dass sie weiterhin eine Vereinbarung anstreben, nach der kein Schulgeld erhoben wird? Hat man uns das bewusst vorenthalten, oder ist das nur ein Fehler der Verwaltung gewesen?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Staatsminister, Sie haben das Wort.

Ich verweise Sie gern auf den letzten Teil meiner Ausführungen. Ich habe genau diese strategischen Ziele, die von den Trägern der Altenpflegeschulen formuliert worden sind, im Visier. Im Dialog werden wir die Ziele weiterverfolgen. Als mögliche Ansatzpunkte habe ich die Haushaltsverhandlungen und weitere Veränderungen des Instrumentariums genannt.

(Beifall bei der FDP - Renate Ackermann (GRÜ- NE): Das ist doch keine Antwort!)

Danke schön, Herr Staatsminister. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung, die in namentlicher Form durchgeführt werden soll. Für die Stimmabgabe sind Urnen auf beiden Seiten des Sitzungssaals und auf dem Stenografentisch bereitgestellt. Mit der Stimmabgabe kann begonnen werden. Hierfür stehen fünf Minuten zur Verfügung.

Ich darf noch zur Information bekannt geben, dass die Staatsregierung fünfeinhalb Minuten gesprochen hat.

(Namentliche Abstimmung von 10.00 bis 10.05 Uhr)

Die fünf Minuten sind um. Die Abstimmung ist geschlossen. Das Abstimmungsergebnis werden wir Ihnen später bekannt geben.

Ich rufe zur gemeinsamen Beratung auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Karsten Klein, Dr. Franz Xaver Kirschner, Dr. Andreas Fischer u. a. und Fraktion (FDP) Maßnahmen zur Steuervereinfachung umsetzen (Drs. 16/9256)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Volkmar Halbleib, Susann Biedefeld u. a. und Fraktion (SPD) Solide Finanzpolitik statt unseriöser Steuerversprechen (Drs. 16/9270)

Wir arbeiten, wie Sie wissen, hier oben unter etwas erschwerten Bedingungen. Wir stoppen die Zeit mit und geben Ihnen am Ende einer Runde die Restredezeit pro Fraktion bekannt.

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Ich bitte um Aufmerksamkeit für Herrn Kollegen Dr. Klein. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Den Doktortitel besitze ich nicht.

(Jörg Rohde (FDP): Und er ist nicht aberkannt!)

Das ist in diesen Zeiten etwas heikel.

Ich wollte Sie nicht diskriminieren, Herr Kollege.

Ein Großteil der weltweiten Steuerliteratur besteht aus Steuerliteratur der Bundesrepublik Deutschland. Das ist eine über alle Parteigrenzen hinweg bekannte Tatsache. Darüber haben wir immer wieder diskutiert. Wenn man eine tatsächliche Steuervereinfachung herbeiführen will, dann stellt sich die Frage, wie sich die einzelnen Parteien dazu verhalten. Es ist wichtig, dass wir aus dem Bayerischen Landtag ein Signal in Richtung Steuervereinfachung senden. Der Deutsche Bundestag hat 37 Steuervereinfachungen beschlossen, die leider von der Mehrheit im Bundesrat blockiert worden sind. Deshalb kann ich nur alle Kolleginnen und Kollegen hier im Hause auffordern, diese Beschlüsse zur Steuervereinfachung zu unterstützen. Man darf Steuervereinfachungen nicht nur in Sonntagsreden fordern, sondern man muss sie auch tatkräftig umsetzen.

(Beifall bei der FDP)

Diese 37 Maßnahmen - einige sind beispielhaft aufgeführt - sind sinnvolle Maßnahmen, die vor allem die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, insbesondere die unteren Einkommensschichten, entlasten und von Bürokratie befreien. Ich möchte in diesem Zusammenhang auf die Anhebung des Arbeitnehmerpauschbetrags hinweisen, aber auch auf die Beseitigung von Steuerungerechtigkeiten im Hinblick auf die verbindliche Auskunft. Hier soll eine Bagatellgrenze von 10.000 Euro eingeführt werden. All das sind Maßnahmen, die wir unterstützen sollten. Ich fordere daher die Kolleginnen und Kollegen der Opposition auf, von hier aus ein entsprechendes Signal zu senden.

(Beifall bei der FDP)

Wenn wir nicht in der Lage sind, solche kleinen Veränderungen im Steuerrecht der Bundesrepublik Deutschland durchzusetzen, dann werden wir große Probleme bekommen.

Lassen Sie mich ein Wort zum SPD-Antrag sagen. Die Diskussion, die über den Kirchhof-Vorschlag stattfindet, ist eine Geisterdebatte und völlig übertrieben. Es gibt für diesen Vorschlag nirgendwo eine politische Mehrheit. Wir wollen uns nicht verzetteln. Lassen Sie uns lieber über die 37 Vorschläge reden, die auf dem Tisch liegen und die mit der SPD-Mehrheit im Bundesrat abgelehnt worden sind.

(Beifall bei der FDP)

Das Wachstums- und Beschleunigungsgesetz findet die FDP-Fraktion nach wie vor richtig. Damit haben wir Familien und die Mittelständler entlastet.

(Markus Rinderspacher (SPD): Und die Hoteliers!)

Sie von Rot-Grün haben hingegen in Ihrer Regierungszeit über 19 Steuererhöhungen beschlossen und damit die Bevölkerung belastet. Wir haben mit unserer Steuerpolitik eine andere Richtung eingeschlagen. Wir entlasten die Leistungsträger. Ihr Argument, dass es zu einer Belastung der öffentlichen Haushalte komme, ist de facto falsch. Vor der Verabschiedung des Wachstums- und Beschleunigungsgesetzes haben wir Einnahmen von 28 Milliarden Euro für das Jahr 2010 eingeplant, es sind aber 1,5 Milliarden Euro mehr geworden. Auch die Kommunen und der Bund haben mehr eingenommen. Durch das Wachstums- und Beschleunigungsgesetz sind in der gesamten Bundesrepublik Steuermehreinnahmen realisiert worden. Das ist die Wahrheit.