Protokoll der Sitzung vom 12.10.2011

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Sie räumen aber ein, wie ich gelesen habe, dass Sie selbst darüber nachdenken, ob es vielleicht besser wäre - das hat man eben bei den FREIEN WÄHLERN kritisiert -, das erste Kindergartenjahr kostenfrei zu gestalten. Dieser Vorschlag ist also doch noch nicht ganz ausgegoren, aber aufgegriffen worden, um die Koalition vermeintlich vorzuführen.

(Harald Güller (SPD): Auch das erste!)

Ganz besonders nett finde ich immer Ihre Hinweise darauf. Wenn Sie glaubwürdig sein wollen, verehrte Frau Kolleginnen und liebe Kollegen, dann können Sie gar nicht anders, als diesem Antrag Ihre Zustimmung zu erteilen.

(Harald Güller (SPD): Ja.)

Wir können diesen Antrag trotzdem ablehnen, und zwar mit guten Argumenten. Es ist richtig, dass im Koalitionsvertrag das letzte Kindergartenjahr als kostenfrei angestrebt wird. Es steht aber auch drin, dass die Qualitätsverbesserung ein wichtiges Kriterium ist. Ich sage an dieser Stelle deutlich: Das hat für mich abso

lute Priorität. Wenn ich die Eltern dieser Kinder beitragsfrei stelle, habe ich an der Qualität noch nichts verbessert. Das landet nicht bei den Kindern, sondern bei den Familien.

(Zuruf des Abgeordneten Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER))

Wir können das Ganze nur verbessern, wenn wir mit Blick auf die Kompetenzen entsprechende Anstrengungen übernehmen. Es ist richtig: Wir wollen beide Ziele verfolgen, etwa auch den Anstellungsschlüssel verbessern. Dann können wir über das kostenfreie Kindergartenjahr reden. Es ist verantwortungsvolle Politik zu sagen: Wir warten erst mal die Steuerschätzung ab und schauen dann, mit welchen Prioritäten wir schrittweise vorangehen.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Ach Gott, bis dahin ist das erledigt!)

Frau Kollegin Meyer, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Nein, ich lasse keine Zwischenfrage zu. Am Schluss kann jemand eine Zwischenbemerkung machen.

Wir können heute, wie gesagt, diesen Koalitionsvertrag getrost ablehnen.

(Harald Güller (SPD): Jawohl, den Koalitionsvertrag ablehnen! - Heiterkeit - Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

- Entschuldigung. Wir können diesen Gesetzentwurf getrost ablehnen, ohne unseren eigenen Koalitionsvertrag deswegen in irgendeiner Weise infrage stellen zu müssen.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)

Frau Kollegin Meyer, Frau Kollegin Sonnenholzner hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Frau Kollegin Sonnenholzner, Sie haben das Wort. Bitte schön.

Geschätzte Frau Kollegin Meyer! Ich hätte Sie gerne gefragt, wann Ihnen die Erkenntnis gekommen ist, die Sie uns jetzt so vollmundig geschildert haben, nämlich dass die Forderung, die auf Ihr Betreiben in Ihren Koalitionsvertrag geschrieben worden ist, unsinnig und unseriös ist. Das hätte mich wirklich interessiert. Ich stelle also fest: Sie behaupten, dass das, was in Ihrem Koalitionsvertrag steht, unseriös und unsinnig sei.

Ich stelle weiter fest, dass Sie diese Art der Politik nicht nur in diesem Hause, sondern auch an anderer

Stelle machen. Es bleibt für uns zu hoffen, dass die Wählerinnen und Wähler das nicht nur merken, sondern daraus auch angemessene Rückschlüsse ziehen werden. Das ist wohl der Stil des Hauses, dass Sie vorher Dinge versprechen, die einzuhalten Sie nachher nicht bereit sind. Das werden sich die Menschen und die Eltern in Bayern merken. Das hoffen wir alle.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Sonnenholzner, nur eine Zwischenbemerkung: Das ist nicht der Stil des Hauses. - Frau Kollegin Meyer, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Kollegin Sonnenholzner, ich hoffe, dass die Bürger besser zuhören, als Sie das jetzt vielleicht getan haben; denn ich habe nicht gesagt, dass die Forderung als solche unseriös ist, sondern die Art und Weise, das jetzt einfach herauszugreifen und als Gesetzentwurf einzubringen, ohne das Ganze im Zusammenhang zu sehen.

(Markus Rinderspacher (SPD): Einen Gesetzentwurf einzubringen ist unseriös? Also Frau Meyer, ich muss schon bitten!)

Leider ist jetzt nicht Weihnachten. Ich würde mich voll den Forderungen, Wünschen und Vorschlägen der Kollegin Ackermann anschließen, auch ich würde ganz genau diese Reihenfolge vorschlagen, und auch ich wünsche all das. Natürlich hätten wir gerne drei Jahre kostenfreien Kindergarten und keine Hochschulgebühren. Wir tragen aber die Verantwortung und müssen uns Realitätssinn bewahren.

(Beifall bei der FDP)

Frau Kollegin Meyer, es hatte sich auch noch Kollege Aiwanger zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Herr Aiwanger, Sie haben das Wort.

Frau Kollegin Meyer, Sie haben die Verbesserung der Qualität, den Betreuungsschlüssel und dergleichen mehr ins Feld geführt. Welche Lösungsansätze bieten Sie hier an? Ich hatte vor wenigen Tagen ein Gespräch mit einer Gruppe von Erzieherinnen, die sagten, das größte Problem bestehe darin, dass die Träger kein Personal finden. Von den Kommunen hört man, sie müssten an Personal, wenn sie überhaupt welches bekommen, nehmen, was es gibt, weil niemand mehr da ist. Welche Vorstöße planen Sie also, um das Problem der Personalknappheit zu lösen?

(Zuruf von der CSU: Thema!)

Ich denke jetzt andersherum: Wenn der Freistaat Bayern einen Anteil an den Kindergartengebühren übernehmen würde, hätten die Kommunen vielleicht wieder etwas mehr Freiraum, um mehr in Personal zu investieren.

(Renate Dodell (CSU): Das ist ein Irrglaube! Das glaubt doch kein Mensch!)

Auf alle Fälle ist in dieser Ecke etwas zu holen. Da besteht großer Handlungsbedarf. Welche Pläne haben Sie, um überhaupt Personal zur Verfügung stellen zu können?

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön. Frau Kollegin Meyer, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Kollege Aiwanger, wie Sie vielleicht wissen, sind wir gerade dabei, das Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz fortzuschreiben. Im Rahmen dieser Fortschreibung wird es ganz wichtig sein, darüber nachzudenken, ob man den Stellenschlüssel zur Diskussion stellen kann, den Basiswert überprüfen kann und dergleichen Dinge mehr. Für mich ist die Qualitätsverbesserung vordringlich. Diese Diskussion werden wir führen. Wenn die Steuerschätzungen vorliegen, werden wir sehen, welchen Handlungsspielraum wir haben. Das sind die Dinge, die ich jetzt bevorzugt anpacken würde.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)

Danke schön, Frau Kollegin. Als letzter Redner hat nun Kollege Pfaffmann für knapp zwei Minuten das Wort, bitte schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will zwei Dinge klarstellen. Herr Unterländer, Sie versuchen hier, einen Gegensatz zwischen einer Verbesserung der Personalsituation in den Kindertageseinrichtungen und einem kostenfreien Kindergartenjahr zu konstruieren. Diesen Gegensatz gibt es nicht. Ich fordere Sie auf, die Situation des Personals in den Kindertagesstätten bitte schön endlich zu verbessern! Wir stimmen dafür.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe in den letzten drei Jahren noch keinen Antrag von Ihnen, noch keinen Haushaltsantrag, noch keine Forderung, noch keinen Dringlichkeitsantrag und auch keinen Gesetzentwurf gesehen, womit Sie die Personalsituation verbessern wollen. Da liegt

überhaupt nichts vor. Also bitte: nicht nur reden, sondern machen; das wäre das Entscheidende.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der GRÜ- NEN - Zurufe von der SPD: Bravo!)

Sie haben gesagt, es stimmt, dass im Koalitionsvertrag vorgesehen ist, dass Sie die Einführung eines kostenfreien Kindergartenjahres prüfen wollen. Ich darf richtigstellen, damit hier keine Legenden entstehen: Sie wollen es nicht prüfen, sondern einführen. Ich darf Sie zitieren: "Wir werden das für die Eltern kostenfreie letzte Kindergartenjahr mittelfristig einführen." - Einführen, nicht prüfen!

(Zurufe von der CSU)

Lieber Herr Unterländer, führen Sie es endlich ein.

(Beifall bei der SPD)

Ein Koalitionsvertrag, über den Sie in Ihrer Fraktion auch abgestimmt haben, ist ein Versprechen an die Wähler, eine bestimmte Politik durchzusetzen. Liebe Frau Meyer, heute hören wir, dass dieses Versprechen an die Wähler, das Sie unterschrieben und über das Sie abgestimmt haben, unseriös sei. Ich hoffe, dass die Wählerinnen und Wähler das gehört haben. Damit erwecken Sie den Eindruck, dass Sie das alles machen, während Sie in der Regierung selbst nur Papiere vollschreiben und schöne Reden halten, sonst nichts.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist um.

Ich bin gleich fertig. Frau Meyer, Sie haben im Übrigen gesagt, die Art und Weise, wie wir unsere Forderung einbringen, sei unseriös. Wenn Sie einen Gesetzentwurf in einem Parlament für unseriös halten, dann gehören Sie nicht hierher; das darf ich Ihnen schon einmal sagen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)