Ich denke, wir werden in den Fachausschüssen noch intensiv darüber diskutieren. Wir können dann alle Bereiche ausleuchten. Ich bitte aber schon jetzt, sich ernsthaft mit dem Thema und mit der Änderung des Artikels 17 des Bayerischen Behindertengleichstellungsgesetzes zu befassen, zur Stärkung der Behindertenbeauftragten im und für den Freistaat Bayern, damit wir dahin kommen, wohin wir eigentlich alle wollen, wie immer gesagt wird, zur gleichberechtigten Teilhabe am gesamtgesellschaftlichen Leben von Menschen mit Behinderung. Da ist die Behindertenbeauftragte in Bayern gefordert, und das geht nicht mehr ehrenamtlich.
Ich eröffne die gemeinsame Aussprache und bitte Herrn Unterländer für die CSU ans Mikrofon. Pro Fraktion fünf Minuten. Bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich namens der CSU-Fraktion Frau Irmgard Badura für ihre hervorragende Arbeit danken, ebenso ihrem aus drei oder vier Mitarbeitern bestehenden Team. Sie sind ein Schmuckstück der bayerischen Behindertenpolitik.
- Lieber Herr Kollege, es ist zwar wichtig, in diesem Haus über Geldfragen zu sprechen, aber genauso wichtig ist es, echte Wertschätzung zum Ausdruck zu bringen. Diese Wertschätzung kommt bei uns von ganzem Herzen. Das ist mindestens genauso wichtig und hat für den Menschen den gleichen Stellenwert. Frau Badura ist ein hervorragender Mensch, das kann man auf diese Art und Weise und bei dieser Gelegenheit so am besten ausdrücken.
Ich möchte feststellen, dass die Funktion der Beauftragten für Menschen mit Behinderung Teil einer Partizipationsstrategie der Menschen mit Behinderung ist, auch im Sinne der Inklusion, neben dem Landesbehindertenrat, neben den kommunalen Behindertenbeauftragten, neben den Verbänden und den Organisationen. Wenn man sich die Beschreibung der Aufgaben ansieht, wie Frau Badura sie selbst dargestellt hat, dann betreibt sie die Beratung der Politik, der Staatsregierung ebenso wie die der Fraktionen im Bayerischen Landtag, und das funktioniert in hervorragender Weise. Frau Badura organisiert die Vernetzung mit Verbänden, mit der Selbsthilfe und mit den kommunalen Behindertenbeauftragten. Sie organisiert und führt Fachveranstaltungen durch und setzt immer wieder neue Impulse.
Meine Damen und Herren, Frau Kollegin Steiger, die Diskussion um die Ehrenamtlichkeit und die Ansiedelung der Funktion führen wir zum wiederholten Mal.
In diesem Zusammenhang darf ich feststellen, dass bei den letzten Gesetzgebungsverfahren schon sehr intensiv diskutiert worden ist. Da die Ehrenamtlichkeit sozusagen ins Gesetz geschrieben wurde, muss unser Ziel sein, so lange das der Fall ist, dass Frau Badura - ich sage es jetzt auf den Namen bezogen, es gilt aber generell für die Funktion - eine ausreichende und eine ihrer Tätigkeit entsprechende Vergütung erhält. Diese muss im Haushalt eingestellt sein. Sie braucht vor allen Dingen entsprechendes Personal; aber insoweit ist ihr Amt, wie ich meine, schon recht gut ausgestattet.
Die Frage nach der Rechtssicherheit und der Perspektive ist schon angesprochen worden. Man darf in diesem Zusammenhang eines nicht außen vor lassen: Als Frau Badura per Gesetz Behindertenbeauftragte wurde, waren sämtliche Bedingungen ihrer Tätigkeit auf Ehrenamtlichkeit ausgerichtet. Es muss auch Vergleichbarkeit mit Beauftragten für andere Bereiche gegeben sein. Wir haben schon oft Debatten über den Status und die Ansiedlung der Beauftragten geführt: Soll die Ansiedlung bei der Staatsregierung insgesamt oder nur bei einem bestimmten Ministerium erfolgen? Soll für Querschnittaufgaben die Staatskanzlei oder der Bayerische Landtag zuständig sein? Insoweit haben wir schon über alle Varianten gesprochen, es muss eine Gesamtentscheidung fallen.
Spätestens in den Ausschussberatungen werden die Initiatoren der Gesetzentwürfe die Frage beantworten
müssen, warum wir in Bayern jetzt unbedingt eine Änderung vornehmen sollen, obwohl die den Initiatoren nahestehende neue Koalitionsregierung in BadenWürttemberg das bayerische Modell eingeführt hat. In unserem Nachbarland hat man sich für unseren Weg entschieden.
Wir müssen uns überlegen, wie wir nach Auslaufen des aktuellen Gesetzes die Perspektive der Hauptamtlichkeit für die Behindertenbeauftragte eröffnen können. Darüber müssen wir ab 2013 beraten. Ich gehe davon aus, dass wir einen vernünftigen Weg finden werden, damit auch künftig der Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung der richtige Stellenwert zukommt.
Danke, Herr Kollege Unterländer. - Bleiben Sie bitte vorn. Es gibt eine Zwischenintervention von Frau Kollegin Ackermann. Bitte.
Herr Kollege Unterländer, wenn Sie die Hauptamtlichkeit der Behindertenbeauftragten als notwendig erkannt haben, warum wollen Sie dann bis zum Auslaufen des Gesetzes warten?
Warum wehren Sie sich dagegen, das Gesetz jetzt zu ändern und sich für die richtige Lösung zu entscheiden? Was sagen Sie dazu, dass die Behindertenbeauftragte selbst die Hauptamtlichkeit fordert? Wie bewerten Sie es, dass die Behindertenbeauftragte, da Sie ihr die Hauptamtlichkeit verweigern, einen Nebenjob im Umfang von 20 Stunden annehmen musste, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen? Das hindert sie daran, wichtige Aufgaben für behinderte Menschen in Bayern wahrzunehmen.
Liebe Frau Kollegin Ackermann, es wäre schön gewesen, wenn Sie mir zugehört hätten. Ich habe darauf hingewiesen, dass man die Bedingungen zur Zeit der Installierung dieses Amtes nicht außer Acht lassen darf: Damals galt die Voraussetzung der Ehrenamtlichkeit. Auch muss ein Vergleich mit anderen Beauftragten, von denen es im Freistaat Bayern mittlerweile einige gibt, möglich sein.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich mich dem eigentlichen Thema widme, möchte auch ich Frau Badura für ihre hervorragende Arbeit ganz herzlich Dank sagen. Sie ist - auch durch ihr Auftreten - eine echte Botschafterin der bayerischen Behindertenpolitik.
Die Forderungen in den Anträgen der Fraktionen von SPD und GRÜNEN sind im Prinzip identisch: Die Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderung soll nicht mehr ehrenamtlich, sondern hauptamtlich tätig sein.
Es ist wohl unbestritten, dass die Bedeutung dieser Aufgabe seit Verabschiedung der UN-Konvention zur Inklusion noch einmal deutlich zugenommen hat. Frau Badura hat eine Schlüsselfunktion zwischen den Betroffenen und der Staatsregierung. Deswegen ist die Forderung nach Hauptamtlichkeit - auch Frau Badura selbst formuliert sie in ihrem Tätigkeitsbericht - durchaus ernst zu nehmen. Auch wir FREIE WÄHLER sehen eine Zunahme an Aufgabenvielfalt für Frau Badura; dazu hat sie in ihrem Tätigkeitsbericht detailliert ausgeführt. Sie muss nicht nur Gespräche führen, Grußworte sprechen und Vorträge halten, sondern mittlerweile auch Schirmherrschaften übernehmen. Im Jahr 2010 hat sie 195 Termine wahrgenommen, das heißt, im Schnitt hat sie sich alle 1,7 Tage irgendwo gezeigt. Diese Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Sie zeigen, dass die Grenze dessen, was im Rahmen der Ehrenamtlichkeit zu leisten ist, erreicht ist.
Wir haben zu überlegen, wie wir Abhilfe schaffen können, ohne einen Qualitätsverlust zu erleiden. Die vielfältigen Aufgaben, angefangen bei der Beratung der Staatsregierung bis hin zur Bearbeitung von Anregungen von Betroffenen, Behindertenverbänden und Beauftragten auf kommunaler Ebene, bilden mittlerweile eine Querschnittaufgabe.
Zahlreiche andere Bundesländer - Baden-Württemberg ist schon genannt worden - haben sich mittlerweile für die Hauptamtlichkeit ihrer Landesbeauftragten entschieden; lediglich Bayern, Hamburg, Hessen und Sachsen bleiben noch bei der Ehrenamtlichkeit.
Dennoch muss ich ein wenig Wasser in den Wein gießen. Was die beiden Gesetzentwürfe anbetrifft, so bleiben noch einige Fragen offen. An keiner Stelle wird etwas über die finanzielle Ausgestaltung der dann hauptamtlichen Stelle gesagt. Damit kann der zusätzliche finanzielle Aufwand nicht konkret beziffert werden. Bevor wir eine solche Entscheidung treffen können, benötigen wir jedoch eine fundierte Zahlengrundlage.
Frau Kollegin Ackermann, Sie haben in Ihrer Zwischenintervention gesagt, was die aus Ihrer Sicht richtige Lösung ist. Kollege Unterländer hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Grundsatz der Vergleichbarkeit mit anderen Landesbeauftragten beachtet werden muss. Wenn wir jetzt für die Behindertenbeauftragte die Hauptamtlichkeit vorsehen, dann könnte das zur Folge haben, dass andere Beauftragte, zum Beispiel die Patientenbeauftragte, dieselbe Forderung stellen. Trotz allem unterstreiche ich, dass angesichts der hohen Bedeutung der Inklusion das Amt der Behindertenbeauftragten deutlich höheres Gewicht erhalten hat.
Eine Möglichkeit bestünde darin, die Aufwandsentschädigung der Behindertenbeauftragten zu erhöhen, damit sie nicht noch einen Nebenjob annehmen muss, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Frau Steiger oder Frau Ackermann hat diesen Zustand beklagt.
Trotz denkbarer Alternativen müssen wir ernsthaft prüfen, inwieweit für das Amt der Behindertenbeauftragten Hauptamtlichkeit möglich ist; ihre große - und noch zunehmende - Bedeutung sollte uns Anlass genug sein. Zuvor hätten wir allerdings gern noch einige Fragen geklärt. Nach der Beratung in den Ausschüssen werden wir unsere Entscheidung treffen.
Herr Kollege, Sie haben darauf abgehoben, dass auch die anderen Beauftragten ehrenamtlich tätig seien. Soweit ich weiß, ist der Datenschutzbeauftragte hauptamtlich tätig. Insofern haben wir bereits eine Ausnahme. Es wäre kein Problem, eine weitere folgen zu lassen, insbesondere dann, wenn sie wie in diesem Fall gut begründet ist.
Damit haben Sie völlig recht, Frau Kollegin Ackermann. Der Ansatz für den Datenschutzbeauftragten ist sogar mit 1,6 Millionen Euro im Haushalt enthalten. Insofern nehmen Sie diesem Argument etwas den Wind aus den Segeln, das gebe ich ganz offen zu. Ich habe auch nur
als eine mögliche Gefahr genannt, dass Forderungen aus anderen Ressorts kommen. Und ich habe zum Ende gesagt, dass wir ernsthaft prüfen werden, wie die Sache finanziell abgegolten werden soll, wenn noch Vorstellungen laut werden.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Aufgabe, eine gleichberechtigte Teilhabe behinderter Menschen in unserer Gesellschaft zu gewährleisten, haben wir in vergangenen Sitzungen des Öfteren schon deutlich gemacht: in Form einer großen Interpellation; wir hatten vor einem Jahr eine große Anhörung; wir haben zwischenzeitlich den Entwurf eines Aktionsplans in den Ausschüssen beraten; wir hatten hier im Landtag eine interfraktionelle Arbeitsgruppe, die sehr oft getagt hat, um das Bayerische Erziehungs- und Unterrichtsgesetz im Sinne der Inklusion anzupassen. Bei all diesen Schritten war uns die Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderung stets eine sehr wichtige Beratungshilfe und Ratgeberin. Deshalb ist es ganz selbstverständlich, dass auch ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bei Frau Badura bedanke und unsere große Wertschätzung ihrer Arbeit ausspreche.
Mir liegt wie uns allen am Herzen, die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention vollumfänglich und zügig anzupacken. Die Politik kann den Weg zur Inklusion mit flankierenden Maßnahmen begleiten. Der wichtigste Prozess wird aber in den Köpfen der Menschen stattfinden müssen. Auch dazu leistet die Behindertenbeauftragte wichtige und wertvolle Arbeit. Sie ist einerseits Ratgeberin der Bayerischen Staatsregierung, wenn es um die Menschen mit Behinderung geht, andererseits ist sie mit ihrer unermüdlichen Arbeit vor Ort ein wichtiges Bindeglied zur Gesellschaft. Herr Felbinger hat aufgelistet, wie das in dem Bericht zum Ausdruck kommt. Sie ist Botschafterin für die Inklusion mit vielen Terminen im Lande.
Die wichtigen Funktionen der Behindertenbeauftragten rechtfertigen aus unserer Sicht sehr wohl, darüber nachzudenken und zu diskutieren, das Amt der Behindertenbeauftragten in eine hauptamtliche Aufgabe umzuwandeln.
Wir haben dieses Amt in der laufenden Legislaturperiode auf der Basis des Behindertengleichstellungsgesetzes vom Juli 2003 ausgestattet. Es wurde auch schon gesagt: In Baden-Württemberg hat man die Ehrenamtlichkeit mit der Ansiedlung beim Sozialministerium explizit aufgegriffen. Nicht nur Bayern, Hessen und Sachsen haben diese Ehrenamtlichkeit, Herr Felbinger, sondern auch Baden-Württemberg. Wir werden in den einzelnen Ausschüssen sicherlich sehr intensiv diskutieren und uns mit diesen Themen auseinandersetzen und abwägen müssen. Ich freue mich darauf. Ich hoffe, dass wir dann am Ende gemeinsam zu einer guten Lösung kommen.
Danke, Frau Kollegin Meyer. In der Aussprache hat sich Frau Kollegin Ackermann zu Wort gemeldet. Sie hatte sich bisher nur zur Begründung geäußert.