Protokoll der Sitzung vom 09.11.2011

Da kann ich Ihnen überhaupt nicht recht geben, weil ich im Sozialausschuss bin und sehe, wie fruchtlos die Diskussion verläuft - inzwischen siebenmal zu diesem Thema. Was sich geändert hat, ist null Komma null null. Bitte, sagen Sie mir, wo sich etwas wesentlich geändert hätte.

Ich fordere Sie auch auf: Stellen Sie mit der Opposition einen Haushaltsantrag zu diesem Thema. Sagen Sie, wie viel Geld Sie einstellen wollen. Wir rechnen aus, wie viel pro Schüler, pro Schülerin eingestellt werden kann, damit sie dieses Schulgeld nicht mehr bezahlen müssen. Ich bitte Sie, machen Sie endlich einmal das, was Sie hier propagieren. Ich habe gedacht, ich höre nicht richtig. Ihre FDP stimmt ganz anders ab, als dem entspricht, was Sie sagen. Tun Sie das, was Sie sagen, und stellen Sie mit uns einen Haushaltsantrag zu diesem Thema.

(Beifall bei den GRÜNEN - Beifall des Abgeord- neten Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD))

Frau Kollegin, ich kann Ihnen das Schreiben des Kultusministeriums und der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege zur Verfügung stellen. Da ist von 1 bis 7 dargestellt, was sich geändert hat. Wenn Sie das nicht haben, dann verstehe ich, dass Sie so argumentieren.

Zweitens werde ich zusammen mit der CSU versuchen, das zu erreichen, was Sie auch wollen, dass nämlich künftig kein Schulgeld mehr bezahlt werden muss, wenn man den Beruf eines Altenpflegers, einer Altenpflegerin ergreift.

Danke schön, Herr Kollege Barfuß.

Jetzt äußert sich für die Staatsregierung Herr Staatssekretär Sibler. Bitte sehr.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen!

(Ulrike Gote (GRÜNE): Es hätte ein netteres Thema sein können! Das hat er nicht verdient!)

Zunächst freut es mich sehr, dass ich bereits am Tag der Vereidigung ein paar Sätze dazu sagen darf. Das Thema ist in der Tat schwierig, das wissen wir alle. Ich bin ganz froh, dass Parlament und Staatsregierung miteinander - Kollege Barfuß, wo der Anstoß war, lassen wir mal offen - einen guten Weg geschafft haben. Ich meine, wir haben bei der Finanzierung etwas erreicht.

Ich möchte es einmal zusammenfassen: Der Betriebskostenzuschuss von 79 % für alle privaten Schulen gehört dazu. Der Schulgeldersatz wird von 80 auf 87,50 Euro zum 01.08.2012 erhöht. Das kommt auch bei den Altenpflegeschulen im Besonderen an.

(Zuruf des Abgeordneten Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD))

Das war ein Kampf. In der Opposition, lieber Kollege Pfaffmann, tut man sich leichter. Es ist auf alle Fälle eine Entlastung, die wir auf den Weg gebracht haben.

Die dritte Säule, der Schulgeldausgleich, ist eine freiwillige Leistung, die der Freistaat Bayern erbringt. Nichtsdestotrotz will ich deutlich machen, dass uns die Altenpflege so wichtig ist, dass wir diese 12 Millionen Euro - 10,8 Millionen Euro netto - brauchen. Das unterstreicht die besondere Stellung, die Staatsregierung und Parlament der Altenpflege einräumen. Das möchte ich deutlich betonen.

Lieber Herr Pfaffmann, einen fachlichen Fehler will ich schon korrigieren. Sie haben gesagt, dass alle anderen Schüler von privaten Schulen kein Schulgeld bezahlen müssten. Es ist so, dass nur die Krankenpflegeschulen und Kinderkrankenpflegeschulen freigestellt sind, weil das über die Krankenkassen finanziert wird und damit eine Regelung des Bundesgesetzgebers ist. Es war nicht Rot-Grün, das daran etwas geändert hat, es war keine Große Koalition, die daran etwas geändert hat, und es ist auch keine schwarz-gelbe Koalition, die daran etwas ändert. Wir haben das Problem, dass die Pflegeversicherung in der Diskussion steht, weil die Pflegeversicherung mehr Geld braucht. Darum ist es schwierig, aber diskutieren müssen wir es trotzdem.

Dass die Attraktivität des Berufs zerstört worden sei, dass es einen Kahlschlag gegeben habe, davon kann keine Rede sein. Darüber geben die Zahlen, die Kollege Taubeneder zitiert hat, deutlich Aufschluss. Wir haben 700 Schüler mehr als im letzten Jahr. Wir haben eine ganze Menge Klassen mehr als im letzten Jahr. Wir werden zum 01.01.2012 das System auf 19.000 Euro pro Klasse umstellen. Wir werden weiter betrachten, was sich dann tut. Denn wir sind Gott sei Dank mit den Trägern im Gesprächskreis zusammen. Es wird gut zusammengearbeitet. Insgesamt sind wir auf einem guten Weg.

(Volkmar Halbleib (SPD): Die Frage ist, wie lange der Weg noch sein wird!)

Wenn von 142 Schulen 62 kein Schulgeld erheben, dann sieht man daran, dass es sehr unterschiedliche Strukturen gibt. Wir werden sicher nach dem 01.01.2012 weiter mit den Trägern im Gespräch sein

und werden dann zu entscheiden haben, ob wir vielleicht zum Nachtragshaushalt - bislang sieht es so aus, als könnte man bei den freiwilligen Leistungen nichts tun - oder spätestens zum Doppelhaushalt 2013/2014 zusätzliche Mittel auf den Weg bringen können.

Parlament und Staatsregierung sind einen guten Weg gegangen. Es ist gut, dass wir mit den Trägern im Gespräch sind. Das werden wir auch weiterhin tun. Denn, lieber Herr Pfaffmann, die Situation nehmen wir sehr ernst. Ich finde es schade, dass Sie das ernsthafte Ringen von allen Fraktionen hier im Hause leider etwas despektierlich bewertet haben.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Danke schön, Herr Staatssekretär.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf der Drucksache 16/10178 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der FREIEN WÄHLER, der SPD und der GRÜNEN und Frau Kollegin Dr. Pauli. Die Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. - Das sind die Fraktionen der CSU und der FDP. Enthaltungen? - Eine Enthaltung aus den Reihen der CSU-Fraktion. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Bevor wir weiterfahren, gebe ich die Ergebnisse der namentlichen Abstimmungen bekannt.

Zunächst das Ergebnis des Dringlichkeitsantrags auf Drucksache 16/10177 der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Professor Dr. Peter Paul Gantzer, Harald Güller und anderer und Fraktion (SPD) betreffend "Bundeswehrreform 2011": Mit Ja haben gestimmt 56, mit Nein haben gestimmt 107. Stimmenthaltungen gab es keine. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 2)

Dann komme ich zum Ergebnis des Dringlichkeitsantrags der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Bernhard Pohl und anderer und Fraktion (FREIE WÄHLER) betreffend "Kahlschlag bei der Bundeswehr - betroffene Standortkommunen unterstützen", Drucksache 16/10185. Mit Ja haben 55 gestimmt. Mit Nein haben 101 gestimmt. Stimmenthaltungen gab es ebenfalls keine. Damit ist auch dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 3)

Nun komme ich zum nachgezogenen Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Georg Schmid, Alexander König, Johannes Hintersberger und anderer und Fraktion (CSU) sowie der Abgeordneten Thalhammer, Dechant, Dr. Kirschner und anderer und Fraktion (FDP), betreffend "Bayern ist und bleibt das attraktivste Bundeswehrland", Drucksache 16/10190. Mit Ja haben 85 gestimmt, mit Nein haben 55 gestimmt. Es gab 19 Stimmenthaltungen. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag angenommen.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 4)

Ich rufe zur gemeinsamen Beratung auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Martin Runge, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Rücknahme der Beschlüsse der Koalition im Bund vom 6. November - Schaden von Bayern und Deutschland abwenden (Drs. 16/10179)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Mannfred Pointner u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Keine Steuerentlastung auf Pump (Drs. 16/10182)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Inge Aures, Harald Güller u. a. und Fraktion (SPD) Solide Haushalts- und Finanzpolitik statt Steuersenkung auf Pump! (Drs. 16/10191)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Thomas Hacker, Karsten Klein, Dr. Franz Xaver Kirschner u. a. und Fraktion (FDP), Georg Schmid, Renate Dodell, Georg Winter u. a. und Fraktion (CSU) Bürgerinnen und Bürger am Aufschwung beteiligen - konjunkturpolitische Impulse geben (Drs. 16/10192)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Erster Redner ist Kollege Dr. Runge, bitte schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn es noch eines Beweises dafür bedurft hätte, dass es die aktuelle schwarz-gelbe Bundesregierung nicht kann, dann wäre die Vereinbarung in Berlin vom letzten Wochenende ein prima Beispiel gewesen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Pleiten, Pech und Pannen, Not und Elend! Sie treten auf der Stelle und bringen nichts, aber auch gar nichts voran, und das in Zeiten, in denen es einen riesigen Handlungsbedarf gibt. Diese Bundesregierung wird mit großer Sicherheit als die mit Abstand schlechteste Bundesregierung, die es jemals gab, in die Geschichtsbücher eingehen.

(Albert Füracker (CSU): Schröder!)

Horst Seehofer kehrt aus Berlin zurück und erklärt dann vollmundig, er sei der Stärkste; O-Ton Seehofer: Kein anderer ist so stark in Berlin. Das ist wohl auf sein unseliges Durchsetzen beim Betreuungsgeld gemünzt. Wir erinnern uns aber daran, dass er mit seiner Forderung nach einer Pkw-Maut nicht durchdringen konnte. Für Steuersenkungen ist Horst Seehofer mit einer Lösung zurückgekehrt, die er noch kurz zuvor als den Ansatz seines Ex-Finanzministers in die Tonne getreten hatte. Seehofer hat, anders als Fahrenschon, gesagt, die Senkung des Solidaritätszuschlags wäre die einzig wahre Lösung. Das hat er auch nicht durchsetzen können. Das Motto unseres Ministerpräsidenten, der gleichzeitig CSU-Chef ist, lautet ganz offensichtlich: Heute hui, morgen pfui; was zählt mein Wort von gestern oder von der letzten Stunde? Die Verfallszeiten der Ansagen von Horst Seehofer werden immer kürzer.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zur Vereinbarung von Berlin in Sachen Steuern: Schließen von Gerechtigkeitslücken - völlige Fehlanzeige, im Gegenteil! Viele Leute sind viel zu schlecht gestellt, als dass sie Steuern zahlen müssten; da kommt das ohnehin nicht an. Die Bürger, die so wenig verdienen, dass sie nur geringfügig Steuern zahlen müssen, sind in erster Linie durch die Beiträge zur Sozialversicherung belastet. Es gibt wohl auch keine positiven ökonomischen Wirkungen, aber es entstehen Einnahmeausfälle, die sich Bund und Länder aktuell überhaupt nicht leisten können. Angesagt wären Haushaltskonsolidierung und Schuldenabbau. Der nächste Einbruch steht schon drohend bevor. Wenn Sie schon nicht auf uns hören, sollten Sie wenigstens auf den Bundesbankpräsidenten Jens Weidmann hören, der ganz klar gesagt hat, dass in der jetzigen Zeit keine Steuersenkungen vorgenommen werden sollten, zumal keine solchen, die nicht gegenfinanziert sind.

Dass der Grundfreibetrag dem Existenzminimum anzupassen ist, hat auch das Bundesverfassungsgericht gesagt; dass die kalte Progression abgebaut werden soll, ist sicher nichts Falsches. Warum um alles in der Welt sorgen Sie denn nicht gleichzeitig für eine Ge

genfinanzierung, beispielsweise indem Sie den Leuten, die sehr gut verdienen, höhere Steuern abverlangen? Das wäre in unseren Augen der richtige Weg.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Nun zum Reförmchen der Pflegefinanzierung; anders können wir das gar nicht nennen: Ihre Kollegin Daniela Ludwig aus dem Bundestag hat das ganz wunderbar ausgedrückt. Sie hat gesagt: Es hätte ein großer Wurf werden sollen, aber wir heben nicht einmal den Arm. So armselig war das, was Sie hier gemacht haben. Wie wir alle wissen, besteht in der Finanzierung der Pflegeversicherung ein riesiger Reformbedarf, aber Sie bringen nichts anderes zuwege als eine kalte Beitragserhöhung. Das ist der falsche Weg.