Klage vor dem Verwaltungsgericht – das ist interessant – auch noch die Popularklage beim Verfassungsgerichtshof eingereicht. Das Verwaltungsgericht hat daraufhin, wie es sich gehört, das Verfahren zurückgestellt und gesagt: Wir warten jetzt die Entscheidung des obersten bayerischen Gerichtes, des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs, ab. Dann werden wir die weiteren Entscheidungen treffen.
Langer Rede, kurzer Sinn – ich will die Zeit nicht überziehen –: Wir gehen davon aus, dass diese Popularklage nicht von Bedeutung ist und nicht von uns berücksichtigt werden muss. Mit dieser Auffassung sind wir nicht allein. Die FREIEN WÄHLER haben ebenfalls zugestimmt, dass keine Beteiligung an diesem Verfahren notwendig ist. Wir werden weiterhin so abstimmen.
Herr Kollege Heike, bitte bleiben Sie am Rednerpult. Herr Kollege Ganserer hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege.
Sehr geehrter Herr Heike, gleich zu Beginn meiner Rede habe ich ausgeführt, dass die Ausführungsverordnung zum Bayerischen Jagdgesetz streitgegenständlich ist. Diese steht jedoch in ganz klarem Widerspruch zu einem Gesetz, das dieser Gesetzgeber, das Hohe Haus, erlassen hat. Wollen Sie abstreiten, dass an mehreren Stellen des Gesetzes von der Mehrzahl, also den Vereinigungen der Jäger, die Rede ist? – Dazu habe ich von Ihnen keinen Ton vernommen.
Danke schön, Herr Kollege Heike. – Als Nächster hat Herr Kollege Arnold von der SPD das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Pluralismus ist eine Grundlage unserer Rechtsstaatlichkeit und ein tragendes Prinzip unserer westlichen Gesellschaft. Wir sind nicht zuletzt deswe
gen stolz darauf, weil sich viele ehrenamtliche Interessen – seit Kurzem auch mit Verfassungsrang – und Bürgerinteressen dadurch optimal abgebildet finden.
Im konkreten Fall geht es tatsächlich um die Anerkennung des ÖJV als anerkannte Vereinigung im Sinne des Jagdgesetzes. Dieser Status ist wichtig, weil zahlreiche hoheitliche und nicht hoheitliche Aufgaben damit einhergehen: Entzug des Jagdscheins bei Verstößen gegen die Weidgerechtigkeit, Brauchbarkeit von Jagdhunden, öffentliche Hegeschau, räumliche Wirkungsbereiche von Hegegemeinschaften usw. Das Bundesjagdgesetz spricht tatsächlich von anerkannten Vereinigungen, aber auch – das hat Herr Kollege Ganserer bereits gesagt – das Bayerische Jagdgesetz.
Die Ausführungsverordnung, dieser § 32 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, besagt, dass notwendiges Kriterium für die Anerkennung als mitwirkungsberechtigte Vereinigung ist, dass die absolute Mehrheit der Jagdscheininhaber darin organisiert ist. Das bedeutet bei 50,01 % Ja, bei 49,99 % Nein. Folgerichtig ist das die Zuspitzung und Formulierung eines Monopols jenseits jeglichen Pluralismus und der Verfassungswirklichkeit. Die absolute Mehrheit der Jagdscheininhaber als Kriterium zu nehmen, ist eine Sackgasse des Pluralismus und die Manifestation eines vom Gesetzgeber und der Verfassung gerade nicht gewollten Monopols.
Wer die Anerkennung eines Jagdverbandes von der Mitgliedschaft der absoluten Mehrheit der Jagdscheininhaber abhängig macht, manifestiert willkürlich Monopole ohne sachlichen Grund und straft sich selbst und seine Sonntagsreden und -schriften Lügen.
Der ÖJV hatte 20-jähriges Jubiläum, 25-jähriges Jubiläum. Kollege Miller hat sich darin verewigt, auch Kollege Beckstein. Sie haben dem ÖJV gratuliert zu seiner Kompetenz. Nicht zuletzt schreibt Ministerpräsident Seehofer auf Seite 7 der Festschrift zum 25-jährigen Jubiläum:
"Wald vor Wild": Das ist ein zentraler Grundsatz unserer Forstpolitik. Der Ökologische Jagdverein Bayern trägt mit seinem Wirken dazu bei, diesem Grundsatz gerecht zu werden. Ich gratuliere ihm herzlich zu seinem 25-jährigen Bestehen, danke ihm für sein Engagement und wünsche ihm eine weiterhin erfolgreiche Arbeit.
Eine erfolgreiche Arbeit wobei? – Wohl nicht bei der Erfüllung des Jagdgesetzes. Das ist in dem Zusammenhang tatsächlich eine Sonntagsrede, die nicht mit Leben erfüllt worden ist.
selbst genügt schon ein Quorum für Volksentscheide – sinnvolle Quoren, nicht die absolute Mehrheit von irgendjemandem, sondern es sind Quoren von 20 bis 25 %. Das ist doch ein Maßstab, an dem sich die Verfassung messen lassen sollte, unabhängig davon, dass die genaue Anzahl der Jagdscheininhaber ständig ermittelt werden müsste, theoretisch bei Verlust der absoluten Mehrheit des einen plötzlich die Kompetenz des anderen aufleuchtet, möglicherweise auch Verbandsmehrheiten auftauchen in Bezug auf 30 %, 30 % und 40 %, dann hat keiner die absolute Mehrheit; dann läuft das Bayerische Jagdgesetz leer. Weil die absolute Mehrheit nirgendwo abgebildet wird, steht dieses Gesetz nur auf dem Papier. Das kann in diesem Zusammenhang nicht sein. Das Verfahren hat damit auch die wichtigen Teilhabemöglichkeiten des Gesetzes ausgeschlossen.
Unabhängig davon kann es auch nicht sein, dass alle Jagdscheininhaber ihren Jagdbeitrag abliefern und nur die absolute und ausschließlich die absolute Mehrheit entscheidet, was damit geschieht. Das ist letztendlich eine Missachtung der Teilhabe und der Leistungen, die jeder Jäger und jede Jägerin erbringt. Das ist auch ein Grund, der sehr stark zu denken gibt.
Es handelt sich regelmäßig um Beiträge – das muss man auch deutlich sagen – von mindestens einer Million, die zur Verteilung kommen. Diese Beiträge sind natürlich wichtig zur Erfüllung der Aufgaben.
All dies zeigt, dass das Demokratieprinzip, das Willkürverbot und der Gleichheitssatz durch diese Verordnung der Staatsregierung verletzt werden. Es wäre schön, wenn die Staatsregierung das einsehen und diese Verordnung einfach zurücknehmen würde. Es stünde in ihrer Macht angesichts der Prozesslage. Dann hätte sich auch dieser Prozess erledigt.
Zweifel, Herr Heike, bestehen natürlich auch bei Gericht. Das Verwaltungsgericht München hat mit Verfügung vom 27.02.2017 im Prozess angeregt, aufgrund beachtlicher Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Vorschrift diese Popularklage anzustrengen. Das ist eine Anregung, die in den Akten bei Gericht steht. Wenn das schon die berufsmäßigen Richter, die Verwaltungsrichter, sagen, können das natürlich auch wir sagen, weil wir dieselbe Ausbildung haben.
Ich beantrage daher, dass sich der Landtag an diesem Verfahren beteiligt, die Popularklage als begründet und zulässig erachtet und mich als Prozessvertreter des Landtags beiordnet.
Die Existenz dieser Verordnung, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist aus meiner Sicht nicht nur in Bezug auf das Jagdgesetz, sondern allgemein der juristische
Sargnagel für den gelebten bayerischen Pluralismus. Den wollen wir nicht einrammen bzw. wollen wir wieder herausziehen.
Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat Kollege Streibl von den FREIEN WÄHLERN das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Demokratie und Pluralismus sind in Bayern wichtig, haben seit Langem Tradition und gehören dazu. Dazu gehört aber auch die Rechtsstaatlichkeit.
Rechtsstaatlichkeit in dem Sinn bedeutet hier: Worum geht es? – Es geht um die Jagdabgabe. Jeder, der einen Jagdschein löst, muss eine Abgabe zahlen. Es geht darum, wie diese Abgabe verwendet werden soll.
Die Rechtsverordnung sagt: Der Verband, der die Mehrheit der Jagdscheininhaber als Mitglieder hat, soll das Geld – nicht alles – ansatzweise bekommen.
Wer sind die Beteiligten? – Wir haben den Ökologischen Jagdverband, den Freistaat Bayern, vertreten durch das Staatsministerium, und den Bayerischen Jagdverband. Es geht um eine Rechtsverordnung und nicht um ein Gesetz, das wir hier gemacht haben. Ich bin sehr gespannt, wie der Prozess ausgehen wird. Das ist Sache des Gerichts. Die Richter sollen sagen, ob diese Rechtsverordnung hält oder nicht; gegebenenfalls muss das Ministerium nachbessern und etwas anderes vorlegen. Aber das Wort hat jetzt der Bayerische Verfassungsgerichtshof. Auf den kann man sich verlassen. Was dabei herauskommt, muss man akzeptieren.
Das ist Rechtsstaatlichkeit. Wenn es dann so ist, wird dadurch Pluralität hergestellt, oder es wird gesagt, die Mehrheit hat es dann halt. Aber wie dann die Verteilung ist, das ist dann auch wieder die Frage. Soll der Bayerische Jagdverband vielleicht mehr bekommen, um dann gebündelt mehr machen zu können? Die Maßnahmen, die hier getroffen werden, sind ja auch sehr sinnvoll. Die ganze Ausbildung der Jäger und
das ganze jagdliche Wesen werden hier weitgehend gemacht. Von daher kann man verstehen, dass sich die Staatsregierung auf einen Ansprechpartner konzentrieren möchte, um möglichst sinnvoll zu handeln. Das ist aber nicht unser Problem, sondern das der Staatsregierung. Diese Argumente werden dann wahrscheinlich bei Gericht vorgetragen werden.
Ich würde empfehlen und schlage vor, dass wir uns als Landtag an diesem Verfahren nicht beteiligen. Als Oppositionspolitiker habe ich das auch gar nicht vor. Das soll die Staatsregierung vor Gericht mit dem Bayerischen Jagdverband und mit dem Ökologischen Jagdverband auskarteln. Das ist deren Sache. Die sollen das machen und uns damit in Ruhe lassen. Das ist meine Meinung. Deswegen stimme ich Herrn Heike zu.
Danke schön, Herr Kollege. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung.
Der federführende Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen empfiehlt, dass sich der Landtag an dem Verfahren nicht beteiligt. Wer diesem Ausschussvotum zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU und der FREIEN WÄHLER. Gegenstimmen! – Die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Sehe ich keine. Dann ist dieser Antrag abgelehnt. Der Empfehlung des Ausschusses für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen ist damit zugestimmt worden.
Antrag der Abgeordneten Florian von Brunn, Klaus Adelt, Harry Scheuenstuhl u. a. (SPD) Dritter Nationalpark in Bayern - faires und transparentes Verfahren mit vergleichender Machbarkeitsstudie für alle potenziellen Gebiete (Drs. 17/16159)
Ich eröffne die Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt nach der Geschäftsordnung 24 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich dabei an der Redezeit der stärksten Fraktion.
Erster Redner ist der Kollege von Brunn von der SPD. – Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer objektiv etwas über Nationalparke erfahren will, sollte die Internetseite des Bundesamts für Naturschutz besuchen. Dort steht: "Nationalparke repräsentieren in Deutschland ein nationales Naturerbe." Das wird durch die einschlägigen Regelungen im Bundesnaturschutzgesetz unterstrichen. Dort heißt es in § 22 Absatz 5 – ich verkürze –: "Die Erklärung zum Nationalpark … ergeht im Benehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit und dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur." Fazit: Ein Nationalpark wird im Einvernehmen mit der Bundesregierung eingerichtet und repräsentiert ein nationales Naturerbe.