Protokoll der Sitzung vom 13.12.2017

Liebe Frau Stamm, das war keine Frage Ihrerseits, sondern eine Feststellung. Auch ich habe einen Weihnachtswunsch: Sie sollten bei Ihren zukünftigen Anträgen und Wortbeiträgen Ihr Hauptaugenmerk nicht auf die Kritik an der Bayerischen Staatsregierung konzentrieren. Was wir für das Ehrenamt tun, ist vorzüglich und ausgezeichnet.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Waren Sie dabei, als sich die Helfer beschwert haben? Da hätten Sie was lernen können!)

Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken. Die ehrenamtlichen Leistungen, die in der Ausländer- und Asylpolitik erbracht wurden, waren toll und ganz hervorragend. Ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle.

(Beifall bei der CSU)

Zur nächsten Zwischenbemerkung: Frau Kollegin Hiersemann. Bitte schön.

Herr Staatssekretär, ich hätte zwei Punkte. Sollten die Zahlen, die Sie gerade genannt haben, stimmen, dann verstehe ich nicht, warum es hier keinen lauten Widerspruch gegen die Zahlen gibt,

die in der Presse mitgeteilt wurden und die völlig anders lauten. In der Presse ist von neun abgeschobenen Afghanen aus Bayern die Rede, von denen nur zwei Straftäter sind. Die eine Straftat bezieht sich auf die Problematik der Passersatzbeschaffung.

Zu dem Flüchtling aus Bayreuth, den Sie und Herr Kollege Straub als hartnäckigen Verweigerer bezeichnet haben, ist zu sagen, dass dieser seine Papiere verspätet vorgelegt hat. Das ist wohl zutreffend. Wir haben vorhin gehört, warum das so lange dauert und dass das nicht ganz so einfach ist, wie immer behauptet wird. Dieses Papier ist dann, ich sage es einmal vorsichtig, bei den Behörden verschwunden. Das ist sicherlich nicht absichtlich passiert. Er ist dann ohne diese Papiere zurückgeschickt, also abgeschoben worden. Das ist ein starkes Stück. Dazu hätte ich gerne von Ihnen eine Aussage.

Zu dem, was wir heute vorgetragen haben, hören wir von Ihnen immer, wir sollten mit den Einzelfällen zu Ihnen oder zum Minister kommen. Ich kann das nicht mehr hören. Es geht nicht darum, dass wir von Ihnen oder dem Minister einen Gnadenakt haben wollen,

(Dr. Florian Herrmann (CSU): Es geht um Fakten!)

sondern wir wollen, dass das Bundesrecht hier in der gleichen Weise wie in anderen Bundesländern angewendet wird. Hier soll nicht versucht werden, etwas zu verhindern, sondern es sollte mit allen Mitteln, die den Behörden zur Verfügung stehen, versucht werden, den Menschen zu helfen, von ihrem Anspruch nach dem Bundesintegrationsgesetz Gebrauch zu machen. Tun Sie bitte nicht immer so, als ob Sie oder der Herr Minister im Alleingang ein paar Fälle positiv regeln könnten.

Ich habe noch eine Frage: Wenn diese letzte Abschiebung so unproblematisch war, warum hat dann der Minister im Gespräch mit den Kirchen und dem Verein "Matteo", der sich ausschließlich und heftig für solche Fälle engagiert, nur schwammige Ausführungen über den Fall des Flüchtlings aus Bayreuth des Inhalts gemacht, man würde diesen Fall noch einmal überprüfen? Das hat uns der Verein "Matteo" mitgeteilt. Können Sie das bestätigen, bzw. haben Sie auf diese Frage eine Antwort?

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Liebe Frau Hiersemann, ich möchte zunächst etwas zu Ihrem ersten Beitrag sagen: Ich weiß nicht, von wem Sie Zahlen geliefert bekommen, von Ihren Nachbarn, Freunden oder Bekannten. Insgesamt ging es um 27 Personen, davon 17 aus Bayern. Von diesen

Personen waren 9 Straftäter, 2 Gefährder und 6 hartnäckige Identitätsverweigerer. Ich muss das noch einmal betonen. Wenn Sie das im Anschluss noch einmal kritisieren wollen, dann tun Sie das bitte. Die Zahlen, die ich hier genannt habe, stimmen.

Sie haben den Minister angeführt. Nicht der Minister oder der Staatssekretär vollbringen eine große Tat, sondern diese Arbeit leisten unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach Recht, Gesetz und Ordnung. Weder der Minister noch der Staatssekretär sind in der Rolle, eine große Tat zu vollbringen. Liebe Frau Hiersemann, hier handelt es sich ausschließlich um ordentliche Verwaltungsarbeit.

(Beifall bei der CSU – Alexandra Hiersemann (SPD): Auch wenn Dokumente verloren gehen?)

Spielen Sie die Situation nicht wieder herunter. Bei dem Flüchtling aus Bayreuth lag eine hartnäckige Identitätsverweigerung vor. Liebe Frau Hiersemann, diese Identitätsverweigerung dauerte fünf Jahre. Wenn nach fünf Jahren die Identität eines Menschen nicht festgestellt werden kann, dann darf man davon sprechen, dass dieser Mensch ein hartnäckiger Identitätsverweigerer ist.

(Josef Zellmeier (CSU): Sehr richtig!)

Er hat seine beglaubigten Papiere den Behörden ein Jahr lang vorsätzlich vorenthalten. Sie können noch einmal versuchen, das schönzureden; es wird dadurch nicht besser. Die Fälle werden ordentlich und fachgerecht nach Gesetz und Ordnung abgearbeitet.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung.

Der federführende Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD, der FREIEN WÄHLER und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie Frau Kollegin Claudia Stamm (frakti- onslos) und Herr Kollege Felbinger (fraktionslos).

(Zuruf von der SPD: Hammelsprung! Die CSU hat keine Mehrheit!)

Ich habe zunächst nach den Ja-Stimmen gefragt. Jetzt frage ich nach den Gegenstimmen. – Das ist die CSU-Fraktion. Gibt es Enthaltungen? – Keine. Die

CSU-Fraktion ist nicht in der Minderheit. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 31 auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Benno Zierer u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Flächenpotenzial von Eh da-Flächen ermitteln! (Drs. 17/18471)

Dieser Dringlichkeitsantrag konnte in der Plenarsitzung am 7. Dezember aus Zeitgründen nicht mehr beraten werden. Ich eröffne die Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt nach unserer Geschäftsordnung 24 Minuten. Die Verteilung der Minuten setze ich als bekannt voraus. Der erste Redner ist Herr Kollege Zierer. Bitte schön.

Sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Im Umweltausschuss ist unser Antrag zu den Eh-da-Flächen von der CSU wie gewohnt abgelehnt worden. Die Begründung war dieses Mal aber besonders abenteuerlich. Es wurde behauptet, wir würden mit diesem Konzept den Kommunen etwas aufzwingen wollen und das Subsidiaritätsprinzip nicht beachten.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Das geht völlig an der Sache vorbei. Da es sich bei den Eh-da-Flächen um ein Angebot für die Gemeinden und Städte handelt, stimmt das einfach nicht; denn sie können mit wissenschaftlicher Begleitung in einem umfassenden Projekt ungenutzte Flächen ökologisch aufwerten. Sie können, aber sie müssen nicht, und damit ist das absolut freiwillig. Es gibt auch schon Projekte in Bayern. Ich möchte hier Haßfurt nennen, das die erste Eh-da-Kommune war, und wir wünschen uns, dass viele andere folgen.

Die Staatsregierung soll daran mitwirken. Die Staatsregierung soll aber niemandem etwas aufzwingen, sondern mithelfen, diese Idee zu verbreiten, und eine gute Möglichkeit dafür wäre eine Potenzialanalyse, die wir mit diesem Antrag fordern. Durch die Analyse von Geodaten wäre das mit einem sehr geringen Aufwand machbar. Wir sprechen hier von sehr überschaubaren Kosten, und zwar von 10.000 bis 20.000 Euro für eine Erhebung in Musterkommunen. 10.000 bis 20.000 Euro – ein sehr kleiner Betrag.

Bei diesen Zahlen ist mir eine Summe von 100.000 Euro eingefallen, die unsere Staatsministerin Scharf für ihre Werbeaktion mit den Tütchen mit ein paar Blumensamen ausgegeben hat. Von diesen Tütchen wird wahrscheinlich die Hälfte irgendwo im Müll gelandet sein. Das war außerdem eine Werbeaktion

der Ministerin nur für ihren Wahlbezirk Oberbayern und nicht für Niederbayern, nicht für die Oberpfalz, nicht für Schwaben und auch nicht für Franken. Bedauerlich: 100.000 Euro in die Tonne getreten.

Für diese 100.000 Euro hätten wir über eine Tonne hochwertiges Saatgut kaufen können. Wir hätten das an die Kommunen verteilen können. Wir hätten das an die Stadtgärtnereien, an die Bauhöfe verteilen können. Wir hätten mit dieser über einer Tonne Samen 300.000 qm in Bayern erblühen lassen können. Das wäre ein Beitrag zur Artenvielfalt gewesen. – Das aber nur am Rande.

Zurück zu der Potenzialanalyse: Wenn wir diese für verschiedene Modellgemeinden in verschiedenen Regionen und für verschiedene Landschaftstypen machen würden, bekämen wir einen guten Überblick, und interessierte Gemeinden hätten einen Anhaltspunkt, was machbar ist. Wenn wir darüber diskutieren, was man gegen den Artenschwund tun kann, landen wir immer bei demselben Problem: Biodiversität braucht Fläche, die aber immer knapper wird; vor allem der Druck auf den landwirtschaftlichen Boden steigt durch Flächenverbrauch und Ausgleichsmaßnahmen.

Das Eh-da-Konzept bietet die Möglichkeit, etwas für die Artenvielfalt zu tun, ohne landwirtschaftliche Flächen in Anspruch zu nehmen. Die Grundidee ist simpel. Man nimmt Flächen, die sowieso vorhanden sind, und man nützt sie für den Naturschutz, für den Artenschutz, für die Biodiversität. Auf diesen Flächen könnten Lebensräume für Bienen, Schmetterlinge oder andere Insekten entstehen. Beispiele für solche Flächen sind Feldraine, Säume, Grünstreifen an Straßen und Böschungen.

Ich weiß, dass es viele Gemeinden gibt, die das in Ansätzen bereits praktizieren, und wir sollten sie weiter unterstützen. Wir hätten das Potenzial und bräuchten nur den Willen. Ich würde Sie, meine Kolleginnen und Kollegen, bitten, einfach zu sagen: Ja, wir nehmen diese 20.000, 30.000 Euro in die Hand. Wir machen einen ersten Satz dorthin. Wir machen den ersten Punkt dort. – Ich hoffe, es kommt ein Umdenken, und ich wäre froh, wenn ich die Unterstützung zu unserem Antrag bekommen würde.

Damit die Bitte: Fangen wir an! Sprechen wir nicht nur von großen Dingen wie Nationalparks und Ähnlichem, sondern machen wir kleine Schritte, damit die Bürger sehen: Wo es möglich ist, können wir Ansätze machen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Vielen Dank, Kollege Zierer. – Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Kollegen Dr. Hünnerkopf. Bitte schön.

(Vom Redner nicht auto- risiert) Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Benno Zierer, ich glaube, es ist immer noch nicht verstanden worden, worum es uns geht. Ich und wir sehen schon eine gewisse Bedeutung in diesen sogenannten Eh-da-Flächen, also Flächen, die eh da sind, weil es Randbereiche von Straßen sind, weil es Gräben sind, weil es Wegrandstreifen sind. Wir sehen ein gewisses Potenzial, das man nicht überbewerten darf, das aber für die Biodiversität schon einen entsprechenden Stellenwert bekommen kann.

Worum es uns geht: Jede Gemeinde hat ein Geoinformationssystem – GIS –, kennt die Flächen, die in ihrem Zuständigkeitsbereich sind, und kennt auch die Gräben und die Wege, die jährlich gepflegt werden. Entlang von Straßen muss aber einfach für die Sicherheit gesorgt werden. Insofern sage ich: Das dürfen wir nicht überbewerten, weil die nicht so viel bringen. Was jedoch dahinter liegt oder draußen in der Feldflur – da kann man schon sehr viel daraus machen. Das liegt jedoch wiederum daran, was jede Gemeinde damit macht.

Eine Gemeinde kann mit einer einzelnen Fläche anfangen. Sie kann auch systematisch mit den Gräben anfangen und sie nicht nur einfach jedes Jahr niedermulchen, sondern vielleicht in einem Turnus von drei Jahren in wechselnden Abschnitten. Die Strukturen bleiben dann über den Winter, sodass zum Beispiel Insekten in diesen Strukturen überwintern können und nicht niedergeknüppelt werden. Sie kann diese Biomasse auch entnehmen, um auszuhagern. – All das sind Tipps, die Ihnen jeder Landschaftsarchitekt geben kann, mit denen die Gemeinden zusammenarbeiten.

Darum meinen wir: Wir fangen nicht erst mit dem Vermessen an und erheben Geodaten und geben dafür 20.000 Euro für eine Gemeinde aus, sondern wir sollten gemeinsam versuchen, den Gemeinden bewusst zu machen, was sie nach Artikel 141 der Bayerischen Verfassung ohnehin machen sollten, nämlich sich um die Natur zu kümmern, die Natur zu unterstützen und für die Lebensgrundlagen zu sorgen. Jetzt aber von einem Angebot an die Gemeinden zu sprechen – ich denke, das ist eine völlig falsche Sichtweise.

Noch mal: Wir wissen um den Stellenwert der Eh-daFlächen. Diese Flächen werden von uns vorbereitend auch so behandelt, indem wir darauf achten, was wir daraus machen können, und indem wir – wie gesagt –

selber den Stellenwert erhöhen, aber nicht auf dem Weg, das Ganze zu vermessen. Lieber Kollege Benno Zierer, allein das ist der Grund. Wir wollen das Pferd nicht beim Schwanz aufzäumen, wie ihr das macht, und darum können wir dem Antrag nicht zustimmen. Bei dem, was uns die Eh-da-Flächen allerdings möglicherweise im Hinblick auf die Insekten helfen könnten, sind wir aber beisammen.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Hünnerkopf. – Kollege Woerlein spricht für die SPD-Fraktion. Bitte sehr.

(Vom Redner nicht autori- siert) Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Auch der weiteste Weg beginnt bekanntlich mit dem ersten Schritt. Der Antrag der FREIEN WÄHLER ist ein solcher erster Schritt, auch wenn er mit diesen Eh-da-Flächen ein kleiner Schritt ist. Diese Flächenpotenziale in ausgewählten Kommunen Bayerns zu ermitteln, halten wir für einen durchaus sinnvollen Vorschlag.