Protokoll der Sitzung vom 10.04.2018

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. – Herr Staatsminister, Sie haben das Wort.

Ja, natürlich halte ich das für sinnvoll. Ich habe in der ersten Sitzung des neuen Kabinetts der Staatsregierung die entsprechenden Vorschläge unterbreitet. Das Kabinett hat sie einstimmig so beschlossen. Die CSU-Fraktion unterstützt sie, und sie sind sinnvoll.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Vor Söder seid ihr nicht auf die Idee gekommen!)

Der neue Ministerpräsident hat in der vergangenen Woche zum Beispiel eine solche Fahndungsdienststelle an der A 8 Richtung Salzburg besucht und sich von der Arbeit der Schleierfahnder überzeugt. Er hat ausdrücklich betont, dass die Schleierfahnder weiterhin ihre Arbeit machen. Das wird gleitend ineinander übergehen, wo Schleierfahndung, wo Grenzkontrollen stattfinden und dergleichen. Bekanntlich unterstützen wir im Moment die Bundespolizei mit einer Hundertschaft der Bereitschaftspolizei, weil die Bundespolizei immer noch zu wenige Leute hat, um die Grenzkontrollen durchzuführen.

Ich würde mir ausdrücklich wünschen – nachdem die Bundespolizei jetzt auch um mehrere Tausend zusätzliche Stellen aufgebaut wird –, dass die Bundespolizei selbst noch mehr Leute an die Grenze schicken kann.

Ich halte es für absolut richtig, dass der neue Bundesinnenminister die Frage noch einmal aufgeworfen hat, warum denn nur an der österreichischen Grenze kontrolliert wird. Aus meiner Sicht wäre es genauso notwendig, an der brandenburgisch-polnischen Grenze hin und wieder ebenfalls Grenzkontrollen durchzuführen.

(Beifall bei der CSU)

Es ist höchste Zeit, dass man sich auf Bundesebene auch um dieses Thema kümmert.

Herr Staatsminister, die Frau Kollegin Gottstein hat sich noch gemeldet.

Dann gebe ich das Wort an den Fraktionsvorsitzenden Aiwanger ab.

(Allgemeine Unruhe)

Da sieht man, wie bei uns die Hierarchien funktionieren. – Nein, vielen Dank, Eva!

(Allgemeine Unruhe)

Ich habe vorhin nicht gesehen, dass sie gedrückt hatte. Herr Herrmann, wer ist denn auf diese grandiose Idee mit der Grenzpolizei gekommen? So lange Seehofer Ministerpräsident war, kam keiner auf die Idee. Sie kamen nicht drauf, man hat es auch nie von der Polizei gehört. Erst seit Söder der neue Mann ist, kommt man auf diese grandiose Idee und sagt, die wäre dringend nötig. Stellen wir uns doch einmal vor, diesen Wechsel zu Söder hätte es nicht gegeben. Hätten wir dann mit diesem großen Sicherheitsdefizit weiterleben müssen? Hätten wir diese große Gefahr, weiterhin keine Grenzpolizei zu haben, weiter aushalten müssen? Woher kam denn diese Idee?

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Sie wissen, der neue Ministerpräsident hat bei unserer Klausurtagung in Kloster Banz diese Möglichkeit im Rahmen seines 10-Punkte-Konzeptes dargestellt. Er hat seine Überlegungen zuvor mit mir besprochen. Er hat die entsprechenden Fragen mit mir besprochen und mich auch gefragt, ob ich das für sinnvoll halte und auch, wie man das Ganze sinnvoll umsetzen könnte. Ich habe ihm das dann dargelegt. Auf dieser Grundlage hat er dann den Grundsatz verkündet. Inzwischen haben wir das Teilkonzept im Innenministerium erarbeitet. Ich kann nur sagen: Ich weiß in der Tat nicht, wie die Hierarchie bei Ihnen funktioniert, aber bei uns herrscht ein sehr kooperatives Miteinander.

(Lachen des Abgeordneten Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER) – Unruhe bei der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Es ist zulässig, neue Ideen zu formulieren und diese dann konstruktiv umzusetzen. Insgesamt geht es doch darum, die Sicherheit in unserem Land weiter zu stärken. Genau das werden wir tun, lieber Herr Kollege Aiwanger.

(Beifall bei der CSU – Zuruf des Abgeordneten Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER))

Danke schön, Herr Staatsminister. – Nur noch eine Bemerkung, Frau Gottstein: Zwischenbemerkungen in Vertretung sind nach der Geschäftsordnung eigentlich nicht vorgesehen.

(Eva Gottstein (FREIE WÄHLER): Ich habe meine Meldung zurückgezogen!)

Nachdem keine weitere Wortmeldung vorliegt, kommen wir jetzt zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt.

Wer dem Dringlichkeitsantrag der CSU-Fraktion auf Drucksache 17/21542 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der CSU. Gegenstimmen! – Das sind die Fraktionen der SPD, der FREIEN WÄHLER und der GRÜNEN und Herr Abgeordneter Muthmann (fraktionslos). Stimmenthaltungen? – Sehe ich keine. Damit ist der Antrag angenommen.

Jetzt kommen wir zum Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLER auf Drucksache 17/21559. Wer diesem Dringlichkeitsantrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD, der FREIEN WÄHLER und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordnete Muthmann (fraktionslos). Gegenstimmen! – Das ist die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Bevor ich die gemeinsame Beratung der nächsten beiden Dringlichkeitsanträge aufrufe, gebe ich noch das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer und anderer und Fraktion (FREIE WÄHLER) betreffend "Befristungsunwesen für Lehrkräfte beenden – Kontinuität für Schülerinnen und Schüler sicherstellen!", Drucksache 17/21540, bekannt: Mit Ja haben 62 gestimmt, mit Nein haben 79 gestimmt. Stimmenthaltungen gab es keine. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 2)

Ich rufe auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Doris Rauscher, Ilona Deckwerth u. a. und Fraktion (SPD) Prekäre Beschäftigung in bayerischen Kitas beenden - mehr Sicherheit für die Beschäftigten schaffen! (Drs. 17/21543)

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Katharina Schulze, Ludwig Hartmann, Christine Kamm u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Fachkräftemangel bekämpfen - Arbeitsbedingungen für Erzieherinnen und Erzieher verbessern (Drs. 17/21560)

Ich eröffne die Aussprache. Erste Rednerin ist Frau Kollegin Rauscher von der SPD. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

Sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrte Frau Ministerin, Kolleginnen und Kollegen! "Richtig gut! – Richtig etwas wert!" – Das ist einer der Slogans, die heute auf den Bannern in den Straßen Münchens beim Streik des Kita-Personals zu lesen waren. Wir, die SPD, möchten das unterstützen. Unsere Kitas leisten wirklich eine tolle Arbeit, und das Personal ist mit Herzblut bei der Sache. Genau deshalb ist es überfällig, für die Mitarbeiter in den Kitas wirklich gute Arbeitsbedingungen zu schaffen. Prekäre Beschäftigungen, prekäre Situationen an bayerischen Kitas müssen auf jeden Fall beendet werden. Leider ist es in unseren bayerischen Kitas so weit gekommen. In dem nach der Ursprungsfamilie vielleicht wichtigsten, weil grundlegenden Bildungsbereich, in unseren Kitas, greift nämlich zunehmend die Jobunsicherheit um sich. Rund 20 % aller pädagogischen Fachkräfte in den Kitas haben nur einen befristeten Vertrag. Bei Berufseinsteigern und im ersten Teil der beruflichen Laufbahn, also circa bis zum 30. Lebensjahr, betrifft das sogar jeden Dritten. 60 % des KitaPersonals haben nur noch einen Teilzeitvertrag. Das ist deutlich mehr als vor 10 Jahren. Wer seither in diesen Beruf eingestiegen ist, der hat nach der Bertelsmann Stiftung sogar in 70 % der Fälle einen Teilzeitjob. Diesen Status quo kann man leider nur als prekäre Beschäftigung bezeichnen.

(Beifall bei der SPD)

Die Teilzeitverträge sind zum großen Teil nicht freiwillig vereinbart worden. Das Ganze ist leider hausgemacht und wird durch Förderrichtlinien des Freistaats unterstützt bzw. gewollt. Ich kenne kein Arbeitsfeld, in dem Stunden gekürzt werden, wenn die Anzahl der Klienten Schwankungen ausgesetzt ist. Wenn das aber in unseren bayerischen Kitas so ist, dann liegt das nicht an den Kita-Trägern oder den Kommunen,

im Gegenteil: Manche unterstützen ihre Kitas sogar über den eigenen Pflichtteil hinaus. Schuld ist vielmehr die aktuelle Fördersystematik im BayKiBiG und die fehlende Flexibilität bei der Finanzierung des KitaPersonals. Personalstunden sind, wie Sie wissen, durch die kindbezogene Förderung an die Buchungsstunden der Kinder gekoppelt. Das ist eine theoretisch gerechte und sinnvolle Idee, und vielleicht gar nicht einmal ein so schlechter Ansatz. Sind mehr Kinder in der Einrichtung, werden mehr Betreuungsstunden gebucht, dann werden mehr Personalstunden gebraucht, um die Kinder gut betreuen zu können – so weit die Theorie. Wenn Eltern aber weniger Betreuungsstunden buchen, zum Beispiel weil sich die eigenen Arbeitszeiten verändert haben, oder die Stundenzahl sinkt, weil Kinder wegziehen, vielleicht auch weil Flüchtlingskinder die Einrichtung kurzfristig verlassen müssen oder wenn die Einrichtung zu Beginn des Kita-Jahres noch nicht zu 100 % ausgelastet ist, dann hat das zur Folge, dass auch die Personalstunden gekürzt werden müssen. Wenn ein Träger dann auf einen leicht besseren Schlüssel abrutscht als das nach dem empfohlenen Anstellungsschlüssel von 1 : 10 vorgesehen ist, dann bekommt er diese Stunden nicht refinanziert. Es gibt keine Refinanzierung zum Ausgleich von Personalschwankungen. Das können sich aber vor allem kleinere Kita-Träger nicht leisten. Deshalb werden Erzieher zum Personalgespräch gebeten, der Arbeitsvertrag wird angepasst. Je nach Schwankung der Buchungszeiten wird im schlimmsten Fall sogar gekündigt.

Kolleginnen und Kollegen, jetzt auf die Fördergerechtigkeit zu verweisen, wäre zu kurz gesprungen. Es passiert nämlich relativ schnell, dass der schmale Korridor von 1 : 11 zu 1 : 10 unterschritten wird, dass es also im positiven Sinne zu viele Personalstunden im jeweiligen Hause gibt. Da brauchen bei 10 bis 20 % der anwesenden Kinder nur Buchungsschwankungen aufzutreten, da müssen nur ein oder zwei Kinder die Einrichtung verlassen oder die Plätze werden nicht sofort nachbesetzt, schon wird der empfohlene Anstellungsschlüssel unterschritten.

(Ingrid Heckner (CSU): Das ist das richtige Wort: empfohlen!)

Der empfohlene und somit refinanzierte Anstellungsschlüssel ist der Knackpunkt, Frau Kollegin. Wenn ein Träger sich für einen Anstellungsschlüssel von 1 : 8 oder 1 : 7 entscheiden dürfte, würde jede Erzieherin, würde jede Kita-Leitung in die Luft springen. Das ist kein Thema. Allerdings müssten schon viele Kinder fehlen, um diesen Anstellungsschlüssel zu erreichen. Das Problem ist aber die Refinanzierung. Genau darauf will ich hinaus. Deshalb lautet das Ziel dieses Dringlichkeitsantrags: Abschaffung prekärer

Arbeitsverhältnisse. In der Realität werden die Mitarbeiter nämlich zum Gespräch gebeten, und es schwebt permanent dieses unsichtbare Damoklesschwert über ihnen; denn brechen die Buchungsstunden ein, bedeutet das eine Kürzung im Arbeitsvertrag. Dann haben die pädagogischen Fachkräfte keine Planungssicherheit mehr, weder beruflich noch privat. Sie sprechen immer vom Fachkräftemangel. Genau diese Situation trägt nicht gerade zur Motivation bei, diesen Beruf zu ergreifen. Die Leute wissen nicht, ob sie nach einer fünfjährigen Ausbildung eine Vollzeitstelle bekommen und vor allem behalten können.

Deswegen bitte ich um Unterstützung dieses Dringlichkeitsantrags. Wir wollen den Korridor zwischen dem gesetzlich verpflichtenden Mindestanstellungsschlüssel von 1 : 11 zu dem jetzt empfohlenen von 1 : 10 etwas weiten. Unser Ziel ist ein empfohlener Anstellungsschlüssel von 1 : 8, sodass die Träger die Möglichkeit haben, diese Personalschwankungen zumindest vorübergehend auszugleichen. Wir sprechen hier nicht von mehr Köpfen, sondern von einer halben bis maximal einer Stelle. Darum geht es in diesem Antrag. Wir wollen prekäre Arbeitsverhältnisse abschaffen und den Korridor um 2,0 von 1 : 10 auf 1 : 8 öffnen, um Schwankungen aufzufangen und Kontinuität in der Betreuung der Kinder zu erreichen.

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Ende.

Ja. – Jede Stundenreduzierung und die Ausstellung festen Personals führt dazu, dass den Kindern Betreuungspersonal entzogen wird.

(Beifall bei der SPD)

Es spricht nichts dagegen, diesem Antrag zuzustimmen. Lassen Sie Ihren Worten auch Taten folgen. Dem Nachzieher der GRÜNEN stimmen wir von der Stoßrichtung her zu.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. – Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Kamm.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir begrüßen die Initiative, prekäre Beschäftigung an den Kitas zu beenden und die Planungssicherheit der Betreiber zu erhöhen. Wo liegt das Problem? – Die sehr starke Ausweitung der befristeten Verträge und der Teilzeitverträge in bayerischen Kitas begann mit der Einführung der kindbezogenen Förderung im BayKiBiG, sodass die Förderung der Einrichtungen von den recht flexibel änderbaren Buchungszeiten abhängig ist.

Diese Art der Finanzierung der Kitas im BayKiBiG ist für die starken Schwankungen der den Kitas zur Verfügung stehenden Mittel verantwortlich und führt zu erheblichen Planungsunsicherheiten bei den Trägern. Dies muss bei einigen Trägern dazu führen, dass sie die Risiken in Form von befristeten Verträgen oder Teilzeitverträgen an die Beschäftigten weitergeben. Viele Arbeitsverträge der Erzieherinnen sind seit der Einführung des BayKiBiG prekär geworden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist ein Skandal, den wir endlich beenden müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin Rauscher hat schon erwähnt, dass laut Bertelsmann Länderreport im Jahr 2016 in Bayern 19 % des Personals nur befristet angestellt waren. Bei den Angestellten unter 30 Jahren bekamen 31 % befristete Anstellungsverträge. Nur 40 % der Beschäftigten konnten in Vollzeit arbeiten, obwohl der Anteil derjenigen, die in Vollzeit arbeiten wollen, deutlich höher ist. Ich habe mich darüber in Gesprächen informiert.