Protokoll der Sitzung vom 10.04.2018

Genau so wurde es dann gemacht. Der Alpenplan, der sich 45 Jahre lang bewährt hatte und nie angetastet worden war, wurde mit absoluter Mehrheit geändert. Markus Söder verklärte diese Manipulation hier im Bayerischen Landtag auch noch zu einem angeblichen Jackpot für den Naturschutz. Nicht in den Plan passte, dass der Nachbarberg, das Bolsterlanger Horn, auch ein Skigebiet, durch einen Murenabgang ins Rutschen kam und mit ihm die Pläne für das Riedberger Horn.

Jetzt bekamen die Gemeinden und die Investoren plötzlich kalte Füße: wegen miserabler Erfolgsaussichten vor Gericht für das Genehmigungsverfahren, hohen Kosten, wahrscheinlich zulaufend auf die Unfinanzierbarkeit, und einem hohen Haftungsrisiko. Nun wollten sich die tapferen Bürgermeister und Profiteure von dem Projekt verabschieden. Das war sehr ungünstig für den neuen Ministerpräsidenten. Er stand da als der letzte kalte Krieger gegen den Natur- und Alpenschutz in Bayern.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen der "Drehhofer" von Markus Söder, fast in letzter Sekunde und theaterreif inszeniert: Plötzlich wurde staatsmännische Einsicht in die große Bedeutung von Alpen- und Naturschutz, nachhaltigem Tourismus und ewigem Frieden am Riedberger Horn gespielt – Markus Söder, der Friedensfürst und Naturschützer.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Söderhorn!)

Seine Werbeexperten verkauften diese 180-GradWende als großartigen taktischen Schachzug – Markus Söder, der geniale Stratege. Der Fraktionsvorsitzende bekam trotzdem etwas für seinen Stimmkreis: schlappe 20 Millionen Euro für Projekte vor Ort. Ein üppiges Wahlkampfgeschenk für den Verzicht auf ein rechtswidriges Projekt, das vor Gericht nie Bestand gehabt hätte – Markus Söder, der gute Freund und Amigo. Ja, das ist die Wahrheit. Das ist CSU: Amigo

Politik pur, und sie wird von Markus Söder verkauft als große Einsicht und Wende.

(Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der CSU)

Wie es um die Förderung eines naturverträglichen Tourismus in Bayern wirklich bestellt ist, sieht man daran: 20 Millionen Euro sind mehr als doppelt so viel, wie Bayern jedes Jahr aus eigener Tasche für die Förderung der Alm- und Alpwirtschaft ausgibt. 20 Millionen Euro, das ist peinlich vor dem Hintergrund, dass die neuen Bergsteigerdörfer Ramsau, Sachrang und Schleching, die wirklich auf Nachhaltigkeit setzen, nicht einmal ein Hundertstel dieser Summe bekommen. 20 Millionen Euro sind ein Skandal, weil andere bayerische Alpengemeinden verschuldet sind und als Tourismusorte zum Teil sogar ihre Schwimmbäder zusperren, wie es der CSU-Bürgermeister in Mittenwald erst kürzlich getan hat. Wo bleibt da die Unterstützung der Bayerischen Staatsregierung?

(Beifall bei der SPD)

Damit wenigstens etwas Substanz von Ihren Phrasen bleibt, müssen Sie uns schon ganz andere Tatsachen nachweisen: erstens, die Änderung des bayerischen Alpenplans jetzt schnellstmöglich zurücknehmen. Zweitens. Berichten Sie uns hier im Bayerischen Landtag, was Sie konkret tun wollen und werden, um einen naturverträglichen Tourismus im ganzen bayerischen Alpenraum zu fördern.

Wie wollen Sie zum Beispiel die bayerischen Alpenlandkreise, die Skiorte, bei dem Ausbau des öffentlichen Verkehrs und der Entwicklung von Alternativen zum Skitourismus im Zeitalter der Klimaerhitzung unterstützen? Wenn Sie glaubwürdig sein wollen, wenn der Herr Ministerpräsident glaubwürdig sein will, dann legen Sie uns hier zeitnah konkrete Pläne vor, sonst bleibt alles nur Söder-Show und Spezlpolitik.

(Beifall bei der SPD)

Dem Antrag der GRÜNEN, der fast identisch ist mit unserer Pressemitteilung vom vergangenen Freitag, stimmen wir natürlich gerne zu. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der GRÜ- NEN)

Danke schön. – Jetzt spricht für die CSU-Fraktion Herr Kollege Beißwenger. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kollegen! Ich glaube, zum letzten Vortrag vom Abgeordneten von Brunn braucht man nichts zu

sagen. Lieber Florian, du kannst dir deine Welt nicht schaffen, wie sie dir gefällt, nur indem du es hier behauptest. Eines ist sicherlich klar: Wir haben in den letzten Wochen und Monaten gemeinsam mit den Verantwortlichen vor Ort intensiv besprochen, wie wir den Tourismus am Riedberger Horn in zukunftsfähige Bahnen lenken können. Ich freue mich sehr, dass die Bürgermeister vor Ort mit unserem Ministerpräsidenten konstruktiv eine echte Lösung erarbeitet haben. Ich freue mich auch auf die Umsetzung.

(Lachen bei der SPD)

Das wird eine echte Zukunftsstrategie für das Riedberger Horn, mit einem Investitionsvolumen von 20 Millionen Euro. Das war das Einzige, was im letzten Beitrag richtig war. Der Skisport steht natürlich auch weiterhin hoch im Kurs, ob bei der Förderung der Modernisierung von Liften und Seilbahnen oder bei der Unterstützung des Bundesstützpunkts für Ski- und Bordercross. Die Bergbahnverbindung, die jetzt nicht kommt, ist mehr als kompensiert durch das ÖPNV-Konzept mit umweltfreundlicher Mobilität im Alpenraum. Der absolute Leuchtturm ist natürlich das Zentrum Naturerlebnis Alpin. Ich will hier gar nicht alle Punkte anführen; mein Kollege Holetschek spricht im Anschluss noch zum Tourismus.

Ich glaube, eines ist ganz klar: Das Ganze ist ein Pilotprojekt für natur- und umweltfreundlichen Tourismus in den Alpen, also genau das, was Sie immer fordern: Wir brauchen Antworten. Naturverträglichkeit und Ökotourismus werden mit dem Pilotprojekt unter Beweis gestellt. Wir wollen unsere Heimat aktiv mitgestalten, aber wir sind kein Heimatmuseum. Wir wollen den Menschen auch Platz für ihre Existenz bieten. Der Alpenraum ist nicht nur Naturraum, sondern auch Lebensraum. Hier bringen wir beides in Koexistenz. Ich bedanke mich deshalb ausdrücklich bei den Bürgermeistern und unserem Ministerpräsidenten, die dieses Pilotprojekt mit ausgearbeitet haben.

Balderschwang und Obermaiselstein werden Modelldörfer für modernen Ski- und Bergtourismus in Einklang mit der Natur. Das ganze Projekt wird weit über die zwei Gemeinden ausstrahlen.

Die Opposition ist natürlich gegen alles. Aber konkrete Alternativen haben Sie nicht aufgezeigt. Jetzt fordern Sie sogar, dass die Änderung des LEP zurückgenommen wird. Das ist grotesk. Damit fordern Sie die Rücknahme eines Naturschutzgebiets. Schließlich sind 224 Hektar dazugekommen. Das muss man sich vor Augen führen.

(Beifall bei der CSU)

Der Herr Kollege Gehring hat eben gesagt, durch die Änderung des LEP sei ein gewaltiger Schaden entstanden. Ich kann überhaupt nicht sehen, wo der Schaden entstanden ist, nicht in einem Punkt.

Es wurden weitere groteske Aussagen gemacht. Die Angst vor Präzedenzfällen kann ich im Moment auch nicht nachvollziehen. Mir persönlich ist kein Fall bekannt, bei dem im Nachgang ein Antrag gestellt worden wäre.

Der Kollege Gehring hat gesagt, die Bürgerbefragung würde Demokratie suggerieren. Für mich ist es ein Paradoxon, wenn behauptet wird, dass eine Bürgerbefragung Demokratie suggeriere. Allerdings hat er auch gesagt, wir hätten auf die Bürgermeister eingewirkt. Lieber Thomas, ich darf dir einen ausdrücklichen Gruß vom Bürgermeister Kienle sagen. Er wäre dir sehr dankbar – du hast auch betont, dass du in der Nähe wohnst –, wenn du das nächste Mal, wenn du bei ihm vorbeikommst, mit den Bürgermeistern, mit den Gemeinderäten und mit den Bürgern vor Ort sprechen würdest und nicht hier über sie. Das will ich mal festhalten.

(Beifall bei der CSU)

Man kann es sich leicht machen, man kann gegen alles sein und alles kritisieren, ohne zu sehen, dass wir hierbei eine echte Win-win-Situation geschaffen haben.

(Lachen bei Abgeordneten der SPD – Florian von Brunn (SPD): Fragt sich nur, für wen! Für Markus Söder und Thomas Kreuzer!)

Wir werden einen Teufel tun und die 224 Hektar wieder aus dem LEP herausnehmen. Das ist völlig klar. Wir lehnen aus diesem Grund die Anträge der SPD und der GRÜNEN ab.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Bevor ich in der Rednerliste fortfahre, darf ich sehr herzlich Ehrengäste begrüßen, die uns heute im Bayerischen Landtag eine Zeit lang zuhören, aber auch Erfahrungen austauschen wollen. Auf der Ehrentribüne haben Gäste aus Rheinland-Pfalz Platz genommen, die sich heute und morgen im Bayerischen Landtag aufhalten und Gespräche mit Mitgliedern des Ausschusses für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen und dem Bayerischen Staatsminister der Justiz führen.

Im Namen des Hohen Hauses begrüße ich sehr herzlich den Staatssekretär im Ministerium der Justiz Rheinland-Pfalz, Herrn Philipp Fernis. Herzlich will

kommen! Ich begrüße weiter die Mitglieder des Rechtsausschusses des Landtags von RheinlandPfalz mit der Ausschussvorsitzenden, Frau Marlies Kohnle-Gros, an der Spitze. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Ich wünsche Ihnen einen guten Aufenthalt hier in Bayern, gute Gespräche und dass Sie nach Ihrer Rückkehr in Ihr Parlament sagen können, es hat sich gelohnt, sich im Bayerischen Landtag umzuschauen. Seien Sie uns herzlich willkommen!

Lieber Herr Kollege Pohl, Sie sind jetzt dran. Bitte schön.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man die jüngste Geschichte des Riedberger Horns Revue passieren lässt, fühlt man sich nicht an eine Skischaukel, sondern an eine Schiffschaukel erinnert, so heftig sind die Ausschläge in der Meinung der CSU-Fraktion und des neuen Ministerpräsidenten.

Lieber Herr Kollege Beißwenger, wenn Sie jetzt so vehement den naturnahen Tourismus feiern, frage ich mich: warum erst heute, warum nicht schon vor einem halben Jahr? Heute lese ich: Söder räumt das Seehofer-Thema ab. Ich muss schon sagen: Es war wohl genau umgekehrt. Markus Söder hat mit großer Vehemenz das Thema Riedberger Horn vorangetrieben, und Seehofer hat gebremst und gesagt: Wir werden erst einmal in der Staatskanzlei Gespräche führen, bevor die endgültige und abschließende Entscheidung fällt.

Die Kollegen haben vorhin den "Drehhofer" zitiert. Man hat den früheren Ministerpräsidenten Horst Seehofer mit diesem Attribut belegt.

(Florian von Brunn (SPD): Dreh-Söder!)

Dazu sage ich: In der Sprache des Eiskunstlaufs machte der ehemalige Ministerpräsident vielleicht einen doppelten Rittberger; der jetzige macht mindestens einen dreifachen, vielleicht sogar einen vierfachen. Es schlägt wirklich alle Rekorde, in so kurzer Zeit seine Meinung so diametral zu ändern.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Erinnern wir uns daran, was man für die Änderung des Alpenplans zugunsten der Skischaukel am Riedberger Horn alles bemüht hat: Man hat eine Abstimmung in zwei kleinen Gemeinden durchgeführt, um ein bayernweit relevantes Projekt zu rechtfertigen. Man hat seitens der Staatsregierung nicht die Kraft

gehabt, zu sagen: Jawohl, wir wollen das, weil wir das im Hinblick auf den bayerischen Tourismus für richtig halten. – Nein, man hat die Gemeinde Balderschwang mit, ich meine, 180 Wahlberechtigten und die Gemeinde Obermaiselstein abstimmen lassen und das Ergebnis zur Grundlage einer Entscheidung gemacht, die jetzt gekippt und revidiert wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, verlässliche Politik ist ganz sicher anders. Wir haben hier vehement über die Frage gestritten, ob es richtig oder falsch ist. Wir hatten durchaus unterschiedliche Auffassungen. Die GRÜNEN und die SPD haben das Projekt bekämpft; die CSU und auch unsere Fraktion hielten es für den Tourismus für notwendig.

(Harald Güller (SPD): Sie sind nach wie vor für die Skischaukel!)

Jetzt sehen wir, dass die CSU-Fraktion mit dem neuen Ministerpräsidenten eine 180-Grad-Wendung macht und quasi den Überschlag mit der Schiffschaukel probt.

(Harald Güller (SPD): Seid ihr jetzt für oder gegen die Schaukel? Positionierung!)

Lieber Kollege Güller, nicht so hektisch; ein bisschen zuhören, gleich löst sich die Spannung.