Protokoll der Sitzung vom 04.06.2014

Frau Kollegin Trautner, würden Sie bitte noch einmal ans Mikrofon kommen? - Danke schön. Herr Kollege Felbinger möchte eine Zwischenbemerkung vorbringen.

(Unruhe bei der CSU)

Frau Kollegin Trautner, Sie haben von gleichwertigen und nachhaltigen Bildungsvoraussetzungen gesprochen, dabei aber mit keinem Wort die nichtselbstständigen Grundschulen angesprochen. Sie glorifizieren immer diese Bestandsgarantie für die selbstständigen Schulen, aber gefährdet sind die anderen Grundschulstandorte, die gerade dafür sorgen, dass dieses flächendeckende Netz an Grundschulen bis in kleine Ortschaften erhalten bleibt und unser Bayern lebens- und liebenswert ist. Wie ist denn die Marschroute der CSU für diese nichtselbstständigen Grundschulstandorte? Will man sie, wenn die Mindestschülerzahlen unterboten sind, grundsätzlich schließen, oder überlegt man vielleicht doch, dass man hier, wie Sie ja auch immer sagen, passgenaue Konzepte entwickeln muss?

Sehr geehrter Herr Kollege, ich glaube, Sie haben mir nicht richtig zugehört.

(Beifall bei der CSU)

Ich bin sehr wohl auf die unselbstständigen Kleinstschulen eingegangen und habe in diesem Zusammenhang gerade gesagt, dass diese Schulen oft eine Stammschule in der Nähe haben, wodurch Kooperationen ermöglicht werden.

(Günther Felbinger (FREIE WÄHLER): Also schließen!)

- Das kann im Zweifelsfall passieren. Es wird so weit kommen, dass wir nicht jede Schule mit vier Kindern halten können. Machen wir uns doch nichts vor!

(Günther Felbinger (FREIE WÄHLER): Also schließen Sie die Schulen! – Zurufe von der CSU – Unruhe bei der CSU)

Wir haben uns darauf verständigt, dass wir Zwischenbemerkungen zulassen. Die Frau Kollegin hat jetzt geantwortet. Dafür bedanken wir uns bei ihr und machen jetzt mit der nächsten Wortmeldung weiter.

(Beifall bei der CSU)

Jetzt darf ich dem Herrn Kollegen Fahn noch einmal das Wort erteilen. Das sind jetzt eine Minute und zwölf Sekunden, Herr Kollege. Das ist sportlich. Bitte.

Vorhin hatte ich 18 Minuten, jetzt eine Minute und zwölf Sekunden. Uns geht es um eine Gleichbehandlung der selbstständigen und der nicht selbstständigen Schulen.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Das haben wir verstanden!)

Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Wir im Landkreis Miltenberg am Untermain haben eben diese Probleme. Herr Güll hat es angesprochen. Da gab es diesen Fall in Hausen im Landkreis Miltenberg. Dort hatten sie nicht vier, sondern 13 Schüler, und die Klasse wurde trotzdem geschlossen, weil sie mit Kleinwallstadt zusammengelegt wurde. Dort hatten sie insgesamt 52 Schüler, die nicht in drei Klassen aufgeteilt werden konnten. Dieser Elternbeirat, diese Initiative und dieser CSU-Bürgermeister sind hierher in den Bildungsausschuss nach München gefahren und haben eine Petition eingereicht. Die Petition ist abgelehnt worden. Im Moment gibt es in Hausen eine Klasse, weil die Schülerzahl etwas angestiegen ist. Aber die Ungewissheit über die kommende Situation ist nach wie vor da. Wir haben am Untermain vielleicht sieben Gemeinden, welche die Probleme mit nicht selbstständigen Grundschulen haben und jeden Tag zittern und fragen, wie es weitergeht. Hausen mit 1.900 Einwohnern, Dammbach mit 1.815 Einwohnern oder Laudenbach mit 1.400 Einwohnern sind eigenständige Gemeinden und wollen auch eine eigenständige Schule haben.

(Unruhe bei der CSU)

Es darf keine Gemeinden erster und zweiter Klasse geben, meine Damen und Herren. Herr Ministerpräsident, überlegen Sie mal: Wir haben am 1. Januar 2014 die Förderung und Sicherung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Artikel 3 unserer Verfassung hineingeschrieben. Dazu gehört, dass die Grundschulen gleich behandelt werden.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Eine funktionierende Gemeinde – und damit bin ich am Schluss, ich habe jetzt um 22 Sekunden überzogen – braucht nicht nur eine Kirche, ein Lebensmittelgeschäft oder einen Kindergarten, sondern auch eine Grundschule, egal ob sie selbstständig oder nicht selbstständig ist.

(Unruhe bei der CSU – Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Mein Gott! – Berthold Rüth (CSU): Halt!)

Herr Kollege Rüth, bitte.

Herr Kollege Fahn, ich wollte Sie nur fragen, ob Sie bei Ihrer Behauptung bleiben, dass die Schule in Hausen geschlossen wurde?

Nein.

(Lachen bei der CSU)

Erstens, Herr Rüth, hören Sie mir bitte genauer zu. Es war nur die erste Klasse, die nicht in Hausen war.

(Unruhe - Zurufe von der CSU)

Andere Klassen gab es. Im Moment gibt es in Hausen die erste Klasse.

(Zuruf von der CSU)

Ich habe doch gesagt, das brauchst du nicht zu wiederholen! Doch, das habe ich gesagt!

(Ingrid Heckner (CSU): Nein! – Weitere Zurufe von der CSU: Nein!)

Das ist mir egal, was Sie jetzt sagen. Ich habe das gesagt und bin auch froh, dass der Bayerische Rundfunk im Moment eine Serie über die Erhaltung von Grundschulen im ländlichen Raum macht. Sie waren heute in Hausen und haben einen Film darüber gemacht.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Jetzt hat der Herr Staatsminister Dr. Spaenle für die Staatsregierung das Wort. Herr Staatsminister, bitte.

Frau Präsidentin, Hohes Haus! Die Schaffung gleichwertiger Lebensbedingungen hat für die Bayerische Staatsregierung auch auf dem Gebiet der Bildungspolitik höchste Priorität.

(Zuruf von den FREIEN WÄHLERN: Haha!)

Deshalb hat der Herr Ministerpräsident die Garantie für die Existenz rechtlich selbstständiger Grundschulen mit einer Richtzahl von 26 Schülern deutlich gemacht. Dies bedeutet im Kern die Halbierung der bislang gültigen Mindestschülerzahl. Das heißt, wenn sieben Kinder der ersten Jahrgangsstufe und sechs Kinder der zweiten Jahrgangsstufe, sechs Kinder der

dritten Jahrgangsstufe und sieben Kinder der vierten Jahrgangsstufe in zwei jahrgangskombinierten Klassen an einem rechtlich selbstständigen Schulstandort heute die Schule besuchen, dann ist diese Schule dauerhaft in ihrer Existenz gesichert.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Darum geht es nicht bei den Anträgen!)

Rechtlich selbstständige Grundschulen können einen oder mehrere Beschulungsorte haben. Die Schule ist schulrechtlich und auch mit dem Ziel der Zuweisung entsprechender Stundenkontingente eine rechtlich selbstständige Schule, gleich ob sie einen oder mehrere Beschulungsorte hat. Zunächst liegt es in der Hauptverantwortung des Sachaufwandsträgers, ob er die Beschulung, wenn er eine rechtlich selbstständige Schule führt, an einem Standort oder an mehreren Standorten vornimmt, erhält oder weiterführt. Die Bezuschussungshöhe hängt nicht davon ab, wie viele Schulhäuser eine rechtlich selbstständige Schule hat: denn diese Entscheidung trifft der Sachaufwandsträger oft aus der Tradition heraus.

Völlig falsch, ja geradezu gefährlich ist die Behauptung, dass die Strategie, rechtlich selbstständige kleine Grundschulen mit der entsprechenden Mindestschülerzahl zu erhalten, zulasten großer Standorte mit ganz anderen Herausforderungen gehe. Wir haben den sogenannten Demografiezuschlag entsprechend gestaltet. Das bedeutet, dass alle Landkreise, die vom Schülerrückgang in besonderer Weise betroffen sind, und die dortigen Schulämter einen Zuschlag erhalten, der mit jedem Haushaltsjahr zunimmt. Dieser Zuschlag kann ganz konkret kleinen Schulstandorten zugeteilt werden, um genau die Strategie zu ermöglichen, die wohnortnahe Beschulung an kleinen Schulstandorten über die nach den normalen Zuteilungskriterien zur Verfügung zu stellenden Stundenkontingente zu unterstützen und zu erhalten.

Wir haben den Demografiezuschlag um einen Zuschlag ergänzt, der dem Regelstundenkontingent weiter zugeschlagen werden kann. Das bedeutet, dass auf der einen Seite auf die Strategie, kleine Schulstandorte zu erhalten, mit zusätzlichen Stundenkontingenten reagiert wird. Auf der anderen Seite wird mit dem Instrument des Integrationszuschlags und dem Instrument des Klassenteilers an Schulstandorten und Klassen mit einem sehr hohen Anteil von Kindern mit Zuwanderungshintergrund bereits ab dem 25. Schüler und anderen Instrumenten den Schulstandorten in verdichteten Ballungsräumen zusätzliche Unterstützung zuteil, die eben mit diesen anderen Voraussetzungen umzugehen haben.

Das heißt also, wir gehen genau konsequent den Weg, dass wir die rechtlich selbstständige Grundschule, gleich ob mit einem oder mehreren Schulstandorten, in ihrer Existenz mit einer Mindestschülerzahl von 26 Schülern unterstützen. Deshalb, Herr Kollege Güll, ist der Schulverband mit 76 Schülern, den Sie angesprochen haben, in keiner Weise von der Auflösung betroffen. In der Regel ist möglicherweise einer der Beschulungsorte davon betroffen. Diesen Fall müssen wir aber genau anschauen. Auch das müssen wir alles in der Gesamtschau sehen. Uns geht es um die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse.

Herr Staatsminister, Herr Kollege Güll hat um eine Zwischenfrage gebeten. Erlauben Sie es?

Das ist mir eine Freude, wie immer.

Ich weiß nicht, ob das eine Freude wird. Herr Staatsminister, wenn wir 60 Schüler haben, kann man sie rechnerisch in zwei Mal 30 oder drei Mal 20 teilen.

Sie wissen, dass der Teiler bei 28 liegt.

Es geht jetzt nicht um den Teiler, sondern um ein Rechenbeispiel.

Ich muss aber mit den Rahmenbedingungen arbeiten, nach denen die Klassenbildung stattfindet.

Herr Staatsminister, es geht darum, folgende Frage zu beantworten: In einer rechtlich nicht selbstständigen Schule mit mehreren Häusern hat der Schulleiter ein Gesamtkontingent an Lehrerstunden. Wenn er beispielsweise das Lehrerstundenkontingent auf die gesamte Schülerzahl an den drei Häusern zugemessen bekommt, dann muss er versuchen, den Unterricht gleichmäßig zu organisieren. Deshalb kommt es dazu, dass er von einem kleinen Standort in einer kleinen Gemeinde, die politisch und rechtlich selbstständig ist, aber zu einem Schulverband gehört, Kinder abziehen muss, weil er die Klasse, die nur mehr 16 Kinder hat, nicht mehr bedienen kann. Nicht der Schulaufwandsträger macht die Schule zu, sondern der Schulleiter muss sagen, dass er diese Schule nicht mehr bedienen kann. Uns ging es nur darum, dass auch für diese Standorte der Demografiezuschlag gelten sollte. Es ist doch nicht zu viel verlangt, wenn man hier gleiche Verhältnisse schafft. Nicht mehr und nicht weniger wollen wir.

(Beifall bei der SPD)

Zunächst einmal kann ich die Klassenbildung nur nach den geltenden Rahmenrichtlinien durchführen. Wenn Sie von zwei Dreißigerklassen sprechen, entspricht es nicht der Realität, weil wir bei den Grundschulen die Teilungsgrenze von 30 auf 28 Schüler abgesenkt haben. Zum Zweiten ist es ein Unterschied, ob es um eine rechtlich selbstständige Grundschule mit mehreren Beschulungsorten oder einen Schulverband geht. Der Schulverband umfasst möglicherweise mehrere rechtlich selbstständige Gemeinden und eine rechtlich selbstständige Grundschule, die wiederum mehrere Beschulungsorte haben kann. Diese Frage wird dadurch gelöst, dass wir über das Kontingent, das allein auf die Schülerzahl Bezug nimmt, mit dem Instrument des Demografiezuschlags und einem weiteren Instrument, das wir aus dem Regelkontingent zusätzlich für die Schulämter zur Verfügung stellen, die Strategie verfolgen, kleine Schulstandorte in ihrer Existenz zu unterstützen. Damit haben wir einen Weg in Bayern eingeschlagen, den es vor drei Jahren in dieser Form noch nicht gegeben hat.