Dass nun die unterlegene DB Regio die Ausschreibung anficht, ist ihr gutes Recht. Deshalb werden wir beiden Berichtsanträgen zustimmen, da auch wir sehr gerne die Hintergründe des Ausschreibungsverfahrens erfahren wollen. Wir halten es nicht für gut, dass selbst die zuständigen Fachabgeordneten im Landtag über solche Entscheidungen erst in der Presse informiert werden.
Überhaupt nicht gefällt uns die Art und Weise, wie die SPD über dieses Thema debattiert. Dass ein Nürnberger Bundestagsabgeordneter in seiner Doppelfunktion als Vorsitzender des Verkehrsausschusses im Deutschen Bundestag und als Vorstandsmitglied der EVG einen internen Interessenkonflikt hat, ist offensichtlich. Völlig überzogen sind aber die Forderung und die Behauptung des SPD-Landesvorsitzenden, der von einem Ausverkauf bayerischer Interessen spricht und deswegen einen Schluss des Ausschreibungswahnsinns fordert. Hier werden Ängste der Beschäftigten und der Fahrgäste geschürt. Das tut der Debatte nicht gut.
Generell gilt: Die Regionalisierung des Schienenpersonennahverkehrs ist ein absoluter Erfolg. Seit 1995 haben wir es geschafft, die Fahrgastzahlen um über 70 % zu steigern. Das zeigt, dass eine Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene funktioniert, wenn das Angebot und die Qualität stimmen. In dieser Zeit haben wir die Zugkilometerleistungen von 82 Millionen auf 121 Millionen km erhöht, ohne dafür wesentlich mehr Geld ausgeben zu müssen. Bisher wurden aber nur rund 59 Millionen Zugkilometer im Wettbewerb gefahren. Auf einem Großteil des Angebots hat sich die DB noch nicht dem Wettbewerb stellen müssen. Wir brauchen nur die Strecke Nürnberg – Stuttgart zu betrachten. Da fährt die Deutsche Bahn heute noch mit Silberlingen, mit einem Wagenmaterial aus dem letzten Jahrtausend, das alles andere als barrierefrei ist.
Ich bin mir sicher: Wenn die DB Regio bei der Rüge unterliegt, findet die DB eine vernünftige Anschlussverwendung für die neuen Züge. Genauso wird der neue Betreiber auch Personal brauchen. Es geht um die Frage, ob das Personal vernünftige Löhne be
kommt. Dafür haben wir eine vernünftige Forderung aufgestellt. Die Tariftreueverpflichtung ist in die Vergabekriterien aufzunehmen. Man sollte aber das Ganze nicht skandalisieren.
Auch die DB Regio fährt Gewinne ein. Allein im Jahr 2013 waren es deutschlandweit 690 Millionen Euro Gewinn. Ein Jahr davor waren es sogar 754 Millionen Euro, die die DB Regio an den Gesamtkonzern abgibt und mit denen der Gesamtkonzern DB international auf Einkaufstour geht. Jetzt so zu tun, als würde ein anderer Wettbewerber das System S-Bahnnetz gnadenlos auf Verschleiß fahren, ist übertrieben. Auch die DB müsste sich die Frage gefallen lassen, was sie denn an Gewinnen in den letzten Jahren aus dem S-Bahnnetz Nürnberg herausgezogen hat. Deshalb stimmen wir der Forderung nach einer Tariftreueverpflichtung voll zu. Ebenso stimmen wir den beiden Anträgen und einer Weiterführung der Debatte zu, aber bitte sachlich und lösungsorientiert.
Vielen Dank, Herr Kollege. – Ich darf bekannt geben, dass die CSU-Fraktion für diesen Antrag namentliche Abstimmung beantragt hat. Jetzt darf ich für die Staatsregierung Herrn Staatssekretär Eck das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich wollte ich mich nicht mehr äußern, aber der Kollege Roos hat Argumente in den Mittelpunkt gerückt, die man so einfach nicht stehen lassen kann. Dumpingpreise und alles andere Schmerzhafte, das Sie verkündet haben, würden auf dem Rücken der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgetragen. Der Vorwurf einer Skandalisierung – ich will die Worte des Kollegen Ganserer verwenden – trifft hier nicht zu. Das ist weit unter der Gürtellinie, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das muss man in aller Deutlichkeit ansprechen.
Sie haben einen englischen Konzern angesprochen. Dass Sie "Buh" gerufen haben, hat gerade noch gefehlt. Jetzt will ich Ihnen eines sagen: Der DB-Konzern hat ein englisches Eisenbahnunternehmen übernommen. Da sprechen wir dann von Erweiterung und Schaffung von Arbeitsplätzen. Wir sind in einem vereinten Europa. Wir müssen europaweit ausschreiben. Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass - lieber Herr Kollege Roos, das geht schlicht und ergreifend nicht.
Sie haben mit Ihrem Antrag einen Bericht gefordert. Dem stimmen wir auch zu, aber nicht Ihrem Antrag, weil darin so viele Maßnahmen gefordert werden, die einfach nicht möglich sind. Deshalb haben wir auch einen eigenen Antrag gestellt, für den ich ganz herzlich um Unterstützung bitte. Ich bitte, diesem Antrag zuzustimmen und Ihren Antrag abzulehnen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will an dieser Stelle sehr deutlich machen, dass sich seit der Übernahme der Verantwortung für den Schienenpersonennahverkehr – ich will die Zahl wiederholen, weil Sie das alles als so unerträglich hinstellen – die Zugkilometerleistung von 82 Millionen auf 121 Millionen erhöht hat. Das ist nicht auf dem Rücken der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschehen, wie Sie es formuliert haben. Nein, wir wollen gerade dauerhafte Arbeitsplätze schaffen und sichern. Mit der Erhöhung der gefahrenen Kilometerleistung wurde letztlich die Qualität verbessert. Die Leistungen wurden verbessert. Die Zahl der Zugbegleiter wurde erhöht. Alles das ist mit langfristigen Verträgen geschehen. Wo und in welcher Branche gibt es solche Grundvoraussetzungen wie hier? Darüber sind wir glücklich, und darauf sind wir stolz.
Ein Tariftreuegesetz und Ähnliches würde alles überfrachten. An dieser Stelle will ich Ihnen deutlich machen: Kein einziges Eisenbahnverkehrsunternehmen, das im Auftrag der Bayerischen Eisenbahngesellschaft fährt, hat keinen Tarifvertrag mit mindestens einer für diese Branche zuständigen Gewerkschaft. Alle Unternehmen sind letztlich tariflich organisiert, ohne dass riesige Formalitäten in der Ausschreibung untergebracht werden mussten.
Ein Letztes. Sie sprechen von Wagenqualität und Ähnlichem. Dieses Vergabeverfahren ist noch nicht zum Abschluss gebracht worden. Es ist eine unmögliche Situation, hier im Plenum über dieses Verfahren zu diskutieren, wenn die Details heute und an dieser Stelle noch nicht veröffentlicht werden können. Sobald dieses Verfahren abgeschlossen ist, ist es überhaupt kein Problem, auch über diese Details im Ausschuss oder, wenn gewünscht, hier im Plenum zu reden. Aus diesen genannten Gründen bitte ich, diesen Antrag abzulehnen und dem Antrag der CSU zuzustimmen.
Eine Wortmeldung oder eine Zwischenbemerkung, Herr Kollege? – Herr Staatssekretär, kommen Sie bitte noch einmal ans Rednerpult.
Frage: Sie haben angedeutet, die Verbesserungen seit dem Jahr 1994 seien ausschließlich auf diese Privatisierung zurückzuführen. Glauben Sie das wirklich, oder hätten Sie sich vor dem Hintergrund der Deutschen Einheit und der Probleme der ehemaligen DDR-Reichsbahn auch einen anderen Weg vorstellen können?
Wenn Sie mich fragen, ob ich das glaube, dann muss ich darauf keine Antwort geben. Ich habe die Zahlen angesprochen, die uns vorliegen. Das ist eine Verbesserung. Ob ich das glaube oder nicht, das sind die Tatsachen!
Vielen Dank, Herr Staatssekretär. – Kolleginnen und Kollegen, zu diesem Dringlichkeitsantrag wurde eine namentliche Abstimmung beantragt. Die Viertelstunde ist noch nicht vorbei. Deshalb müssen wir die Abstimmung verschieben.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. Dr. Michael Piazolo u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Konzertsaal: Neubau statt Umbau-Chaos (Drs. 17/5223)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Thomas Kreuzer, Gudrun Brendel-Fischer, Oliver Jörg u. a. und Fraktion (CSU) Umsetzung der Zwillingslösung zum Münchner Konzertsaal zügig prüfen (Drs. 17/5237)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Isabell Zacharias, Martina Fehlner, Georg Rosenthal u. a. und Fraktion (SPD) Konzept für Konzertsaal München (Drs. 17/5238)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Dr. Sepp Dürr u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks als international herausragende Kulturinstitution unseres Landes erhalten! (Drs. 17/5239)
Ich eröffne die Aussprache. Als Erster hat Herr Kollege Professor Dr. Piazolo das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Damen und Herren von der Staatsregierung, wie viel Vertrauen haben Sie in den letzten Tagen verspielt? – Das schaffen andere Regierungen nicht einmal in mehreren Jahren.
(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN, der SPD und den GRÜNEN – Kerstin Schreyer-Stäblein (CSU): Mein Gott!)
- Ich weiß nicht, ob dieses "Mein Gott" angebracht ist. Wir hören inzwischen, dass ein Kultusminister bei der Eröffnung einer Veranstaltung von den Leuten, die die Kultur tragen, ausgebuht wird. Meine sehr verehrten Damen und Herren, an Ihrer Stelle würde ich das nicht auf die leichte Schulter nehmen.
Ich habe bei dem berühmten Garderoben-Gespräch zwischen Anne-Sophie Mutter und dem Ministerpräsidenten nicht die Kerze gehalten, wie der Volksmund sagt. Wenn man jedoch einem internationalen Star – und ich glaube ihr – seit vielen Jahren verspricht, in München einen Konzertsaal zu bauen, und dieses Versprechen bricht, braucht man sich nicht zu wundern, dass es in den Medien und bei den Kulturschaffenden einen Sturm der Entrüstung gibt. Es ging dabei ausdrücklich nicht um einen Umbau, sondern um einen Neubau.
Ich kann alle verstehen, die in diesen Sturm einstimmen. – Dies ist eine weitere Wende in der politischen Laufbahn des Ministerpräsidenten. Inzwischen wird es zum Regierungsstil von Horst Seehofer, sich ständig zu wenden. Was wir allein in den letzten zwei Wochen erlebt haben, wird immer intensiver. Dabei geht es um Stromtrassen und um eine B 15, bei der Beschlüsse nicht einmal eine Woche halten. Jetzt geht es um den Konzertsaal in München.
Ich möchte hier nichts dramatisieren, sage aber mit allem Ernst: Vertrauen ist die Münze und die Währung, die in der Politik gilt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Sie Vertrauen verspielen, sind Sie mit Ihrer Politik ziemlich am Ende.
Ich habe mich ein wenig gewundert. Der zuständige Kultusminister sprach davon, dass er die schrillen Töne in dieser Debatte nicht verstehen könne. Ich
habe dagegen eher Paukenschläge vernommen. Mich hat das Ganze an den Anfang der 1. Symphonie von Brahms erinnert, der von Paukenschlägen geprägt ist. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die internationale Musikwelt war und ist schwer erschüttert. Selten haben so viele internationale Stars der Staatsregierung die Leviten gelesen.
Es ist schon einmalig, dass sich weltberühmte Sänger in der Philharmonie am Ende ihres Konzertes umdrehen und die Zuhörer allesamt zum Widerstand und zum Protest aufrufen und der Beifall in der Philharmonie dann länger als bei einem hochwertigen Konzert ist. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich würde mir wirklich durch den Kopf gehen lassen, was wir im Moment in der Kulturpolitik in Bayern anrichten.
Ich habe voller Erstaunen den Antrag der CSU-Fraktion gelesen. Dort ist davon die Rede, die Zwillingslösung zu prüfen. Dies ist ein Antrag, der zu einem bestimmten Zeitpunkt vernünftig gewesen wäre. Inzwischen liegt jedoch eine Entscheidung des Kabinetts vor. Das Kabinett hat, wenn ich das richtig verstanden habe, die Ausstiegsoption, die der Kultusminister wohl noch drin hat und die an die Presse gegangen ist, herausgestrichen. Das bedeutet, über die Zwillingslösung ist durch das Kabinett entschieden worden. Jetzt sagt aber die Fraktion: Bitte prüft diese Lösung erst einmal. Dies legt das Problem offen; denn das ist eine Lösung, die noch nicht geprüft ist. Das hat die CSU-Fraktion völlig richtig erkannt. Wir werfen der Staatsregierung besonders vor, dass sie sich für eine noch nicht geprüfte Option entschieden hat. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie merken, dass Sie damit auch in der eigenen Fraktion auf Misstrauen stoßen.
Die sachlichen Grundlagen fehlen. Sie haben dazu keine Machbarkeitsstudien. Allerdings gibt es Studien für einen eigenständigen neuen Konzertsaal. Herr Spaenle, diese Studien liegen in Ihrem eigenen Haus. Es gibt genügend Standorte, aber über keinen wurde wirklich ernsthaft und bis ins Letzte diskutiert. Dazu gab es Ideen von Ihrem Vorgänger, die gescheitert sind. Es gab auch von Ihnen Ideen. Ich habe aber noch nicht gehört, dass Sie sich hinter einen dieser Vorschläge mit der Verve stellen, die man von einem zuständigen Minister erwartet, sehr geehrter Herr Dr. Spaenle.
Bei der jetzt beschlossenen Lösung gibt es keine Ausweichquartiere. Diese Frage wird erst geprüft. Wir haben eine Musikhochschule, die schon jetzt unter Raummangel leidet, die dies beklagt und jetzt, von einem Tag auf den anderen, mitbekommt, ohne dass sie gehört worden wäre, dass sie dieses Gebäude wahrscheinlich verlassen muss.